Teil 2: Endlich auf den Inseln

Dritter Versuch ...

Kann man es einem verdenken, dass nach nun schon zwei vergeblichen Versuchen, die Åland Inseln zu erreichen, das Vertrauen in unsere bisherige M/S SYMPHONY ein wenig gelitten hat? Und dass man sich darauf einigt, auf keinen Fall mehr als einen dritten Versuch zu wagen, auf die Inseln zu kommen? Denn wenn es jetzt wieder nicht klappen würde, dann sollte es ja wohl einfach nicht sein - aber ansonsten ist man kein bisschen abergläubisch!

Wieder muss am Stockholmer Hafen viel Verwaltung in die Wege geleitet werden, denn erneut müssen wir heute nachmittag einchecken Richtung Mariehamn und auch das Folgeprogramm soll wieder entsprechend angepasst und umgebucht werden.

Aber heute noch einmal auf der SYMPHONY einchecken? Wer weiß denn genau, was mit dem Schiff tatsächlich los ist? Das Risiko nochmal eingehen? "Nein" heißt die klare Antwort!

Also gilt es die Alternative zu checken: Die M/S VICTORIA I, die wir mittlerweile mehr als genau inspizieren konnten, würde am heutigen Nachmittag des 16.08. ebenfalls in Richtung Ålands aufbrechen. Allerdings soll sie planmäßig erst um 17:45 Uhr ablegen auf ihrem Weg Richtung Tallinn in Estland und damit eine Dreiviertelstunde später als die SYMPHONY den Stockholmer Hafen verlassen. Und sie wird bei ihrem Zwischenhalt in Mariehamn auch erst gegen 01:00 Uhr morgens dort ankommen, aber vielleicht ist sie diesmal die sichere Seite bzw. das vertrauenswürdigere Schiff ..??  

Warten: Explorer allein zu Haus ..? Neue Hoffnung? Die VICTORIA I nach Tallinn ...

Die VICTORIA I gehört zur AS Tallink Grupp, einem estnischen Schifffahrtsunternehmen, das eines der größten Fährgesellschaften in der Ostsee darstellt. Auch die Silja Line samt SYMPHONY und SERENADE gehört zu dieser Gruppe sowie auch der Ostsee-Bereich der Superfast Ferries, aber das alles soll uns nicht abhalten, nun auf die VICTORIA zu wechseln.

Wieder mal stehen wir uns die Räder in den Bauch am Parkplatz neben der Fähre, wieder mal geht es weiter mit dem Batterieladen, wieder mal wird alles umgebucht ...

Dritter Versuch: Wird er diesmal gelingen ..?Wir erhalten das OK, können diesmal tatsächlich die VICTORIA I nehmen und als Entschädigung bekommen wir auch nun wieder eine Kabine - trotz der vergleichsweise kurzen Fahrt, die schon um 01:00 Uhr morgens wieder enden soll. Nach den bisher "virtuellen" Anlegezeiten 23:45 Uhr und 04:15 Uhr nun schon die dritte "unchristliche" Ankunftszeit, jetzt wieder nach finnischer Zeitrechnung, natürlich.

Und langsam aber sicher ist man schon mehr als übernächtigt bei einer möglichen Ankunft - soviel nur zu einer "im Reise-Monopoly gewonnenen Luxus-Kreuzfahrt". Aber was soll´s, Hauptsache Ankommen ist diesmal die Devise!

Für dieses Schiff bekommen wir beim Check-In kein Schild mit nur einem großen Å darauf, sondern man will nun wohl bei uns sichergehen: ÅLAND ist diesmal ausgeschrieben, man gibt sich offenbar Mühe mit unserer "richtigen" Ankunft!

Allerdings währt die Freude über das Schild nur kurz und weicht bereits nach einiger Wartezeit erneut einem sehr unguten Gefühl: Nach und nach wird ein Fahrzeug nach dem anderen eingewunken, wobei der Rollweg für die Fahrzeuge zur SYMPHONY tatsächlich gekreuzt wird, die dort nun schon an Bord sind. Nur wir stehen schon wieder schlussendlich ganz allein am Anfang unserer Spur, während sich das Bordpersonal bereits an den Heckklappen sammelt, von denen sich eine schon zu schließen beginnt. WAS IST JETZT SCHON WIEDER ..?

Als letzter an Bord oder gar nicht ..? Eine Heckklappe bleibt für uns noch geöffnet ...

Wir sehen, wie mit Blick in unsere Richtung diskutiert wird, niemand kommt herbei, um uns einzuwinken. Hat die Umbuchung schließlich doch nicht geklappt? Ist die VICTORIA etwa voll? Bange Minuten vergehen, bis plötzlich Bewegung am Heck entsteht: Einer der letzten vom Personal, der noch außerhalb vom Schiff steht, winkt plötzlich heftig aus der Ferne in unsere Richtung. Offensichtlich sollen wir nun doch noch kommen.

Langsam rollen wir an Bord, wir kommen ganz hinten vor der Heckklappe zum Stehen, werden am Schluss ziemlich weit rechts an die Bordwand eingewunken, was sich später noch unangenehm bemerkbar machen wird. Wir sollen offensichtlich die Fähre rückwärts verlassen in Mariehamn, eigentlich kein Problem, Hauptsache, wir kommen da mal irgendwann an!

Aufgrund unseres spätestmöglichen Boardings wird die Gewohnheit mit dem "Ablegebier" an der Reling zu stehen noch zur echten Hetzerei: Kaum sind wir an Bord, startet die VICTORIA I ihr Ablegemanöver.

Relativ pünktlich verlassen wir diesmal den Stockholmer Hafen und eine Beobachtung, die uns schon während der ganzen Check-In Warterei keine Ruhe ließ, wird nun zur Gewissheit: Eigentlich hätte unsere geliebte M/S SYMPHONY bereits vor einer Dreiviertelstunde ablegen müssen, aber obwohl das Boarding dort längst abgeschlossen ist, rührt sich beim benachbarten Schiff überhaupt nichts ....

Geschafft! Rückwärtsausfahrt kann noch warten ... Schon wieder: Die SYMPHONY bleibt zurück im Hafen ...

Und das gilt auch, als wir schließlich am Heck der VICTORIA stehen und zurückschauen auf das Hafenbecken, während wir uns zur spontanen Entscheidung gratulieren: Das auf die Schnelle doch noch beschaffte "Ablegebier" schmeckt gleich doppelt so gut, während wir die SYMPHONY weit hinter uns an ihrem Liegeplatz kleiner und kleiner werden sehen - dort hinten sieht nichts, aber auch gar nichts danach aus, als würde das Schiff auch noch annähernd pünktlich Stockholm verlassen.

Und wir hatten tatsächlich recht mit unserer Einschätzung: Wie wir später erfahren werden, kommt die M/S SYMPHONY drei Wochen später, am 06.09.14, endgültig in die Werft zur Überholung - offensichtlich waren ihre Probleme doch zu groß geworden für einen weiteren Betrieb ...

Wieder einmal sind wir am frühen Abend unterwegs im "Schärengarten", wo man wohl ab und zu geheimnisvolle U-Boote sichten kann, was uns jedoch auch heute nicht gelingt - offenbar erneut keine unterseeischen Russen oder andere Spitzbuben unangemeldet in schwedischen Gewässern unterwegs, aber man muss ja nicht alles haben auf dieser Tour!

Dafür haben wir aber die "Bonus-Kabine" für unsere Kurzfahrt bezogen und auch die umfangreiche Gutschein- und Ticketsammlung geordnet, die wir von nun an mit uns herumtragen ...

Wie viele Gutscheine bekommen wir noch ..? Tatsächlich: Wir sind an Bord der VICTORIA I ..!
Hoffentlich: Tallinn kann noch warten! Wieder einmal: Ausfahrt aus Stockholm ...

Da wir bis zu unserer Ankunft nichts besonderes mehr vorhaben, wollen wir wenigstens eines machen: Im Bord-Luxrestaurant bei einem guten Rotwein ausgiebig speisen - so eine Outdoor-Inselfahrt ist halt anstrengend. Der junge und äußerst zuvorkommende Ober interessiert sich sehr für unsere Geschichte und ist auch erfreut, als wir uns noch einen teuren, alten Calvados genehmigen - unsere Gutscheine werden halt auch in diesem Restaurant in Zahlung genommen.

Der spätere Abend sieht uns wieder an der Bordbar, wobei sich der Fahrer (im Gegensatz zu den in Richtung Estland mitreisenden Schweden) diesmal sehr zurückhält, denn schließlich soll gegen 01:00 Uhr am Morgen die Reise erst richtig losgehen, also heißt es sich hier zu mäßigen ...

Mann gönnt sich ja sonst nichts: Den Calvados haben wir uns verdient ... Es wird Nacht, Señorita VICTORIA ..!

Die Fähre nähert sich gegen 01:00 Uhr morgens tatsächlich relativ pünktlich den Åland Inseln, man glaubt es kaum, wir werden wohl diesmal anlegen!

Rückwärts nähert sich die VICTORIA I dem Kai von Mariehamn, als wir bereits bestens trainiert unter Deck wieder mal unser Fahrzeug geentert haben und auf das Öffnen der Heckklappe warten. Hinter uns steht diesmal niemand, nur neben uns wird wohl noch ein weiterse Fahrzeug die Fähre verlassen.

Rumpelnd legt die Fähre an, die Heckklappe öffnet sich und sofort springt ein Einweiser ums Fahrzeug, der uns diesmal aber nur so schnell wie möglich "ausweisen" will: Heftig winkend will er uns von Bord treiben, was sich aber in der nächtlichen Hektik etwas schwierig anlässt. Die Fährausfahrt in Mariehamn ist nicht gerade, sondern verläuft ab Ende der Heckklappen in einer recht engen Rechtskurve hinter dem Schiffsheck, was es für ein dicht an der Seite befindliches Fahrzeug schwerer macht, ohne Randberührung diese nächtlich beleuchtete Kurve bei Ausfahrt rückwärts zu nehmen.

Es erfordert nur wenige Minuten, bis wir das Schiff auf diese Weise verlassen haben, aber die Heckklappe schließt sich bereits, kaum dass wir mit der Vorderachse an Land sind. Insgesamt dauert es tatsächlich kaum 10 Minuten, bis die VICTORIA I wieder auf der Flucht nach Tallinn ist: Vor uns, vor den Inseln, vor dem Fahrplan ..?

Fünf Minuten Zeit für Rückwärtsausfahrt ... VICTORIA I auf der Flucht? 10 Minuten Aufenthalt müssen reichen ... Nächtliches Herumirren im Hafen von Mariehamn angesagt ... Gefunden: Ausfahrt voraus!

Ein kurzes Herumirren im nächtlichen Hafengelände folgt: Weit und breit kein wegweisender Mensch zu erkennen, der die Richtung vorgibt, nur in der Ferne winkt heftig eine einzelne Person - allerdings eher abweisend als zu sich hin. Offensichtlich will der Mann dort hinten am Gatter nicht, dass wir weiter zu ihm hinfahren, also drehen wir und haben nach kurzem weiteren Suchen schließlich die Ausfahrt gefunden: Ein Schild weist uns zum EXIT Mariehamn, wir sind endlich auf der nächtlichen Hauptinsel der Ålands angekommen ..!


© 2015 J. de Haas