Metamorphose:
Die Verwandlung eines Sankey-Anhängers
...
Vom Lastanhänger zum "All Terrain Trailer mit Howling Moon Trailer Tent"
Wie alles anfing ...
Wenn man einen Land Rover fährt, wird man fast zwangsläufig irgend wann einem Sankey Anhänger begegnen: Für die britischen Streitkräfte in den späten 60er und 70er Jahren des letzten Jahrtausends gefertigt, gibt es sie in den Ausführungen "short track" und "wide track". Gemeint ist damit die Spurweite und somit auch die Gesamtbreite.
Ab und an taucht einmal ein Exemplar bei ebay auf: Meistens von trauriger Gestalt, erzielen sie dennoch erstaunlich hohe Gebote. In England werden die Anhänger zum Preis ab 80 Pfund Sterling angeboten, die britische Armee wird sich von den Restbeständen wohl komplett trennen, weil nur noch hydraulische Bremssysteme in Zukunft Verwendung finden sollen - warten wir es ab ...
Nach so einer Begegnung mit einem "Sankey" entsteht in den meisten Fällen der feste Wunsch, auch so ein Unikum haben zu wollen. Die Frage nach dem Wozu wird konsequent ignoriert oder es fallen einem die seltsamsten Begründungen ein - in meinem Fall wollte ich die Möglichkeit schaffen, noch mehr Gepäck mitnehmen zu können!
Bei meiner Geschichte handelt es sich um die "short track" Ausführung dieses Hängers, den ich vor drei Jahren kaufte. Die Reinkarnation dieser unkaputtbaren Rostlaube zu einem wieder einsatzfähigen Lastesel bedeutete viele Stunden Arbeit, zeigte dafür aber auch einige Varianten auf, die als Aufbau möglich sind.
Dass der Anhänger nun wieder wie fabrikneu erscheint, liegt an ungefähr 800 Arbeitsstunden (allein rund 100 Stunden für das Sankey Fahrgestell), einer inzwischen gut ausgerüsteten Werkstatt und ausreichender Kenntnis in der Metallbearbeitung und Maschinenbaukonstruktion ...
Im Jahr 2003 benutzten wir den Hänger dann erstmals für unseren Korsika Urlaub und befanden ihn für gut ...
Nach der Erprobung und der Zufriedenheit aller Beteiligten war klar, dass der Sankey mit in die Erbmasse eingehen würde (Land Rover werden ja angeblich auch nicht verkauft ), und die Geschichte hätte eigentlich enden können.
Doch dann trat das Explorer Magazin in mein Leben!
Eine Idee wird geboren
Ich erwähne nur Bernd von Ooy, Wildcat, Takla Makan und die anderen Geschichten - und die neue Idee war geboren: Schließlich hatte ich einen Anhänger und Erfahrung, was mit dem so alles geht. Eines geht aber auf jeden Fall nicht: In dem Ding kann man nicht schlafen, weil der Aufbau nur 1,80 m lang ist.
Wirklich interessant fand ich die speziell für Anhänger gefertigten Zelte. Ich liebe Zelte, auch z.B. große Zelte aus Holland. Aber wenn der Aufbau einen halben Tag verschlingt, ist die Flexibilität dahin: So hatte mir ein Kollege einmal den holländischen Zelthersteller de Vrijbuiter empfohlen, und tatsächlich, das Angebot ist beeindruckend!
Wenn man ein wirklich gut gemachtes Zelt braucht, ist de Vrijbuiter eine Reise wert. Aber es dauert halt, bis das Geraffel steht oder wieder verstaut ist. Und unter Korsikas Sonne gilt der Spruch: ... vor den Komfort hat de Vrijbuiter den Schweiß gesetzt ..!
Doch eine andere Lösung meines Problems zeichnete sich ab, als ich mir weitere Anregungen im Internet holte: In Südafrika haben mehrere Anbieter Geländeanhänger im Angebot, einer davon ist z.B. der Xplorer von Jurgens (Anm. der Red.: Siehe zu diesem Thema auch unseren Beitrag über den Camping-Trailer "Oryx").
Ich kam aus dem Staunen nicht heraus, welche Vielfalt an Lösungen sich ergeben kann, wenn man sich mit der Vermarktung einer Idee beschäftigt, die dort sehr weit verbreitet erscheint. Aber auch in Australien wird man fündig.
Bei all diesen Konstruktionen thront auf dem Dach ein Faltzelt: Das ist für sich betrachtet nichts Neues, aber die Südafrikaner fertigen eben spezielle Dachzelte, die für die Verwendung auf Anhängern ausgelegt sind und die, wenn man will, riesige Abmessungen haben können.
Aus all diesen Angeboten hatte ich mich bei Howling Moon für das "Trailer Tent" mit Seitenwänden entschieden, dafür wollte ich sogar einen weiteren Sankey-Anhänger vorbereiten.
Die Webseite von Howling Moon war letztlich ausschlaggebend für meinen Sankey-Umbau vom reinen Transportanhänger zum geländetauglichen Campinganhänger. Der Vertrieb in Europa erfolgt unter anderem durch den Schweizer Importeur XP-Edition, der mir wichtige Hinweise zu den Anschlussmaßen des Zeltbodens gab. Somit konnte die Konstruktionsarbeit für den neuen Aufbau beginnen ...
Der neue Aufbau entsteht
Wenn man z.B. die Aufbauten der südafrikanischen Anhängeranbieter Campa und Bushman vergleicht, fällt die "aufgelockerte" Bauart ins Auge. Beide Produkte zeichnen sich durch eine sehr zerklüftete Bauweise aus: Man möchte kaum wissen, wie viele Tonnen Matsch in den vielen Zwischenräumen Platz finden, wenn es im Gelände zur Sache geht - und wer soll das eigentlich wieder sauber machen?
Diese Lösungen gefallen zwar einerseits, setzen aber recht große äußere Abmessungen voraus. Der Sankey sollte aber nicht länger und breiter werden als unbedingt notwendig. Daher bot sich die die Lösung an, alle Ausrüstungsgegenstände unter der Karosserie "verschwinden" zu lassen.
Wie die nachfolgenden Bilder zeigen, besteht der Aufbau aus einzelnen Baugruppen. Der Unterschied zu anderen Konstruktionen: Dieser Aufbau ist "waschstraßentauglich". Das soll kein ernst zu nehmendes Argument sein, aber von außen sichtbare Kanister oder Batterien wecken vielleicht Begehrlichkeiten ..?
Der kubische Aufbau hat ungefähr die Größe des Dachzeltbodens, daher entfällt das sonst übliche Dach samt separatem Dachzeltträger. Der Zeltboden ist in Sandwichbauart ausgeführt (Holzrahmen mit Styroporfüllung, beidseitig mit Aluminiumblechen verblendet) und ist mit der Unterkonstruktion verschraubt.
Ein Tisch kann seitlich von rechts oder links durch die Klappen auf eine Galerie unterhalb des Daches eingeschoben werden. Zwischen den Radkästen ist ein Zwischenboden montiert, auf dem die Aluboxen ruhen: Eine für die Küchenutensilien, die andere für Wäsche. Unter dem Boden ist Platz für zwei nach hinten rollbare Kunststoffstauboxen von Aldi (normalerweise werden diese unter dem häuslichen Bett benutzt) ...
Im hinteren Bereich bis zum Rolltor ist Platz für Stühle, Waschzeug, Werkzeugkasten, Stapelboxen, usw., je nach Bedarf. Vor diesem vollständig durch eine Wand getrennten Bereich wird die Kühlbox samt 11 kg Gasflasche, 20 Liter Wasserkanister und 20 Liter Reservekanister aufbewahrt. In separaten Staufächern finden die Zusatzbatterie, eine große Coleman Lampe, Zeltleinen und Heringe sowie weitere Boxen Platz. Diese Abteilung wird von vorn erreicht durch die nach oben zu öffnende Klappe. Die Be- und Entlüftung der gasbetriebenen Kühlbox ist so angeordnet, dass die Flamme während der Fahrt nicht ausgeblasen wird. Natürlich ist zusätzlich eine 12 Volt Versorgung vorhanden, man weiß ja nie ...
Das Licht scheint von oben direkt in die Kühlbox, wenn man will. Rechts und links vom Rolltor befinden sich zwei nach vorn schwingende Türen, hinter denen sich die Klappstützen verbergen sowie weiterer Stauraum für Feuerlöscher und Kleinkram vorhanden ist.
Im Gegensatz zu einem normalen Wohnanhänger ist der Sankey unter 3 m lang, 1,50 m breit und mit Zelt nur 1,85 m hoch. Das Zelt bietet ca. 20 qm überbaute Fläche. Und alles zusammen wiegt 650 kg, das zulässige Gesamtgewicht beträgt 1160 kg. Wenn das Zelt komplett aufgebaut ist, schaut von dem Anhänger nur noch die Deichsel heraus. Der Hänger benötigt kein Reserverad, da die Reifengröße der des Zugfahrzeugs entspricht ...
Fazit: Es geht also auch anders als sonst üblich. Meine Idee soll als Anregung zum Nachbau dienen. Bei mir geht auch dieser Sankey mit in die Erbmasse! Aber vorher wird er noch einige Kilometer gezogen: Mein Traum ist seit langem, Amerika von Osten her, also über den Landweg zu erreichen.
Nur: Wer hat schon für solche Touren die dafür notwendige Zeit ..?
Nachtrag: Die beiden nachfolgenden Bilder stammen von der ersten Erprobung im Gelände - wir haben alles gut überstanden ...
© 2005 Kurt Ohlendorf
Interessiert an weiteren Umbauten?
Auch im Folgejahr lieferte uns Kurt Ohlendorf ein weiteres Beispiel für seine Fähigkeiten zu Tüfteleien:
- Umbauten: Das Rapsöl-Abenteuer ...
Anm. der Red.: Anhängerkupplung?
Von Lesern wurden wir gefragt, welche Art von Anhängerkupplungen man für derartige Gefährte wie Kurt´s Sankey benötigt. Nun, er selbst vertritt hierzu die Meinung, dass man dafür am besten eine Nato-Klauenkupplung einsetzen sollte, kennt aber auch Leute, die ihr Fahrzeug mit einer Kugelkopfkupplung ausgerüstet haben und damit offenbar auch zufrieden sind - warum auch immer, wie er anmerkt ...