Von Österreich ins Baltikum ...
Unsere Route führt uns vom südlichen Österreich kommend, am ersten Tag einmal quer durch Österreich, dann durch Tschechien, das wir nach Bezahlung des obligaten 10-Tage Obolus an einem Tag durchqueren, schließlich nach Polen. Am Abend können wir dort in Tschenstochau (Czestochowa) noch die "Schwarze Madonna" besichtigen.
überrascht, dass wir die Bodenfreiheit unseres Mazda BT 50 schon auf den Straßen in und um Tschenstochau benötigen würden - aber die Spurrillen sind nur mit denen im afrikanischen Busch zu vergleichen. Auf der Rückreise sollten wir dann auch erfahren, woher diese stammen ...
Bei schönstem und überraschend kühlem Wetter geht es am nächsten Morgen weiter Richtung Norden: Wir queren Polen an einem ruhigen Sonntag, umfahren Warschau auf der neuen und noch mautfreien Autobahn ohne Probleme und finden einen schönen Stellplatz direkt an einem See in der Nähe von Augustow, im östlichen Masuren.
Spätabends werden wir aus unserer Idylle gerissen: Technomusik schallt heftig über das Wasser, was das Gefühl der unberührten Natur natürlich mindert und uns den schönen Platz direkt am Wasser leider etwas vermiest. Wir werden später lernen, dass dies kein Einzelfall ist und verbringen die Wochenenden im Baltikum und in Polen fortan möglichst abseits von leicht zugängigen Plätzen ...
Weiter geht es Richtung Baltikum. Bei ruhigem Verkehr rollen wir gemütlich durch Litauen und Lettland und treffen bei strömenden Regen schließlich in Estland ein, verzichten daher heute auf die Nutzung unserer "tartaruga" und suchen uns ein gut geheiztes Hotel nahe Kabli an der Straße 19331, direkt an der Ostsee - der Ostseehering im Restaurant ist da natürlich obligat!
Aber schon am nächsten Tag begleiten uns wieder blauer Himmel und Sonne auf unserem Weg Richtung Tallinn. An der Nordküste Estlands angekommen, besichtigen wir die ehemaligen ostpreußischen Gebiete, einige der großen, schlossähnlichen Gutshöfe wurden restauriert, dienen heute als Museum und können besichtigt werden - das Gut Palmse gefällt uns besonders gut.
Wir unternehmen einige kleinere Wanderungen entlang der Ostseeküste und versuchen unser Glück beim Pilze- und Beerensammeln, leider ohne großen Erfolg - Gott sei Dank ist der nächste Supermarkt nicht weit. Wir bereiten uns langsam auf die Fähre nach Helsinki vor, was so viel bedeutet, dass wir uns randvoll mit Diesel zu vernünftigem Preis und auch mit ein paar Dosen guten estländischen Bieres eindecken.
Tallinn selbst verlassen wir nach einem kurzen, eher frustrierenden Rundgang schon bald wieder, da es unserer Meinung nach extrem touristisch vermarktet wird. Die zweifellos schönen Häuser werden hinter einem Wald von Sonnenschirmen versteckt und vor jedem Lokal keilen Menschen in sonderbarer Tracht, die wohl Mittelalterliches darstellen soll, um den Gast - für uns widerlich. Beim Kaffee, den wir trinken, werden Erinnerungen an Salzburg und Venedig wach - zumindest was den Preis angeht ...
Am Fährhafen bewegen sich ganze Karawanen von Fußgängern Richtung Fähre, schwer beladen mit Gebinden verschiedener Größe, die eines gemeinsam haben: sie enthalten Bier! Auch der Zoll ist nicht untätig und kontrolliert nach dem Check-In vermutliche Alkoholschmuggler, so auch uns - dabei dachten wir doch immer, dass gerade die Handels- und Reisefreiheit eines der Hauptziele der Europäischen Union sei.
Finnland: Nach Norden an der Westküste ...
Nach kurzen zwei Stunden verlassen wir die Tallink-Fähre in Helsinki, schlängeln uns durch das Baustellengewirr des Hafenneubaues in Richtung Westen, Richtung Schären - Außentemperatur: 30°C ...
Am späteren Abend müssen wir etwas enttäuscht wieder einmal mit einem Hotel vorlieb nehmen, da die Campingplätze ziemlich überfüllt sind und wir infolge der dichten Besiedelung keinen vernünftigen Stellplatz finden. Belohnt werden wir durch ein schönes Zimmer in der "Villa Rainer", einer alten Villa direkt am Wasser in der Nähe von Pargas, einem feinen Abendessen und dem ersten finnischen Bier - um EUR 8,-.
Die nächsten Tage verbringen wir in der faszinierenden Welt der Schären, sind begeistert vom Service der kleinen gelben Fähren, die anstelle von Brücken die Verbindung zwischen den unzähligen Inseln herstellen: Sie sind - bis auf wenige Ausnahmen - gratis und pendeln regelmäßig hin und her. Falls erforderlich, ruft man an den weniger frequentierten Fährstationen mit einem Klingelknopf und wird prompt persönlich vom Kapitän abgeholt.
Unsere Runde durch die Schären bleibt uns nachhaltig positiv in Erinnerung: Traumhafte Landschaft, schöne Stellplätze, die wir durch die Geländegängigkeit unserer "tartaruga" erreichen und an denen wir von den vielen Wohnmobilen, die sonst auf Finnlands Straßen unterwegs sind, weitgehend verschont bleiben ...
Unterwegs finden sich immer wieder schöne Steinkirchen mit gut erhaltenen und teilweise recht originellen Fresken aus dem 14. und 15. Jahrhundert (z.B. in Korpo, Rymättyla u.a.).
Wir delektieren uns aber nicht nur an der südfinnischen, eigentlich eher schwedischen Kultur, sondern auch an ganz hervorragenden Erdbeeren, die durch die langen Sommertage ein unvergleichliches Aroma entwickeln. Natürlich laben wir uns auch am geräucherten Lachs - an das dunkle, süßliche Brot müssen wir uns dagegen erst noch gewöhnen. Die Wälder entlang der Straße sind voll mit Pilzen (leider keine Steinpilze) und Heidelbeeren.
Wieder zurück auf dem Festland finden wir im Helvetinjärve Nationalpark nicht nur einen sehr schönen Stellplatz, sondern auch einige sehr schöne Wanderwege und entlang von diesen ein paar Pilze. Wir sind überrascht über den makellosen Zustand der Picknickplätze und Zeltplätze, sauber, absolut kein Müll, Axt und Säge sind vorhanden, jeder sorgt für sein Brennholz selbst.
So geht es also zunächst einmal weiter Richtung Norden, vorerst durch das Landesinnere Richtung Tampere, von dort dann raus an die finnische Westküste, die wir nördlich von Vaasa erreichen. Über Jakobstad (der Name weist auf die schwedische Vergangenheit hin) fahren wir weiter Richtung Kokkola. Alte Holzhäuser erinnern an längst vergangene Zeiten. Die Landschaft Mittelfinnlands gibt unserer Meinung nach nicht viel her und beschleunigt unser Vorwärtskommen ...
In Oulu, noch einmal eine größere Stadt bevor wir für längere Zeit das Meer verlassen, bewacht ein dicker Polizist aus Bronze das Markttreiben, während im Untergrund die Sprengungen für die neue U-Bahn die Stadt erschüttern.
An das empfehlenswerte Freilichtmuseum von Turkansari erinnern wir uns nicht nur wegen der schön restaurierten alten Holzhäuser, sondern auch wegen des ersten wunderschönen Steinpilzes gerne.
Auf nach Lappland!
Es ist mittlerweile bereits Anfang August und es beginnt zu regnen, also machen wir uns weiter auf den Weg, machen kurzen Stopp bei den Stromschnellen von Kokkolan-Koski, wo dick in gelbes Ölzeug gehüllte Fischer mit Netzen an langen Stangen ihr Glück beim Lachsfang versuchen. Wir wärmen uns gemeinsam mit den Männern am Feuer, denn es ist mittlerweile recht frisch geworden. Allerdings ist auch den auf der gegenüberliegenden, schwedischen Seite des Flusses ihr Glück versuchenden Fischern dieses nicht sehr hold ...
Wir verlassen den Torniojärvi Richtung Rovaniemi, lassen dieses aber schnöde rechts liegen und schwenken nach Norden. Kaum queren wir den Polarkreis, sind wie auf Bestellung die Mücken da - bisher hatten wir sie beinahe fast schon vergessen, nur sporadisch waren sie bisher zu sehen. Nun heißt es also, abends Luken dicht, im Freien dichte Jacken, und wir haben die Gewissheit, dass wir unsere Insektenrepellents doch nicht umsonst mitgebracht haben.
Auf dem Weg in den Pallas-Yllästunturi Nationalpark begegnen uns die ersten Rentiere, die von nun an zu unseren ständigen Begleitern auf Finnlands Straßen werden sollen, nicht immer zu unserer reinen Freude - ich ertappe mich dabei, dass ich immer wieder das Lied von Rudolph, dem rotnasigen Rentier vor mich hinsumme. Die schön angelegte Straße in den Nationalpark wird nachts geisterhaft von Scheinwerfern beleuchtet ...
Die Vegetation wird allmählich niedriger, der Wald ist voll von Pfifferlingen und Beeren. Wir besteigen einen der Fjälls, befinden uns am Gipfel in einer Höhe von 807 Metern, sind somit oberhalb der Baumgrenze und prompt in den Wolken.
Auf der Weiterfahrt ist uns das Wetter hold und die Sonne lacht vom Himmel. Wir sitzen in der Sonne und erfreuen uns an der wunderschönen Landschaft und der Ruhe. An schönen Stellplätzen in freier Natur herrscht kein Mangel: Das ist das Finnland, das wir gesucht haben und das wir hier, in Lappland, endlich auch gefunden haben!
Über Inari, das sich als Zwischenstation zum Aufstocken der Vorräte anbietet, geht es weiter Richtung Norwegen, wir biegen nach Westen zum Vaskojoki um und fahren dem finnisch-norwegischen Grenzfluss Tana/Teno entlang. Der Tana soll einer der berühmtesten Lachsflüsse Finnlands sein - wenn man die Anzahl der Fischer, die vom Ufer oder vom Boot aus fischen, als Maß nimmt, mag das durchaus zutreffend sein ...
© 2013 Reinhard Temmel