Auftakt: Wieder mal zum Hafengeburtstag ...
Der letzte Besuch des Hafengeburtstags in Hamburg ist erst ein Jahr her: Es war voll, es war eng, es war eindrucksvoll und eigentlich hätten die Eindrücke für einige Jahre gereicht.
Aber alles kommt anders: Der Bau des neuen Flaggschiff der AIDA-Flotte, der AIDAprima, verzögert sich, sie liegt immer noch in der Werft in Nagasaki, trotzdem konnte man erahnen, dass die Taufe während des Hafengeburtstags 2016 stattfinden würde (entgegen aller Gerüchte und Dementis von AIDA Cruises). Somit erwachte ein Plan:
Hafengeburtstag PLUS Taufe der AIDAprima PLUS Tauffahrt -
das wäre doch was!
Obwohl noch einige Monate Zeit sind, wird schnell alles in die
Wege geleitet, denn zum Hafengeburtstag ist schon früh alles
ausgebucht. Flug, Hotel und die Tauffahrt, die zum Buchungszeitpunkt
allerdings noch nicht so hieß ...
Wenige Wochen vor Abfahrt werden wir von
unserer netten Kundenbetreuerin angerufen, sie gratuliert uns und
bestätigt, dass es sich bei der gebuchten Reise tatsächlich um die
Tauffahrt handelt. Hamburg, wir kommen schon wieder!
Das Hotel liegt zentral und nur wenige U-Bahn Stationen entfernt von den Landungsbrücken. Diesmal sind wir bei der Einlaufparade nicht auf der Elbe, sondern mitten im Getümmel am Elbufer. Und um ehrlich zu sein, hätten die lauten Durchsagen die einfahrenden Schiffe nicht angekündigt, man hätte nicht gewusst, was auf der Elbe los ist, denn ein Blick darauf ist fast unmöglich von dieser Position aus ...
Wir zwängen uns im Strom der Besucher an den Buden vorbei Richtung Hafencity: Da wird es auch schon deutlich besser, und gerade rechtzeitig erhaschen wir einen freien Blick auf den beeindruckenden Viermaster Kruzenshtern, den einzigen noch in Betrieb befindlichen Segler aus der berühmten Flotte der Flying P-Liner. An der Kehrwiederspitze gibt es sogar ohne lange Wartzeit ein Bier zu ergattern, um das Ende der Schiffsparade zu erleben.
In den Sandtorhafen fahren jede Menge Segelschiffe ein, um für die Nacht anzulegen. Auch hier gibt es überall Buden und Stände, auch die Sea Shepherds sind dabei, diesmal allerdings ohne Schiff. Ein schöner Anblick: die alten Segler zusammen mit der modernen Architektur am Quai ...
Unsere Befürchtung, dass man ohne Reservierung wohl kaum einen Platz für ein Abendessen bekommt, erweist sich als unbegründet: Problemlos genießen wir unser Dinner mit Blick auf den Sandtorhafen. Zum Abschluss gibt es einen nächtlichen Rückweg zu den Landungsbrücken, nun hat man auch ausreichend Platz und freien Blick auf alle Schiffe.
Am nächsten Tag heißt das Ziel: Museumshafen Övelgönne, den man mit der Fähre von den Landungsbrücken aus schnell erreicht. Wer hier eine gemütliche Fährfahrt erwartet, liegt falsch. Einige Kapitäne wirken wie Speedbootfahrer, aber beim Hafengeburtstag muss halt alles etwas flotter gehen.
Der Besuch des Museumshafens lohnt sich: Hier liegen alte Dampfschiffe, Feuerschiffe, Ewer, Eisbrecher, Barkassen und vieles mehr. Viele Schiffe kann man besichtigen oder Rundfahrten damit buchen. Liebevoll werden die historischen Schiffe von zahlreichen Freiwilligen, oft Ex-Seeleute, restauriert und in Schuss gehalten.
Auf uns wartet ein ganz besonderer Kahn: der Schwimmkran Karl Friedrich Steen. Mit einem Segel- oder Dampfschiff die Elbe rauf- und runterfahren kann jeder, aber mit einem Schwimmkarn rumzufahren und dabei eine Barbecueparty zu genießen, das ist schon recht abgefahren.
Hinter dem technischen Kulturdenkmal Dampf-Eisbrecher Stettin, auf dem man übrigens auch mitfahren und feiern kann, liegt unübersehbar der Kran, der diesmal eine wichtige Funktion hat: Er hält das Zeltdach hoch. Und das ist heute nötig, denn Hamburg hat Kaiserwetter!
Da wir uns den Museumshafen ausführlich anschauen wollen, sind wir schon lange vor der Abfahrt des Schwimmkrans am Anleger und werden eingeladen, den Motorraum zu besichtigen, da das während der Fahrt nicht möglich sei. Wir bekommen eine exklusive Führung und erfahren viel über den Antrieb des Schwimmkrans. Sogar ein Modell steht im Maschinenraum - das wäre doch etwas für unseren Modellkeller, oder? (Aber um es heute schon anzukündigen: Außer der Stettin wird natürlich auch ein entsprechender Schwimmkran unseren künftigen Modellhafen beleben! ).
Auch Hochklettern auf den Kran in die Kranführerkabine ist erlaubt: Ein herrlicher Spielplatz für jeden Technikfreak ...
Auf der Elbe ist viel los, neben großen Segelschiffen wie der Alexander von Humboldt II tummeln sich antike rußende Dampfschiffe, Schaufelraddampfer, Paddelboote, Schlauchboote, Kreuzfahrtschiffe wie die Black Watch oder gigantische Containerfrachter wie die Hyundai Hope ...
Um 14:00 Uhr legen wir ab: Auf einem riesigen Grill brutzeln Würstl, Steaks und Schnitzel, jede Menge Salate, Saucen und Brotsorten runden das Angebot ab. Sogar Bier vom Faß gibt es satt. Auch ist es nicht zu eng, jeder findet ausreichend Platz an den Biertischen, die unter dem weiten Zeltdach aufgestellt sind.
Der Kran schippert recht langsam los Richtung Elbphilharmonie, vorbei an den unzähligen Containerkränen. Unser Gefährt ist ein echter Hingucker und so mancher Tourist auf dicht gepackten Ausflugsbooten blickt ein wenig neidisch auf unsere üppigen Teller und die kalten, beschlagenen Bierkrüge ...
Auch während der Fahrt kann man den Kran erklimmen und hat dabei einen schönen Blick von oben auf das bunte Hafentreiben.
Gerade rechtzeitig erreicht der Schwimmkran eine Seenotrettungsübung in Nähe des britischen Lenkwaffenzerstörer HMS Duncan: Ein Brand wird inszeniert, bei dem zu sehen ist, wie Militär, Polizei und zivile Rettungsdienste zusammenarbeiten. Hubschrauber kreisen über uns, Retter werden abgeseilt, das Löschschiff ist in voller Aktion - und wir in erster Reihe dabei ...
Alles Sehenswerte im Hafen wird mit dem Schwimmkran besucht, eine Hafenrundfahrt der ganz besonderen Art. Auch die Fregatte Augsburg ist wieder hier, letztes Jahr noch als Teilnehmer bei der Einlaufparade, dieses Jahr zur Wartung im Trockendock. An den Ufern der Elbe drängen sich wieder Meschenmassen - ach ist das Leben auf dem Schwimmkran schön ..!
Doch leider hat diese Barbecue-Party auch ein Ende und ein wenig traurig trennen wir uns vom Schwimmkran, ohne zu wissen, dass wir ihn schon bald wieder treffen werden ...
Auf dem Rückweg zu Kehrwiederspitze beginnt es bereits zu dämmern und von weitem schon kann man am neonfarbenen Schriftzug erkennen: Partnerstadt des Hafengeburtstags ist diesmal Budapest. Offensichtlich gibt es keinen Zwang, dass eine Partnerstadt oder das Land, in der sie liegt, irgendeinen Bezug zu Häfen und Seefahrt hat - Hauptsache die Besucher werden verwöhnt! Hier wird gefiedelt, getanzt und gesungen.
In riesigen Pötten wird unter anderem originales Gulasch gekocht (ähnelt mehr unserer Gulaschsuppe), Würste vom Fleisch des Mangalitzaschweins gegrillt, Kürtöskalacs - ein Art ungarischer Baumkuchen - gebacken. Dazu gibt es Wein - sogar aus dem von uns so geliebten Weinanbauort Villany - und mit etwas Glück finden wir sogar Sitzplätze und genießen die Spezialitäten mit einem Schluck guten Rotwein - natürlich aus Villany.
Zu spät darf es heute nicht werden, denn die AIDAprima soll morgen früh gegen 07:00 Uhr in Hamburg einlaufen: Eine gute Gelegenheit für ein paar Schnappschüsse im Morgenlicht auf der Elbe, oder etwa nicht ..?!
© 2016 S. Zerlauth