12. Tag (Di, 03.09.96)

Frühstück bei Tiffany !?Wir müssen weiter, auch wenn man hier problemlos noch einen weiteren Tag hätte zubringen können. Wir beobachten vor unserer Abfahrt, wie eine Rentierherde von einem Hubschrauber zusammengetrieben wird, was tatsächlich zu funktionieren scheint. Als wir mit unserem Fahrzeug die Stelle passieren, ist die Herde schon weiter - schade!

Nach einem opulenten Frühstück auf einem sonnigen Rastplatz etwas südlicher an der Straße 51 geht es dann rüber zum malerischen Jontunheimen-Weg.

Die Zahlkarte für den Mautweg nehmen wir selbstverständlich mit, nachdem wir alles eingeworfen haben - leider können wir sie nicht einlösen, da wir im weiteren Verlauf unserer Reise keine Post finden - Pech gehabt! (Eigene Straße müßte man übrigens haben!)

Der Weg ist wirklich sehenswert und wäre sein Geld tatsächlich wert, das kann man nachträglich nur bestätigen. Er macht deutlich, das auch vordere Spritzlappen sinnvoll wären, da die Brocken nur so gegen den zusätzlichen Außenkanister knallen. Leider wird sich später bei der Münchner Niederlassung unseres Kfz-Händlers herausstellen, daß dieser zwar auf der IOR vertreten ist und sich als "der Off-Road-Spezialist" bezeichnet, aber deshalb noch lange keine passenden vorderen Spritzlappen für einen Pickup haben muß, der nicht an der Tunesien-Rallye teilnimmt. Gleiches gilt für den Stössel ...

Der Weg führt uns durch malerische Landschaften weiter bis zum Campingplatz von Skabu. Eigentlich ist er laut Info schon geschlossen, aber wir schaffen es dennoch, während der kurzen Abwesenheit der Aufsicht den Platz zu besetzen - wieder sind wir völlig allein bei strahlendem Sonnenschein an einem See mit gegenüberliegendem Berghang - ein Umstand, an den man sich zunehmend gewöhnen kann! Die eingesparte Bierration kommt an einer Art Biergartentisch am sonnigen See zum Ausschank - das Glück ist vollkommen.

Der "Platzwart" kommt kurz darauf mit etlicher Begleitung zurück - der Platz ist eröffnet. Einige wenige weitere Zelter kommen noch im Laufe des späten Nachmittags, aber man merkt, die Saison ist bereits vorbei.

Wieder werden die Drachen ausgepackt. Unter den staunenden Augen der platzansässigen Kinder kommt zunächst nicht nur unsere Schlange zum Einsatz, sondern später (bei nachlassendem Wind) erneut der Open Keel Delta - bei leichter Brise schleppt er sich tief über den See, ein toller Anblick ...    

Auf dem Jontunheimen-Weg ...

Idylle Camping Skabu ...

Um die Aktivitäten abzurunden, folgt nach etlichen Frisbee-Matchen noch ein Family-Tennis Turnier - der Abend geht zu Ende und Myriaden von Mücken drängen sich vor unserem Moskitonetz - glücklicherweise vergeblich!

Da die Reise ihrem Ende entgegengeht, wird der Inhalt des Ersatzkanisters heute abend in den Tank geschüttet, ab sofort wird er wohl kaum noch gebraucht. Der Abend in der Kabine bringt wieder einmal die schmerzliche Erkenntnis, daß die Rückreise bald bevorsteht und an diesem Platz leider kein weiterer Ruhetag mehr möglich ist - bedauerlich!! 

13.Tag (Mi, 04.09.96)

Um die letzte Etappe nicht allzu lang werden zu lassen, wollen wir heute schon eine möglichst lange Strecke fahren. Der Weg zieht sich und zieht sich während wir die Straße 255 südöstlich fahren und dann in der Nähe von Lillehammer auf die 250 wechseln.

Das Redaktionsfahrzeug auf der Hauszelt-Terrasse ... Bei Dokka an der Nordspitze des Randsfjorden entscheiden wir uns für die Ostroute, die Straße 33 Richtung Hov. Der Lyngstrand Campingplatz bei Fluberg, den wir zuletzt anfahren, liegt einmal mehr wieder am See.

Viele Dauercamperplätze erwarten uns wieder, wegen Saisonende überwiegend verlassen, Kaninchenställe, schnatternde Gänse und Katzenkinder an der Platzeinfahrt - erneut eine ausgewachsene Idylle!

Wir finden nach kurzer Zeit in Ufernähe eine Stelle, an der ein Dauercamper sein Vorzelt abgebrochen und nur noch seine Holzterrasse hierfür zurückgelassen hat. Eine Herausforderung! Mit Allradantrieb gehts die Steigung hoch und nach ein paar Rangierzügen vor und zurück steht der Explorer derart neben der Terrasse, daß wir vor der Kabine darauf sitzen können. Da jeweils ein Vorder- und Hinterrad die Terrasse berührt hat, muß auf die Bretter geachtet werden.

Im milden Sonnenschein beschließt das Team ein Bad im See zu nehmen, was trotz geringer Wassertemperatur für knallharte Offroader kein Problem ist. Danach ist ein im Supermarkt erstandenes (echtes) Bier fällig, das genüßlich auf der "eigenen" Terrasse geschlürft wird.

Im Laufe des Abends treffen wir erneut recht nette Leute aus Ostdeutschland, die mit ihrem beeindruckenden Zeltanhänger aus DDR-Zeiten unterwegs sind. Da das Gebilde jedoch recht unhandlich zu sein scheint, bevorzugen die beiden ein ganz normales Zelt, was sie zusätzlich dabei haben: nicht zum ersten Mal erleben wir derartiges.

Unsere letzte Nacht auf norwegischem Boden wird die kälteste seit Fahrtantritt. Die dünne Eisschicht auf einem benachbarten Zelt zeugt von Frost. Eine gute Gelegenheit, den Explorer mal ohne Heizung und Thermoschutz zu testen. Im Daunenschlafsack ergibt sich nicht das geringste Problem, so daß wir nun sicher sind, auch wirklich tiefe Temperaturen mit unserer "vollen" Ausstattung gut überstehen zu können. 

14. Tag (Do, 05.09.96)

Die Fahrt zurück nach Oslo ist eine "echte" Rückreise. Über die Straßen 34 und 240 erreichen wir wieder die E16 südlich von Hoenefoss und fahren das Stück zurück, das wir am ersten Tag gekommen sind.

Äußerst sentimentale Rückfahrt ohne Zweifel, fährt man doch in den wenigsten Fällen am Ende seines Urlaubs die Strecke wieder gern zurück, die man vor wenigen Wochen erst hergekommen ist.

In Oslo selbst überfällt uns wieder die kaum noch gewohnte "südländische" Rush-Hour. Und diesmal erwischen uns hier auch noch die Raubritter wenige km vor dem Hafen. Maut muß ein letztes Mal abgedrückt werden. Von den Norwegern können und werden die hiesigen Raubritter alias Verkehrspolitiker sicher noch viel lernen ...

Die Prinsesse Ragnhild wartet schon ... Ein Redaktionsfahrzeug auf dem C-Deck ...

Wir erreichen die Fähre recht früh. Obwohl wir in der deutsch-ungemütlich-drängligen Reihe nicht ganz vorne stehen, werden wir bald als eines der ersten Fahrzeuge an Bord gewunken. Unser Mut, diesmal die Topbox einfach auf dem Dach zu lassen, wird ebenfalls belohnt. Kein Mensch schert sich um unsere Höhe, als wir uns neben riesigen LKWs aufstellen. Glück muß der Urlauber haben (oder das Saisonende!).

Aus großer Höhe beobachten wir vom Bug der riesigen "Prinsesse Ragnhild", wie unten immer noch Fahrzeuge warten, die in der parallelen Schlange direkt neben uns gestanden haben. Irgendwie ist es beruhigend, daß noch nicht alles vorbei ist und wir noch eine sehr angenehme Rückfahrt auf dieser Fähre vor uns haben.

Um es kurz zu machen: wir haben noch eine sehr schöne Zeit an Bord, die unübersichtliche Beschilderung des Schiffes wird ebenfalls immer vertrauter und der späte Abend sieht uns an der Piano-Bar, an der noch viel (teures) Bier getrunken und dem Alleinunterhalter gelauscht wird.

Eine Erinnerung wird in jedem Fall in Bezug auf dieses Schiff bleiben: Die Fahrt mit ihr war Spitze! 

15. Tag (Fr, 06.09.96, 12:00 Uhr)

Die Ankunft in Kiel wirft ihre Schatten voraus: schon lange vorher herrscht ein reges Getümmel an Bord und die Kieler Förde ist bereits deutlich vor Mittag erkennbar mit ihren charakteristischen Bebauungen am Rande.

Dennoch zieht sich die endgültige Einfahrt in den Hafen hin: in langsamer Fahrt muß die riesige Fähre ihre Anlegemanöver abschließen. Wir stehen derweil unter Deck und warten auf die Öffnung des Fahrzeug-Decks, die aus Sicherheitsgründen erst kurz vor der Ausfahrt erfolgt.

Die Abfahrt vom Kieler Hafen zeigt uns, daß wir wieder zurück sind: brutal drängelt sich ein Fahrzeug vor uns in die hafennahe Tankstelle, die wir eigentlich anfahren wollten - nun lassen wir es lieber und fahren erst mal raus aus diesem Ort, bis man sich wieder beruhigt hat.

Die endlose Fahrt zurück in Richtung München beginnt, die Einzelheiten dorthin wollen wir dem Leser ersparen. Nur eins sei gesagt: Die Ankunft erfolgt dort wieder erst in der Nacht - der heißgeliebte bundesdeutsche Verkehr hat uns wieder!

Ein Wunsch wird jedoch immer deutlicher an diesem Tag: nach Möglichkeit nie mehr durch ganz Deutschland fahren müssen bis zur Fähre, doch welche Alternativen gibt es? Die Deutsche Bahn AG erweist sich bei Nachfrage noch genauso dynamisch wie ihre beamtete Vorgängerin: für Fahrzeuge unserer Höhe gibt es bis auf weiteres keinen Platz auf einem Autoreisezug, aber auf unser Schreiben hin erklärt man, daß man wohl demnächst neue Waggons konzipieren will.

Na dann viel Freude beim Warten!

P.S.: Die sogenannte "rollende Landstraße" wäre eigentlich das richtige für uns, aber bis heute war niemand in den unterschiedlichen Geschäftsbereichen der Bahn in der Lage, uns hierzu nähere Auskünfte zu erteilen ... (siehe dazu auch unseren Nachtrag zu Skandinavien ´99 und dem "Ende des Autoreisezugs" ... )


© Text/Bilder 1996, 1997 J. de Haas