Tag 1, Freitag: Anreise Mallorca, Boarding und "Sail Away" ...
Gedacht, gebucht! Die Aida Organisation braucht nicht lange, um zu beeindrucken: Die Buchungsbestätigung enthält einen Zugang zu "MyAIDA" und damit einem Account, mit dessen Hilfe eine gründliche Reisevorbereitung offenbar schon zum Vergnügen werden soll: Täglich kann man hier sehen, wie es um die Bezahlung seines Reisepreises steht oder wie viele Tage man noch Zeit hat für spezielle Buchungen etwa von Ausflügen, Kursen, Fitnessveranstaltungen und vielem mehr.
Seine persönlichen Daten kann man im "Schiffsmanifest" erfassen, man kann "Kabinengrüße" buchen oder auch spezielle Email-Accounts für den Zeitraum seines Aufenthaltes an Bord anlegen. Auf einem Zeitplan der gesamten Tour sind sämtliche Stationen der Reise einschließlich der individuellen Buchungen sichtbar und auch Planungsmuffel haben es schwer, hier einen Fehler zu machen - kurzum: die Professionalität, die den Aida Reisenden in spe empfängt, lässt nichts zu wüschen übrig.
Auf der Webseite können nicht nur die persönlichen Exkursionsdaten festgehalten werden, sondern auch die der gesamten Aida Flotte sind sichtbar: Neben Decksplänen, Kurs- und Positionsangaben gibt es auch aktuelle Bilder sämtlicher Bugcams und sonstiger Kameras, die von den einzelnen Schiffen mitgeführt werden.
Die Infos zu den einzelnen Schiffen sind umfangreich: Wir erfahren, wie viele Schiffe die Aida-Flotte aktuell umfasst und dass ein weiteres, die AIDAprima als neustes und bisher größtes, ab Mitte 2015 zum Einsatz kommen wird (siehe dazu unsere Aufstellung: Die AIDA-Flotte und mehr).
Unser Dampfer, die AIDAmar, ist eines von 4 Schiffen der aktuellsten "modifizierten Sphinx-Klasse" und wurde erst im Vorjahr von der Meyer-Werft in Papenburg gebaut und schließlich im Mai 2012 in Begleitung von Schwesternschiffen beim 823. Hamburger Hafengeburtstag getauft - ungefähr in Höhe der Fischauktionshalle, die wir auch erst vor kurzem besucht hatten ...
Wir buchen in den Tagen vor der Abfahrt noch etliche Zusatzleistungen, die von Bustransfers nach Rom über eine Rundfahrt in Marseille bis hin zur Küchenbesichtigung an Bord reichen - auf diese Weise kann und muss man den eigentlichen "Schnäppchen-Reisepreis" noch ganz erheblich aufstocken. Schon bald kommt der Abreisetag und wir machen uns morgens auf in Richtung Münchner Flughafen - der TUI Mallorca-Flieger zur entspannten Mittags-Abreisezeit ist offenbar bis zum Rand gefüllt mit hauptsächlich Aida Passagieren, wie man den diversen Kofferanhängern entnehmen kann.
Nach pünktlichem Start in MUC folgt der vergleichsweise kurze Malle-Flug - wenn man die über 4 Stunden Flugzeit z.B. auf die Kanaren gewöhnt ist, erscheinen einem die eineinhalb Stunden bis nach Palma de Mallorca kaum der Rede wert - sicher auch ein wichtiger Bestandteil vom Erfolgsgeheimnis des "17. Bundeslandes" ..!
Die Busse in Palma warten schon auf die Aida Passagiere und die perfekt eingespielte Organisation beginnt bereits am Flughafen: Nach den Kabinennummern erfolgt die Zuteilung auf die Busse, die Koffer werden den Anhängern entsprechend verladen und schon kurz danach startet der Bus vom Flughafen in Richtung Anlegekai der AIDAmar in Palma ...
Verschiedene Dinge schießen dem Neuankömmling durch den Kopf, wenn er sich dem beeindruckenden Schiff mit dem angeblich "schönsten Augenaufschlag der Meere" schließlich nähert, das für die nächsten Tage sein schwimmendes Hotel sein wird. Da ist zunächst einmal die Frage nach dem Sinn oder Unsinn von Kreuzfahrten an sich: "Traum und Albtraum" war der Beitrag in der Süddeutschen Zeitung vom 25. September 2013 betitelt, der sich anlässlich der größten europäischen Kreuzfahrtmesse "Seatrade Europe" in Hamburg damit befasste, dass sich diese Branche dort feierte, noch während die gekenterte Costa Concordia vor der Insel Giglio in Italien geborgen wird. Nichtsdestotrotz freute man sich anlässlich der Messe über immer mehr Europäer, die im Urlaub auf eine Seereise gehen, steht dabei aber unter zunehmendem Druck von Umweltschutzverbänden. Die Topmanager der Konkurrenten Carnival, Royal Caribbean, MSC, TUI und natürlich auch die der größten deutschen Kreuzfahrt-Reederei AIDA waren zugegen und insgesamt rund 250 Aussteller. Von über 20 neu bestellten Luxusschiffen und zuletzt mehr als 6 Millionen Gästen war die Rede, davon mehr als die Hälfte Briten und Deutsche - die Branche boomt also trotz Krise unverändert.
In Deutschland ist dies noch ein vergleichsweise junger Trend, der aber mächtig im Kommen ist - bereits nächstes Jahr sollen die Deutschen die Briten als Kreuzfahrtnation Nummer Eins ablösen, was auch am Wechsel des Images von Kreuzfahrten liegt. Offenbar eben nichts mehr nur für reiche Alte, sondern auch für Familien und ganz "normale" Touristen - ohne Bekleidungsvorschriften und zu bezahlbaren Preisen.
Während eine ganze Reihe der kreuzenden Riesen noch mit schädlichem Schweröl unterwegs sind und viele ihre Abgase ungefiltert in die Umwelt über Meeren und Hafenstädte blasen, betätigt sich die Aida Reederei als Vorreiter und verspricht Investitionen in Umwelttechnologien und Flottennachrüstung. Auch unsere AIDAmar, erst im Vorjahr in Dienst gestellt, soll wohl vorbildlich sein in Sachen Umwelttechnik ...
Neben solchen Aspekten denkt man beim Anblick unseres schwimmenden Hotels am Kai natürlich auch an anderes: Erst vor kurzem hatten wir mit unserem Autor Bill Lee, dem inzwischen "offiziellen" Geschichtsschreiber der American Star und ausgewiesenen Fachmann für zivile und militärische Schifffahrt, etliche Mails zu unserem neuen Thema "Kreuzfahrtschiffe" ausgetauscht.
Bill hatte uns dazu unter anderem zwei Bilder geschickt: Während auf dem einen die Queen Elizabeth 2 (QE2), das berühmte ehemalige britische Passagierschiff der Cunard Line zu sehen ist, zeigt das andere das Kreuzfahrtschiff Queen Victoria der selben Reederei auf hoher See (Anm. der Red.: Letztere werden wir im kommenden Jahr in Stockholm antreffen bei unserer Irrfahrt des Odysseus ... ).
Anlass für Bill´s Bildersendung war unsere Frage, wie eigentlich ein so ungeheuer hoher Hotelkomplex wie unsere AIDAmar mit ihren nur gut 7 Metern Tiefgang ein wirklich hochseetüchtiges Schiff sei. Zu den zwei "Wellen Königinnen" auf seinen Bildern berichtete Bill von einer gemeinsamen Atlantiküberquerung beider Schiffe von Southampton nach New York. Die im Jahr 1995 ebenfalls bei einer Atlantiküberquerung bereits schon einmal von einer rund 30 Meter hohen Riesenwelle getroffene QE2 machte sich bei der gemeinsamen Überquerung deutlich besser auf den Bildern (oben rechts) als das modernere Kreuzfahrtschiff, das sich mit dem Seegang wesentlich schwerer tat (Bild oben links).
Bill verwies auf den kurzen Bug von Kreuzfahrtschiffen und die hohen Aufbauten, die sich bereits kurz hinter der Bugspitze auftürmen. Eine derartige Konstruktion taucht natürlich ganz anders in Wellen ein als die konventionell konstruierten Passagierdampfer der Vergangenheit. Bill´s Fazit: "Kreuzfahrtschiffe machen sich wesentlich besser in `Mühlteichen´ (Karibik oder Mittelmeer). Und noch besser im Hafen, wenn es stürmisch zugeht an diesen Örtlichkeiten ..."
Auf Nachfrage führte er noch weiter aus: Moderne Kreuzfahrtschiffe haben einen hohen Schwerpunkt und geraten leicht ins Rollen in stürmischer See. Einige von ihm respektierte Konstrukteure halten dies für verrückt und auch Katastrophen bei ernsthaften Schwierigkeiten für möglich. Solche Schiffe haben viel mehr Decks bei ähnlicher Länge wie z.B. der guten alten America und natürlich auch viel mehr Passagiere. Bei entsprechenden Wetterverhältnissen bleibt den Kreuzfahrtschiffen nur die Flucht, während eine America und andere ihrer Generation auch für Verhältnisse in winterlichen Nordatlantik-Bedingungen gebaut waren (Anm. der Red.: Ähnliches gilt natürlich auch heute für eine Fähre wie z.B. die Norröna der Smyril Line, die konstruiert wurde, um den ganzjährigen Fährverkehr nach Island im Nordatlantik zu ermöglichen, was mittlerweile aber auch nicht mehr praktiziert wird). "Das können moderne Kreuzfahrtschiffe nicht, so einfach ist das" schloss Bill seine Betrachtungen.
Was wir am heutigen Tag noch nicht wissen: Wir werden auf diese Einschätzung noch während unserer Tour und auch danach wieder zurückkommen ...
Vor Ort am Anlegekai wird man schnell aus seinen Betrachtungen gerissen: Die "Abflughalle" wartet auf die angehenden AIDAmar Passagiere. Schnell bilden die Wartenden wieder eine Schlangenlinie vor der Abfertigung. Aida-Clubmitglieder haben einen eigenen Schalter, allerdings muss man für so eine Clubmitgliedschaft mindestens 10 Tage mit Aida unterwegs gewesen sein, um als Club-Newbie anfangen zu können. Für uns also kein Thema, "normale" Schlange ist angesagt.
Am Schalter erhält jeder seine Aída-Bordkarte, die ab sofort das wichtigste Utensil des Reisenden ist: Sie ist gleichzeitig Kabinenschlüssel und Zugangsausweis zum Schiff und mit ihr kann man künftig überall an Bord bezahlen, die Schlussrechnung wird zum Reiseende vom Konto abgebucht. Dass bei der Abfertigung auch Fotos vom Passagier gemacht und auch die Personalausweise gescannt werden - nun, damit muss man sich heutzutage offenbar überall abfinden, ein Scannen der Bordkarte beim Betreten des Schiffes scheint ohne visuelle Kontrolle des Kartenbesitzers wohl nicht mehr zu reichen ...
Wir dürfen nun vorrücken zum Schiff: Etwas befremdlich für den Neuen zunächst einmal die Annäherung, zweimal wird die Bordkarte gecheckt, einmal dabei auch gescannt. Desinfiziergeräte für die Hände erwarten den Neukreuzfahrer, ein Anblick, der in den nächsten Tagen vertraut sein wird, da derartige Geräte den Reisenden künftig überall erwarten. An den Restaurants, an den Toiletten, Hygiene wird groß geschrieben an Bord und auch die Hinweise, sich bitte künftig regelmäßig die Hände zu waschen, sind allgegenwärtig. Die Angst vor einer Norovirus Epidemie an Bord oder ähnlichen Scheußlichkeiten ist wohl groß - bei einigem Nachdenken allerdings wohl auch verständlich, wenn man sich vor Augen hält, was dies wohl für Konsequenzen für die gesamte Flotte hätte ...
Erneut ist Sicherheit angesagt: Ähnlich wie am Flughafen muss der Reisende durch eine Sicherheitsschleuse, allerdings wichtiger Unterschied: Das Schweizer Messer darf hier mit an Bord und man fühlt sich somit nicht so nackt wie im Flieger ...
Mit dem Aufzug geht es in den 8. Stock, Entschuldigung, auf Deck 8: Die Balkonkabine ist angenehm und die Aussicht von dort hervorragend. Der Blick fällt auf das sonnenüberflutete Palma, auffällig dort natürlich die Kathedrale und die Festungsanlage des über dem Ort thronenden Castell de Bellver - Urlaubsstimmung macht sich breit in der Kabine. Gegenüber hat ein weiteres Kreuzfahrtschiff angelegt: die Sovereign von pullmantur, überall im Internet noch als weißes Schiff zu sehen, überrascht uns hier und heute mit einem blauen Rumpf.
In der Abfertigungshalle hatte man uns die aktuelle Ausgabe der AIDA HEUTE übergeben, "das Bordprogramm für entspannte Entdecker", wie man im Titel lesen kann. Diese Zeitung, offenbar maßgeschneidert für das Entdecker Team (), wird uns ab heute also täglich neu informieren, was auf dem Schiff so vor sich geht. In der ersten Ausgabe werden wir selbstverständlich alle herzlich willkommen geheißen und Kapitän Claas Cramer freut sich auf der Titelseite: "Schön, dass Sie da sind." Diese Freude wird er in den nächsten Monaten noch oft äußern können, wenn er nun mit der AIDAmar Woche für Woche dasselbe Programm abspult - so viel Routine auf einmal muss man sich heute wohl nicht unbedingt aus der Crew-Perspektive vorstellen ...
Die Zeitung oder besser das Infoblatt enthält alles wichtige für den heutigen Nachmittag und Abend: "Alle an Bord" heißt es um 20:30 Uhr, die Liegezeit wird bis 22:00 Uhr angegeben. In seinem "Leitartikel" weist Kapitän Cramer darauf hin, dass um 21:00 Uhr die für alle Gäste verpflichtende Seenotrettungsübung stattfinden wird, die nach internationalen Vorschriften durchgeführt wird und die Passagiere mit Rettungseinrichtungen und Sicherheitsvorschriften an Bord vertraut machen soll - beste Grüße wohl auch von der Costa Concordia!
Weitere Infos in AIDA HEUTE betreffen unter anderem die kommenden Ausflugspräsentationen, natürlich auch den Aida Shop, das Sport- und Wellnessangebot an Bord, die Bedienung des Kabinen-TV, den möglichen Schiffsrundgang mit dem Clubteam und natürlich den Verlauf des ersten Abends auf der AIDAmar: Um 21:50 Uhr wird es einen "Welcome-Sekt" auf dem Pooldeck geben mit anschließender "Sail Away Show". Nach dem Auslaufen kann man im Anschluss auf der Poolparty mit einem DJ Sven bis in die Nacht tanzen - offensichtlich ein volles Programm, das da wartet ..!
Ebenfalls bereits in der Kabine ausgelegt: Die Buchungsbestätigungen für unsere Zusatzprogramme, also Ausflüge und kommende Besichtigungen, wie z.B. die vom Brauhaus oder der Küche ...
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Zeit nun für erste Schiffsrundgänge: Ein Barbesuch im unteren Deck des "Theatriums" ist fällig, der Mischung aus "Theater" und "Atrium", die für die Schiffe der Sphinx-Klasse typisch ist, zu der auch die AIDAmar gehört - auch außerhalb des Schiffes gut erkennbar durch die nach außen gewölbte, über 3 Decks reichende Glasfront des für Shows und sonstige Veranstaltungen vorgesehenen Areals.
Es wird 21:00 Uhr und die offenbar tatsächlich ernst gemeinte Seenotrettungsübung beginnt: Wenn auch chaotisch, so sammeln sich doch immer mehr der wohl über 2.000 Passagiere auf dem "Musterdeck" 5: Wer fehlt, wird per Borddurchsage aufgefordert, zum Sammelpunkt zu kommen. Unter viel Gekreische und Gelächter stehen schließlich Reihen von Passagieren an Deck - man fragt sich unwillkürlich, wie sicher im Ernstfall Schiffe mit 3.000 oder mehr Passagieren wohl tatsächlich sein mögen - ein aktuell echt umstrittenes Thema, bei dem auch Fachleute berechtigte Zweifel hegen ...
Nach der Arbeit folgt schon bald das Vergnügen: Auf dem mittlerweile nächtlich dunklen Pooldeck steigt die "Sail Away Party": Nachdem der Lotse an Bord gekommen ist, erklingt schon bald das Sail Away Motiv, das immer beim Verlassen eines Hafens erklingt und durch alle Decks, Bars und Restaurants schallt: Orinoco flow (sail away) heißt der Song von Enya tatsächlich, aber er wird sicherlich aufgrund der nächsten Tage für alle Zeiten als Ohrwurm in Erinnerung an die Aida Tour bleiben ...
Trubel herrscht nun auf den Decks, es wird getanzt, getrunken und Shows unterhalten die Gäste: Ein sicherlich für den Kreuzfahrtneuling beeindruckender Abend nimmt seinen Lauf, der für manche wohl erst tief in der Nacht enden wird ...
© 2014 J. de Haas