Tödlicher Verrat

Warum die USA in den Irak einfielen ...


Dass der Terroranschlag auf das World Trade Center in New York am 11.09.2001 ein Tag war, der die Welt veränderte, daran besteht kein Zweifel. Mit den negativen Folgen leben wir noch heute. Politiker und andere Opportunisten, vor allem in den USA, aber auch dem Rest der Welt, nutzten die Tragödie, um mit Gesetzen wie dem Patriot Act Bürgerrechte einzuschränken und die allgemeine Überwachung und Gängelung der Bürger auszubauen.

Kriegsfinanzierung: Kein Problem!Das Ausmaß dieser Maßnahmen wurde erst Jahre später durch die mutige Arbeit von Julian Assange und anderen Aktivisten bei Wikileaks, sowie Insidern wie Edward Snowden und Bradley Manning bekannt. Vor allem war es jedoch auch ein willkommener Vorwand für eine Gruppe von neokonservativen Geo-Strategen und Politikern, sinnlose und teure Kriege zu führen, welche Millionen von Menschen getötet, verstümmelt und aus ihren Heimatländern vertrieben haben, und allein den amerikanischen Staat schätzungsweise bereits 8 Billiarden US Dollar gekostet haben.

Meine Einstellung zu dem im Jahre 2001 ausgerufenen "Krieg gegen den Terror" war von Anfang an skeptisch und meine Reaktionen größtenteils zynisch, womit ich in Deutschland damals sicher nicht allein war. Warum man unbedingt Afghanistan den Krieg erklären musste, um einen einzigen Mann, Osama Bin Laden, den Al-Qaida Chef und mutmaßlichen Rädelsführer hinter den Anschlägen auszuschalten, war schwer nachzuvollziehen. Zumindest schien der Krieg in Afghanistan ein durch die Anschläge ausgelöster Vergeltungskrieg zu sein und nicht völlig an den Haaren herbeigezogen, im Gegensatz zu dem schon kurze Zeit später folgende Krieg gegen den Irak. Schon damals schienen die Vorwürfe, dass das irakische Regime unter Saddam Hussein Massenvernichtungswaffen besäße, konstruiert und unglaubwürdig. Und selbst wenn es gestimmt hätte, wie hätte er diese gegen die Tausende von Kilometern entfernte USA nutzen können? Zum Glück weigerte sich die damalige deutsche Regierung unter Gerhard Schröder, diesen unsinnigen Krieg zu unterstützen.

Satire-Person: Kennen wir den noch ..?Abgesehen von Frankreich war Deutschland damals in der westlichen Welt fast das einzige kriegsverweigernde Land. Die Regierungen beider Staaten gerieten unter erheblichen diplomatischen Druck, und in den ausländischen Propagandamedien, vor allem in den USA, wurde viel gegen die Abweichler gehetzt. Aufgebrachte amerikanische Patrioten hörten aus Protest auf "Bretzel" zu essen und weil es selbst für den härtesten Patrioten schwierig ist, seinen Burger ohne "French Fries" zu verspeisen, wurden diese kurzerhand in "Freedom Fries" umbenannt. Es war eine verrückte Zeit, und die einzige in meinem Leben, in der ich mit der Position einer deutschen Bundesregierung einverstanden war und kurzzeitig sogar einen gewissen unpatriotischen Nationalstolz entwickelte. Das ist seither nicht mehr vorgekommen ...

In jenen ereignisreichen Tagen schrieb ich auch einen satirischen Beitrag für das Explorer Magazin, in dem eine fiktive "Koalition der Willigen" die USA und ihre Verbündeten von ihren neokonservativen Machthabern befreit und anschließend die USA unter den "Befreiern" aufteilt, mit derselben Arroganz und Ignoranz wie die westlichen Möchtegerndemokraten sich im Irak gebärdeten.

Seither sind über 20 Jahre vergangen und es ist inzwischen mehr oder weniger universell akzeptiert, dass die Kriege im Irak und Afghanistan die Situation in beiden Ländern nur verschlechtert und die Besatzer der "Koalition der Willigen", bestehend aus USA, UK und einigen anderen Staaten, ihre Ziele nicht erreicht haben. Der Mittlere Osten ist heutzutage zweifellos noch weniger stabil, friedlich und demokratisch als er es im Jahre 2001 war.

Wie konnte es dazu kommen? Und wer ist für dieses Desaster verantwortlich? Mit diesen Fragen beschäftigt sich ein kürzlich erschienenes Buch mit dem Titel "Deadly Betrayal - The Truth About Why The United States Invaded Iraq". Dieses in Teilen vom Pentagon geschwärzte Buch eines kritischen Insiders bietet eine frische Perspektive und autoritative Antworten auf diese Fragen. Der Autor, Dennis Fritz, diente 28 Jahre in der US Air Force, bevor er im Jahre 2003 wegen Gewissenskonflikten in Sachen Irakkrieg ausschied. Fritz hatte in seinen verschiedenen Führungspositionen persönlichen Kontakt mit Generälen, dem US Präsidenten und Verteidigungsminister sowie anderen Entscheidungsträgern. In seinem Buch beschreibt er, dass er zwar den Krieg in Afghanistan anfangs befürwortete, aber keinen Grund für einen Krieg mit dem Irak sah. Mit diesen Zweifeln war er nicht alleine und seine Kollegen und Vorgesetzten kannten die wahren Gründe auch nicht. Die offiziellen Begründungen machten keinen Sinn.

Ein Buch, das Vieles ans Licht bringt ...Über die wahren Gründe ist viel spekuliert und geschrieben worden: Man hört oft, dass die amerikanische Rüstungsindustrie regelmäßig einen Krieg braucht, um im Geschäft zu bleiben, dass die Ölindustrie sich die irakischen Ölfelder unter den Nagel reißen wollte und Saddam´s Pläne, Öl gegen Euro und andere Währungen zu verkaufen, was die Dominanz des US Dollars untergraben hätte. Sicherlich alles wahr, aber waren dies tatsächlich die ausschlaggebenden Gründe?

Es ist einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass Fritz im Jahre 2005 eine Stelle als Analyst im frisch etablierten Declassification Review Team (DRT) des Pentagons angeboten wurde. Als Teil dieses Teams war er damit befasst, interne Dokumente zum Irakkrieg zu überprüfen und gegebenenfalls für die Öffentlichkeit freizugeben. Durch seine Arbeit mit unzähligen unveröffentlichten Dokumenten erlangte Fritz eine einzigartige Einsicht in die Kriegsziele und Entscheidungen der politischen und militärischen Führung. Die ausschlaggebenden Gründe für den Irakkrieg waren laut seinem Buch wie folgt:

1. Die Glaubwürdigkeit und Position der USA im Mittleren Osten sollte gestärkt werden. Die Neocons waren besorgt, dass die Position der USA als einzige globale Supermacht in Gefahr war und wollten durch einen schnellen Sieg die Übermacht der USA demonstrieren.

2. Der Krieg im Irak sollte indirekt Israel helfen, indem er die finanzielle Unterstützung für Hamas und Hisbollah unterbindet. Strategen waren der Ansicht, dass ein direkter Krieg gegen diese in der Bevölkerung eingebetteten Organisationen nicht möglich sei, weil ein solcher zu unvertretbar hohen Opferzahlen in der Zivilbevölkerung führen würde (zurecht, wie man aktuell in Gaza und Libanon sehen kann). Statt Hamas und Hisbollah anzugreifen, wollte man die Unterstützerstaaten, Irak, Syrien und Iran, angreifen und damit deren Unterstützung abschneiden.

3. Im Irak sollte ein demokratisches pro-westliches Regime installiert werden. Ein wichtiger Punkt ist, dass diese Pläne laut Fritz lange vor dem Anschlag am 11. September existierten. Die USA hatten kein besonderes strategisches Interesse an Afghanistan und nutzten die Anschläge als Begründung, eine lang geplante militärische Kampagne gegen Irak, Syrien und Iran zu starten. Irak war als erstes dran, anschließend sollten Syrien und Iran besiegt und zwangsdemokratisiert werden.

Wer denkt sich so einen Wahnsinn aus? Amerikanische Think Tanks natürlich. In diesem Fall das Project for the New American Century (PNAC), welches sich bereits seit 1998 für einen "Regime Change" im Irak eingesetzt und schon unter President Bill Clinton die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen hatte. Etliche Mitglieder der Bush Administration hatten enge Verbindungen mit dem PNAC. Das Buch nennt weitere Think Tanks und Organisationen, die Einfluss auf die Regierung unter President George W. Bush hatten, unter anderem das American Enterprise Institute (AEI) und diverse Organisation der Israel Lobby.

Natürlich war es nicht möglich, den geplanten Irakkrieg gegenüber der amerikanischen und internationalen Öffentlichkeit mit den tatsächlichen Zielen zu begründen. Allerdings war es auch schwierig, andere plausible Begründungen zu finden. Das Regime unter Saddam Hussein war objektiv betrachtet keine Gefahr für die USA, selbst mit Massenvernichtungswaffen, für welche es keine glaubwürdigen Anhaltspunkte gab. Trotzdem gelang es den Neocons durch die gezielte Verbreitung von Falschinformationen, den amerikanischen Kongress sowie weite Teile der Bevölkerung davon zu überzeugen, dass die unspezifizierten Massenvernichtungswaffen irgendwo im Irak existierten und von Al-Qaida Terroristen, mit denen Saddam nun plötzlich angeblich Verbindungen pflegte, in einem Terroranschlag gegen die USA genutzt werden könnten.

Es war deutlich schwieriger, die internationale Gemeinschaft zu überzeugen. Nachdem Saddam Hussein realisierte, dass es den Neocons mit ihrem Krieg und dem propagierten Regimewechsel ernst war, kooperierte er anscheinend mustergültig mit der UN. Die UN Inspektoren unter der Leitung von Hans Blix sowie der Internationalen Atomenergie Behörde (IAEA) fanden keinerlei Anzeichen, die auf eine Existenz von Massenvernichtungswaffen hindeuteten. Wie wir damals schon vermuteten und inzwischen sicher wissen, existierten diese auch nicht, was die Neocons letztlich jedoch nicht davon abhielt, ihren lang geplanten Krieg gegen den Irak zu führen ...

Das Buch bietet auch interessante Einsichten in das US Führungspersonal: Verteidigungsminister Donald Rumsfeld war wohl wirklich der widerwärtige Drecksack für den ihn die meisten schon immer hielten. Das Buch beschreibt ihn als arroganten Machtmenschen, der sich seinen Generälen überlegen fühlte, keinerlei Interesse für die Probleme und Bedürfnisse des Militärpersonals zeigte und allgemein verhasst war. President George W. Bush war angeblich wirklich davon überzeugt, dass er den Mittleren Osten demokratisieren könnte und dass dies sein Vermächtnis sein würde. Colin Powell, der damalige Staatssekretär, stand dem Krieg insgesamt eher kritisch gegenüber und war deshalb bei den Neocons sehr unbeliebt. Andere weniger bekannte, aber einflussreiche Gestalten wie Doug Feith, ein anscheinend völlig durchgeknallter Zionist, werden auch
anschaulich beschrieben.

Wie wir inzwischen wissen, lief die Zwangsdemokratisierung des Mittleren Ostens nicht ganz so wie es die neokonservativen Strategen im Pentagon geplant hatten. Fritz beschreibt in seinem Buch, wie Truppen voreilig aus Afghanistan abgezogen wurden, um den Krieg im Irak zu führen, was die Situation für die verbliebenen Truppen gefährlicher machte und zu mehr toten und verletzten Soldaten führte. Auch der Krieg im Irak verlief nicht wie geplant: Nachdem die irakische Regierung relativ schnell gestürzt und Saddam Hussein nach einer kurzen Flucht gefangen genommen und hingerichtet wurde, schlugen sich die Besatzer in den folgenden Jahren mit diversen Widerstandskämpfern herum, die nicht so leicht zu besiegen waren und eine Ausweitung des Krieges nach Syrien und Iran in den Jahren der Bush Regierung verhinderten.

"Tiefer Staat" im Untergrund ..?Wer das Geschehen in der Welt verfolgt, weiß, dass die Neocons und ihr Ziel, die USA als einzige Supermacht der Welt zu dominieren, weiterhin fortbestehen. Die Ergebnisse im Irak und Afghanistan waren verheerend, aber in den Köpfen dieser Wahnsinnigen ist es absolut notwendig China zu provozieren und kleinzuhalten, einen Stellvertreterkrieg in der Ukraine zu führen, um Russland zu schwächen und Israel mit Geld und Waffen zu versorgen, koste es was es wolle. Kürzlich ist es ihnen sogar gelungen, das Assad Regime in Syrien zu stürzen und stattdessen einen bis dahin international gesuchten islamistischen Terroristen in der Regierung zu installieren. Sobald sich eine Gelegenheit ergibt, wird sicherlich auch der Iran angegriffen. Natürlich alles um Demokratie in der Region zu etablieren ...

Man kann nur hoffen, dass die nächste Regierung unter Donald Trump dem Einfluss der Neocons widerstehen wird, endlich die vielen Konflikte deeskaliert und akzeptiert, dass in einer Welt mit 8 Milliarden Menschen die USA nicht in alle Ewigkeit die einzige globale Supermacht bleiben wird.

Dennis Fritz hat ein sehr lesenswertes Buch über die Hintergründe des Irakkrieges und die damit verbundene Konflikte im Mittleren Osten geschrieben. Als kritischer Insider hatte er Zugang zu unzähligen internen Dokumenten des Pentagons, die laut seiner Aussage ebenso schockierend und für die damalige politische Führung belastend sind wie die berühmten Pentagon Papers über den Vietnamkrieg, die von Daniel Ellsberg 1971 in der New York Times veröffentlicht wurden. Sein professioneller Hintergrund sowie seine von Anfang an kritische Sicht auf den Irakkrieg und die anderen militärische Konflikte, an denen die USA beteiligt sind, machen ihn zu einem glaubwürdigeren Zeitzeugen als die Drahtzieher der Kriege, die in ihren Memoiren fatale Entscheidungen rechtfertigen und schönreden.

Leider existiert im Moment noch keine deutschsprachige Übersetzung von diesem bemerkenswerten Buch. Es ist jedoch sehr zugänglich geschrieben und mit 160 Seiten auch relativ kurz. Ein Interview des Autors mit Jeffrey Sachs ist ebenfalls sehr sehenswert!

Deadly Betrayal ― The Truth About Why the United States Invaded Iraq
ISBN: 9781682194379, Verlag OR Books


© 2025 Karsten Franke  


Hinweis: Weitere Beiträge von Karsten Franke finden sich in unserer Autorenübersicht!


Nachtrag d. Red., Februar ´25: Neocons vs. Globalisten?

Wer arbeitet hier an was zusammen?Im obigen Beitrag wird deutlich, in welchem Umfang die sogenannten "Neocons" ihren eigenen Beitrag zu einem Komplex von "Weltverschwörungen" geleistet haben. Wenn man allerdings einen solchen Begriff auch in diesem Zusammenhang bemüht, wird man vielleicht einen Momemt lang stutzen: Hatten wir uns nicht auch mit "Verschwörungstheorien" anlässlich eines anderen Beitrags von Karsten Franke befasst, in dem es vornehmlich um den "Great Reset" ging? Eine Planung von Globalisten zur Neuordnung der Welt, die mittlerweile bereits nicht mehr als Verschwörungstheorie gilt, sondern nachweislich als konkreter Plan existiert, der von einer spezifischen "Elite" aktuell verfolgt wird?

Im Nachtrag zum damaligen Artikel hatten wir uns ausführlich diesem Thema gewidmet und Zielsetzungen sowie das Mosaik der Einzelpläne skizziert, das inzwischen klar erkennbar ist. Nach Lektüre des obigen Beitrags über die Wirkung der "Neocons" stellt sich nun vielleicht die Frage, ob und in welcher Form möglicherweise Zusammenhänge bestehen zwischen diesen "Neocons" und den identifizierten "Globalisten". Karsten hat sich dazu nach unserer Frage wie folgt geäußert:

"Überschneidungen zwischen den Neocons und WEF Globalisten gibt es sicherlich, allerdings ist zumindest für mich nicht offensichtlich, wie da die Zusammenhänge sind. Mein Eindruck ist, dass da verschiedene Gruppierungen mal miteinander und mal gegeneinander arbeiten. Es scheint auch innerhalb der Neocons mehrere Fraktionen zu geben, die sich jeweils entweder mehr mit dem Mittleren Osten, Europa/Russland oder China/Pazifik o.a. beschäftigen. Was sie vereint, ist dass sie die USA als einzige Supermacht erhalten wollen. Beim WEF treffen sich hingegen auch viele Gegner der Neocons, inbesondere China und zumindest bis 2022 auch Russland. Ich habe da ehrlich gesagt mehr Fragen als Antworten. Das WEF scheint inzwischen ziemlich stark mit der UN verbunden zu sein, insbesondere durch die Agenda 2030. Beim Irakkrieg, und auch beim aktuellen Konflikt in Israel, sehe ich die UN und Neocons auf unterschiedlichen Seiten. Auch die Sache mit COVID und dem Labor in Wuhan ist für mich weiterhin höchst mysteriös: Die Forschung, die dort stattfand (und vielleicht immer noch stattfindet), betrifft ja eigentlich militärische Biowaffen oder könnte zumindest dafür verwendet werden. Wie es möglich war, dass die USA und andere westliche Regierungen an derartigen Dingen gemeinsam mit den Chinesen forschen, ist für mich immer noch ein Rätsel und ich sehe eigentlich nicht, wie Neocons das befürworten könnten.

Die beste Erklärung, die ich anbieten kann, ist, dass es etliche Gruppen gibt, die mal mehr und mal weniger erfolgreich Staatsgewalt und internationale Organisationen für ihre Zwecke mißbrauchen. Mal gewinnt eine Fraktion, mal eine andere. Mal arbeitet man zusammen und ein anderes Mal bekriegt man sich. Alles sehr unschön und dem Gemeinwohl unzuträglich, aber leider in der Geschichte der Menschheit ziemlich konstant.

Mehr ist dazu derzeit nicht zu sagen und die aktuelle kritische Kommentierung der Geschehnisse in der Ukraine, im Mittleren Osten und dem amerikanischen Deep State machen andere ohnehin deutlich besser. Hier z.B. bei einer Art von amerikanischem AUF1.TV, wo etliche vom Mainstream geächtete Experten die Situation in den USA und dem Rest der Welt besser und mit mehr Sachverstand analysieren, als ich es hier könnte."