Es geht los: Planung und Aufbruch ...
Afrika: Ein Kontinent, der derzeit an der Spitze der Gunst leider viel zu vieler Touristen steht. Ein Kontinent, der vielschichtig ist, politisch, kulturell, bezüglich des Klimas. Und da sollte es hingehen.
Unsere siebte Leserreise hatte, kaum angekündigt, eine unglaubliche Resonanz. Von Afrika also geht eine Faszination aus, die auch in unserer Leserschaft deutlich zu spüren ist.
Zeitdruck machte sich bemerkbar: Im Mai 1999 waren wir aus Australien zurückgekehrt, im Februar/März 2000 sollte es bereits nach Afrika gehen, zuvor mussten wir die Strecke abfliegen, Orte des Interesses aussuchen, Hotels und Touren buchen. Wir machten uns auf den Weg im Oktober 99, flogen in etwas mehr als 10 Tagen von Nord nach Süd durch Afrika, besuchten Lodges und Tour-Operators.
Noch im November 1999 kam es zum Briefing in Mönchengladbach, 26 Crews meldeten sich an, viele standen auf der Warteliste, eine 2. Reise im Herbst war grundsätzlich geplant, wird aber nicht stattfinden, weil wir einfach keine Zeit dazu haben.
Wie immer in der Vergangenheit reduzierte sich kurz vor Abflug die Flotte aus den verschiedensten Gründen: Eine Cheyenne IV wartete geschlagene 7 Wochen auf die Prop-Überholung bei Dowty, England, und muss nach dieser elend langen Standzeit nun im Flugbetrieb zunächst Geld verdienen.
Eine Aerostar schüttelte einen von 12 just neu aufgebauten Zylindern ab. Besonderes Pech hatten die Eigner einer PA46: Ein Charterkunde demolierte das schöne Flugzeug bei einer Landung in Reichelsheim just 5 Wochen vor Reisebeginn. Ein weiterer Aerostar-Driver musste aus beruflichen Gründen absagen.
Am traurigsten aber war die Tatsache, dass ein Pilot von einer gesundheitlichen Beeinträchtigung aus dem Rennen geworfen wurde. So waren noch 21 Maschinen im "Rennen", das alles war, nur kein Rennen:
- Aerocommander: eine AC 95
- Aerospatiale: eine TBM 700
- Aerostar: eine PA60-602P (das Redaktionsflugzeug)
- Beechcraft: eine Beech Baron 58P
- Cessna: eine 414, drei 340, eine 337P
- Extra: zwei Extra 400
- Piper: Seneca, vier PA46 Malibu/Mirage, Cheyenne II
- Mooney: vier Mooney, von der M20M bis zur M20T und M20K.
Nachdem vier Tage vor Reiseantritt auch noch der Eigner der Beechcraft aus beruflichen Gründen absagen musste, schmolz die Teilnehmerliste auf 20 Maschinen mit 62 Damen und Herren an Bord.
Der Reiseplan war natürlich in allen Einzelheiten ausgearbeitet und las sich wie folgt:
- 24.02.: Anreise nach Paphos, Zypern, ca. 1 .430 Nautische Meilen (NM)
- 25.02.: Flug von Paphos nach Luxor oder Aswan zum Auftanken, dann weiter nach Khartoum: 1.229 NM
- 26.02.: Von Khartoum nach Lokichogio, Kenia, zum Tanken, dann weiter nach Kilimanjaro in Tanzania: 1.210 NM
- 27.02.: Kilimanjaro - Victoria Falls: 1.109 NM
- 28.02.: Besuch des Regenwaldes und der Wasserfälle, abends Dinner in einer Boma unter freiem Himmel
- 29.02.: Flug von Victoria Falls, Zimbabwe, nach Mokuti Lodge, Namibia: 502 NM
- 01.03.: Ausflug in die Etosha Pfanne mit abendlichem Dinner in der freien Natur
- 02.03.: Flug von Mokuti nach Swakopmund: 269 NM
- 03.03.: Ausflug nach Walvis Bay und später in die Namib-Wüste, abends ein Dinner unter Sternen in der Wüste
- 04.03.: Flug von Swakopmund nach Kapstadt: 764 NM
- 05.03. bis 07.03.: Aufenthalt im Bereich Kapstadt mit den verschiedensten Aktivitäten
- 08.03.: Flug von Kapstadt nach Skukuza im Kruger Park: 884 NM. Dort zwei Übernachtungen in der weltberühmten Sabi Sabi Lodge
- 10.03.: Flug von Skukuza über Nampula, Mozambique nach Mombasa, anschließend 3 Tage im Mombasa Serena Beach Hotel zum Ausspannen
- 13.03.: Rückflug über Lokichogio und Khartoum nach Luxor, eine lange Tagesetappe von 1.996 NM, alternativ war auch möglich, in Khartoum zu übernachten
- 14.03.: Flug von Khartoum oder Luxor nach Paphos: 587 NM respektive 1 .229 NM
Eine vitale Reise also: Für uns sollten von Straubing aus 13.001 NM anfallen rechnerisch, wir kalkulierten 55:28 Flugstunden bei einem Verbrauch von 2.317 Gal Avgas.
Planungen sind gut und notwendig natürlich, Flexibilität aber ist ebenfalls gefragt bei einer solchen Unternehmung. Die übrigens angelegt war, auch "kleineren" Maschinen die Mitreise zu erlauben. Legs von 750 NM maximal erlaubten den Einsatz von üblichen Reiseflugzeugen mit üblichen Reichweiten.
Die dicke Flotte Mooneys sprach so auch für sich, die Piper Seneca schlug sich äußerst wacker, 3 Cessna 340 konnten mit hoher Zuladung teilnehmen, also mit 3, sogar 4 Personen an Bord, wie auch eine Cessna 414, die ebenfalls zwei Ehepaare transportierte. Zu erwarten, dass bei einer Flottenleistung von rund 262.000 NM, die für etwa 1.600 Flugstunden (!) stehen, nichts passiert an Zwischenfällen, hieße blauäugig zu sein.
Aber es kam dieses Mal doch recht "dicke": Wir hoben ab am 24. Februar morgens um 0703 UTC in EDMS (Straubing), landeten nach nur 1:57 h in Dubrovnik, was einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 261 kts entsprach: Es blies gewaltig aus Nordost.
Hinter uns segelte die PA 46 der Crew Olf/Kunnert ein, die Malibu der Crew McGinnis/Schloegl landete, im Funk härten wir die Seneca von Vater und Sohn Brazel. In Dubrovnik geht alles ganz schnell und sehr, sehr preiswert: 44 Minuten nach unserer Landung hoben wir bereits wieder ab. Und zwar auf der Bahn 12 bei heftig böigen Winden aus 330 bis 350°. Wir konnten zuvor noch die Landung der einen Extra 400 beobachten, die es hier in Dubrovnik leider erwischen sollte. Bei diesem Wind ist Dubrovnik schwierig zu nennen: Der Wind bläst über einen Hügelkamm und bringt den Airport in ein kräftiges Lee mit sehr unangenehm verwirbelten Böen.
Da hieß es eben: Speed, Speed und nochmals Speed. Schon beim Rollen zeigte der Fahrtmesser hektische Ausschläge und Zuckungen von mehr als 10 kts. Mit gut 100 kts hoben wir ab und sahen zu, dass der Fahrtmesser schnell auf über 140 kts zeigte, denn mit einer Linkskurve nach dem Start musste man außerdem nach Lee kurven.
Der Pilot dieser E400 wurde leider Opfer dieser ungünstigen Verhältnisse: Ihn erwischte, so seine Schilderung, unmittelbar nach dem Abheben eine Böe, die Maschine setzte wieder auf. Statt den Start abzubrechen, was vielleicht die bessere Entscheidung gewesen wäre, rotierte der Pilot noch einmal, bekam offensichtlich wieder viel Rückenwind, die Maschine kam beim 2. Aufsetzen von der Bahn ab und demolierte Bugrad und Propeller. Wie wir hörten, wurde der Controller unmittelbar nach diesem Zwischenfall massiv verhört und sogar einer Blutprobe unterzogen - wie die Crew übrigens auch. Wir trösteten uns mit der Tatsache, dass dem Ehepaar in der Extra kein Haar gekrümmt wurde, der Pilot flog übrigens mit der Linie später nach Kapstadt, um uns dort zu treffen.
Für uns ging es zügig weiter, von Dubrovnik über Griechenland nach Paphos, 923 NM in 3:44 h, knapp 250 kts Durchschnittsgeschwindigkeit, damit konnten Angelika und ich gut leben: Nachmittags um etwa halb vier Uhr Lokalzeit standen wir auf dem Parkplatz von Paphos, knapp hinter uns düste die schnelle TBM 700 mit dem Ehepaar Busche an Bord in den Visual Approach bei allerbestem Wetter: Die siebte Leserreise rollte, die Stimmung war exzellent.
Leicht zerfurchte Gesichter allerdings gab's abends im Hotel: Murrend äußerten sich einige Crews über 45 Minuten Holding über Paphos, die von einer Mooney-Besatzung verursacht worden war. Der Pilot war offensichtlich nicht in der Lage, das IFR-Anflugverfahren abzufliegen nachts, bei sternklarem Himmel, sondern flog viel zu tief Richtung Berge, wurde dort von einem Fluglotsen vor einer Kollision mit eben diesen bewahrt - so jedenfalls die Schilderungen.
Ich sprach am nächsten Morgen mit dem Piloten: Er stammt aus Chemnitz, hatte vor etwa drei Jahren bei der Nürnberger Schule IKON das IFR erworben und erklärte mir als Entschuldigung für den doch dramatischen Zwischenfall: Er könne kein Englisch. Und wolle diese Leserreise nutzen, um eben das und die IFR-Verfahren "zu lernen".
Mir verschlug es die Sprache bei soviel nasser Forschheit.
Und dieser Pilot warf tatsächlich einen Schatten auf die Leserreise, weil dessen fliegerische Attitude eine Beleidigung aller anderen Besatzungen war: Wir hatten Piloten dabei, die erst vor wenigen Monaten ihr IFR erworben hatten, sich aber in dem teilweise schwierigen Luftraum benahmen wie alte Profis.
Besonders verärgert war ich, weil ich noch beim letzten Briefing im Februar angeboten hatte, die teilweise etwas ungewöhnliche ATC-Communication zu trainieren - der Mann hatte daran offensichtlich kein Interesse. Das Luftfahrt-Bundesamt und die IKON-Flugschule werden zu erklären haben, wie ein Pilot mit solcher Qualifikation eine deutsche IFR-Berechtigung erwerben kann ...
© Text/Bilder 2000 Heiko Teegen, Pilot und Flugzeug 05/00-06/00