Begegnung vor Illizi ...
Fortsetzung: Nicht ohne meine Kalaschnikow (2)
Auszug Reisetagebuch ...
13. Tag (17.02.2003)
Nach den Aufstehen und Frühstück betanken wir erst einmal unser Fahrzeug mit 60 Litern Diesel aus den Reservekanistern. Im Anschluss besichtigen wir das alte Fort etwas ausgiebiger und machen zahlreiche Fotos. Plötzlich kommt eine Gruppe von Österreichern am Brunnen an, die aus zwei Motorrädern, einem Geländewagen und 3 LKW´s besteht, darunter auch Teilnehmer der berühmten Rallye Paris-Dakar.
Es beginnt ein ausgiebiger Informationsaustausch über Streckenbeschaffenheit und dergleichen. Sehr angetan ist man auch von unseren IFA-Fahrzeugen, da diese einige technische Raffinessen besitzen, die die LKW´s moderner Bauart nicht haben, so zum Beispiel unsere serienmäßige Reifenregeldruckanlage und die Watanlage des W50. Erstaunt ist man auch über unsere Bekleidung, tragen wir doch Militäruniformen: Ich die Felddienstuniform der NVA und Klaus die Desertuniform der US Army.
Darauf angesprochen machen wir uns einen Scherz und sagen, dass wir doch für den Ernstfall gerüstet sein müssten. Aufmerksam betrachtet man auch unser Bajonett für die MPi Kalashnikov. Auf die Frage, wofür dies denn sei, sagen wir: Für unsere Kalashnikov. Diese Äußerung hatten wir uns nicht gut überlegt, da ein Teilnehmer genau diese Aussage später im Sahara-Forum verbreitet. Zitat:
"Sehr geehrter Herr G.!
Wir waren im Februar 2003 in Algerien unterwegs. Mit Bedauern muss ich jetzt feststellen, dass von Woche zu Woche immer mehr Touristen als vermisst gelten. Ich erlaube mir folgende Anmerkung, welche die Leute im Sahara-Forum vielleicht interessieren wird: Wir trafen am Brunnen Ain el Hadjadj auf eine Gruppe Ostdeutscher, welche sich merkwürdig verhielten. Es handelte sich dabei um ein älteres Ehepaar in einem umgebauten ostdeutschen Militärlastauto mit Luftanlage (Fahrzeugtype ist mir leider nicht bekannt), welche im Konvoi mit 2 jüngeren ostdeutschen Männern reisten, die ebenfalls ein typengleiches, umgebautes Militärfahrzeug fuhren. Die beiden jüngeren Männer trugen beide einen Tarnanzug und teilten uns mit, sie hätten für den "Ernstfall" eine Kalashnikov mit 300 Schuss Munition dabei. Sie fuhren in Richtung Illizi. Ort und Datum der Begegnung passen irgendwie zum Verschwinden der ersten Gruppe."
(Anm. der Red.: Für die Perfektion derartiger zukünftiger Auftritte empfehlen wir, auf die umfangreichen Angebote der Räer GmbH zurückzugreifen, mit denen man vor Ort noch glaubwürdiger Touris beeindrucken kann: Neben Tarnnetzen erscheinen insbesondere zur Armeekleidung gehörige Bestandteile wie Tarnumhänge, Tarnstreifen oder auch komplette Tarnanzüge geeignet zu sein. Letztere gibt es nämlich nicht nur für Wald- oder Schneeeinsätze, sondern eben auch in der "Desert"-Version für Touristen wie die vor Illizi. Wer daran Geschmack gefunden hat, wird solches dann aber sicher auch gern zuhause tragen wollen: Wir empfehlen sich hier mit allem Erforderlichen auszustatten, wenn es eines Tages um Die letzten Tage des Euro geht oder wenn man mal als "moderner Expeditionsreisender" unterwegs sein will - hier und in anderen Fällen sehen wir jede Menge Einsatzmöglichkeiten! )
Genau an diesem Tag beginnt die Tragödie der Entführung von europäischen Reisegruppen, wovon wir aber erst nach unserer Rückkehr in Deutschland erfahren.
Um 10:00 Uhr starten wir dann in Richtung Illizi. Roland geht es wieder etwas besser. Kurz nach unserem Start sehen wir eine so genannte Nomadenmoschee, eine aus Steinen gelegte Moschee im Grundriss.
Wir kommen gut voran und bestaunen immer wieder die vielgestaltige und spektakuläre Kulisse der Gräberpiste. Bald merken wir, das unsere GPS-Daten irgendwie nicht stimmen und fahren ziel- und planlos durch die Gegend. Wir finden eine Siedlung in einem Bergkessel, die ziemlich unzugänglich ist. Die Siedlung ist bewohnt, aber bei unserem Eintreffen ist niemand anwesend.
Wir schauen uns alles ganz genau an, obwohl uns nicht ganz wohl dabei ist. Wir denken, dass wir beobachtet werden. Überall liegen Dinge des täglichen Gebrauchs umher, aber in den Bäumen aufgehängte Säcke erregen unsere besondere Aufmerksamkeit, da aus diesen Blut tropft.
Wir fühlen und tasten von außen die Säcke ab, können aber nicht definieren, was der Inhalt ist. Schnell verlassen wir wieder die Siedlung und fahren ein Stück weiter. Eine kurze Beratung wird durchgeführt, wir checken unsere Navigation und geben in das Notebook neue Koordinaten ein, um sie anschließend auf die GPS-Geräte zu laden.
Wir haben eine neue Route festgelegt und fahren weiter auf ein Dünenfeld zu. Wir suchen nach einem Einstieg, finden aber keinen. Ich laufe die Dünen ab und suche mir eine Strecke zur Überquerung der Dünenpassage aus, mit dem Fuß ritze ich mir Zeichen in den Sand, damit ich eine Orientierung habe. Es ist eine sehr schwierige Dünenüberquerung und höchste Konzentration beim Befahren ist angesagt, da sich in rascher Folge hohe Dünen mit tiefen Dünenkesseln abwechseln.
Teilweise muss auf dem Dünenkamm angehalten und mit dem LKW ein Stück zurückgesetzt werden, da man nicht mit einem Mal rumkommt. Sehr kritische Situation, durch den hohen Schwerpunkt des Fahrzeuges und die große Last des IFA besteht große Kippgefahr. Nachdem ich mir eine Strecke gesucht habe, gehe ich zurück zum Fahrzeug und sage zu Klaus-Dieter, dass wir es probieren können, aber höllisch aufpassen müssten.
Es geht los - hoch und runter, vor und zurück, aber immer weiter - plötzlich kommen uns in den Dünen Einheimische entgegen, die wie wild mit ihren Armen fuchteln und zu verstehen geben, dass wir woanders lang fahren sollen. Es sind ca. 8 Personen mit einem alten, graugrünen Toyota Geländewagen. Wir sagen uns, die sind nicht ganz bei Trost: Wenn wir dort lang fahren würden, wo man uns hinlenken will, würden wir das nie schaffen.
Also bleiben wir weiter auf dem vorher von uns festgelegten Weg und schaffen diese Strecke auch. Wir fahren gleich weiter ohne anzuhalten, um erst einmal weit weg von den Einheimischen zu kommen. In sicherer Entfernung warten wir dann ab, merken aber, dass Roland mit seinem LKW nicht hinterher kommt. Also fahren wir nach einer Weile langsam wieder zurück, um zu schauen, was los ist. Die Einheimischen mit ihrem Geländewagen sind nicht mehr da und Roland steht noch immer auf der anderen Seite des Dünenfeldes und weiß nicht, dass wir es bereits überquert haben.
Wir gehen zu Fuß zurück und teilen Roland mit, dass wir einen Weg gefunden haben und er nur den Fahrspuren folgen soll. Gesagt getan: Roland folgt den Fahrspuren, hat aber teilweise große Schwierigkeiten und sandet ausgerechnet an einer kritischen Dünenkuppe ein.
Nachdem Rolands LKW wieder frei ist, biete ich ihm an, den LKW zu fahren, da ich bemerkt hatte, dass es Roland nicht gut geht und wieder eine Verschlechterung seines Gesundheitszustands eingetreten ist. Roland nimmt das Angebot dankend an und so schaffen wir es gemeinsam, diesen schwierigen Abschnitt zu meistern.
Wir fahren noch cirka 20 Kilometer, um uns einen Stellplatz für die Nacht zu suchen. Bald werden wir fündig, beim Abschreiten des Geländes finden wir auch wieder Munitionsteile und noch eine intakte Patrone Kaliber 7,62 mm x 39 mm. Beim Sichten unserer Navigationssoftware stellen wir fest, das es bis zur Ortschaft Illizi nicht mehr all zu weit ist, cirka noch 130 km ...
© 2003 Text/Fotos: Renato Pietsch, IFA-Tours