03.05. - 06.05.99: Von Bombay nach Australien

Über Calcutta nach Bangkok

Die heutige Tagesleistung mit einer Zwischenlandung in Calcutta nach 905 NM betrug fast auf den Punkt 1.800 NM. Nicht nur das: Erwarteten wir über Nordindien Anfang Mai noch trockene Luft, gibt es eine solche über dem Golf von Bengalen und über Thailand eigentlich zu keiner Jahreszeit: Bangkok und Gewitter am Nachmittag und den Abendstunden sind zwei Dinge, die zusammengehören ...

Climb über Mumbai zu einem wolkenlosen Flug nach Calcutta ...Deshalb versuchten alle verantwortungsbewussten Piloten natürlich, möglichst früh aus Mumbai herauszukommen, um Bangkok noch in den Stunden des Tageslichtes zu erreichen. In Mumbai kündigte sich auch das Drama der Besatzung Franz Bader / Petra Kokemüller an: Spät in der Nacht landete deren Aerostar in Mumbai, etwa um Mitternacht fand ich in der Mailbox meines Hotelzimmers eine Nachricht von Franz Bader: Man sei angekommen, habe aber "nicht genügend Benzin" bekommen, hinterließ er als Nachricht.

Missverständlich und mich irreführend, denn dem Wortlaut nach musste ich annehmen, dass der Tankwagen wohl leer war trotz meiner Spritbestellung. Dem war aber nicht so, wie ich 3 Wochen später vor Ort ermitteln konnte, denn mir liegen seit dem die Tankbelege vor: Franz Bader tankte am 2. Mai nach seiner Landung in Mumbai 650 l AVGAS, am Morgen des 3. Mai vor seinem Start weitere 350 l, also gesamt 1.000 Liter.

Eine serienmäßig ausgerüstete Aerostar mit dem zusätzlichen Auxiliary Tank kann bei sorgfältiger Betankung 220 Gallonen aufnehmen. Das bedeutet: Die N602PK war beim Abflug aus Mumbai am späten Vormittag des 3. Mai mit wahrscheinlich rund 1.700 Liter Sprit an Bord gestartet. Denn: Franz Bader wollte Mumbai non stop nach Bangkok fliegen, was ihm aber versagt wurde (wie anderen auch): Die Landung in Calcutta war für (fast) alle obligatorisch aufgrund behördlicher Auflagen.

Nach einer wieder problemlosen Abfertigung erreichten wir morgens gegen acht Uhr unser Flugzeug. Bemerkenswert die Crew der Mooney D-ETWH: Bereits seit 2 Stunden wartete man auf die Anlassfreigabe, was uns erschrocken an das weit entfernt liegende Tagesziel denken ließ. Der Grund aber war schlicht nur die Absicht, ebenfalls direkt nach Bangkok zu fliegen.

Irgendwann - noch vor uns - erhielten sie die Anlassfreigabe und starteten etwa 45 Minuten vor uns in den indischen Morgen zu einem Flug, der non stop über 1.620 NM führen sollte. Davon 889 NM über das offene Wasser des Golf von Bengalen. Selbst ohne jeden Einfluss auf die individuelle Flugdurchführung machte mich dieser Flug - und einige andere - nachdenklich, ob hier eine Besatzung vermeidbare Risiken auf sich nahm, Risiken, die auch aus der Tatsache resultieren, dass 10 bis 11 Stunden in einer Mooney körperliche Strapazen bedeuten ...

Unsere Aerostar hob um 07:45 Uhr Ortszeit praktisch planmäßig ab. Das Wetter abermals hervorragend, die Weiten Nordindiens lagen gut erkennbar unter uns, während unser GPS VOR-Stationen mit den exotischen Namen wie Aurangabad, Nagpur und Jamshedpur ansteuerte. Zugewiesen bekommt man dort VHF-Frequenzen, die Besatzungen stolperten aber von einem Funkloch in das andere, wiederum bewährte sich unsere Company-Frequenz, die pausenlos Positionreports für Nagpur und später Calcutta Control übermittelten.

Unsere Flugzeit betrug fast auf den Punkt 4 Stunden. Calcutta: Brüllende Hitze, erbarmungslos strahlte die Sonne fast aus dem Zenit auf den eher verwaisten Flughafen dieser Stadt. Calcutta brachte echte Probleme.

Das erste: Der Handling Agent "Trans Asian" glänzte durch Abwesenheit, ein einsamer Mitarbeiter der Air India mühte sich um unsere Flugpläne, die ich der Trans Asian aber tage zuvor per Fax und dann im Original per UPS geschickt hatte: Versickert das ganze Papier, es landete in einem großen, wichtigen indischen Papierkorb. Ärgerlich, sehr ärgerlich.

Das zweite Problem: Unserer Aerostar wie jener von Jürgen Jäger ging das Öl aus, ein echtes Problem auf den Flügen durch die exotischen Länder: AVGAS bekommt man ja - meist - noch, aber kein Motorenöl. So zuckte auch der indische Tankwagenfahrer mit den Schultern: Kein Öl.

Nun hatte ich beim Abrollen von der Bahn einen Hangar gesehen, in dem eine DC3, eine uralte Cessna 310 standen, vor dem Tor vegetierte eine verbogene Bonanza. Mein Kalkül: Wo Kolbenmotoren sind, da gibt es auch Öl für eben diese. Gesagt, getan: Jürgen Jäger und ich ließen uns von einem Vorfeldwagen älterer englischer Herkunft zu eben diesem Hangar fahren und es begann eine richtige schöne Geschichte: In dem Hangar arbeitete niemand - an was auch. Aber: Es gab einen Chef. Der residierte in einem fast nachtdunklen kleinen Raum und wollte uns zunächst gastfreundlich zum Sitzen auffordern, das Angebot, Tee zu uns zu nehmen, lag auf der Zunge.

Freundlich aber so bestimmt wie höflich möglich machten wir etwas Druck: Bangkok rief. Öl - ja man habe da etwas, aber nicht viel, jeder könne 5 Liter bekommen. Gesagt getan: Hin zu den Flugzeugen, unsere leeren Öldosen geholt, wieder zum Hangar zurück. Und dann sahen wir es: Rund 12 Fässer Öl standen da mit hunderten Liter Schmierstoff drin - aber nur 10 wollte er zum Wucherpreis hergeben.

Man wuchtete eines der randvollen Fässer waagerecht auf einen Dreibock, die Auslauföffnung unten. Zwei Inder, beobachtet von etwa 8 weiteren Kollegen, steckten einen Schlüssel in die Verschlussschraube, ich hatte noch eben Zeit, auf die erforderliche Distanz zum Ölfass zu gehen, denn es passierte, was passieren musste: Der Mann schraubte den Verschluss auf, es ergoss sich ein dicker, honiggelber Ölstrahl auf den Fussboden, die beiden standen bis zu den nackten Knöcheln im Motorenöl.

Nachdem dann einer geistesgegenwärtig handelte und die nackte Hand auf den Verschluss drückte, sich so selbst fixierte und sein Schicksal gnadenlos mit dem vollen Ölfass verband, war die Situationskomik perfekt, so etwas bekommt man sonst nur im Kino geboten. Jürgen Jäger und ich unterdrückten den unbändigen Lachreiz, um unsere 10 Liter Öl nicht zu gefährden ...

Nach viel Palaver kam die Lösung: Das Fass wurde gedreht, der offene Ausfluss lag oben, die Ölfontaine gebändigt. Eine halbe Stunde später zogen wir mit unseren gefüllten Öldosen ab, 50 US-Dollar ärmer, aber jeder war glücklich: Der Inder hatte das beste Geschäft dieses Jahres gemacht, wir hatten Öl für den Weiterflug, es sollte wohl bis Singapore zur JetAviation reichen.

Nach der Betankung folgte der nächste Stress: Der Flugplan kam und kam nicht. Schließlich verschaffte ich mir Zugang zu einem mysteriösen Büro und erkannte die Ursache: Ein Supervisor, der die letzte, entscheidende Unterschrift unter die Pläne zu setzen hatte, dachte im Traum nicht daran: Vier fix und fertige Pläne unserer Maschinen lagen dort, der Mann spielte in wirklich schikanöser Art mit uns und unserer so dringend benötigten Zeit. Womöglich spürte er, kurz davor zu sein, Objekt einer massiven Auseinandersetzung zu werden und setzte mit gekonnter Herablassung seine Unterschrift unter die Formulare.

Nach etwa 2 Stunden in der heissen Hölle Calcuttas, nach 2 Stunden hektischer Action hoben die Räder unseres Flugzeugs um 13:38 Uhr Ortszeit ab - selten starteten wir derart erleichtert und warteten gierig auf die erste Abkühlung aus den Frischluftdüsen, erst jenseits 14.000 ft wurde 0°C erreicht.

Die Significant Weather Chart hatte sich erstmals seit Beginn der Leserreise eingetrübt: Bewölkung über Thailand, der TAF von Bangkok meldete Gewitter, der Tag hielt also, als was er angekündigt war: Der härteste der gesamten Reise.

Durch exotische Zonen nach Bangkok (im Bild: Airways) ...Nach Calcutta ging es zunächst hochgradig exotisch zu: Ohne von Calcutta ATC auch nur mit einem Wort zum Frequenzwechsel aufgefordert zu werden, ist Dhaka zu rufen, da man in den Luftraum von Bangladesch einfliegt. Später rastet man zurück auf Calcutta, das Verfahren vermittelt den intensiven Eindruck, dass sich die Einwohner von Indien und Bangladesch nicht besonders gut verstehen ...

Dann der Funkterror von Yangon. Die Aufforderung von Calcutta, Yangon Control zu rufen auf der Frequenz 134.2, ist rein akademisch: Irre Geräusche lassen auf irgendeine Antenne, die irgendwo steht, schließen, aber von Communication kann auch ansatzweise die Rede nicht sein.

Über die Emergency-Funktion unseres GPS fanden wir einen - wahrscheinlich militärischen - Flugplatz, der eine Approachfrequenz von 119.7 per Database anbot. Und siehe da: Glänzender Kontakt, glänzende Verständigung für die Relais, die leider stupide immer wieder in der von Yangon übermittelten Aufforderung endeten, doch die gut gehende Frequenz zugunsten einer überhaupt nicht funktioniernden zu verlassen. Der Luftraum dort kann als unsicher bezeichnet werden.

Anders Bangkok: 156 NM vor dem Platz fliegt man in den thailändischen Luftraum ein, der, so unsere Erfahrung, flächig sehr gut mit VHF abgedeckt ist. Unsere Flugzeit Calcutta - Bangkok war mit knapp 4 Stunden vorausberechnet. Der Start als eines der letzten Flugzeuge unserer Flotte ließ die Landung in Thailand in der Nacht erwarten.

Etwa 20 Minuten vor uns hörten wir die Aerostar D-IMHH mit den ersten Änderungswünschen wegen Gewittertätigkeit, auch unser Radar füllte sich langsam mit grünen, gelben und dann auch roten Flächen. Die Gewittertätigkeit dort zeigt sich in Form von "isolated cb", also einzeln stehenden Türmen oft respektabler Höhe. Diese Gewitter lassen sich im Radar hervorragend darstellen und können eigentlich sehr gut - wenn Luft und Raum vorhanden ist - umflogen werden.

Im Funk meldete sich auch die D-ETWH, die nach rund 10 Stunden non stop ebenfalls noch vor uns nach Bangkok hineinflog. Unser Anflug war spektakulär: Ein heftiges Gewitter südlich Bangkok beleuchtete die rabenschwarze Nacht, im Initial Approach mussten wir etwas nach Norden ausweichen, bekamen sehr früh ungewöhnlich tiefe Altitudes zugewiesen, fanden uns dann im Lichtermeer Bangkoks im rechten Queranflug wieder und beendeten den Flug mit dem ILS auf die Landebahn 21. An deren Ende eben jenes Gewitter stand, das wir während der Zeit des Anfluges heftig leuchten sahen, die ersten Tropfen fielen bereits in den Final Approach.

Bangkok: Ohne Gewitter am Nachmittag fast undenkbar ...

Hinter uns quetschte sich noch Klaus Gehrmann als vorerst letzter mit seiner Cheyenne in den Platz, wenig später öffnete der Himmel wahrlich gewaltige Schleusen.

Beim Dinner auf der Terrasse des Oriental spürte man doch eine gewisse Erleichterung, die erste Auseinandersetzung mit hochfeuchter, labiler Luft hinter sich zu haben, eben diese Atmosphäre sollte uns nunmehr einige tausend Meilen begleiten, nämlich bis nach Indonesien mindestens. 1.800 NM, an einem Tage - das ist ja was.

Der Tag endete auf dem Flugplatz mit einer belastenden, kindischen Behandlung durch den örtlichen Handling Agenten, der 1.200,- US-Dollar für etwas verlangte, was es nicht gab, das man aber nicht umgehen konnte - ärgerlich, aber man tröstete sich mit dem Hinweis, dass eine Landung samt allen Gebühren und einmal Volltanken etwa in Köln Bonn auch nicht billiger ist, denn Sprit ist wirklich preiswert in Thailand ...

Morgens, 7 Uhr. Das Telefon klingelte. Eine Mitarbeiterin des Handling Agenten überbrachte die schreckliche, unfassbare Nachricht: Das Flugzeug N602PK sei gestern Nacht abgestürzt, beide Insassen tot.

Ein Schock ging durch die Gruppe, ein Zögern auch: Fliegen wir weiter? Die Entscheidung kam schnell, kam sofort: Natürlich fliegen wir weiter, schon früh machten sich die ersten auf den Weg nach Singapore, je früher, um so weniger Gewitter.

Nachgeforscht am Flugplatz, ein erster Anruf bei ATC: Was war los gestern abend? Um 22 Uhr habe es einen letzten Funkkontakt gegeben mit der N602PK. Die Absturzstelle läge etwa 91 Meilen vor Bangkok, damit also auf dem Festland. Mit Mühe bekam ich die Telefonnummer der thailändischen Unfalluntersuchung: Nein, man könne nichts sagen, der Untersuchungsführer sei soeben mit einem Militärhubschrauber zur Unfallstelle aufgebrochen, erfuhr ich, nachdem ich in der Luftfahrtbehörde Thailands endlich jemanden gefunden hatte, der Englisch sprach.

Weiter über Malaysia Richtung Bali ...

Mit dreistündiger Verspätung brachen wir mit dem Redaktionsflugueug nach Singapore auf, weiteres Verweilen in Bangkok hätte keinen Sinn gemacht, da man absolut nichts unternehmen konnte, um Licht hinter das Dunkel des Desasters zu bringen.

Der Flug nach Singapore war easy, jede Nervosität der einen oder anderen Besatzung stellte sich als unnötig heraus: Just zwei Gewitter machten sich auf dem schnurgerade verlaufenden Airway breit, problemlos zu umfliegen. Problemlos, professionell auch ATC, eine Wohltat nach Indien und Myanmar. Seletar heisst der zivil/militärische Flugplatz von Singapore, den wir anfliegen mussten, der internationale Flughafen steht der Allgemeinen Luftfahrt nicht zur Verfügung.

JetAviation empfing professionell, betankte die Maschinen, besorgte kleinere Reparaturen, versorgte uns - endlich - mit ausreichendem Ölvorrat für die kommenden Flüge, erledigte im Handumdrehen die Einreise- und Zollformalitäten.

Taxi gerufen und wenig später waren wir nach einem Tag, der "nur" 787 NM verlangte, im Hotel Marina Mandarin, der geeignete Ort, um die Nerven etwas zu beruhigen. Die Crews gaben sich professionell. Mit dem Unfall wurde offen, nüchtern und spekulationslos umgegangen, jeder wusste, dass in dieser Phase, in der es überhaupt keine Informationen gab, nur abgewartet werden konnte.

Allerdings kam der Hinweis, Franz Bader habe in Calcutta zu wenig Benzin bekommen, nachdem die D-EHRB in Calcutta als letzte betankt worden war und es dabei schon zu einem nur noch knapp befüllten Tankwagen gekommen sein sollte.

Auch dieser Hinweis erwies sich später als nicht haltbar: Franz Bader hatte in Calcutta 500 Liter getankt, was bedeutet, dass die Aerostar wiederum bis unters Dach mit Benzin gefüllt war, nachdem man in Mumbai 1.000 Liter getankt hatte: 500 Liter benötigt eine Aerostar für den Trip Mumbai - Calcutta.

Der 5. Mai, der 5. Reisetag brach an, von unseren Startorten trennten uns reichlich Nautische Meilen:

6.617 nämlich in unserem Fall recht exakt, 12.241 Kilometer, die Strecke entspricht 21 mal Hamburg-München oder der Großkreisentfernung Hamburg - Buenos Aires - das alles erflogen in fünf Tagen.

So easy wie Singapore ATC den Climb aus Seletar gestaltete mit 2, 3 Radarheadings auf den Airway nämlich, so einfach und stressfrei war der gesamte Flug, der Meile für Meile mit immer besserem Wetter aufwartete: Nach dem Überflug des Äquators gab es ein letztes Gebiet mit leichten Quellungen hoch bis auf 25.000, 30.000 ft, danach etwas, was wir ,,high level CAVOK" tauften: Strahlend blauer Himmel mit einigen Quellungen unter uns.

So einfach wie dieser Flug auch der Approach auf Bali mit einem professionellen ATS, der die kurzen Wege und direkten Anflüge hörbar mochte.

Bali: Ein unglaublich freundliches Handling erwartete uns, ruck zuck durch die Immigration, vor dem Flughafen warteten Vans der gebuchten Hotels, des SHERATON LAGUNA NUSA DUA, eine Traumanlage, die international seinesgleichen
sucht.

Entspannen. Der Druck von Bangkok wich langsam von den Reisenden, man konzentrierte sich wieder auf den Alltag. Ich bekam endlich telefonischen Kontakt mit einem Herrn Jutrarat von der Unfalluntersuchung Thailands: Das Flugzeug sei mit hoher Sinkrate aufgeschlagen, ist offensichtlich hochgradig zerstört, er bat mich, ihm die Lizenznummern zu besorgen, was Frau Ursula Bosl in Deutschland dann auch sofort in die Hand nahm und erledigte.

Nein, so Jutrarat, an der Unfallstelle habe es zur Zeit des Absturzes kein Gewitter gegeben, die Aerostar sei in ein Water Reservoir gestürzt, vor dem Aufschlag wollen Zeugen noch ein lautes ,,Bumm" (Jutrarat) gehört haben. Gebrannt habe es angeblich nicht, die vielen Tanks in der Maschine aber sind sofort aufgefallen.

Mehr war an diesem Tage und den Wochen danach aus Herrn Jutrarat nicht heraus zu bringen.

Endanflug auf Bali ...

Bali: 8° 44,9´ südlicher Breite, 115° 10,2´östlicher Länge. Wir standen nach 6 Tagen Anreise vor der Haustür von Australien.

Rückblickend war der Flug vom Wetter her einfach, navigatorisch dank GPS völlig problemlos, allerdings körperlich wegen der enormen Tagesleistungen und der gigantischen Temperaturen auf den Flugplätzen teilweise sehr anstrengend.

Australien wartet ...

Australien: Am 6. Mai hoben wir ab, einer nach dem anderen, keine tausend Meilen bis nach Darwin. Über die Timor Sea, vorbei an der gleichnamigen Insel, bis dann - völlig unspektakulär - Australien im Dunst nach einem wiederum wolkenfreien Flug auftauchte.

Darwin Control bot den ersten Funkkontakt, nach den exotischen Erfahrungen in Asien fühlte man sich fast wie zu Hause, tatsächlich aber waren wir am anderen Ende der Erde angekommen.

35 Damen und Herren stiegen nach über 7.000 Meilen eher nonchalant aus den Flugzeugen, die in den vergangenen Tagen oft spürbare Hektik, die Eile bei der Bodenabfertigung war plötzlich verschwunden, nachdem man zwischen etwa 3:50 h und rund 6 h bei leichten Gegenwinden von maximal 15 kts das letzte Leg geschafft hatte.

Australien. Dieser riesige Kontinent sollte uns nun 17 Tage aufnehmen mit 7 verschiedenen Destinations, von denen wir die erste gleich in Angriff nahmen: Rüber nach Jabiru, dem Flugplatz im Kakadu National Park, VFR, natürlich.

Und damit bekamen wir den ersten etwas fremden Kontakt mit der australischen Flugsicherung: Darwin ist ein kontrollierter Flugplatz mit einer Kontrollzone. Jenseits der Kontrollzonen staffelt sich Luftraum C, dessen Untergrenzen sich mit der Entfernung in der Höhe staffeln.

Also: Tower gerufen wie hierzulande - "request taxi for a VFR-departure". Geht nicht: In Australien hat man, zumindest in Darwin, das very, very british zu sein scheint, Clearance Delivery zu rufen, als sei man vor einem Departure über den Pazific. Und Clearance Delivery gibt dann, nachdem die Frage be antwortet ist, welche Höhe man einzunehmen gedenkt:

"You are cleared to Jabiru, climb on course to 3.500 ft." Und nachdem man den kontrollierten Luftraum verlassen hat:
"You enter uncontrolled air space, radar service terminated, suggest to squawk 2000."

Angekommen in Australien: Jabiru!Damit hat dann das etwas umständliche Verfahren sein Ende nach immerhin drei Frequenzwecheln auf einem Flugplatz mit relativ wenig Verkehr. Schon die 119 NM von Darwin nach Jabiru zeigten, was Australien wirklich ausmacht: Der Kontinent ist unglaublich vielschichtig, er ändert sein Gesicht, sein Gehabe, seine Temperatur, seine Mentalität, Flora und Fauna dem Reisenden gegenüber stets rasend schnell.

Australien ist damit völlig anders als die Weiten der USA oder Canadas, Australien hat tausend verschiedene Facetten und Erscheinungsformen. Von dem "very british" tauchten wir nach einer halben Stunde Flug ein in das Outback: Legere Leute, freundlich, zuvorkommend, unkompliziert und ausgeglichen.

Ein wenig hatte ich den Eindruck, dass Bob McDonnald mir nicht geglaubt hat, was ich geschrieben und bezahlt habe: Dass nämlich 16 deutsche Flugzeuge kommen würden. Jedenfalls stand Bob sichtlich um Fassung ringend auf seinem wundervollen Flugplatz Jabiru, als der Himmel dröhnte und Schlag auf Schlag Pilatus, TBM, Commander, eine Handvoll Aerostars, Baron, Mooney, Cessna 303, King Air und Cheyenne über die Landebahn flogen, mit professionellen Unicom, als gäbe es keine deutsche Luftaufsicht, die Platzrunde einnahmen und landeten.

Große Augen bekam auch der Captain einer Fokker 27: "Is that the second Blitz krieg?" wollte er wissen. Wir waren angekommen. Und das wurde kräftig gefeiert ...


© Text/Bilder 2000 Heiko Teegen, Pilot und Flugzeug 08/99-09/99