Sea Shepherd: Bremer Schiffsbesuche ...

MV Bob Barker & MV Sam Simon      


Vorbemerkung der Red.: Bei unserem Februar-Besuch 2015 in Bremen bei Sea Shepherd hatten wir zumindest schon ein Besatzungsmitglied der pacifico kennengelernt: Hündin Loona führte seinerzeit dort ihr Frauchen aus und der Beitrag dazu ergab einen Kontakt zur restlichen Besatzung. Und daraus wiederum entstand der aktuelle Bericht in dieser Ausgabe über die Jungfernfahrt des Seglers in der Emsmündung ...

Bremen Februar ´15: pacifico Besatzungsmitglied Loona ...Umso mehr freuen wir uns nun über einen weiteren Besuchsbericht, der unmittelbar an zwei der genannten Punkte anknüpft: Im Mai 2015 waren zwei Schiffe der Tierschützer in Bremen, während ein weiteres, die von uns besuchte MV Brigitte Bardot am Hamburger Hafengeburtstag teilnahm. Die beiden Schiffe von Sea Shepherd in Bremen wurden etwa zur selben Zeit von der Besatzung der pacifico besucht - der Kreis hatte sich damit geschlossen ...

Und selbstverständlich freuen wir uns darüber, dass uns Autor Jürgen Sattler nun auch über den Besuch auf den anderen Shepherd-Schiffen berichtet - leider kommen die ja nie nach München und wir selbst sind offenbar viel zu selten im Norden ..!


Bob Barker

Am 5. Januar 2010 traf ein zusätzliches Anti-Walfang-Schiff in der Antarktis ein, um sich der Walschutzkampagne Operation Waltzing Matilda 2009-2010 im Südpolarmeer anzuschließen, unerwartet und gerade rechtzeitig: die Bob Barker.

Dank einer Spende in Höhe von $ 5,000,000 der amerikanischen Fernsehikone Bob Barker war Sea Shepherd in der Lage, das ehemalige norwegische Walfangschiff unter strenger Geheimhaltung zu kaufen und in Afrika für seine Mission aufzurüsten. Das schnelle Abfangschiff mit seinem eisverstärkten Rumpf brach in aller Stille am 18. Dezember von Mauritius auf, um sich den Sea Shepherd Schiffen Steve Irwin und Ady Gil im Südpolarmeer anzuschließen.

Barker bestritt auch die Kosten für einen Hubschrauber, der die Schiffe der Organisation begleiten wird. Der Helikopter wurde auf den Namen Nancy Burnet getauft, nach dem Präsidenten der United Activists for Animal Rights, einer Organisation, die Barker ebenfalls unterstützt. Dieser neue Hubschrauber wird an künftigen Kampagnen teilnehmen ...

Sam Simon

Länge 56 Meter, Breite: 9,80 Meter, Tiefgang: 4,50 Meter. Baujahr: 1993, Tokyo IHI Shipyard, Geschwindigkeit: 16 Knoten. Interessantes Detail: Das Schiff war vormals in Besitz der japanischen Walfangflotte ... Vorherige Einsätze: Wetterbeobachtungsschiff der japanischen Regierung. Vorheriger Name: Seifu Maru. Derzeitiger Name: Sam Simon - benannt nach dem Mitbegründer und leitenden Produzenten der "Simpsons", Mitglied im Beirat von Sea Shepherd und langjähriger Verteidiger der Tiere. Erste Sea-Shepherd-Kampagne: November 2012, Walschutzkampagne in der Antarktis, Operation Zero Tolerance.  

(Aus: Die Flotte, Webseite Sea Shepherd)


Die Besatzung der pacifico zu Besuch an Bord ...

Die Bob Barker, eines der ältesten Schiffe der Tierschützer, ist bereits 50 Jahre alt: Ursprünglich war auf dem Vordeck des norwegischen Walfangschiffs eine große Harpunenkanone. Diese ist nun verschwunden und ein komplettes zusätzliches Deck wurde auf das ehemalige Hauptdeck aufgesetzt. In diesem Zustand wurde das Schiff von Sea Shepherd übernommen, das Hubschrauberdeck auf dem Heck kam später dazu. Durch entsprechende Tankkapazitäten hat das Schiff eine große Reichweite oder kann anderen Sea Shepherd-Schiffen Treibstoff abgeben.

Im letzten Jahr hatte Sea Shepherd dem japanischen Walfang auf der Südhalbkugel sehr erfolgreich zugesetzt: Zu diesen Kämpfen gibt es auf der Webseite von Sea Shepherd Videos und Informationen, die sich lohnen anzuschauen. Auch dadurch hat Japan in diesem Jahr den Walfang ausgesetzt.

Bob Barker: 50 Jahre altes Walfangschiff ... Aufgesetzt: Zusatzdeck auf dem Hauptdeck ... Später noch zusätzliches Hubschrauberdeck ...

Die Bob Barker und die Sam Simon hatten in diesem Jahr dehalb Zeit, sich erfolgreich um 6 Raubfischerschiffe im südlichen Eismeer zu kümmern. Einer dieser Raubfischer war die Thunder, ein großes Fangschiff, das mit illegalen Stellnetzen vor dem Aussterben geschützte Fischarten fing ...

Die beiden Schiffe hier in Bremen haben dieses Fangschiff in der Antarktis entdeckt und gestellt: Die ausgebrachten Stellnetze wurden umgehend wieder eingesammelt. Über 3 Monate haben sie das von Interpol gesuchte Schiff verfolgt, die Jagd ging fast bis vor die westafrikanische Südküste.

Inzwischen war an Bord der Sea Shepherd-Schiffe bekannt geworden, dass einige der Besatzungsmitglieder auf dem gejagten Schiff unfreiwillig als billige Arbeitskräfte festgehalten wurden. Auf jeden Fall gab der Kapitän des gejagten Schiffes am Ende auf: Er versenkte sein eigenes Schiff, nachdem die Besatzung in die Rettungsinseln durfte.

Eisenteile zum Schutz vor unerwünschtem Entern ...Während die Thunder langsam unterging, enterten schnell noch Leute von Sea Shepherd das Schiff, um Beweismaterial zu sichern: Also Handys, Laptops und Fisch aus dem Laderaum, der bereits schon illegal gefangene Tiere enthielt. Dann versank die Thunder ...

Die Besatzung wurde mit den Beweisen der Gerichtsbarkeit übergeben, danach kamen beide Schiffe nach Bremen und waren nun abwechselnd an den Wochenenden zu besichtigen.

Heute, am 01. Mai 2015, ist die Bob Barker also zu besichtigen. Auf der Sam Simon dagegen herrscht an diesem Tag Ruhe: Die Besatzung muss sich erst einmal erholen. Sehr freundliche Leute von Sea Shepherd-Deutschland machen von 13:00 Uhr - 17:30 Uhr Führungen an Bord, um die Besatzung zu entlasten. Einen Stand für Fan-Artikel gibt es natürlich auch.

Rechts ein Bild vom Achterdeck direkt unter dem Hubschrauberdeck: Die dort vorhandenen überaus spitzen Eisenteile werden um den Rumpf der Bob Barker ausgebracht, um diese vor dem Entern durch unerwünschte Personen zu schützen. Das Schiff ist innen sehr praktisch eingerichtet. Eine anziehende Gemütlichkeit ist aber dennoch vorhanden, diese wird durch sehr nette Besatzungsmitglieder noch gefördert.

Loona verbringt die eine gute halbe Stunde dauernde Führung im Auto: Hier an Bord ist es bei den vielen Beinen zu eng für sie. Das Wetter bleibt durchwachsen und kühl, aber trocken. Gegen 18:00 Uhr sind wir wieder zurück an Bord unserer pacifico ...


Am nächsten Wochenende wartet dann die Sam Simon auf uns: Diese ist der bisher letzte Zugang zur Sea Shepherd-Flotte. Das Schiff stammt aus Japan und war an den Fangaktionen beteiligt, die Sea Shepherd seit Jahren bekämpft. Außer Dienst gestellt, hat Sea Shepherd es nach Erhalt einer passenden Spende über eine Scheinfirma  erworben. Als das bekannt wurde, entsandte Japan eine offizielle Delegation, die überprüfen sollte, ob es sich tatsächlich um ein ehemaliges japanisches Fischereischiff handelt.

So wurde aus der ehemaligen Seifu Maru schließlich die heutige Sam Simon, benannt nach dem Mitbegründer der Simpsons Zeichentrickserie, der den Kauf durch eine Spende ermöglichte. Die auffällige und praktische Farbgebung ist passend zum Einsatz der Schiffe ...

Sam Simon: Bisher letzter Zugang der Flotte ... Gefragtes Model: Loona im Sea Shepherd-Anzug ... Beide Schiffe: Heimathafen Rotterdam ... Lange Besucherschlange garantiert ...

10. Mai 2015: Ab 10 Uhr sind wir erneut unterwegs nach Bremen. Auch Loona ist wieder mit dabei, ebenso wie Mr. H. junior. Es ist noch kalt genug und Loona kann mit ihrem Anzug wieder ihre Fans beglücken. Wir treffen rechtzeitig ein, unser Bootsnachbar ist ebenfalls aufgetaucht. Er ist einfach mit seinem Wohnmobil gekommen.

Bei unserem Besuch ist es erst noch ruhig am Liegeplatz der beiden Schiffe: Auf der Sam Simon wird nach der langen Anreise erst einmal geschlafen. Die ersten Besucher fotografieren bereits wieder Loona im Sea Shepherd-Anzug ...

Es dauert nicht lange und wieder bildet sich eine lange Reihe von Menschen, die das Schiff besichtigen wollen. Fast keiner kommt mit leeren Händen: Im Internet kann man sich informieren, was zur Zeit auf den Schiffen gebraucht wird. Ganz gleich ob Lebensmittel oder Werkzeug, die Leute spenden und bringen alles einfach gleich mit. Die Leute kommen teilweise von sehr weit her,  auch aus dem Ausland, um die Schiffe und die Besatzungen zu besuchen.

Meerestiere verzieren die Gänge ...Wir müssen Loona wieder im Auto lassen und machen uns auf den Weg an Bord der Sam Simon. Über das Achterdeck geht es ganz nach oben, wo man einen guten Überblick über das Vorschiff hat. Danach weiter zur Kommandobrücke: Das Schiff ist schon sehr viel moderner als die Bob Barker. Natürlich wird auch hier für modernes Gerät gesorgt ...

Die Deckenhöhe der Gänge ist gewöhnungsbedürftig. Sind zwei Meter auf Schiffen des Westens vorgeschrieben, ist das hier nicht der Fall. Japaner sind dann doch im Durchschnitt etwas kleiner, mehr als 1,90 m sind hier nicht drin. Das Schiff wurde innen erheblich verschönert: Meerestiere, sauber aufgemalt, verzieren die Gänge. Die Bordküche ist schon recht groß, hier stapeln sich bereits Lebensmittelspenden auf den Anrichten. Die Messe, einer der wichtigsten Räume an Bord, wurde schön für die jetzige Aufgabe des Schiffes angepasst.

Nach einer guten halben Stunde ist der Rundgang beendet. Von der Gangway aus sehen wir viele weiße Säcke: Auf den Decks der Sam Simon und in deren Laderäumen lagen über 72 km Stellnetz, die die beiden Schiffe der Thunder abgenommen haben.

Wir sehen sie uns einmal aus der Nähe an: Die dickeren Seile daran sind die äußeren Begrenzungen, die das schwimmende Netz im Wasser stabilisieren. Dazwischen sind ganz feine Fäden, sie sind die gefährlichen Bestandteile des Netzes.

Im Wasser sind sie durch die Tiere erst viel zu spät zu sehen: Schnell haben sie sich darin verfangen. Das betrifft nicht nur Fische, sondern auch Vögel, die nach Fischen tauchen. Viele Tiere, die gar nicht gefangen werden sollen, verfangen sich ebenfalls in den Netzen, wie etwa Delphine. Und alles, was sich in den Netzen verfängt, kann nicht mehr an die Wasseroberfläche aufsteigen und erstickt qualvoll ...

Auf der Kommandobrücke ... Große Bordküche ... Die Messe ... Kilometerlange illegale Stellnetze ...

Zum Abschluss stellen sich Loona und Mr. H. junior vor aktueller Kulisse noch einmal dem Fotografen. Am kommenden Wochenende ist ein weiteres Mal die Bob Barker zu besichtigen. Die Brigitte Bardot liegt zur Zeit in Hamburg.

Danach wird es für die Schiffe langsam Zeit, der nächste Einsatz steht bevor: Bald sollen die "Spaßabschlachtungen" von Walen auf den Färöer-Inseln beginnen, ein ähnlich unsinniges Blutspektakel wie das in Taiji / Japan. Dorthin sollen in diesem Jahr alle drei Schiffe gehen. Deshalb bot sich auch Deutschland als Servicestation an.

Die Färöer-Inseln hatten versucht, die Einreise von Sea Shepherd-Aktivisten und der Schiffe zu verhindern, doch Dänemark ließ dieses Vorhaben schließlich scheitern. Immerhin gehören die Inseln zu Europa, und dort gelten eben europäische  Gesetze, die nicht am Inselufer enden. Bei diesem massiven Aufgebot von Tierschützern wird es in diesem Jahr dort heiß hergehen ...

Loona unterwegs mit Mr. H. junior ...Sowohl die Bob Barker als auch die Sam Simon sind definitiv Kampfschiffe, wenngleich auch völlig unbewaffnet. Ihre Besatzungen und auch die Spender sind hochmotiviert und auf keinen Fall zu unterschätzen. Die Menschen an Bord dieser Schiffe kommen aus verschiedensten Ländern, sie sind eine "Bürgerwehr" aller Menschen der Erde, die inzwischen bemerkt haben, dass der Planet von Firmen, Regierungen und kriminellen Vereinigungen durch enorme Geldgier, Egoismus und Machtsucht immer weiter zerstört wird.

Dafür begeben sich diese Menschen sogar in Lebensgefahr: Die Einsätze der Schiffe sind sehr oft lebensgefährlich und Besatzungsmitglieder an Bord müssen damit rechnen, dass sie getötet oder schwer verletzt werden können. Um die Mitfahrt zu den Einsätzen finanzieren zu können, verdienen sich die Teilnehmer sehr oft erst das nötige Geld, sie müssen sich für ihre Zeit bei Sea Shepherd auch selbst versichern.

Die Schiffe werden niemals gegen Menschen eingesetzt, nur gegen das Material, das von Menschen zur Zerstörung der Tier- und Umwelt verwendet wird. Dass dabei oft auch die Schiffe in Mitleidenschaft gezogen werden, liegt auf der Hand ...

Bis 18:00 Uhr sind wir wieder an Bord unseres Seglers. Der Tag wurde noch warm, Tageshöchsttemperatur heute 20°C - ein angenehmer Besuchstag ..!



© 2015-2016 Jürgen Sattler, Bild Loona oben: Explorer Magazin