Crusoe Treasure - die Forscher

Es fing an mit einer zunächst verrückten Idee: Immer wieder wurden bei der Schatzsuche in versunkenen Schiffen Flaschen gefunden, die auf Auktionen unglaubliche Preise erzielten.

Die als Wrackweine bezeichneten Funde erwiesen durchaus als trinkbar. Viel Beachtung gab es z.B. für 170 Jahre alten Champagner, der 2010 aus der Ostsee aus 40 m Tiefe geborgen und verkostet wurde. Er war trinkbar!

Aber warum sollte man nicht ganz gezielt Wein im Meer lagern, um vielleicht ein besonderes Geschmackserlebnis zu erzielen? Gedacht - getan, im Jahr 2008 startete Crusoe Treasure das Projekt: den ersten Unterwasserweinkeller der Welt anzulegen.

In der Bucht von Plentzia begann man in 15-20 m Tiefe mit dem Bau der Botellero (Reifelager für Flaschen), einem künstlichen Riff (der Architekt ist uns diesmal nicht bekannt), das modular aufgebaut ist und deshalb leicht erweitert werden kann.

Plentzia, kleine Hafenstadt ... ... schwere See ...

Aber das Ziel war nicht nur die Lagerung des Weins mit anschließendem Verkauf, sondern auch die Erforschung zahlreicher Aspekte, die der Unterwasserweinkeller zu bieten hat. Aus dem Unterwasserweinkeller wurde so zusätzlich ein Unterwasserlabor. Die Universität Alicante beteiligt sich dabei: Es wird erforscht, wie das künstliche Riff besiedelt wird, welche Pflanzen und Tiere sich ansiedeln. Man stellte fest, das künstliche Riff gliedert sich sehr positiv in das Ökosystem ein, 150 Spezies wurden nachgewiesen und besonders die Fische lieben es.

Durch diese Beobachtungen hat man die Riffmodule weiter angepasst, so dass sich die Fische noch wohler fühlen. Bereits nach 6 Monaten stuften die Meeresbiologen die Weinkeller als erfolgreiches Projekt ein.

500 qm groß ist die Fläche auf dem Meeresboden und kann für 15 Jahre genutzt werden.

Auch die Weinauswahl erfolgte sorgfältig: Mit namhaften Önologen wählte man Weine aus, von denen man erwartete, dass sie sich im Meer gut entwickeln könnten. Kein leichter Auftrag, denn es fehlte ja jegliche Erfahrung.

Für die Weinflaschen werden eigens produzierte Korken verwendet, denn die die müssen perfekt sein. Die Weinflaschen werden vor der Einlagerung mit einem speziellen Kitt verschlossen, das aber schon noch einen gewissen Austausch mit dem Meerwasser erlaubt.

Regelmäßig werden Proben der Weine genommen und im Labor untersucht. Es ist ein ambitioniertes Projekt, wenn man bedenkt, wie viele Einflussfaktoren auf den Wein wirken wie z.B.:

  • Die Bewegung durch die Gezeiten
  • Auswirkungen des Flusses, der in die Bucht mündet
  • Salzgehalt des Wassers
  • Sand
  • Temperaturverlauf im Jahr
  • Licht

Der Strand von Plentzia ... Das Arbeitsschiff ...

Für den Verkauf bietet man nun zwei Sorten an:

  • Classic: Eine Cuvee aus Tempranillo, Mazuelo und Graciano, die 12 Monate im Barrique gelagert und anschließend 12 Monate im Meer gereift ist.
  • Passion: Ein reinsortiger Tempranillo, der 6 Monate im Barrique gelagert und anschließend 12 Monate im Meer gereift ist.

Festgestellt hat man mittlerweile, dass der Wein schneller reift und intensiver, aber doch weicher schmeckt als herkömmlich gelagerte Tropfen, manche verspüren eine leichte Salznote.

Das alles liest sich schön, aber den wahren Eindruck bekommt man nur, wenn man Crusoe Treasure besucht: Sie bieten diesen Service an und es ist ein tolles Erlebnis ...

Von der Region Bilbao aus ist der Besuch einfach, denn man fährt mit der Metro bis zur Endstation Plentzia, einem mittelalterlichen Küstenstädtchen. Man sollte sich Zeit nehmen, denn der Spaziergang entlang des Ria de Plencia, der in der Bucht in den Atlantik mündet, lohnt sich. Im kleinen Hafen liegt das Arbeitsschiff von Crusoe Treasure gleichen Namens, mit dem alle Arbeiten am Weinkeller durchgeführt werden.

Wir haben herrliches Wetter, aber eine unruhige See - die Brecher an der Hafenmauer sind beeindruckend ...

An Bord werden wird sehr herzlich willkommen geheißen, köstliche frische Austern stehen bereit. Wir lernen die zuständige Meeresbiologin kennen und den Leiter Borja Saracho mit seiner Frau, sowie den Kapitän.

Geplant ist eine Verkostung der beiden Weine mit Pinchos und eine Fahrt zum Unterwasserweinkeller sowie zu einer nahegelegenen Insel.

Man ist sich aber nicht sicher, ob die Fahrt angesichts der heranrollenden Brecher möglich ist. So beginnen wir der Geschichte von Crusoe Treasure zu lauschen. Die schwarzen Burgunderflaschen stehen bereit und sehen sehr urig aus, denn die angelagerten Sedimante werden natürlich nicht entfernt. Während der Erläuterungen verkosten wir den Wein und sind überrascht vom Geschmack: sehr rund und mild, intensiv, insgesamt sehr angenehm. A Lady's Taste meinen unsere Gastgeber.

Die Pinchos passen sehr gut dazu, aber wir können uns vorstellen, dass mit einem darauf abgestimmten Menü der Wein voll zur Geltung kommt.

Die Lagermodule ...
Bilder (c) Crusoe Treasure
Man sieht die Lagerung den Flaschen an ...
 
Hier liegt der Wein ... Das stylische Büro ...

Der Kapitän will dann doch einen Versuch machen, hinaus zu fahren: Bis zur Hafenmauer geht es ja noch recht ruhig zu, aber kaum schippern wir ums Eck, merken wir doch, dass der Atlantik auf Herbstbetrieb umgestellt hat. Es ist recht unruhig. Zum Glück liegt der Weinkeller nicht weit außerhalb: Außer einer Boje ist heute nichts zu sehen. An Land erkennt man den Container, der Crusoe Treasure als Büro dient. Man hat also seinen Weinkeller immer im Blick ...

Eine Fortsetzung der Fahrt zur Insel erscheint dem Kapitän zu riskant, so kehren wir wieder zurück.

Später erfahren wir, dass die Einheimischen im Café unsere heutige Ausfahrt in Anbetracht des Seegangs für eine vollkommen durchgeknallte Idee hielten und für sehr riskant. Als wir schließlich wieder zurück kommen, stehen die Leute im Café auf, um sich die Hasardeure der Bucht anzuschauen ...

Wir verlagern die Führung in das Büro von Crusoe Treasure, dort hält man Videos bereit und sehr viel Informationsmaterial. Natürlich nehmen wir auch eine Flasche Crusoe Treasure Classic mit Nummer 271 von 3200. Der Wein hat keinerlei Hinweis auf seine genaue Herkunft, das liegt daran, dass die Lagerung im Meer sämtlichen Regeln zur Klassifizierung widerspricht.

Nach dem Erfolg mit dem Rotwein plant man übrigens jetzt auch Cava (spanischen Sekt) einzulagern, wir werden das weiter beobachten.

Interessant ist dabei, dass im Jahr 2014 auch Veuve Clicquot 100 Champagnerflaschen bei den Aland Inseln 40 m tief in der Ostsee versenkt hat. 40 Jahre lang will man hier beobachten, wie der Champagner sich im Gegensatz zum herkömmlich gelagerten entwickelt. Im Gegensatz zu dem Ansatz von Crusoe Treasure, die bewusst Meeresflora, -fauna, jahreszeitliche Änderungen und vieles mehr auf den Wein einwirken lassen, wählte Veuve Clicquot den Lagerort in der Ostsee aus, da er frei von Algen ist und eine konstante Temperatur von 4°C hat, auch der Einfluss der Gezeiten ist hier deutliche geringer.

Unser Besuch dauert insgesamt einige Stunden und ist immens informativ, unterhaltsam  und macht auch viel Spaß - ein echter Besuchstipp für Weinliebhaber!  

Ein Besuchstipp für Weinliebhaber ...

© 2015 Sixta Zerlauth