18. Tag: Sa 07.08.99 21:33 05:05
Es ist eine lange Fahrt heute, die zum tatsächlich letzten Camp in Norwegen. Unser Airguide-Kompass tut immer noch nicht richtig, obwohl wir nun doch schon deutlich südlicher sind: Inklinationsprobleme unverändert! Die Straße 25 folgt der 26, bei Elverum wird auf die E3 gewechselt, dann die 24 nach Süden - ein Campingplatz, den wir geplant hatten, gibt es gar nicht in der Realität, ein anderer, an dem wir vorbeifahren, schreckt uns durch die bloße Parade seiner Dauercamper ab: echt deutsche Campingplatzidylle!
Als wir schließlich auf die Straße 2 abbiegen, befinden wir uns schon auf der Zielgeraden nach Oslo. Als doch noch ein Campingplatz auf der linken Straßenseite auftaucht, ist uns klar, dass wir den nehmen müssen, ob wir wollen oder nicht: normalerweise hätten wir nicht wollen! Auch das Camp Sanngrund (Camp 13 N60°11.93301´ E011°34.83860´) hinter Ulleren ist nicht das, was wir uns normalerweise aussuchen würden!
Unverfälschte Camping-Karikatur umgibt uns, offenbar stehen wir im "Vorgarten" einer ganzen Camper-Gruppe, die sich kennen und ununterbrochen gegenseitig besuchen - stehen wir vielleicht auf deren Verbindungsweg oder glauben sie beim Anblick des Redaktionsfahrzeugs, die Deutschen seien wieder einmarschiert? Einer der Norweger aus dem Wohnwagen neben uns scheint etwas angetrunken und schaut jedenfalls auch nicht sonderlich freundlich in unsere Richtung. Bei seinem nächsten Besuch bei den Nachbarn hören wir ihn irgendwelches deutsches Kauderwelsch in unsere Richtung rufen und sehen, wie alle zu uns herschauen. "Du mich auch ..." ist die allerdings nur halblaut gemurmelte Antwort - hat garantiert niemand gehört!
Trotz allem recht vergnüglich, die Beobachtung der Wochenend- oder sonstigen Camper, wir könnten glatt bei uns zu Hause sein. Hier wird wirklich kein Klischee ausgelassen, hier passt alles zusammen bis zum rund um das Vorzelt rasenmähenden Bierbauch. Der Gag ist dabei natürlich, dass der Rasen auch schon vorher kurz war ...
Um 18:00 Uhr haben wir immer noch 22-23° C im Schatten - Camper, was willst du mehr?
19. Tag: So 08.08.99 21:30 05:08
Wir verlassen den Platz schon recht früh, ringsherum rührt sich noch nichts. Die (natürlich!) für die Toiletten vergebenen Schlüssel müssen wir in den Briefkasten der Rezeption werfen. Die Fähre Kronprins Harald ist unser heutiges Ziel - das war´s dann!
Wieder ist Sonntagmorgen, ein letztes Stück E6 folgt noch kurz vor Oslo. Nach unseren Erlebnissen mit Sonntagmorgen-Autofahrern zuletzt bei Schottland 98 oder Irland 99 wird man unwillkürlich unruhig bei der Einfahrt nach Oslo: Sonntag ist der Tag, wo endlich mal alle so fahren können, wie sie schon die ganze Woche immer wollten, oder ...?!
Das erste und einzige Mal ist wieder Bom fällig - auf dem letzten Stück in Oslo vor dem Hafen erwischen sie uns: 12 Kr fordern die Wegelagerer diesmal von uns als Maut - ganz umsonst will man uns doch nicht ziehen lassen! Dafür müssen wir auch noch auf eine besondere Spur für manuelle Zahler, auf den Spuren daneben für Automatenzahlung und erst recht für Abonnenten brettert man gnadenlos an uns vorbei, als wir dabei sind, die Spur zu wechseln - Sonntagmorgen, du has(s)t uns wieder!?
Wie üblich sind wir recht früh an der Fähre, wieder mal werden wir mit dem Redaktionsfahrzeug in die erste Position einer eigenen Spur gewunken - scheint für uns fest gebucht zu sein!
Der übliche Zeitvertreib beim Warten auf das Entern des Schiffs: Während tatsächlich welche nach dem Bus zur City fragen und seelenruhig ihr Auto in der Warteschlange verlassen, bleiben andere in ihrem Fahrzeug, ohne auch nur einmal auszusteigen - und das geraume Zeit bei brütender Hitze ...
Auch ein kaputtes Womo wird angeschleppt mit deutlich sichtbaren Unfallspuren an der Vorderseite, offensichtlich ist es allein nicht mehr fahrfähig - muss man nicht haben, eine solche Tour!
Irgendwann sind wir an Bord, mitten im Getümmel der Passagiere. Die Deckversorgung mit Pölsern und Hamburgern ist deutlich umfangreicher als auf der Prinsess Ragnhild, allerdings kostet auch hier das Bier an Deck rund 9,- DM für 0,5 l - na ja, ist ja nur Geld! Aber etwas Betäubung muss schon sein, als wir aus Oslo auslaufen ...
Der Abend erlebt einen äußerst schwachen Unterhalter am Piano, gemeinsam mit dem Bierpreis schon eine harte Kombination! Aber immerhin gibt es ein hervorragendes Essen im "Steak-House" des Kronprinzen, sowas versöhnt doch gleich wieder ungemein ...
Der in der Nacht aufkommende Sturm weckt Erinnerungen: In nur einer Stunde zeigt der Suunto einen Druckverlust von 4 mbar, aber dennoch harmlos bleibt das Wetter hier, die nur geringe Reaktion des Schiffes erlaubt dann doch keinen Vergleich mit der Norröna und unserer letzten Rückfahrt aus Island ...
20. Tag: Mo 09.08.99
Das Frühstücks-Buffet erlebt uns kurz vor der Einfahrt, die Ankunft in Kiel und die anstehende Rückfahrt Kiel-München lassen sich nun nicht mehr verdrängen.
Wie auch bei früheren Rückfahrten (mit Ausnahme der von Schottland!) ist die deutsche Autobahn wieder der gewohnte Horror: Wäre man nicht schon längst Skandinavien-Fan, müsste man es spätestens jetzt werden - doch auch Autofahrers Traumland Finnland liegt nun schon weit zurück!
Mehr als 3.200 km Fahrt in Skandinavien liegen hinter uns, zusammen mit ca. 1.600 km Hin- und Rückfahrt nach München macht dies mehr als 4.800 km in der Summe - für die relativ kurze Zeit mehr als genug Kilometerfresserei ...
Als Fazit steht auf jeden Fall schon eines fest: Es war eine fantastische Reise, der bereits im nächsten Jahr eine vergleichbare folgen wird. Dann wird es deutlich weiter durch Finnland in nördlicher Richtung gehen als dieses Mal, anschließend noch ein wenig durch Norwegen bis zur Küste: die vom Eismeer! Ob dabei auch das Nordkap folgt oder doch vielleicht eher das dazu parallele Kap - das wissen wir heute noch nicht!
Unsere Tests waren ebenfalls erfolgreich: Was am besten gegen Mücken hilft und was nicht, das wissen wir jetzt ganz genau (glauben wir jedenfalls!), was wir vom Suunto Vector und unserer Sony Mavica halten sollen, ebenfalls. Auch den Flop-(oder offiziell Hebe-)sack können wir nun recht gut beurteilen: Mückenpiepser sind ähnlich wirkungsvoll, aber deutlich billiger!
Und dann noch was zum Lieblingsthema am Schluss (diesmal nicht Kreisverkehr, aber doch das andere Verkehrsthema):
Für uns sinnlose ca. 1.600 km durch die Republik, wie können wir das ändern ohne Umzug?? Weil die Bahn offensichtlich unfähig ist, ein Fahrzeug von 2,30 m oder gar 2,70 m Höhe zu befördern, müssen wir uns auch im nächsten Jahr wieder auf die geliebte Autobahn nach Norden werfen - erzeugen wir halt wieder jede Menge Abgase, verstopfen mit die Piste - aber man will oder kann es ja nicht anders! Alternative (die wir im nächsten Jahr auch verfolgen werden, aber zusätzlich): nach Süden fahren! Da ist man in München besser positioniert, da fährt man halt wieder nach Slowenien ...
Erneut einen Brief an die DB zu schreiben wie nach Norwegen 96 wird außer nichtssagendem Dummschwatz und eigenem Aufwand wieder nichts bewirken - soviel ist sicher! Aber noch was zum Ausklang: Sehr häufig an Sonntagen, wenn der Berichterstatter am Bahndamm Richtung Rosenheim vorbeijoggt, fährt er immer wieder vorbei, der Zug, den niemand kennt und von dem niemand was wissen will: die angeblich nicht mehr existente "rollende Landstraße". Jede Menge Lkw´s auf Niederflurwagen, davor ein Personenzugwagen für die Fahrer, eine laut offizieller Auskunft der Bahn nicht zulässige Kombination - sicherlich ein Geisterzug, vielleicht der "Fahrende Holländer" ...?
Nachtrag, Juli 2014: Das Ende vom Reisezug ...
Genau eineinhalb Jahrzehnte nach diesem Beitrag hat es dann doch noch gedauert, bis die Realitäten endlich anerkannt und auch zugegeben wurden: "Abschied vom Reisezug" lautet der Beitrag der SZ vom 5./6.7.14, in dem mitgeteilt wird, dass die Bahn endgültig aus dem Geschäft aussteigen will. In den kommenden Jahren werden die noch verbliebenen Linien schrittweise gestrichen und ab 2017 werden überhaupt keine Autoreisezüge mehr angeboten.
Das Geschäft habe sich "international überlebt", wird von der Bahn mitgeteilt, die Zahl der Fahrgäste habe sich in den letzten 15 Jahren mehr als halbiert und 2013 nutzten weniger als ein Prozent aller Fernverkehrs-Fahrgäste dieses Angebot. Außerhalb der Ferienzeiten blieben die Züge so gut wie leer ...
© 1999 J. de Haas