Siedler in Patagonien, 24.12. - 26.12.2008
Weihnachten verbringen wir am Lago Caro mit einer jungen deutschen Familie, die sich dort eine neue Existenz aufgebaut haben. Das Grundstück liegt 3 Stunden fernab von Coihaique an einem Platz, der nur nach einer Bootsfahrt von 7 km zu erreichen ist. Wie kam es dazu?
Ein Erlebnis voller Zufälle und glücklicher Umstände:
In Coihaique, der Provinzhauptstadt dieser Region, stöbern wir durch ein Geschäft, das Webwaren aus eigener Produktion verkauft. Wir besichtigen die Webstühle im Hinterzimmer und kommen mit der jungen Eigentümerin (Paula) dank Englisch ins Gespräch und erzählen von unserer Reise. Sie berichtet uns von einem jungen deutschen Paar, das sich hier eine neue Existenz aufgebaut hat und an einem See in der Nähe eines Wasserfalls lebt. Wir fragen, ob die beiden vielleicht Andi und Yvonne heißen und sie bejaht dies erstaunt: Wir kennen die beiden aus einem Internet-Reisebericht von weiteren Deutschen, deren Bericht wir manchmal zu Rate gezogen haben.
In der Zwischenzeit kommt Paula´s Mann Juan in das Geschäft und erzählt, dass er sich heute morgen mit Andi getroffen hat, da dieser morgen eine Angeltour für ihn führen soll. Er ruft Andi auf seinem Handy an und eine Stunde später treffen wir Andi, Yvonne und Tochter Luna (4 Monate) zu einer Tasse Kaffee. Wir unterhalten uns über ihr Leben in Chile und spontan fragen sie uns, ob wir Lust hätten, sie übermorgen (24.12.) zu begleiten und ihr Domizil kennen zu lernen. Gerne sagen wir zu und Andi beschreibt uns den Weg zu seinem Bootsliegeplatz, wo wir auch gut mit unserem Auto campieren können.
Am Folgetag fahren wir zum Lago Caro: Nach 20 km verlassen wir die asphaltierte Straße und haben noch 55 km geschotterte Piste vor uns. Es geht vorbei am lang gestreckten Lago Elizalde, und in einem großen Bogen fahren wir durch zwei malerische Flusstäler, bis wir am Lago Caro ankommen. Die Piste endet an einer Hütte, in der Nähe befindet sich der Strand, wo zwei offene Boote auf dem Kiesstrand vertäut sind ...
Schnell finden wir einen geschützten Platz mit Seeblick. Der See ist vom steifen Westwind voller Schaumkronen, ab und zu fegen Regenböen über uns hinweg. Zwischendurch reißt der Himmel auf und wir sehen die eisbedeckten Berge, die sich hier unmittelbar aus dem See bis zu 1.800 m über uns erheben. Das Ufer ist voller Treibholz und einige abstrakt geformte Stücke finden noch Platz auf dem Hubdach.
Wir rüsten uns für zwei Tage und packen Zelt, Schlafsäcke, Matratzen, Wäsche und Lebensmittel in unsere wasserdichten Säcke und machen uns bereit zur Überfahrt.
Im Laufe des Nachmittags kommt Andi mit seiner Familie und rasch ist das Boot beladen. Die Überfahrt wird feucht, das offene Boot bockt in den Wellen und die Gischt spritzt über uns, jeder packt sich so gut es geht in seine Regensachen ein.
Nach einer guten halben Stunde sehen wir den grandiosen Wasserfall sowie die Hütte der noch jungen Familie: Der Wasserfall ist eine der Grundstücksgrenzen, das gesamte Grundstück hat eine Größe von 8 ha. Bald rauscht das Boot auf den Sandstrand und wir haben unser Ziel für die nächsten zwei Tage erreicht.
Rasch bauen wir unser Zelt auf, dann machen wir uns mit dem Gelände und der Infrastruktur vertraut. Neben der Hütte haben die beiden noch ein Ferienhaus (Cabana) für Gäste, einen großen Schuppen sowie ein großes Gewächshaus gebaut. Die Stromversorgung mit max. 700 Watt Leistung wird durch eine kleine Wasserturbine sichergestellt, die Wasserversorgung kommt vom Wasserfall. Der Boden ist sehr fruchtbar und ermöglicht eine weitgehende Selbstversorgung mit Obst und Gemüse. Einige Schafe und Hühner bevölkern das Gelände und bereichern von Zeit zu Zeit den Speiseplan. Der See ist sehr fischreich und sorgt für eine gesunde Ernährung.
Die Hütte steht gut geschützt vor dem Westwind und bietet zugleich einen sehr schönen Ausblick auf den See sowie die umliegenden schneebedeckten Berge ...
Vor 6 Jahren sind die beiden auf einer Südamerikareise in diesem Teil Patagoniens hängen geblieben: Die Reise sollte eigentlich bis Venezuela gehen, aber soweit sind die beiden mit ihrem Landrover nie gekommen. Sie haben sich stattdessen in dieses Stück Land verliebt und nach eigenen Worten ihr kleines Paradies daraus gestaltet.
Die gemütliche Hütte aus Holz ist selbst erbaut worden. Alles was die Natur nicht hergab, musste mit Auto und Boot aus Coihaique herangeschafft werden. Der gelernte Informatiker Andi hat hier neben dem Faible für Angeln im Hausbau seine zweite Profession gefunden.
Der größte Teil des Grundstücks ist dichter Urwald, der noch nie von einem Menschen betreten wurde. Am See verteilt stehen ca. 10 Häuser, die Kommunikation untereinander erfolgt per CB-Funk. Reicht die Funkverbindung nicht, fungieren einzelne Häuser als Relaisstationen und geben die Nachrichten an den nächsten Nachbarn weiter. Am östlichen Ufer gibt es seit einiger Zeit ein öffentliches Satellitentelefon.
Dies sind erhebliche Verbesserungen in der Infrastruktur. Andi erzählt, dass die Piste erst seit 8 Jahren besteht. Zuvor war eine Fahrt zur Zivilisation wesentlich aufwendiger: Das Boot musste am östlichen Ufer des Lago Caro über den Fluss zwei km zum Lago Elizalde gezogen werden, dann war der Lago Elizalde mit einer Länge von 20 km zu überwinden. Erst ab da gab es eine Straßenanbindung. Zur damaligen Zeit wurden solch entfernt liegende Grundstücke von der Regierung quasi verschenkt, um die Besiedelung des Landes weiter zu fördern.
Inzwischen hat der alte Küchenofen die Hütte mollig warm geheizt und wir essen gemeinsam zu Abend. Es gibt viel zu erzählen und die Zeit verfliegt. Irgendwann nach Mitternacht krabbeln wir in unser Zelt und versinken in einen tiefen Schlaf, in der Ferne rauscht der Wasserfall.
Am 25.12. ist Sommerwetter, kaum Wind und blauer Himmel mit kleinen Wolken. Der Hahn weckt uns rechtzeitig und wir frühstücken gemeinsam. Da heute Feiertag ist, steht nur Brotbacken und Fischen auf der Agenda, Andi hat Arbeitsverbot. Für das Brotbacken bin ich bekanntermaßen zuständig, Sonny und Andi fahren mit dem Boot zum Fischen raus. Nach einer Stunde kommen die beiden erfolgreich mit zwei großen Forellen wieder, die Sonny gefangen hat. Frisch auf dem Grill sind die Fische ein Hochgenuss!
So kann Siedlerleben in diesen Tagen aussehen: Ein Leben im Einklang mit der Natur; Wind und Wetter zu akzeptieren; arbeitsintensiv und gleichwohl erfüllt und zufrieden durch die tägliche Arbeit. Viele Dinge erhalten einen anderen Stellenwert, man kann auch "Entschleunigung" dazu sagen. Die Familie hat inzwischen eine eigene Homepage (http://www.dreamcatcher.cl, offline), wer weiter stöbern will, ist herzlich eingeladen. Zum Aktualisieren der Internetseiten und Lesen der Mails fahren die beiden zweimal im Monat nach Coihaique ...
Carretera Austral, Insel Chiloe, Rückfahrt nach Valparaiso, 17.12.2008 - 07.01.2009
Die Carretera Austral führt von Puerto Montt aus 1.200 km entlang der zerklüfteten Pazifikküste nach Süden: Diese Piste ist der einzige Verbindungsweg zu Land von Chile aus zu vielen kleinen Ortschaften. Über weite Strecken wurde diese Piste in den 80er Jahren von Pinochet´s Militär gebaut, um die Präsenz in diesen entfernten Regionen zu sichern. Gleichwohl hört für viele Chilenen das Land in Puerto Montt auf, da ab hier das Reisen beschwerlicher wird. Dafür führt die Piste durch einsame Bergregionen, Gletscherlandschaften, kalten Regenwald und eindrucksvolle Flusslandschaften. 50 km nach dem Grenzübergang Passo Roballos erreichen wir den südlichen Teil der Carretera.
Kurz zuvor passieren wir eine der größten ehemaligen Schaffarmen in Chile, bevor diese von dem Amerikaner D. Tompkins, dem Gründer der Marken Esprit und North Face, aufgekauft wurde. Ihm gehört bereits weiter nördlich der Parque Pumalin (N-S Ausdehnung 95 km, O-W 40 km). Er investiert sein Vermögen in den Umweltschutz und möchte das Land vor weiterer Zerstörung durch Überweidung, Brandrodung und Holzeinschlag schützen.
Er lässt das Land aufforsten, entfernt alte Zäune und versucht damit, das Land zu seiner alten Ursprünglichkeit zurückzuführen. Mit diesen Absichten hat er sich in Chile nicht nur Freunde geschaffen, viele vermuten dahinter amerikanische Minengesellschaften, die ihn als Strohmann benutzen; weiterhin liegen seine Ländereien so, dass sein Grundbesitz Chile komplett in Ost-Westrichtung unterbricht; der Parque Pumalin reicht vom Pazifik bis zur argentinischen Grenze.
Unser erstes Nachtlager an der Carretera schlagen wir nördlich von Cochrane am Rio Baker, dem wasserreichsten Fluss Chiles auf. An dieser Stelle führt eine uralte Gierfähre über den Fluss, gerade mal zwei PKW und einige Pferde passen auf die Ladefläche. Beschaulich ist der Fährbetrieb, immer ist Zeit für ein Schwätzchen, auch wenn auf der anderen Uferseite schon neue Kundschaft wartet.
Nach einem kurzen Serviceaufenthalt (Einkaufen & Internet) in Cochrane (2.000 Einwohner) geht es Richtung Norden: Die Piste hat sich bestmöglich der hügeligen Topologie angepasst und führt uns auf einer Berg- und Talfahrt gen Norden. Auch wenn diese Piste mal gerade so breit wie zwei PKW ist und wir manche Steigungen auf der brutalen Wellblechpiste nur im ersten Gang schaffen, müssen wir jederzeit damit rechnen, dass ein 30-Tonner mit Anhänger über die Piste donnert.
Das Wetter ist uns weiterhin wohl gesonnen und so können wir unseren nächsten Nachtplatz am Rio Baker genießen. Schmerzlich vermissen wir eine Angel, denn wir befinden uns laut Reiseführer in einem Anglereldorado. Vor uns rauscht das Wasser, am liebsten würden wir jetzt die Zeit anhalten.
Am Folgetag führt uns die Carretera zum Lago General Carrera, dem zweitgrößten See Südamerikas (auf argentinischer Seite heißt er übrigens Lago Buenes Aires). Das Wasser schimmert in den verschiedensten Blau- und Grüntönen, dazu erstreckt sich am Straßenrand dank des feuchten Klimas ein Farbenmeer von Lupinen in den Farben blau, rosa und gelb.
Bei Puerto Tranquilo (ruhiger Hafen) machen wir einen 60 km langen Abstecher nach Westen Richtung Pazifik: Hier soll es schöne Gletscherzungen geben, die quasi von den Bergen in das Tal fallen sollen. Die Piste führt uns durch tiefe Täler entlang eines rauschenden Flusses. Zwei Motorradfahrer mit Beiwagen zählen zu den wenigen, die uns in diesem entlegenen Winkel entgegen kommen.
Auf einer Landzunge am Lago Bayo finden wir einen Stellplatz mit Blick auf die vergletscherten Berge. Auf dem Rückweg am Folgetag halten wir an einer der wenigen Behausungen in diesem Tal: Der Besitzer hatte am Vortag so freudig gewunken, jetzt wissen wir warum. Er heißt Thomas, stammt aus Trudering bei München und lebt seit 8 Jahren hier. Er kann hier von einer kleinen Hosteria und Restaurant leben. Sein Grundstück erstreckt sich ca. 10 km entlang der Straße, die Berge rechts und links sind nur mit Machete und Kletterausrüstung zu bezwingen. Zum Einkaufen muss er bis nach Coihaique fahren, dies sind gut 300 km, das meiste davon auf einer ruppigen Piste ...
Die Weiterfahrt führt uns am Vulkan Hudson vorbei, der in den 70er und 90er Jahren mehrfach ausgebrochen ist. Die Schäden sind heute noch an vielen abgestorbenen Bäumen zu erkennen, die Asche sehen wir im Flussbett. Am Rande des Flussbetts bringt uns der Allrad zu einem Stellplatz mit schöner Aussicht.
Wir nähern uns langsam der Provinzhauptstadt Coihaique, die Straße ist inzwischen wieder geteert und die Landschaft wird offener und weiter. Intensive Landwirtschaft, Viehwirtschaft und viele Gehöfte prägen die Gegend rund um die Stadt, wir könnten uns auch irgendwo in Mitteleuropa befinden.
Hier können wir die Fähre von Chaiten nach Puerto Montt für den 29.12. buchen, treffen später Andi und Yvonne wie berichtet und verbringen mit ihnen gemeinsam Weihnachten.
Die Weiterfahrt führt uns zügig nach Norden, der Fährtermin bestimmt unsere Zeitplanung und wir müssen leider einige interessante Trekkingtouren für unsere nächste Reise nach Südamerika aufsparen. Als Ausgleich führt uns die Strecke durch tiefen Urwald, riesige Farne und überdimensionale Blattgewächse, die wie Rhabarber aussehen, stehen am Wegesrand.
Kurz vor Chaiten sehen wir die ersten Vorboten des zerstörten Ortes: Asche liegt am Straßenrand wie bei uns im Winter der Schnee. Der nahe Vulkan qualmt gefährlich, die Bahn seiner Asche- und Schlammlawine ging wohl mitten durch den Ort. Wir fahren durch eine evakuierte Geisterstadt, die nur noch vom Militär kontrolliert wird. Wir dürfen die Sperre passieren, da wir zum Fähranlieger am Ortsrand müssen. Die Nacht verbringen wir 10 km entfernt vom Ort am Meer.
Die Fährfahrt selbst dauert 10 Stunden, 180 km sind zu überwinden. Das Wetter ist so schön, dass wir uns eher an das Mittelmeer versetzt fühlen als an den Pazifik in einem der niederschlagsreichsten Gebiete. Mit auf der Fähre ist auch ein Bus aus Passus, knallrot ist seine Farbe; ROTEL (Rollendes Hotel) ist seine Bezeichnung. Im vorderen Teil des Busses sind ca. 20 Sitzplätze, hinten befinden sich kleine, von außen zugängliche Schlafkabinen sowie eine Küche.
Das Unternehmen ist mit diesen Bussen weltweit unterwegs, diese Gruppe reist in 34 Tagen von Buenos Aires über Ushuaia nach Santiago. Das Durchschnittsalter der Reisenden liegt übrigens bei über 65 Jahren. Wir verabreden uns mit dem Busfahrer auf einem Campingplatz der Insel Chiloe. Somit lernen wir diese Art des Reisens ein wenig besser kennen und unterhalten uns abends noch lange mit einem Reiseteilnehmer aus München. Am nächsten Morgen startet die Seniorengruppe mit ihrem ROTEL pünktlich um 8:30 Uhr, als bei uns gerade die Espressokanne mit dem Aufbrühen fertig ist.
Viele Bewohner der Insel Chiloe leben vom Fischfang und wir können billigst einen halben Lachs sowie zwei große Fische (für zusammen 3 Euro) auf dem Markt von Ancud erwerben. Für Silvester suchen wir uns anschließend einen idyllischen Platz direkt an einer Meeresbucht und verbringen hier den Jahreswechsel. Ab und zu kommen Fischer vorbei, die fangfrische Säcke voller Muscheln zu Pferd abholen, ansonsten sind wir alleine. Am Strand sammeln wir Holz, zuerst wird der Fisch gegrillt, dann wieder Brot gebacken. Den Sektkorken zu Silvester lassen zu mitteleuropäischer Zeit um 0:00 Uhr knallen, bis Mitternacht (Ortszeit) hätten wir es nicht ausgehalten ...
Am 02. Januar fahren wir noch bis in die Nähe der Inselhauptstadt Castro und besichtigen eine der vielen aus Holz gebauten Inselkirchen, die von Jesuiten ab dem 16. Jahrhundert erstellt wurden. Diese Kirchen haben alle den gleichen Baustil und stehen inzwischen unter dem Schutz der UNESCO.
Der Inselhauptstadt Castro können wir aus Zeitgründen leider nur einen Kurzbesuch gönnen: Wir besichtigen die riesige Kirche, die komplett aus Holz erstellt ist und es reicht zeitlich noch zu einem kurzen Stadtrundgang. Am Folgetag haben wir uns bereits mit Bekannten verabredet, die ein Ferienhaus am Lago Villarrica besitzen. Somit verlassen wir noch am gleichen Tag die Insel Chiloe und finden nach der Fährüberfahrt direkt am Meer einen ruhigen Stellplatz. Vom sonst immer kräftig blasenden Westwind ist an diesem Abend zum Glück nichts zu spüren ...
Die Fahrt zum Lago Villarrica bringt uns dem Reiseende immer näher: Der größte Teil der Strecke ist eine vierspurige Autobahn und führt durch dicht besiedelte Gegenden. Wir haben damit endgültig die weiten, dünn besiedelten Landschaften verlassen und die Zivilisation hat uns wieder. Fast 4 Monate waren wir, von wenigen Ausnahmen abgesehen, fernab großer Städte unterwegs gewesen. Dieser abrupte Wechsel fällt uns schwer, ist schmerzhaft und es wird noch dauern, bis wir uns wieder an den Umtrieb, die vielen Menschen und auch den Komfort im täglichen Leben gewöhnt haben. Auf dem Weg nach Villarrica kommen wir noch durch den Ort Frutillar, ein Zentrum der deutschen Besiedelung ab 1853. Deutsche Kultur und Lebensstil werden hier groß geschrieben, nicht zuletzt auch aus touristischen Gründen. So gibt es ein Hotel Frau Holle, deutsche Kuchentradition und deutschsprachige Bedienung. Als wir dann noch unvermittelt und ohne Begrüßung angesprochen werden "da seid ihr ja weit mit dem Auto gefahren" wissen wir, dass dies nicht mehr das Reisen der letzten Monate ist ...
Am Lago Villarrica erleben wir seit 4 Monaten unseren ersten Abend in Komfort und Luxus: Ein wunderbar gelegenes Haus über dem See inmitten von Rasen und Blumen erwartet uns. Wir baden am hauseigenen Badestrand und ich fahre mit dem Jetski auf den See heraus mit uneingeschränkter Sicht auf den gleichnamigen schneebedeckten Vulkan. Der Abend endet mit einem sehr guten Asado und einigem Rotwein.
Die nächsten 3 Tage führen uns in großen Schritten weiter Richtung Valparaiso: Es wird zunehmend schwerer, ruhige Nachtplätze zu finden. Einen Campingplatz verlassen wir wieder fluchtartig, hier ist Hochsaison und der Platz ist brechend voll. Pickup´s voll mit Hausstand werden entladen, Großfamilien kochen mit entsprechender Geräuschkulisse mit gleichzeitiger Beschallung aus mindestens 3 unterschiedlichen Radioquellen. Wir bevorzugen dann doch eine ruhige Waldschneise, einige Kilometer entfernt.
Am 06.01. abends sind wir noch 60 km von Valpo entfernt und richten das Auto wieder zur Verschiffung her: Die Solarzelle und sämtliches Gepäck vom Dach muss zum Transport im Auto verstaut werden, wir packen unseren Rucksack für die restlichen 4 Tage, die wir in einem kleinen Hotel über den Dächern von Valpo verbringen werden.
Am 07.01 abends ist die Entzollung und Beladung des Containers erledigt, Mitte Februar soll er in Deutschland wieder ankommen ...
Ein wenig Reisestatistik zum Abschluss ...
Wir beide haben diese Art des Reisens schätzen und lieben gelernt. Die Reduktion auf das absolut Notwendige sowie das tägliche Erleben und Reisen mit der Natur fordert, kostet Kraft, inspiriert und befreit zugleich. Die Menschen der bereisten Länder sind unwahrscheinlich gastfreundschaftlich und hilfsbereit, wir würden uns oftmals in Deutschland so nicht verhalten. Wir träumen davon, in einigen Jahren Süd- und Nordamerika für einen längeren Zeitraum auf gleiche Art und Weise bereisen zu können ...
- 16.200 km in 4 Monaten durch Argentinien, Chile und Bolivien, davon 1/3 auf Pisten. 2 Monate Reisezeit mehr sollte für diese Strecke eingeplant werden
- Maximal erreichte Höhe 4.950 m
- Temperaturen von -10°C bis +30°C
- 30 autofreie Tage
- 15 Campingplätze, ansonsten in freier Natur übernachtet
- 3 platte Reifen
- Einziger Schaden am Fahrzeug: Bruch eines Radbolzens
- Reisekosten in Südamerika inkl. Treibstoff etc: ca. 35 EUR/Tg
- Kein Unfall, kein Diebstahl, nichts wichtiges verloren
- 3 Regentage
- Viel, viel Wind
- Viele leere Flaschen Pisco Sour
- Kein Krankheitstag, keine Arznei
- 4.700 Bilder
- Wenige Schnaken, kein Sonnenbrand
© 2009 Hans-Jörg Wiebe
Anm. der Redaktion, Juni ´10: Weitere Berichte von Hans-Jörg Wiebe führen uns nach Island und Italien sowie in den Nahen Osten::
- Island 2000 (2): Die lange Anreise mit Familie ...
- Italien 2000: In die Berge von Piemont und Ligurien
- Naher Osten 2010: Nach Syrien und Jordanien
- Weitere Beiträge von Hans-Jörg finden sich in unserer Autorenübersicht!