Adieu Graz, willkommen Südsteiermark ...
Nun wird es ernst, die Weinreise beginnt ...
Die Südsteiermark blickt wie viele Regionen Europas auf mehr als 2000 Jahre Weinanbaugeschichte zurück, die zuerst mit den Kelten begann und wie so oft mit der Besetzung durch die Römer weiter systematisch betrieben wurde.
Es gab längere Zeiten, wo die Kunst des Weinanbaus fast in Vergessenheit geraten war, aber dank der Kirche entwickelte sich der Weinanbau wieder mit dem Ergebnis, dass sich die Steiermark im 18. Jhdt. unter Kaiserin Maria Theresia zu einem der größten europäischen Weinanbaugebiete mauserte mit Schwerpunkt auf Weißwein. Übrigens wurden hier die ersten Buschenschanken eröffnet, als der Sohn Maria Theresias - Josef II - per Zirkularverordnung Folgendes genehmigte:
"... mithin wird jedem die Freyheit gegeben, die von ihm selbst erzeugten Lebensmittel, Wein und Obstmost zu allen Zeiten des Jahres, wie, wann und in welchem Preise er will, zu verkaufen, oder auszuschenken."
Und auch heute gibt es noch in einigen österreichischen Bundesländern ein Buschenschankgesetz.
Im 19. Jhdt. kam der nächste Entwicklungsschub, als Erzherzog Johann, der Wien so verabscheute und Graz so liebte, Weinanbauflächen zum Experimentieren verschenkte. Über 400 Rebsorten wurden angebaut und es wurde genau geprüft, was die einzelnen Reben so konnten. Damals war übrigens die Steiermark sehr viel größer, denn Teile Sloweniens gehörten ebenfalls noch dazu. Nach und nach verschwanden die Rebsorten aber wieder, die Reblaus brachte auch hier die ganze Entwicklung erst einmal zum Stillstand.
Als sich dann der Weinanbau mit Sauvignon Blanc und Morillon - so nennen die Steirer ihren Chardonnay - schließlich wieder erholte, kam mit Ende des Ersten Weltkriegs der nächste Einschnitt: Das Kaiserreich Österreich-Ungarn wurde zerschlagen und ein Viertel der Steiermark dem jugoslawischen Königreich als "Slowenien" zugeteilt. Ausgerechnet in diesem Bereich befanden sich allerdings die größten Weinanbauflächen, so dass die Steiermark von ursprünglich 35.000 Ha nur noch ca. 5.000 Ha behalten durfte ...
Die Zeiten blieben hart bis zum Ende des Zweiten Weltkriegs, aber die Winzer gaben nie auf: Im Jahr 1977 erfolgte die Gründung des "Schutzrings", in dem festgeschrieben wurde, dass steirische Winzer steirischen Wein nur aus steirischen Trauben produzieren dürfen. Das war damals sehr ungewöhnlich und zahlte sich aus, als wenige Jahre später der österreichische Glykolskandal die Kunden in die Keller der steirischen Winzer trieb, um dort ungepanschte säurereiche trockene Weine zu genießen.
Mittlerweile gilt der Weinanbau in der Steiermark als sehr innovativ und findet große Beachtung in ganz Europa. Drei DAC-Gebiete (Districtus Austriae Controllatus) werden in der Steiermark ausgewiesen: DAC Vulkanland, DAC Weststeiermark und DAC Südsteiermark, zu dem rund die Hälfte der steirischen Gesamtanbaufläche gehört.
Eingeteilt werden die Qualitäten in die drei Stufen
- Gebietsweine
Leichte Weine, werden stets am 01. März nach der Ernte auf den Markt gebracht.
Welschriesling und Blauer Wildberger dürfen als Spezialität auch schon ab Mitte Dezember verkauft werden. - Ortsweine
Sie kommen üblicherweise am 1. Mai nach der Ernte auf den Markt. - Riedenweine
Dabei handelt es sich um Lagenweine, denn die Lage wird hier Ried genannt. Da sich Rieden oft in ehemaligen Vulkankratern befinden, hat je nach Ausrichtung jede Riede ein eigenes Klima und die Böden variieren stark. Rieden sind meist Steilhänge.
Für alle Qualitäten ist Handlese vorgeschrieben, sie dürfen nicht mehr als 4 g/l Restzucker haben (Süßweine ausgenommen) und zugelassen sind nur die Rebsorten
- Sauvignon Blanc
- Weißburgunder
- Grauburgunder
- Morillon
- Welschriesling
- Riesling
- Muskateller
- Traminer
Zusätzlich ist in dem DAC Weststeiermark der Blaue Wildbacher (auch Wildbacher genannt) für den Schilcher zugelassen.
Rotweine werden kaum angebaut (nur 13 % der Anbaufläche), hier befindet man sich in einem Weißweingebiet, weil der hier durch die Böden und das Klima bestens gedeiht, während Rotwein hier ziemlich kämpfen muss.
In unserem Zielgebiet - DAC Südsteiermark - findet man folgende Ortsweingebiete:
- Kitzeck-Sausal
- Eichberg
- Leutschach
- Gamlitz
- Ehrenhausen
Und so machen wir uns auf nach Ehrenhausen ins Hotel Georgi Schloss, wo uns eine "Suite" erwartet mit dem wunderschönen Ausblick auf das Schloss Ehrenhausen.
Ein so kleiner Ort und gleich zwei Schlösser? Das führt natürlich prompt dazu, dass es Teilnehmer unserer Weinreise gibt, die erst das Schloss Ehrenhausen anfahren und dann doch recht verwundert schauen, denn das renovierungsbedürftige Gemäuer entspricht so gar nicht dem üblichen Standard von Unterkünften während der "Entdecker-Weinreisen". Ein erneuter genauerer Blick in die Beschreibung löst dann das Rätsel aber noch vor Beginn ...
Nach und nach treffen alle Teilnehmer ein und Gerhild Burkard begrüßt uns - wie es bei ihr nun mal Standard ist - mit einer prickelnden Spezialität aus der Region vom Weingut Polz: Ein Brut M Muskateller. Mit so einem Gläschen in der Hand versteht man gleich viel besser die Einweisung in die Besonderheiten der Weinregion - Prost!
Es ist zwar schon Nachmittag, aber schon geht es los zum ersten Winzer nach Gabersdorf zu Potzinger, einem Familienbetrieb seit 160 Jahren, der in dem ehemaligen Wirtshaus Kirchenwirt residiert.
Beim Betreten des Geländes empfängt uns die Musik des Gärens, das Gurgeln in den Tanks, die hier im Freien stehen. Jeder Tank hat seinen eigenen Rhythmus, abhängig vom Zucker-/Hefegehalt des Mosts.
Es gibt keinen Platz zur Expansion und selbst entlang der Kirchenmauer stehen die großen Stahltanks, an der Kirchenmauer selbst ist die Technik installiert. Winter ist hier kein Problem, denn dann sind die Tanks bereits leer.
Potzinger hat seine Weinberge weit verteilt in der Region: So stehen auch Reben im Sausal und entlang der Südsteirischen Weinstraße. Dazu gehört ebenfalls die Ried Sulz, wo seit 1208 Wein angebaut wird, ein Weinberg mit langer Geschichte!
Trockene, naturbelassene Weißweine sind hier die Spezialität, die wir verkosten dürfen, sogar ein Zweigelt ist dabei. Glückliche österreichische Lidl-Kunden können einige Weine sogar in ihrer Filiale erwerben.
Zurück in Ehrenhausen machen wir uns auf zu einem flotten Spaziergang ins Restaurant Vinea, das heute Ruhetag hat. Aber das gilt nicht für alle, denn für uns hat das Restaurant auch heute geöffnet: Hier wird steirisch-slowenische Küche geboten, modern interpretiert mit einem Weinangebot, das keine Wünsche offen lässt und so probieren wir den einen und anderen Essensbegleiter, den Gerhild zusammen mit dem Sommelier des Hauses aussucht ...
Auffallend ist, dass jedes Gericht auf einem passenden Teller serviert wird, kein 0815-Standardgeschirr, sondern hochwertige Keramik wird hier eingesetzt. Wiedermal ein gelungener Auftakt zur Weinreise, wir sind schon neugierig auf mehr ..!
© 2022 Sixta Zerlauth