Donnerstag, 21.10.99: Kobarid - Rundwanderung am Ruhetag
Strömender Regen die ganze Nacht. Morgens der Blick auf die Plane: zum Glück kein Wassersack - die letzten Saison-Erfahrungen machen sich wieder mal bemerkbar! Ein verdienter Ruhetag scheint feucht zu werden - später als sonst stehen wir heute morgen auf.
Am Camping Koren Kobarid sollte man sich unbedingt das deutschsprachige Faltblatt zur näheren Umgebung geben lassen. Was man hier liest, rechtfertigt allein bereits einen mindest eintägigen Aufenthalt in diesem Camp - ist es doch voll integriert in einen "historischen Lehrpfad", den man als mindestens fünfstündige Rundwanderung einplanen sollte.
Der Lehrpfad enthält insgesamt neun verschiedene Attraktionen, die von landschaftlich überwältigenden Wasserfällen bis hin zu historisch interessanten Stellungen aus dem Ersten Weltkrieg reichen. Bevor es aber losgeht, sollte man kurz den Pfad am Ende des Campingplatzes hinuntersteigen bis zum Ufer der atemberaubend smaragdgrünen Soca - ein Anblick, an den man sich gewöhnen kann!
Vom Kamp Koren aus kann man die Rundwanderung umgekehrt starten, nachdem man sich die Napoleonbrücke in unmittelbarer Platznähe angesehen hat. Die Brücke hat eine beeindruckende Vorgeschichte: "Am ersten Tag nach dem Eintritt Italiens in den Ersten Weltkrieg wurde die Napoleon-Brücke von den sich zurückziehenden österreichischen Soldaten gesprengt in der Hoffnung, eine Verfolgung durch das italienische Heer zu verhindern ... Im zweiten Weltkrieg war die Brücke der Schauplatz blutiger Ereignisse. Die Partisanen verteidigten das befreite Gebiet der Republik von Kobarid auch rund um die Brücke ...".
Unser Führer durch die Stationen des historischen Lehrpfads weiß alles recht genau zu berichten - weiter gehts mit ihm zum Punkt 8, "zu den Befestigungen aus dem Ersten Weltkrieg. Auf einer Erhebung thronen MG-Stellung und Beobachtungsstelle ... Vom höchsten Punkt der Beobachtungsstelle bietet sich ein prächtiger Ausblick auf den Großteil des historischen Lehrpfads und auf die ... Soca."
Die weiteren Stationen folgen Schlag auf Schlag: Die Kozjak-Wasserfälle wollen erobert werden. "In der unteren, höhlenförmigen Auskolkung des Kozjak-Bachs entstand Sloweniens malerischster Wasserfall ... Ungefähr 250 m darunter stürzt das Wasser über eine weitere Stufe." Wir hangeln uns an Drahtseilen an der Wand entlang und balancieren über Holzstege, bis wir angelangt sind - selbst Island-verwöhnten entfährt hier ein "Donnerwetter ...."
Ein Feuersalamander nach dem anderen kreuzt heute unseren Weg, den wir wieder mal völlig allein begehen - sind es 20 oder 30 der Burschen, die ich neben dem Weg absetze (könnte ja doch mal einer durchtrampeln ...)?
Weiter gehts zum Punkt 6 des Lehrpfads, die beiden Soca-Ufer werden hier durch eine 52m lange Stegbrücke verbunden, die genau an der Stelle errichtet wurde, wo sich eine solche schon vor dem Ersten Weltkrieg befand ...
Sicher kommt sonst kaum ein Wanderer so langsam auf diesem Weg voran, wie wir heute. Es hat aufgehört zu regnen, aber der dampfige Wald und die Regenklamotten behindern das Vorankommen, außerdem will man ja alles auskosten - für uns reichen heute fünf Stunden nicht, alles auf diesem Pfad zu untersuchen!
Eine weitere Attraktion folgt der nächsten: Noch eine italienische Verteidigungsstellung aus dem Ersten Weltkrieg (Punkt 5), eine urgeschichtliche Befestigung ganz oben in der Höhe auf dem Tonocov grad (wir keuchen rauf zum Punkt 4, von hier können aus wir tatsächlich mit unserem Tele das Camp Koren von oben fotografieren!).
Das italienische Beinhaus (Punkt 3) erreichen wir auch ohne Regen völlig durchnässt, wir hatten es im übrigen schon bei der Anfahrt auf Kobarid gesehen, es ist unübersehbar! "Das Beinhaus wurde nach fast dreijähriger Bauzeit im September 1938 fertiggestellt und von Benito Mussolini eröffnet ... In das Beinhaus wurden die sterblichen Überreste von 7014 im Ersten Weltkrieg gefallenen bekannten und unbekannten italienischen Soldaten ... überführt."
Die Punkte 2 (Römische Siedlung) und 1 (Museum Kobarid) schenken wir uns - der Rückweg an den Kreuzwegstationen vorbei vom Beinhaus bis hin in die Ortsmitte von Kobarid ist langwierig genug nach unserer mehr als fünfstündigen Wanderung!
Wir kommen zurück zum Platz, "unserem" Camp Koren, und beschließen: Heute abend gehen wir zur Konkurrenz essen! Gestern hatte das Restaurant Kotlar (Fischspezialitäten und mehr!), ebenfalls an der Trg svobode gegenüber dem Hotel gelegen, geschlossen wegen Ruhetag. Heute abend ist es geöffnet. Hier gibt es köstliche Forellen, Gibanca-Kuchen, als Nachtisch Hausschnaps dazu und viel angenehme Atmosphäre - wir wundern uns nicht, dass jede Menge österreichischer Nachbarn hierher fahren - lohnt sich für die allein schon zum Tanken, aber bei der Gastronomie zusätzlich ...
Sehr viel später machen wir uns auf den Rückweg zum Camp Koren. Von einem österreichischen Wildwasser-Fahrer, der seine Boote im Camp neben dem Explorer abgestellt und uns im Lokal wieder erkannt hat, im Camp aber wohl nicht übernachten will, werden wir (nicht ganz ernst gemeint!) gebeten, auf seine Boote aufzupassen - die Explorer Crew macht halt alles, auch auf ihrer letzten Saison-Tour!
© Text/Bilder 1999 J. de Haas, Textauszüge aus "Kobariska Zgodovinska Pot - Historischer Lehrpfad von Kobarid"
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