5. Nachtrag, Dezember ´15: Wie wär´s denn mal mit einer "Bergweihnacht" ..?
Im Juni war er diesmal wieder ausgefallen, unser Besuch bei den Bergfeuern. Und im Herbst 2015 schien es dann ungemütlich zu werden auf dem Weg von und nach Österreich: Die "Welteinladungs-Kanzlerette" hatte zur Willkommenstour nach Germany geblasen und die erste Million der neuen Gäste stand bereits im Land.
Konsequenz zumindest für uns depperte Bürger mit Papieren und ohne Flüchtlingsstatus: Lange Staus wegen Grenzkontrollen - kein Motivationsschub für den "mal eben" kleinen Grenzverkehr nach Österreich und auch zurück. Aber vielleicht sollte man ja doch reisen? Vielleicht könnte man bei möglichen Staus während der Rückreise ja einfach behaupten, man wäre Flüchtling und habe keine Papiere und würde ganz laut "Asyl bei Mama" rufend dann von der Bundespolizei als "uniformiertem Begrüßungskomitee" (FAZ) sofort durchgeleitet?
Nun, auch der Herbst verging und schließlich wollte dann doch jemand im Team nach vielen Jahrzehnten endlich mal wieder den Riesen-Weihnachtsbaum am Goldenen Dachl besuchen, den man schon als Kind mit Wohnsitz in Innsbruck immer bestaunen konnte. Also heißt es im Dezember ´15 am Wochenende des 3. Advents dann doch schließlich: Auf zur Innsbrucker Bergweihnacht!
Wir entschließen uns zu einer Aus- und Einreise auf Schleichwegen: Vom Münchner Osten aus Richtung Bad Tölz, Kochelsee, Walchensee, Mittenwald, Grenzübergang Scharnitz, Seefeld in Tirol und schließlich den berühmt-berüchtigten Zirler Berg hinunter bis nach Innsbruck - und oh Wunder, die Reise wird zum reinsten Genuss!
Das Wetter ist hervorragend, dazu fast frühlingshafte Temperaturen, für das ganze Innsbruck-Wochenende angekündigter Sonnenschein und nicht zuletzt eine tolle Landschaft, durch die man auf dem Weg bis Innsbruck vom Navi bei Einstellung "Autobahnen vermeiden" und "keine Mautstraßen" durchgelotst wird - einfach großartig!
Die rund 150 km lange Strecke führt uns durch eine im Winter nicht besetzte Mautstraße am Ufer des Kochelsees vorbei - zwar weisen die riesigen verlassenen Parkplätze rechts und links des vereisten Wegs darauf hin, was hier zur Hochsaison los ist, aber jetzt liegt die einsame Landschaft durchaus malerisch da - vielleicht ja ein Ziel zum "Ancampen" mit Explorer in der kommenden Saison?
Wir erreichen den Grenzübergang und staunen: Weder in der einen noch der anderen Richtung ist irgend etwas von Grenzkontrollen zu bemerken - wie wohltuend Schengen doch auf solchen abgelegenen Strecken nach wie vor sein kann!
Auch der Zirler Berg ist bei der Abfahrt heute ohne Schrecken und schon bald ereichen wir Innsbruck, wo wir das Innenstadthotel Engl beziehen - wenige Schritte in die City sollen diesmal reichen, nachdem das Auto 80 m entfernt in der Hotel-Tiefgarage geparkt ist.
Der erste Rundgang im Ort folgt bereits kurz danach: Ein wenig Weihnachtsmarkt soll heute schon geschnuppert werden, morgen ist dann zumindest die übliche Fahrt mit der Hungerburgbahn fällig mit anschließendem Abstecher hoch zur Seegrube - Alpenzoo und Hafelekarspitze sollen bei diesem Besuch ausnahmsweise einmal ausgelassen werden.
Eine freundlich-sonnige Stimmung liegt über der Stadt; die auf ihrer Spitze weiß gezuckerten Berge ringsum schaffen tatsächlich ein Flair, das sehr gut mit weihnachtsmarktlicher Stimmung harmoniert, wo es Tee, Glühwein, Punsch, Würschtel oder "Kiachln" gibt. Und so sitzt man nach einem kurzen Besuch in den nahen Markthallen schon bei den ersten Würschteln samt Bier statt Glühwein.
Die Innenstadt ist belebt wie immer mit unzähligen Touris, die Pferdefuhrwerke warten auf Gäste und allerlei Gaukler und Alleinunterhalter versuchen an die Münzen der Besucher zu kommen, darunter auch auffällig viele Obdachlose, die überall in der Innenstadt teils auf Pappdeckeln herumliegen und um Almosen betteln. Für die kleinen Besucher ist wohl der Christkindlmarkt am Innsbrucker Marktplatz mit Kasperltheater und Märchenstunde ein geeignetes Ziel, wo Märchen wahr werden und deren Hauptfiguren in der Riesengasse auch bestaunt werden können. Sogar kristalline "Weltsensationen" werden von Swarovski am Marktplatz präsentiert und ziehen ebenfalls viele Besucher an.
Am Nachmittag erleben wir dann erstmalig, was es bedeutet, am 3. Advent einfach sorglos nach Innsbruck zu fahren und dann zu glauben, man könne schön wie immer ohne jede Voranmeldung in traditionsreichen Gasthäusern wie etwa der Ottoburg, dem Weinhaus Happ oder auch nur dem Cammerlander einen Platz bekommen zum Abendessen: Überall reservierte Tische in allen Räumen, bevorstehende Weihnachstfeiern, tiefes Bedauern beim Personal - und leider, leider überhaupt kein Platz mehr frei für heute Abend ..!
Selbst in abgelegenen Kellerlokalen schließlich das gleiche Bild: Fein gedeckte Tische, Reservierungen ohne Ende und leider, leider kein Tisch mehr frei! Wie durch ein Wunder gelingt es uns zufällig, ausgerechnet im Restaurant zum Goldenen Dachl schließlich noch einen Platz zu finden, aber für morgen ist ebenfalls nirgendwo mehr etwas zu bekommen. Advent in Innsbruck - wieder was gelernt ..!
Auch am nächsten Morgen kommen wir aus dem Staunen nicht mehr heraus, scheinbar ebenso wie die Wirtsleute vom Hotel Engl. "Alle kommen heute morgen gleichzeitig" meint die Wirtin und in der Tat: Da es offensichtlich noch ein Nebenhaus zum Hotel gibt, gleichen die Frühstückräumlichkeiten heute eher einer Bahnhofshalle - zumindest was den Betrieb dort angeht ...
Schnell sind wir wieder draußen und unterwegs: Heute geht es ohne Innsbruck-Card wieder hoch mit der Hungerburgbahn, dort oben eröffnet nachmittags ebenfalls ein Weihnachtsmarkt (Bei Sichtung alter Archivbilder haben wir übrigens gerade noch Bilder der alten Hungerburgbahn von vor mehr als eineinhalb Jahrzehnten gefunden! )
Wir fahren jedoch mit der Gondelbahn sofort weiter zur Seegrube: Bei fast völliger Windstille scheint es hier auf nahezu 2.000 m Höhe wärmer zu sein als unten - viele Besucher und auch ausdauernde Kletterer haben sich auf der Terrasse und in den Stuben eingefunden, um von hier aus den Tag zu genießen. Auch unsere besonderen Lieblinge, die Jochdohlen, sind unterwegs wie immer: Auf welchem Tisch auch immer sie etwas erjagen können, da versuchen sie ihren Anflug - gemeinsam mit ihren unglaublichen Flugmanövern an den Hängen wie immer ein unterhaltsames Schauspiel, dem man sich nicht entziehen kann und will.
Auch der zweite Abend in der Stadt bringt zumindest einen Glücksfall: Bei einem recht ordentlichen Chinesen in der Innenstadt gelingt es uns tatsächlich, wieder durch Zufall einen freien Tisch zu bekommen - fast hätte man schon nicht mehr daran geglaubt! An diesem Abend beim Chinesen wieder zum Bier zurückzukehren, können wir uns erlauben, immerhin hatten wir am Nachmittag die Gelegenheit genutzt, das Culinarium in der Altstadt zu besuchen - vom "falstaff" gerühmt für edle Brände und Winzerweine. In der Tat lässt sich mit dem Betreiber Walter Signor trefflich diskutieren über Spitzenweine natürlich auch aus dem Burgenland. Er freut sich, als wir uns für einen hervorragenden Blaufränkisch Reserve aus dem Burgenland entscheiden - kein Wunder, ein wirklich guter Tropfen vom Weingut Hillinger am Neusiedler See!
In der Abenddämmerung mit fantastisch beleuchteten Wolken und Nordkette in der untergehenden Sonne machen wir uns wieder auf den Weg durch die Altstadt: Um 17:30 Uhr finden wir uns beim Goldenen Dachl ein. Dort, wo - wie schon seit Jahrzehnten üblich - der riesige beleuchtete Weihnachtsbaum aufgestellt ist, der natürlich besucht werden muss, findet nun täglich um diese Zeit ein Blaskonzert statt. Die Amraser Turmbläser werden in Innsbruck zum Herzstück des Altstadtmarkts gezählt und unterhalten im Prunkerker des Dachls in der beginnenden Dunkelheit die Zuschauer mit einer Auswahl an traditionellen und stimmungsvollen Weihnachtsliedern. Auch derartige Aufführungen sind schon jahrzehntelange Tradition, wie das ehemalige "Innsbrucker Kindl" im Explorer Team zu berichten weiß ...
Die halbe Stunde vergeht schnell, während sich oben im Erker des Goldenen Dachls die Turmbläser mit diversen Instrumenten abmühen, beobachtet von Hunderten von Touristen, die wie wir heute Abend dieses Schauspiel nicht verpassen wollen ...
Nächster Morgen: Nach dem Frühstück im Engl, das an diesem Sonntagmorgen wesentlich ruhiger verläuft als am Vortag, heißt es wieder zusammenpacken und zurück zu fahren - der Zirler Berg ist kein Problem und auch keine Grenzkontrolle wartet - was will man mehr!?
Erstaunlich nur auf dem Weg zur deutschen Grenze: Wir überholen ein äußerst merkwürdiges Gefährt, in dem schemenhaft bei der Vorbeifahrt ein einzelner Mensch zu sehen ist - sind die Migranten etwa nun schon in derartigen "Tarnkappenfahrzeugen" unterwegs ins deutsche Schlaraffenland ..?
Der Wochenendausflug nach Innsbruck hat sich wieder einmal sehr gelohnt, und eines scheint sicher wie immer: Wir werden wohl schon bald wieder vor Ort sein, um die Bergkulisse der Nordkette zu genießen - wie wäre es z.B. mit den nächsten Bergfeuern ..?
Ach ja, Fazit diesmal: Innsbrucker Bergweihnacht - immer wieder gern, aber bitte künftig nie mehr ohne Tischreservierung!
© 2015 J. de Haas