Halunder Jet, Helgoland und Watergate ...
Kurze Wege scheinen heute auf dem Programm zu stehen: Von der Reimarusstraße kurz zur Brücke 3/4 der St. Pauli Landungsbrücken, und schon kann es losgehen: So einfach ist die Reise nach Helgoland mit dem vorgebuchten Katamaran Halunder Jet der Helgoline.
Um 9:00 Uhr beginnt die Fahrt, die in weniger als 4 Stunden in Helgoland enden soll. Der Titel des Bordbuchs verspricht dabei nicht zu viel: "Entdecker Tour - Ein schöner Tag ist Ihnen sicher!". Der größte Teil der mehrstündigen Fahrt - bis auf etwa eine gute halbe Stunde am Ende für die offene See - verläuft auf der Elbmündung. Und wenn man auf der Brücke die Gase reinschiebt, wird nicht nur eine schwarz beeindruckende Wolke hinter dem Schiff erzeugt, sondern es beginnt auch eine "rasende" Fahrt von etwa 70 km/h, mit der der Katamaran auf seinem Kurs dahin schießen kann ...
Komfort im Katamaran ...
In der Tat handelt es sich bei dem 2003 in Dienst gestellten Halunder Jet um ein sehr interessantes Schiff: Über 52 m lang und 12 m breit kann es rund 580 Passagiere mitnehmen zu Deutschlands einziger Hochseeinsel, wobei knapp 80 Passagiere in der "Comfort Class" reisen können sowie die übrigen in der "Jet Class". Man kann Plätze reservieren, auf denen man wie im Flieger zu zweit nebeneinander sitzt oder aber - für Familien mit Kindern besonders geeignet -, auch Sitzgruppen mit eigenen Tischen.
Während man an Bildschirmen den aktuellen Kurs verfolgen kann, wird man vom Bordservice gastronomisch versorgt. Durchgehende Decks mit Panoramascheiben sorgen dafür, dass man immer besten Ausblick auf das Geschehen am Ufer hat. Am Heck kann man auch "draußen" stehen und hat Gelegenheit, das beeindruckende Kielwasser des Schiffes hinter sich zu beobachten, das bei voller Fahrt eine gewaltige Ausdehnung bekommt. Kein Problem, mit diesem Schiff an allen möglichen Frachtern und Ausflugsschiffen vorbei zu rasen und denen das Gefühl zu geben, sie würden stehen ...
Das Bordbuch ist ein hervorragender Führer: Streckenabschnitt für Streckenabschnitt wird detailliert erläutert und auch die Blickrichtung beschrieben, wo man was unterwegs beobachten kann. Von Hamburg aus geht es an Blankeneser Villenvierteln vorbei, bei denen beim Schiffspassagier aus dem bayrischen Süden schon mal ganz kurz der Neid aufkommen kann: Eigentlich hätte man wohl überhaupt kein Problem, sein Häuschen in der oberbayrischen Provinz mit einer der zurückgezogen, oben am Elbufer versteckten Villen zu tauschen. Aber ob der Besitzer und der Geldbeutel das wohl zulassen würden ..?
Nach dem Passieren des Leuchtfeuers Wittenbergen, das seit 1900 in Betrieb ist, verlässt man das Stadtgebiet von Hamburg. Der erste Halt des Katamarans erfolgt kurz darauf in Wedel, wo es am Anleger Willkomm Höft etwas ziemlich Ungewöhnliches für südliche Landratten zu bestaunen gibt: eine Schiffsbegrüßungsanlage. Seit Anfang der fünfziger Jahre werden hier von 8:00 Uhr bis 20:00 Uhr bzw. bis Sunset alle vorbeifahrenden Schiffe mit ihrer jeweiligen Landessprache und Nationalhymne begrüßt und verabschiedet vom Hamburger Hafen - wer das nicht glaubt, kann es heute beim Ablegen des Halunder Jet selbst erleben: Auch wir werden mit einer recht altmodisch klingenden Ansage verabschiedet und angabegemäß freut man sich bereits schon auf unseren nächsten Besuch. Womöglich weiß da einer, dass wir schon heute Abend wieder hier vorbei kommen werden - in Gegenrichtung ...
Glückstadt, Brokdorf und Brunsbüttel sind die nächsten Orte, die wir auf unserer Reise passieren, bevor wir hinter Otterndorf schließlich in Cuxhaven anlegen. Unterwegs gibt es viel zu sehen: Heimelige Atomkraftwerke in Brokdorf und Brunsbüttel, an der Hetlinger Schanze die mit fast 230 m Höhe größten Strommasten Europas, bei Brunsbüttel die große Schleusenanlage des Nord-Ostsee Kanals und und und ... Schiffe und Bojen, Leuchttürme und -türmchen bis zu Abwinken, manchmal sogar ein Hinweis des Kapitäns auf eines der gerade passierenden größten Containerschiffe der Welt ...
Bereits vom Schiff aus entsteht der Eindruck, dass sich ein Urlaub in Cuxhaven lohnen würde wegen des hübschen Ortes, seiner Sehenswürdigkeiten und der nahen Nordseestrände. Auch Ferienhäuser lassen sich hier einfach mieten, doch wir haben heute ein anderes Ziel.
Die Fahrt vergeht wie "im Fluge" und am Ende des Tages werden wir tatsächlich feststellen, dass nur die Hin- und Rückreise mit dem Katamaran das eigentliche Erlebnis war und deutlich weniger der Aufenthalt auf Helgoland, wo wir im Südhafen anlegen.
Aufgrund der Besonderheiten dieses kurzen Helgoland-Aufenthaltes gibt es hierzu einen eigenen Beitrag in der Rubrik Reiseziele. Soviel sei nur an dieser Stelle dazu gesagt: Eine Reise auf diese Insel muss man nicht unbedingt gemacht haben, wenn man einmal von der erwähnten An- und Abreise absieht. Eigentlich hätte man auch da vor Ort viel erledigen können: Der Historie dieser Insel samt ihrer traurigen Rolle im Zweiten Weltkrieg nachzugehen und einen Museums- und Bunkerbesuch für unsere Rubrik Hinterlassenschaften hätten wir uns vorstellen können, aber nichts von dem ist für einen Tagesreisenden vorgesehen.
Die mit dem "Katamaran" kommen, bestätigt die Touri-Information der Insel, haben zu einem Bunkerbesuch keine Gelegenheit. Überhaupt gewinnt man hier und heute insgesamt den Eindruck, solche "Katamaran-Gäste" seien eher unerwünscht - aber dazu später mehr im erwähnten Sonderbericht ...
Regentrip ins Watergate
Knappe vier Stunden später legen wir wieder ab mit dem Halunder Jet - zurück nach Hamburg geht die Reise. Das Wetter verschlechtert sich unterwegs ständig und als wir schließlich wieder in Hamburg einlaufen und an den St. Pauli Landungsbrücken 3/4 anlegen, scheint die Welt unterzugehen: Der Starkregen, der auf das Schiff heruntergeht, hat eine derartige Intensität, dass man das Gepäck anders auslädt als üblich und der Kapitän den Passagieren gestattet, vorläufig an Bord zu bleiben, bis die schlimmsten Sturzbäche abgeebt sind.
Es vergeht eine halbe Stunde nach unserem Anlegemanöver, bis wir schließlich höflich gebeten werden, das Schiff nun doch zu verlassen. Der Starkregen hat etwas nachgelassen, als wir mit den anderen letzten Passagieren schließlich den Katamaran verlassen, der kurz darauf wieder am Kai ablegt - weiter gute Fahrt, Halunder Jet! Ach so, noch was: Selbstverständlich haben wir uns als Mitbringsel für unseren Modellkeller samt Kitschecke außer einer Helgoländer Möwe auch einen winzig kleinen Halunder Jet mitgebracht - war doch Ehrensache, oder ..?
Wir haben es nicht weit zu unserem nächsten Ziel: Von Deckung zu Deckung spurten wir im Regen zum nahen Restaurant Watergate, gelegen "Bei den Landungsbrücken 8". Auch hier haben wir selbstverständlich bereits vorreserviert, und der kurze Weg vom Anleger hierher macht sich wettermäßig heute mehr als bezahlt. Da wir aufgrund der Wartezeit auf dem Katamaran nun eine Viertelstunde zu spät dran sind, scheint ein kurzer Anruf im Lokal erforderlich: Und in der Tat zeigt sich, dass außer unserem gemütlichen Tisch am Rand des Lokals nichts mehr frei ist.
Das Restaurant verfügt tatsächlich über eine tolle Lage und ganz besonderes Flair, wie auf der Webseite versprochen. Es hat mehrere Ebenen, von denen eine "Oberdeck" genannt wird. Das Fischessen ist hervorragend, das Flensburger Pils vom Fass schmeckt, auch dieser Abend vergeht wie im Fluge.
Das Restaurant ist zu empfehlen und auch die Kombination mit Aktivitäten rund um die Hamburger Landungsbrücken. Der Rückweg zum Portugiesenviertel dauert etwas länger heute Abend: Deutlich besseres Wetter inzwischen und die vielen beleuchteten Attraktionen, von der Blohm + Voss Werft mitsamt Schiffsbaustelle bis hin zum alten Segler Rickmer Rickmers, den wir ebenfalls noch besuchen wollen während der Tour, erlauben es nicht, zügig ins Hotel zurückzukehren. Aber wer will das schon an so einem Abend wie heute ..?!
© 2013 J. de Haas, Bild rechts: Watergate Hamburg