Von Schmölzi und Klapotetz ...
Mit einem atemberaubenden Sonnenaufgang beginnt der Tag!
Nach dem Frühstück geht es auch schon los ins Sausal nach St. Nikolai zur Villa Hollerbrand, wo der Winzer Harkamp seinen Betrieb hat.
Harkamp hat sich nicht nur einen Namen als hervorragender Weißweinproduzent gemacht, nein, hier versteht man sich auch seit mehr als 10 Jahren auf die Produktion von Spitzensekt.
Knapp 100 Jahre alt ist das Weingut, seit 2015 wird es biodynamisch betrieben und ist seit 2019 von Demeter zertifiziert, einem der strengsten Bio-Verbände.
Vor der Villa steht eine Skulptur aus bunten Fassdauben: Ein Corona-Projekt! Harkamp hatte befreundete Winzer gebeten, auf Fassdauben das zu schreiben oder zu malen, was ihnen in diesen Zeiten wichtig ist. Und so wurde aus den Dauben diese hübsche Fassskulptur gestaltet. Auf der blau-braun gehaltenen Daube erkennt man in der Mitte die Harkamps mit Huhn und Schaf ...
Das Kellergewölbe ist direkt an das Haus angeschlossen. Hier sieht man Tonamphoren, Automaten, die die Sektflaschen rütteln und allerlei Fässer in verschiedenen Größen. Wir sind mitten in einer kreativen Wein- und Sektwerkstatt.
Uns wird eine große Ehre zuteil: Wir dürfen den Solera Sekt, eine Cuvée aus Sauvignon Blanc und Zweigelt, heute schon verkosten, obwohl er erst morgen am "Österreichischen Sekttag" dem Publikum präsentiert wird.
Wer mit Gerhild Burkard reist, lernt schnell eine Regel: Gläser mit Rollrand sind inakzeptabel! Aber heute stehen wir vor mundgeblasenen Gläsern mit Rollrand, und wer genau hinschaut, bemerkt den Unterschied: Während sich bei den billigen Pressgläsern der Rollrand nach innen und außen wölbt, erfolgt das bei diesem Rand nur nach außen. Das Getränk kann somit ungehindert in den Mund fließen und die Aromen wie bei Gläsern ohne Rollrand entfalten. Erstaunlich auch die Leichtigkeit der Gläser!
Zum Abschluss geht es noch hinauf in den Weinberg zu Betzi, so heißen hier alle Schafe. Und natürlich treffen wir dabei auch Henriette, so heißen hier nämlich alle Hühner. Von hier oben hat man einen herrlichen Ausblick über das Sausal. Leider müssen wir die freundlichen Schafe verlassen, die so geduldig wohl für den einen oder anderen Post bei Facebook oder Instagram posieren (natürlich bestochen mit einem Topf voll Leckerlis!) ...
Wir müssen weiter zum Schloss Seggau: Oberhalb der Stadt Leibnitz befindet sich dieses Schloss, dessen Anfänge im 13. Jhdt. liegen. Es beherbergt ein Tagungshotel und einen eindrucksvollen Weinkeller, der 300 Jahre alt ist und zu den größten Europas gehört.
Es handelt sich um ein bischöfliches Mensalgut, Besitzer ist die Diözese Graz-Seckau. Im Bastionsturm befindet sich die größte Glocke der Steiermark, die der Bischof Krautwaschl - als derzeitiger Hausherr - auch schon mal gern selbst läutet. Zum Schloss gehört ebenfalls ein Weingut, das neben "normalem" Wein auch Messwein produziert. Und da hat Bischof Krautwaschl die Winzer vor eine besondere Herausforderung gestellt: Er wollte ein kleines "Zuckerspitzerl" im Wein - sprich so ganz trockene Weine sind nicht sein Fall.
Die Winzer versprachen das Möglichste zu tun, gaben aber kein Versprechen ab. Denn das Keltern von Messwein unterliegt genauen Regeln: Laut der Definition des "Codex juris Canonici" ist festgelegt, dass der Wein naturrein und aus Trauben produziert werden muss und nicht verdorben sein darf. Es sind keinerlei Zusätze erlaubt, es sei denn, sie wirken gegen das Verderben des Weins. Somit ist jeglicher Zusatz von Süße für das gewünschte "Zuckerspitzerl" tabu. Aber letztendlich ist es gelungen: Mit einer Cuvée aus Traminer, Weißburgunder, Muskat Ottonell und Riesling. Der Bischof ist zufrieden, und immerhin 3.000 Flaschen wurden abgefüllt ...
In dem alten Weinkeller können wir die Weine des Guts - und natürlich auch den Messwein - verkosten. Was für ein Ambiente! Aufgestiegen aus dem Keller erwartet uns eine weitere steirische Spezialität: Der Schmölzi. Dabei handelt es sich um Rührei, das in heißem Kerndlöl in einer gusseisernen Pfanne stockt. Das kann man unbedenklich tun, denn Kerndlöl kann bis zu 120°C erhitzt werden. Serviert auf einem frischen Bauernbrot - begleitet von einem kräftigen Weißwein - ist dieses einfache Gericht ein Genuss!
Dermaßen gestärkt fahren wir weiter durch die Landschaft, immer wieder müssen wir stoppen für Fotos, man kann sich einfach nicht satt sehen.
In den Weinbergen stehen zahlreiche Klapotetze: Dabei handelt es sich um Windräder, die bei Wind fürchterlichen Krach machen und so die Vögel aus den Weinbergen vertreiben sollen. Bekannt sind die Konstruktionen seit dem 18. Jhdt, der Name kommt vermutlich aus dem Slowenischen, ist aber auch ein bisschen Lautmalerei.
Unser Ziel ist der größte Klapotetz der Welt, auf einem Hügel der Gemeinde St. Andrä-Höch. Sechzehn Meter hoch und dreizehn Meter im Durchmesser ist das Ungetüm: Es wurde aus verschiedensten Holzarten gebaut - Akazie, Fichte, Esche und Eiche, je nach Anforderung an das Bauteil. Als besonderer Service für Besucher wurde ein Handystativ errichtet, eine kleine hölzerne Halterung für all diejenigen, die den optimalen Bildausschnitt nicht lange suchen wollen ...
Weiter geht es durch die Hügel zum Winzerhaus Weingut Wutte, das durch seine Architektur auffällt. Aber natürlich muss auch hier ein Wein verkostet werden.
Wer die Steiermark besucht, sollte sich neben dem Wein auch mit der Produktion des steirischen grünen Goldes befassen - dem Kerndlöl. Und so nehmen wir Kurs auf die Ölmühle Hartlieb in Heimschuh. Zur Ölmühle dort gehört auch ein Museum, in dem man alles zum Kürbiskernöl erfahren kann.
Beim Eintreten ins Museumsgebäude wird man bereits gefangen vom intensiven Duft des Kürbiskernöls.
Im 18. Jhdt. begann man aus den Kernen des Ölkürbis Öl zu gewinnen: Dieser Kürbis (ca. 8 - 10 kg schwer) wird nur für die Kerne angebaut, der Rest wird wieder auf dem Acker verteilt. Kaiserin Maria Theresia ordnete sogar an, dass das Öl auch in den Apotheken genutzt werden sollte für Salben und Verbände. Das war extrem mühsam, denn zuerst musste man die Kerne aus ihrer dicken Schale befreien. Da haben wohl die Mächte ein Einsehen gehabt mit den fleißigen Bauern, denn Anfang des 19. Jhdt. mutierte der Ölkürbis und die Kerne waren bereits von den Schalen befreit.
Dennoch ist die Herstellung immer noch sehr aufwändig: Die Kerne werden aus dem Kürbis geholt, gewaschen, getrocknet, gemahlen, geröstet und dann gepresst. Im Museum steht noch eine hölzerne "Presskuh", in der das Öl aus der Röstmasse mit Hammerschlägen gewonnen wurde. Das geht heutzutage natürlich maschinell, aber die Besucher können sich noch selbst an der alten Technik versuchen ...
Bis zum Ersten Weltkrieg wurde das Öl nur regional verwertet, erst seit ca. 40 Jahren zog es auch in die Küchen außerhalb der Steiermark ein. In dem Laden der Ölmühle kann man aber nicht nur Kerndlöl kaufen, sondern auch Öle aus allen möglichen anderen Saaten. Ein Eldorado für Ölliebhaber!
Bepackt mit vielen Flaschen (denn wer will nicht seine Lieben mit einem edlen Mitbringsel verwöhnen?) geht es zurück nach Ehrenhausen ...
Heute Abend erwartet uns das Restaurant und Weingut Sattlerhof in Gamlitz.
Gerhild ist glücklich, überreicht ihr doch der Sommelier des Hauses die Weinkarte - eine mehrere Zentimeter dicke Bibel mit über 350 Weinen!
Zu zartem Täubchen, Klachelsuppe, Entrecote und anderen Köstlichkeiten findet sie wieder die perfekte Weinbegleitung. Zum Abschluss gibt es köstliche Brände aus regionalem Obst. Da drängt sich doch die Frage auf, ob es tatsächlich keinen Kürbisbrand gibt, wo man doch heutzutage alles destilliert? Der Sommelier kennt die Antwort: Es gab tatsächlich Versuche, aus dem Kürbis Schnaps zu brennen, aber das Ergebnis war stets ungenießbar. So nippen wir an unserem Kriecherl (Brand aus wilden Pflaumen) und lassen den Abend ausklingen ...
© 2022 Sixta Zerlauth