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Kapitel 2: Von St. Petersburg nach Moskau

Zwei Tage habe ich geplant in Moskau zu verbringen, bevor mein Flug nach Kamtschatka geht. Also studiere ich die Fahrpläne und entscheide mich für den einzigen Schnellzug, "Sapsan", den es in Russland gibt. Das Ticket kostet ca. 40 Euro und in 4 Stunden ist man in Moskau, die Entfernung beträgt ca. 700 km.

Der Zug erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 220 km/h, er wurde von Siemens konstruiert extra für Breitspur. Die erste Hälfte der Strecke von Petersburg – Moskau ist fast nur Sumpfgebiet. Die Sitze sind ziemlich unbequem, aber die Durchsagen sind immer noch Russisch und Englisch, ebenso die Anzeigen auf den Bildschirmen. Die Preise für Getränke im Zug sind allerdings exorbitant hoch ...

Der Zug erreicht eine Höchstgeschwindigkeit von etwa 220 km/h In 4 Stunden ist man in Moskau Die Preise für Getränke im Zug sind exorbitant hoch
Mit Dimitri beim Trinkgelage ... ... in einer Retro Sovietbar ... Auch mit Aleksander gilt es anzustoßen ...

In Moskau wollte mich Freund Aleksander abholen, was auch geschah, allerdings war er schon mit Dimitri, einem ebenfalls alten Freund, ganz gut angeschickert. So setzen wir das Trinkgelage in einer Retro Sovietbar fort ...

Dimitri, kurz Dima genannt, ist auch ein Sammler von alten Mercedes-Fahrzeugen, bervorzugt 123 Coupe.

Am Abend fahren wir dann mit dem Taxi in einen der hässlichen Außenbezirke mit den unzähligen gleich aussehenden Wohnblöcken, um bei einem Freund von Aleksander zu übernachten. Eine Stunde wanken wir orientierungslos zwischen den Blöcken herum, da Aleksander den richtigen nicht mehr finden kann. Schließlich frage ich jemanden, der mir dann erklärt, wo der Block 23 der Straße zu finden wäre.

Den nächsten Tag macht Dima mit mir eine kleine Exkursion durch Moskaus Innenstadt, nachdem wir Aleksander zum Flughafen begleitet hatten, mein Flug geht einen Tag später. Dazu benutzen wir den neuen Airportexpress zum Zentrum, der sich allerdings eher als "Karikatur" erweist: Ich sage zu Dima, wir hätten auch die Pferdebahn nehmen können, die es um die Jahrhundertwende auch mal in Moskau gab. Der "Express" bewegt sich, wohl weil noch in der Bauphase, mit etwa 20 km/h durch Moskaus Vorstadt, jetzt verstehe ich auch, warum es so gut wie keine Fahrgäste gibt ...

Die Metro in Moskau ist immer noch schön dekoriert, oft eine Mahnung an den Großen Vaterländischen Krieg, selbst bei der Deckengestaltung ...

Mit der "Pferdebahn" durch Moskau ... Die Metro in Moskau ist immer noch schön dekoriert
Im Restaurant Ein paar Beispiele aus der Karte ... 100 Rubel entsprechen etwa einem Euro

Wir unterhalten uns über das Leben, Männer und Frauen. Dima meint, die russischen Männer arbeiten nur noch für die Kosmetik der Frauen, das ist ein Prinzip und eine Propaganda, die von Amerika eingeführt und besonders in Russland angenommen wurde: Fingernägel, Haare etc. ... Und ergänzend fügt er hinzu: Glück ist was für Heuchler und Lügner!

Wir gehen in ein Restaurant, meist Usbekisch, Georgisch oder ähnliches, es ist ein durchschnittliches Restaurant, die Preise sind etwas geringer als in Westeuropa, im Bild ein paar Beispiele aus der Karte (100 Rubel entsprechen etwa einem Euro).

Wir schlendern weiter durch Moskau, diskutieren ein wenig, er kann so schlecht Deutsch wie ich schlecht Russisch, er hat viele Geschäfte mit deutschem Import gemacht, am Schluss mit der Fa. Zehnder zusammengearbeitet. Aber das ist inzwischen Geschichte, er hat die Webseite von Zehnder illegal übernommen, doch das Geschäft wirkt müde. Seine Frau ist Maklerin, sie verdient vermutlich jetzt das wesentliche Geld, seine bis 2014 gut laufenden Geschäfte sind vorbei ...

Er sagt, den ganzen Wahnsinn der Menschheit kann man nur noch betrunken ertragen bzw. vergessen. Wir verstehen uns gut, auch manchmal ohne Worte, wenn wir auf Szenen deuten und lachen müssen, Aeroport Express, Traktor mit 20 kmh ...

In Moskau sehen wir uns auch das Haus an, in dem Molotow einst wohnte: Der unterzeichnete einen Vertrag mit Deutschland, an den sich Hitler nicht hielt, weil er den nicht ganz unbegründeten Verdacht hegte, dass Stalin im Begriff war, Deutschland anzugreifen - die berühmte Erstschlagtheorie, die schon zu unzähligen Katatstrophen geführt hat ...

Schlendern durch Moskau ... Das Haus, in dem Molotow einst wohnte ... Edigk, der Chefkoch ...
Drohnenverbot! Im Privatapartment im 12. Stock
Stadt der Kontraste ... Die hell erleuchtete Nacht bricht an in Moskau ... Die letzte Nacht in der Stadt ...

Auf Moskaus Straßen fast so etwas wie eine Autoausstellung: Eine Stunde jeden Tag werden ca. 3 Millionen Fahrzeuge drei Millionen Liter für nichts verbrauchen, nur zum Stehen im Stau. Mein Begleiter meint, es sei gut, dass er seinen Führerschein vertrunken habe ...

Er kennt ein paar Kirgisen, so z.B. Edigk, einen Chefkoch, der im Zentrum von Moskau lebt, der organisiert ein wenig die kirgisische illegale Einwanderung. Er hatte ein Büro in der Nähe und über das Trinken haben sie sich kennengelernt. Edigk ist ein begeisterter Leser von Aitmatov: Unten im Keller, wo er einige Usbeken untergebracht hat, trinken wir ein Bier und Wodka, denn wie heißt es so schön im Russischen: "Bier ohne Wodka ist Geld zum Fenster rausgeschmissen."

Dimitri war war genau der richtige Mensch, um mit mir durch Moskau zu schlendern: Wir mussten uns kaputtlachen, als wir ein Schild mit dem Drohnenverbot sahen, das ich im Bild festgehalten habe ...

Moskau ist teuer, hektisch, vollgestopft - für mich eine Katastrophe. St. Petersburg hingegen finde ich übersichtlich und angenehm. Die letzte Nacht dort verbrachte ich in einem Privatapartment im 12. Stock für 45 Euro, so könnte ich nicht leben. Übrigens wäre noch zu erwähnen, dass es eine deutsche Siedlung in Moskau gibt, welche bis heute im Zusammenhang mit dem Auswärtigen Amt existiert und wo auch die deutsche STVO gilt ...

Die Kontraste sind groß, auch wenn die Farben ähnlich scheinen. Und die hell erleuchtete Nacht bricht an in Moskau ...

Mit der Boing 777 unterwegs ... In der Business Class lässt sich´s leben ... Ausgezeichneter Service ...
Anflug Kamtschatka ... auf Angekommen! Heimelig ..?

Am nächsten Tag nachmittags geht mein Flug von Moskau nach Kamtschatka: Da Aleksander mich bat, noch 3 Liter selbstgebranntaen Samjagon (Schnaps) mitzunehmen, weil er mit Gepäck schon übervoll sei, steckte ich eine 2 Liter Plastikflasche und zwei kleine halbe Liter Flaschen in meine Reisetasche, um diese aufzugeben. Aleksander meinte, falls es da Probleme gäbe, solle ich sie einfach da lassen. Dima begleitete mich zum Flughafen und vor dem Einchecken entschieden wir uns, eine der kleinen Flaschen zu leeren. Denn falls ich die nicht mitnehmen könnte, wäre zumindest nicht alles umsonst gewesen ... Dann stieg ich in eine Boing 777 und suchte meinen Platz auf.

Doch der war schon belegt, und ein Mann dort meinte, ich könne seinen Platz in der Business Class haben, da er mit seinen Freunden zusammensitzen möchte. Nun, guter Tausch!

Dort gab es natürlich einen ausgezeichneten Service, so konnte ich auf den scharfen Schnaps mit weichem Champagner nachspülen. Leider gab es keinen Krimsekt, sondern französischen Champagner, vielleicht wird man da irgendwann auch mal umlernen und die eigenen Produkte bevorzugen ...

Die Nacht war also in Schlafposition sehr erfrischend, so dass ich mich morgens nach einem guten Frühstück langsam auf die Landung einstellen konnte ...


Eine traurige Nachricht ...Nachtrag: Heute, am 8. November 2024 habe ich von Aleksander aus Kirow folgende Mitteilung bekommen:

"Michael, hallo, ich möchte Ihnen eine traurige Nachricht mitteilen. Mein Freund Dima ist in Moskau verschwunden.

In der Nacht geriet Dima in einen betrunkenen Kampf, er wurde schwer verletzt, unvereinbar mit dem Leben, er starb. Denken Sie an Dima mit einem freundlichen Wort. Ich bin sehr aufgebracht. Ich hätte nicht gedacht, dass das passieren könnte.

Eine Person wurde bereits festgenommen. In Mytischtschi, wo alles passiert ist, leben viele Migranten aus dem Kaukasus und des Ostens. wenn die Untersuchung vorbei ist, wird uns alles gesagt."

Russland hat, wie ich auch auf meiner weiteren Reise bemerke, ein tiefgreifendes, ähnliches Problem wie Deutschland mit seinen Migranten. Aus dem Kaukasus, aus Usbekistan, Kirgisien, Armenien, Turkmenistan etc., alles ehemalige Sowjetrepubliken, die nicht ausgeschlossen wurden, sondern sich bewusst und teils mit Gewalt von Russland "befreit" haben, strömen nun Migranten nach Russland. Der Grund ist, dass in ihren schönen, neu gegründeten Staaten die wirtschaftlichen Möglichkeiten und die Versorgung der Bevölkerung anscheinend einen noch viel niedrigeren Lebensstandard mit sich bringen, als in Kernrussland. Deshalb muss man sich fragen, wozu dann die Gründung dieser neuen Staaten? Um jeweils nur einer kleinen korrupten Elite Freiheit zu ermöglichen ..?


© 2025 Michael Gallmeister, Lett-landweit