Slowenien - Lendava 2023
Festival Vinarium - Das Bograč Fest
Alle Jahre wieder ertönt am letzten Wochenende im August in der slowenischen Grenzstadt Lendava eine handgekurbelte Sirene, die das berühmte Bograč Fest eröffnet. Über 100 Teams verteilt in der historischen Altstadt kochen im Wettbewerb den berühmten Eintopf Bograč. Ein malerisches Ambiente, über den Straßen thront das Schloss und die Weinberge machen klar, warum es "Festival Vinarium" heißt, bei dem das Bograč Fest neben Laufwettbewerben, Umzügen, Wanderungen, Konzerten usw. einen der Höhepunkte darstellt.
Es handelt sich um Sloweniens größten Kochwettbewerb und Lendava heißt deshalb auch Hauptstadt des Bogračs. Tausende Besucher spazieren über die Straßen, um den kochlöffelschwingenden Gruppen bei ihrem Treiben zuzuschauen.
Das Wort Bograč hat seinen Ursprung im Türkischen - bakraç bedeutete Kupferkessel. Dieser Kessel wurde zum wichtigsten Kochgeschirr im benachbarten Ungarn und hieß dann bograč mit der Bedeutung "Kessel, der an einer Kette über dem Feuer hängt". Mit der Zeit wurde Kupfer durch Eisen ersetzt.
Der Ursprung wird im 9. Jhdt. vermutet, als mongolische Nomadenvölker wohl die erste "Tütensuppe" erfanden: Sie kochten einen Eintopf in den Kesseln so lange, bis das Wasser verdunstet war und füllten dann das eingekochte Gericht in Säcke, die sie auf ihre Reisen mitnahmen. Immer, wenn sie etwas essen wolltenm erwärmten sie in einem Kessel Wasser und lösten darin das Eintopfkonzentrat auf. Solche Nomaden ließen sich kurze Zeit später in Ungarn nieder. Zum Fest des Hl. Stephans - dem Patron Ungarns - trafen sich die Hirten und jeder brachte ein Stück Fleisch mit, das von selbst gezüchteten oder gejagten Tieren stammte. Man warf alles zusammen in einen Topf über dem offenen Feuer, goss darauf Wein, den man hier schon anbaute, und ließ das Ganze mit Gewürzen lange köcheln. Bogrács Gulyas, der Hirtentopf war erfunden, für Bográc = Kessel und Gulyas = Hirte ...
So hat sich die Tradition des gemeinsamen Eintopfkochens bei Festen in dieser Region Prekmurje bewahrt.
Mittlerweile gibt es unzählige Rezepte, aber einige Zutaten sind ein "Muss" für den echten Bograč:
- 3 Sorten Fleisch (Rind, Schwein, Wild)
- Zwiebeln
- Paprikaschote
- Tomaten
- Kartoffel
- Rot- und Weißwein
- Gewürze: Salz, Pfeffer, Paprika, Lorbeer, Majoran, Kümmel, Knoblauch usw.
Absolut verboten ist das Andicken mit Mehl!
Das Lendava-Institut für Tourismus und Entwicklung veranstaltet nun alljährlich ein riesiges Volksfest mit Kochwettbewerb. Letztes Jahr - 2022 - schaffte man sogar den Sprung in das Guiness Buch der Rekorde mit dem größten Bograč aller Zeiten: 1,8 Tonnen Eintopf wurden für 3.500 hungrige Gäste zubereitet.
Jeder kann am Wettbewerb teilnehmen, ob Inländer, Ausländer, natürliche Person oder Firmen, Vereine, Parteien usw. Man meldet sich im Voraus an und zahlt die Teilnahmegebühr. Jedes Team besteht aus 3 Teilnehmern - Chefkoch und Assistenten.
Jedem Team stellt der Veranstalter eine komplette Ausstattung zur Verfügung:
- Kesselständer - Dreibein
- Kessel - 10 - 13 l
- Feuerstellen mit Brennholz
- Abfallsack
- Papierhandtücher
- kleiner Zaun
- Biertisch mit Bierbänken
- Sonnen- /Regenschirm
- 3 kg Fleisch
- 3 kg Kartoffel
- 2 kg Zwiebel
- 300 g Paprika
- 1 Knolle Knoblauch
- 1 l Öl
- Gewürze
- 20 Teller
Die weiteren zulässigen Zutaten, wie regionaler Wein (Gnade dem Koch, der hier etwa europäischen Tafelwein in den Topf schüttet!), Säfte oder Mineralwasser und Gewürze sowie das Werkzeug wie Messer, Schneidbretter, Schüsseln, Feuerzeug, Geschirrtücher und Schürzen bringen die Teams selber mit.
Weitere Zutaten sind nur nach Rücksprache mit dem Veranstalter gestattet: Missachtung führt zur Disqualifikation!
Damit aber das ganze Spektakel gut funktioniert, hat die Stadt nicht nur die Kochstände aufgebaut, sondern entlang der Straßen zahlreiche mobile Brunnen installiert, sodass es die Outdoor-Köche nicht weit zu fließendem Wasser haben. Auch Feuerlöscher stehen bereit. Über Lautsprecher ertönt Musik, denn auf einer Bühne sorgen zahlreiche Musiker für gute Stimmung. Sie wandern auch durch die Straßen und spielen auf: Plötzlich beginnen die Leute spontan dazu zu tanzen ...
An den Ständen wird eifrig Holz gespalten, Feuer gemacht, Zwiebeln gebrutzelt, das Fleisch geschmort, gerührt und gerührt und gerührt und abgeschmeckt sowie manche geheime Zutat in den Topf geschüttet. Die Kleidung der Köche und Küchenhilfen lässt staunen: Da sitzen schon mal die Mädchen aus der Hawaitanzgruppe im Kostüm und schnibbeln Kartoffeln, ältere Herren glauben, ein nackter Oberkörper mit Schürze hat Sex-Appeal, bei Firmen werden einheitliche T-Shirts mit Logo getragen.
Da wir heute über 30°C haben, wurden in gut drei Metern Höhe entlang einiger Straßenabschnitte durchlöcherte Schläuche aufgehängt, aus denen erfrischendes Wasser sprüht. Allerorten laden Biertische zum Verweilen ein, und sollte man vom vielen in die Töpfe gucken hungrig geworden sein, kann man bereits während des Wettbewerbs-Kochens Balkanspezialitäten essen - natürlich auch Bograč. Der Eintopf, der uns auf Bestellung in einem Besucherzelt serviert wird, ist allerdings "ausbaufähig" und wäre beim Wettbewerb sicher eher am Ende der Platzierung eingeordnet worden ...
Die Jury besteht aus 5 Experten und zieht mit ihrer Leiterin Zdenka Tompa durch die Straßen: Die Jury muss nicht nur den Geschmack, die Konsistenz, das Aussehen und die Authentizität des Bograč bewerten, sondern auch wie man seinen Stand gestaltet hat, an dem man kocht. Aber viele Teilnehmer beschränken sich nicht nur auf die Deko, bei ihnen gehören dazu auch jede Menge kleiner Naschereien für die Besucher, Gebäcke, Wurst, Käse, Obst und belegte Brote. Damit man nicht verdurstet, gibt es an vielen Ständen Weine und sogar Schnaps: Meist gibt es das kostenlos, hin und wieder gegen eine kleine Spende für den Verein oder die Organisation, die die Leckereien bereitstellt.
Die Teilnehmer sind international, neben den einheimischen Slowenen können wir hier Kroaten, Serben und Ungarn identifizieren. Neben Familien, finden sich Vertreter von Firmen, Universitäten, Vereinen, Gastronomie und sogar die Jugendorganisation der Demokratischen Slowenischen Partei SDM kocht hier mit ...
Da wundert es nicht, dass Metallverarbeiter keine Dreibeine für den Kessel benutzen, sondern selbstgebaute Kräne verwenden. Serbische Frauen des humanitären Frauenvereins Bukovacka vila kneten Teig für eine Art Schmalzkuchen, die sie gegen eine kleine Spende abgeben.
Tierärzte und Pferdehofbetreiber brutzeln Seite an Seite. Etwas verwirrend der Stand der Vegetarier aus Maribor, in dem mitgeteilt wird, dass das Team hier Gemüse kocht - wir vermuten, außer Konkurrenz. Ein Roboter reicht Getränke an, wann wird er den perfekten Bograč kochen ..?
Natürlich haben wir in zahlreiche Töpfe geschaut, und man wundert sich doch, wie unterschiedlich die Ergebnisse bei gleichen Zutaten ausschauen:
Am Abend werden auf der Bühne die Gewinner präsentiert: Ein harter Job für die Jury, mussten sie doch 97 (!) unterschiedliche Bograč beurteilen. Wir können uns heute nicht im Geringsten vorstellen, wie man so etwas machen kann ...
Es gibt zahlreiche Urkunden in Bronze, Silber und Gold, Preise für gelungenes Standdesign: Der Sieger wird aber Štefan Baci vom Team Fokovci, er arbeitet in der Gastronomie, ist aber ein Rookie, denn es ist seine erste Teilnahme an diesem Wettbewerb. Wir gratulieren ganz herzlich!
Alles in allem ein gelungenes Volksfest mit einer super Stimmung, wo man viel Spaß haben kann, und das überhaupt nicht kommerziell wirkt. Wer Lust hat, die Stimmung des Volksfestes auf sich wirken zulassen, kann dies mit unserem Video tun!
Und wer weiß, vielleicht werden wir das nächste Mal, wenn die Sirene ertönt, auch an einem der Stände den Kochlöffel schwingen ...
Hinweis: In diesem Bericht sind hinter den umrahmten anklickbaren Bildern abweichende Großbilder hinterlegt!
© 2023 Sixta Zerlauth, Siegerfoto: lendavainfo.com
Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Sixta finden sich in unserer Autorenübersicht!