Fr/Sa 07.08. - 08.08.98: Über Cape Wrath und Durness
Trotz Pub-Besuch gehts am nächsten Morgen früh weiter - von Tongue aus folgen wir der A838 parallel zur Küste nach Westen, der Loch Eriboll ist als nächstes zu umrunden.
Auf seiner Ostseite finden wir ehemalige Flottenaufmarschgebiete des 2.Weltkriegs mit Bunkern und malerischen Plätzen, durchaus geeignet für wildes Campen - hätten wir nicht in Tongue genächtigt, hier wär´s gewesen! Wie uns der Viva Guide Schottland berichtet, war der Loch Eriboll "im Zweiten Weltkrieg Sammelpunkt für die Schiffskonvois und unter Seeleuten bekannt als "Loch ´orrible". Die Stimmung ist hier noch zu ahnen - wirklich als Übernachtungsort geeignet!
Wir folgen dem Westufer des Loch Eriboll nach Norden und schon bald erreichen wir die Smoo Caves (N58°33.79´ W004°43.29´).
An dieser Touristenattraktion angekommen, finden wir für den Explorer nur mit Mühe einen Parkplatz auf dem engen Gelände an der Straßenschleife - viele finden sich hier, wo ein Bach eine ca. 70 m lange, begehbare Höhle geschaffen hat, die scheinbar von einem privaten Unternehmer (mit Hund) betreut wird: "Herrchen" organisiert hier 15minütige Schlauchbootfahrten mit Helm in die hinteren Höhlen, während sein Hund an der "Anmeldung" Wache hält und dabei schläft.
Wir verzichten auf die Tour und machen uns stattdessen weiter auf den Weg an Durness vorbei zur Abfahrtstelle des Bootes, das uns Richtung Cape Wrath bringen soll - Schottlands äußerste nordwestliche Stelle!
Während eine zunehmende Zahl an Personen auf das Boot wartet, das uns herüberbringen soll, wird beginnendes Chaos bemerkbar. Der hier zu überquerende Kyle of Durness kann nur mit einem Boot bezwungen werden, das mit ca. 11 Personen voll beladen ist - über jede Person mehr oder weniger entscheidet ausschließlich der absolutistische Fährmann. Leider können und wollen wir hier nicht unser eigenes Schlauchboot einsetzen, denn auf der anderen Seite der Bucht sind wiederum zwei Kleinbusse im Einsatz, die in engem Zusammenspiel mit dem Fährmann das alleinige Monopol zur Touristenbeförderung bis zum Leuchtturm von Cape Wrath inne haben.
Nur neun Personen dürfen mit an Bord auf der Hinfahrt (12 später allerdings zurück). Zwei offenbar unverwüstliche, merkwürdig klingende Kleinbusse der Marke "Mercedes" karren nach undurchschaubaren Plänen Leute hin und her - eine gut 20 minütige Fahrt über eine einspurige Piste folgt bis zum Leuchtturm (N58°37.42´ W004°59.79´).
Es handelt sich hier um sowas wie das Nordkap Schottlands - das kaum begehbare Areal in der Umgebung des Leuchtturms gehört zum MOD: das "Ministery of Defence" verfügt hier über Schießplätze, die wie alle Militärbasen eine eigentümliche Atmosphäre verbreiten, die man nicht unbedingt als heimelig bezeichnen kann. Eine gewaltige Steilküste mit vorgelagertem Gelände, nicht viel zu sehen außer der Küste ...
Die Frage überwiegt bald, wieviel gehen eigentlich in den Bus zurück und wann fährt der und dann das Boot? Keine Informationen! Schon bald begeben wir uns zur Abfahrtstelle des Busses und erwischen auch einen - eigentlich muss man hier nicht unbedingt hinfahren, wenn die Vernunft siegt - aber wo tut sie das schon?
Bei der Rückfahrt treffen wir Wanderer, die auf dem langen Weg zurück zum Boot offensichtlich doch die Nerven verloren haben und den Bus stoppen: wir rücken alle zusammen und sie lassen uns den Vortritt auf dem Boot, das auf dieser Fahrt nicht mehr alle mit zurücknehmen kann ...
Nun ja, nach Schottlands äußerstem Punkt brauchen wir nun einen Stellplatz für die kommende Nacht - der Campingplatz von Durness erschien uns beim Vorbeifahren recht einladend, also zurück dorthin (N58°34.21´ W004°44.58´)!
Ein schönes Fleckchen erwartet uns in Durness: Wunderbare Aussicht auf dem erhöhten Stellplatz am Strand, der sich ca. 30 m unterhalb erstreckt und je nach den Gezeiten unterschiedlichste Anblicke bietet - ein sehr empfehlenswerter Campingplatz!
Auch ein holländischer Caravan-Club scheint das so zu sehen, denn eine Unmenge von Wohnwagen-Gespannen treffen nach und nach unter großem Hallo ein, für einen lautstarken Abend ist gesorgt! Auch der Besuch des platznahen Pubs verschafft nicht gerade einen ruhigen Abend: eine ohrenbetäubend schlechte Band dröhnt hier herum zu dichtesten Qualmwolken unzähliger Nikotinknechte, die sich alle offensichtlich wohl fühlen, obwohl sie heute Abend sicher taub sein werden - erkennt man daran, dass man alt wird, wenn man hier nach unter einer Stunde fluchtartig das Lokal verlässt?
Zur Begleitung einer Riesenherde von "Brüllschafen", die sich hier offensichtlich gegen Meer und sonstige Geräuschkulisse durchsetzen wollen, stolpern wir durch Unmengen von Kaninchenbau-Löchern wieder zurück zum Explorer - hier wollen wir unbedingt einen "Ruhetag" einlegen!
Das Superwetter mit strahlendem Sonnenschein hält auch am nächsten Tag an, so dass wieder mal die Drachen ausgepackt werden. Bei dem kräftigen Wind kommt das gesamte mitgebrachte Arsenal von Deltas bis zu Schlangen und sogar kurzzeitig das Jumping Wheel zum Einsatz, zwischendurch kann man unter der Plane in der Sonne sitzen.
Fast schon komisch, dass gerade auf dieser Tour mal die Thermounterwäsche von "Big Pack" gegen die Polartec von "Wolfsskin" vergleichsgetestet werden sollte - bei 24° C, die gegenwärtig an der Nordspitze Schottlands herrschen, allerdings etwas anders als geplant - aber Thermounterwäsche funktioniert ja auch bei Hitze, wenn sie gut ist!
Wir staunen nicht schlecht, als am Nachmittag zwei Kleinbusse mit EBE - Kennzeichen auf den Platz rollen: das Hallo ist groß, da auch die Jugendgruppe aus dem Landkreis von unserem Fahrzeug mit demselben Kennzeichen sehr überrascht ist. Schon bald steht eine(r) der Teilnehmer(innen) nach (der) dem anderen am Explorer und plauscht mit dem Berichterstatter - die Welt ist halt klein!
Dass in der folgenden Nacht heftiger Sturm von hinten auf den Explorer trifft, ist nur ein kleiner Schönheitsfehler des gelungenen Aufenthaltes hier - gegen 22 Uhr UTC wird dennoch auf SW 6075 die Deutsche Welle gehört - wie weit weg sind doch trotz unserer Ebersberger Nachbarn die Ereignisse in Deutschland ..!
© Text/Bilder 1998-2002 J. de Haas