Hinkebein, kommst du nach Helgoland ... |
Helgoland! Warum fährt man eigentlich nach Helgoland?
Weil sie die einzige Hochseeinsel Deutschlands ist? Weil dort der Text der deutschen Nationalhymne von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben geschaffen wurde? Weil sie nicht zum deutschen Steuergebiet gehört und deshalb Schnaps billiger sein soll?
Sie gehört so wie Andorra und San Marino nicht einmal zum europäischen Zollgebiet. Weil sie zum Kreis Pinneberg gehört und im Jahr 1890 mit den Engländern gegen Sansibar getauscht wurde? Weil sich dort der höchste Berg von Pinneberg - der Pinneberg (61,3 m) - befindet? Weil dort weder Autos mit Verbrennungsmotor noch Fahrräder (!) fahren dürfen ..?
Nun, Gründe gibt es viele, aber wir sind ganz einfach nur neugierig auf die Insel. Wir planen deshalb eine Tagestour, die man wunderbar mit einem Kurztrip nach Hamburg Ende Juli 2013 verbinden kann.
Neugierig sind wir auf das Bunkermuseum, das sich dem "Big Bang" widmet. Im Jahr 1947 haben die Briten in der allzeit größten nicht-nuklearen Sprengung versucht, den Marinestützpunkt mit seinem U-Bootbunker zu sprengen.
Erwartet wurde der Totaluntergang der Insel, versenkt wurde zum Glück nur die Südspitze, trotz der Erschütterungen blieb die Felsennadel - die berühmte "Lange Anna" stehen. Hafenanlage und Bunker für die Zivilbevölkerung blieben ebenfalls intakt. Im Rahmen des Bunkermuseums kann man sich über diesen "Big Bang" informieren und durch den Bunker führen lassen. Auf der Webseite des Museums finden sich die Führungszeiten.
Diese Führungen finden allerdings entweder statt, wenn die schnelle
Katamaran-Fähre (der für Tagestouren nach Helgoland besonders gut geeignete
Halunder Jet) gerade wieder nach Hamburg abfährt oder aber
am Sonntag, bevor die Schnellfähre aus Hamburg ankommt. Tagesgäste kommen
jeweils gegen Mittag mit dem Halunder Jet an und fahren am späteren
Nachmittag wieder ab. Der Hinweis, dass man auch Führungen nach Absprache
buchen kann, lässt uns jedoch trotzdem hoffen ...
Ein Anruf im Museum macht alle Hoffnungen aber schnell zunichte: Es geht gar nicht darum, wann, mit wie vielen Leuten und zu welchem Preis eine Führung gebucht werden kann. Es geht nur darum, dass für Tagesgäste "die mit dem Katamaran kommen", keine Möglichkeit besteht, Führungen zu buchen. Mit solchen Tagesgästen möchte man offenbar auch nicht weiter diskutieren, egal ob sie Berichte schreiben, 20 Leute mitbringen oder sonstwas vorhaben. Das geht nicht - deät kloort ni - wie es auf "Halunder" - der Sprache der Helgoländer - heißt ...
Trotzdem machen wir uns auf den Weg zur Insel, die Verfasserin diesmal leider auf Krücken. Schnell gleitet man mit dem Halunder Jet zur Insel, auch mit Krücken kommt man auf der Fähre gut zurecht, die Fahrt ist abwechslungsreich und ein echtes Erlebnis.
Die Anlegestelle liegt etwas außerhalb vom Ort, an der Südspitze der Insel. Zwei Elektrotaxis sollen angabegemäß Gepäck- und Personentransport erledigen. Wir fragen einen Fahrer, ob man ein Taxi für eine Rundfahrt buchen könne; wir wollen auch warten, bis es seine gebuchten Fahrten erledigt hat. Nein, das geht nicht, die Taxen können prinzipiell nicht für Rundfahrten gebucht werden - deät kloort ni. Die Taxen verstehen sich als Service für Hotelgäste und nicht als Fremdenführer oder gar Zubringerservice für Tagesgäste.
Also ist Humpeln zum / vor Ort angesagt, vorbei an bunten kleinen Häusern, den so genannten Hummerbuden. Dort werden so allerlei Souvenirs verkauft, nur Hummer können wir nicht entdecken. Weiter geht es entlang der Hafenpromenade, vorbei an den Hotels mit dem wenig einladenden 60er-Jahre Flair.
Es ist unerträglich schwül, bis nahe am Ortszentrum ist keine Bank zum Ausruhen zu finden, aber wer will schon bei der schwülen Hitze in der Sonne sitzen ..?
Hier nahe am Ortszentrum werden Rundfahrten in einer kleinen Bummelbahn. angeboten: Natürlich ist erstmal alles ausgebucht, aber für die Fahrt in zwei Stunden könne man noch Karten bekommen. Wir wollen wissen, ob man auf der Tour auch die "Lange Anna" sehen kann. In gebrochenem Deutsch mit starkem slawischen Akzent wird auf Rückfragen mehrfach versucht zu erklären, dass es eine Fahrt durch das Oberland oder eine Fahrt durch das Unterland gibt. Ja was denn nun, Oberland oder Unterland?
Es scheint irgendwie nicht möglich zu sein, den genauen Tourverlauf zu erfahren, die Erklärungen sind für "Normalstudierte" schlichtweg unverständlich. Schließlich erklärt man, dass die Tour durch das Unterland den Vorteil hätte, dass man direkt zum Halunder Jet gefahren wird und dort dann um 16:00 Uhr eintrifft, rechtzeitig vor der Abfahrt um 16:30 Uhr. Noch einmal wird nachgefragt, die Bahn fährt direkt bis an die Fähre? "Ja. ja, ganz sicher" wird bestätigt. Das klingt gut, wir kaufen die Karten. Erst sehr viel später wird klar, dass es sich um zwei Bahnen mit getrennten Touren handelt ...
Die Zeit bis zur Tour kann man sich auch hinkend im Ort vertreiben: Dort wird an allen Ecken Schnaps, Zigaretten und Zigarren neben Souvenirs verkauft, außer Tourismus, Fisch und Krabben wohl die Haupteinnahmequelle der Insel.
Dazwischen sind kleine Fisch- und Krabbenbuden und deren Besuch lohnt sich, denn Krabben- und Fischbrötchen mit einem kühlen Bier tun wirklich gut ...
Pünktlich fährt unser Bähnchen los, vorbei am Aquarium, dem Museum (dort wo der Bunker ist!), der Jugendherberge, einem Modell einer 5,4t britischen Bombe Tall Boy aus dem Zweiten Weltkrieg, dem Denkmal von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben und bis zu einem Zwischenstopp, von dem aus man einen Blick auf die "Lange Anna" erhaschen kann.
Schließlich endet die Tour am Hafen, aber nicht an der Fähre. Man muss noch einige hundert Meter gehen, mit Krücken kein wahres Vergnügen. Näher fährt die Bahn nicht ran - deät kloort ni, oder ..?
Endlich zurück an der Fähre fällt uns der Slogan auf: Helgoland - meine Insel. Nun ja, heute trifft dies nicht wirklich für alle Gäste zu: Einmal Helgoland ist erstmal genug ...
© 2013 S. Zerlauth
Anm. der Red.: Dass es auf Helgoland nicht nur für "Hinkebeine" unangenehm werden kann, sondern insbesondere auch für Vögel und andere Lebewesen, zeigt unser Bericht von Jürgen Sattler, seines Zeichens Kapitän des Tierschutzschiffes "pacifico":
- Tod in Ihrem(?) Netz!: Über Todesfallen aus Plastik