GPS-Nutzung: Die spinnen, die Nordafrikaner!
Dass Afrikafahrer leidensfähig sind, das wissen nicht nur Leser des Sahara-Forums oder regelmäßige Besucher von Globetrotter-Treffen wie solchen in Zellerreit.
Viele, viele Touris machen sich auf den Weg in die Wüste und haben nicht einmal einen Explorer II, der für eine solche Reise vermutlich angemessen wäre: Sie lassen sich schikanieren von Grenzformalitäten, nehmen Zwangseinladungen in Kauf, beantragen ein "Carnet de passages", zahlen für Führer, die man nach Möglichkeit so schnell wie möglich wieder los werden will, sehen sich damit konfrontiert, dass man mit eigenen Fahrzeugen die Wüste nicht mehr befahren darf, lassen sich womöglich sogar von Kindern mit Steinen bewerfen ...
So kommt man dann nach Algerien, Tunesien, Marokko, nach Libyen oder in sonstige Gegenden, in denen man eigentlich nicht ohne seine Kalaschnikow unterwegs sein sollte, wenn man mit Sicherheit nicht entführt werden will: Aber was soll´s, sie fahren trotzdem hin und scheinen so etwas irgendwie zu mögen oder zu brauchen, denn würden sie sonst hinfahren, Landschaften und Land und Leute hin oder her?
Nun ja, wir als verkappte Saharafahrer, die mittlerweile auch zumeist bei einer Cockpittemperatur von 38°C unterwegs sind, sei es in Skandinavien, im Burgenland oder auch im Baltikum, haben inzwischen viel Verständnis für ein derartiges Verhalten, wollen die Reisenden doch vermutlich überwiegend dem schlechten Wetter entfliehen und vor allem zu später Stunde ungestört und völlig einsam in schönster Landschaft nur mit T-Shirt bekleidet auf ihrer eigenen Düne sitzen - und politische Verhältnisse interessieren dabei wirklich keinen ...
Allerdings jetzt, Stand September des Jahres 2004, wird es doch arg schwierig mit dem Verständnis - gibt es doch mittlerweile in diesen Gegenden auch ernsthafte Angriffe auf das schönste Spielzeug nicht nur des Afrikareisenden: Das GPS!
So können Touristen in Marokko seit ca. Mitte Oktober 2003 ihre GPS-Empfänger nicht mehr ohne Bewilligung einführen. Warum das so ist, darüber kann nur spekuliert werden, aber sicherlich wird sich auch in diesem Fall irgendeine spannende Begründung in Verbindung mit der Bekämpfung des internationalen Terrorismus finden lassen.
Der Reisende kann sich nun eine Bewilligung zur temporären Einfuhr eines GPS-Empfängers einholen (begrenzt auf einen Monat!), indem er einen Antrag bei der zuständigen Behörde in Rabat stellt, in deren Bezeichnung sich ausgerechnet die Bezeichnung "Division de la Normalisation et des Agréments" findet - man weiß offenbar, dass derjenige, der unter diesen Bedingungen hierhin fährt, sich jederzeit gern auch anderweitig veräppeln lässt!
Wie wir erfahren haben, soll in einzelnen Fällen schon nach 5 Tagen eine Bewilligung per Fax eingetroffen sein, wenn der in französischer Sprache zu stellende Antrag folgende Infos enthielt:
- den genauen Zeitraum des temporären Imports
- die Anzahl der zu importierenden Geräte
- Marke und Typ der Geräte
- die Datenblätter der Geräte (!).
Nachtrag, Januar ´05: Mittlerweile kommt die Genehmigung per
Fax innerhalb von 1-2 Tagen ...
und ein weiterer Nachtrag, ein
Jahr später, Anfang ´06: Inzwischen soll es dort keinen mehr interessieren,
ob man ein GPS dabei hat - lesen die etwa im Explorer Magazin ..?
Und wie schaut es andernorts aus? Nun, was Marokko Recht ist, kann Tunesien nur billig sein: Auch die Reisenden dorthin wurden im Jahr 2004 mit Problemen konfrontiert. Von Touris wurden abenteuerliche Geschichten berichtet, in denen sie von Grenzbeamten zu ihren GPS-Geräten befragt wurden und diese dann alle möglichen Infos dazu in einen PC eintippten. Auch gab es Beschlagnahmefälle: Die unglücklichen GPS-Besitzer erhielten in diesen Fällen Quittungen, mit denen sie ihre Geräte bei der Ausreise wieder zurückbekommen konnten.
Im Juni 2004 schließlich wurden dann Empfehlungen diskutiert, dass jeder interessierte Tunesienreisende, der in nächster Zeit die Absicht hätte, mit eigenem Fahrzeug und GPS einzureisen, einen Protest in einem formlosen Schreiben an das zuständige tunesische Fremdenverkehrsamt richten sollte, um entsprechend Druck zu machen. Man sprach von einer Schikane der GPS-Registrierung, die angeblich viele von einer Reise nach Tunesien abhalten sollte.
Zunächst erwiesen sich die zuständigen Fremdenverkehrsämter Tunesiens als völlig uninformiert (wer hätte etwas anderes erwartet? ) und konnten sich zu den Anfragen nicht äußern - selbstverständlich wurden alle Anfragen aber angabegemäß nach Tunis weiter geleitet. Eine offizielle Antwort ließ monatelang auf sich warten.
Mitgeteilt wurde dann u.a. schließlich, dass seit Mitte Juni 2004
für die "Einfuhr" von GPS-Geräten eine Genehmigung
benötigt
würde.
Eine dieser Auskünfte: Nach Antrag bei der "Agence Nationale des Fréquences" (auch per Fax) kann eine Genehmigung unter den nachfolgenden Voraussetzungen erteilt werden.
- Nicht am Fahrzeug montierte mobile GPS-Empfänger werden im Reisepass bei der Einreise in Tunesien eingetragen. Erforderlich ist hierfür eine Fotokopie des Reisepasses.
- Das Kraftfahrzeugkennzeichen und die technischen Daten eines im Fahrzeug festmontierten GPS-Empfängers sind im Genehmigungsantrag anzugeben.
- Bei Transitreisen ohne GPS-Einsatz in Tunesien werden die Geräte geprüft und versiegelt. Die Versiegelung wird bei der Ausfuhr aus Tunesien überprüft.
Wir werden nachdenklich: Hinweise für die Behandlung eines PDA mit GPS-Maus vermissen wir nämlich. Was passiert eigentlich, wenn einer so eine Maus versehentlich als Maus für seinen PC einführt? Sind dann dem internationalen Terrorismus etwa Tür und Tor geöffnet, dem diese Sicherheitsmaßnahmen doch zweifellos auch gelten? Wir wagen es nicht zu Ende zu denken!
Und wie sieht es aus mit Libyen? Nun, dort scheint es im Moment noch keine Genehmigungspflicht für die temporäre Einfuhr eines GPS-Empfängers zu geben, was uns auch weiter nicht verwundert. Denn dort - so behaupten böse Zungen - darf man vermutlich eh schon bald nicht mehr mit dem eigenen Fahrzeug unterwegs sein - was sollte man dann noch mit einem GPS? Und über Algerien, nun ja, darüber mag man schon gar nicht mehr berichten, siehe den 2. Nachtrag unten ...
Was bleibt nun nach allem insgesamt zu wünschen übrig? Natürlich viel Spaß, gute Erholung und vor allem gute Reise mit allzeit richtigen Koordinaten!
Ach ja, zum Abschluss noch unsere weiteren Vorschläge an die nordafrikanischen Behörden, um ihre Beamten sinnvoll zu beschäftigen: Wie wäre es mit temporären Einfuhrgenehmigungen für Funkuhren, Sender für Zentralverriegelungen, elektrische Zahnbürsten und 12V-Kaffeemaschinen? Schließlich soll der internationale Terrorismus doch dort getroffen werden, wo es weh tut!
Na ja, wer es mag, wird auch in Zukunft weiter hinfahren und wer nicht lügen will oder auch sonst nix aushält (so wie wir!) und Antragsformulare, Einträge in Reisepässe oder gar erkennungsdienstliche Behandlung mit Fotos und Fingerabdrücken - also kurzum hirnlose Obrigkeitssadomasotouren - hasst wie die Pest, dem bleibt schließlich immer (noch) Skandinavien oder auch das Baltikum ...
1. Nachtrag, Oktober ´04
Natürlich gab es auch in dem oben erwähnten Sahara-Forum hitzige Diskussionen zu diesem Thema, die im Verlauf immer abstruser wurden. Wohl angeregt durch ein Posting, in dem einem Forumsmitglied vorgehalten wurde, "das geheime GPS in der Hosentasche" zu propagieren, kam es irgendwann zu vollständigen "Aussetzern" wie dem nachfolgenden sehr langen Posting (der Admin des Forums war gerade im Urlaub!). Aus diesem wollen wir nur einen Auszug zitieren:
"... Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche Hosentasche
Wetten das er jetzt ins Chillout Nirwana geht :-)
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Gruss Ozy - Immer Vollgas!"
2. Nachtrag: Neues aus Algerien - Bericht FOCUS v. 27.11.04 ...
"Fünf Deutschen wird in Algerien der Prozess gemacht: Der Vorwurf klingt absurd.
Sie sollen im Unesco-geschützten Nationalpark Tassili mehr als 130 Felsstücke und wertvolle Wandmalereien gestohlen haben. Ein Anklagepunkt ist auch das Mitführen des satellitengestützten Navigationssystem GPS - dies ist in Algerien dem Militär vorbehalten. Im schlimmsten Fall müssen sie fünf Jahre in den nicht sonderlich gut beleumundeten algerischen Gefängnissen verbringen ..."
© 2004 J. de Haas, Foto oben aus Reisebericht Tunesien 98/99