Über die Neuseeländischen Alpen

Der nächste Morgen sieht eine Tagesetappe von mehr als 110 km vor und dabei auch noch eine "Alpentour": Die Neuseeländischen Alpen gilt es zu besteigen, wenn auch wohl ziemlich bequem vom Toyota-Fahrersitz aus ...

Natürlich gehört zu einer echten Alpenexpedition auch ein knallharter Pass in schwindelnder Höhe und das wird heute der 740 Meter hohe Arthur’s Pass sein, der sich schon vom Namen her irgendwie gewaltig anhört, außerdem soll auch ein weiterer, fast unaussprechlicher Fluss, der Waikamakiri, überquert werden - volles Programm also für die Explorer Ruhetags-Fanreisegruppe.

Angesteuert werden soll nach anstrengender Alpenquerung ein Camp natürlich am See, wo sonst. Dieses Ziel befindet sich am Lake Pearson und auch das Camp nennt sich so. Dort soll es zwar Toiletten geben, aber Wasser müsse man sich aus den Gewässern holen, verrät die Planung - au weia, allerdings wegen unserer Vorräte nicht erforderlich. Dass es dort keinen Strom gibt, kann uns bekanntlich nicht erschüttern, und für die mittlerweile eingefleischten Vogelfans soll es dort genau richtig sein: Der Platz, wo man unter Willow Trees (Bruchweiden) stehen wird, gilt wohl als idealer Beobachtungsplatz für unsere inzwischen besten Freunde ...

Überall "schöne Ausblicke" ... In den Alpen wartet die Arbeit!
Genießt unser Tempo 100-Freund die Aussicht? Wenn nicht hier Radfahren, wo dann? OK, ausnahmeweise gewähren wir mal Vorfahrt!

Doch bevor es soweit ist, gilt es noch viel zu fahren. Wir erreichen den Pass, der auch unsere Tempo 100-Freunde mächtig fordert: Im Schneckentempo kriechen die vollbeladenen Sportfahrer mit ihren Vieltonnern hier nun hoch, Kurven und Steigungen am Pass tragen das Ihrige zur ungewohnten Gemütlichkeit bei. Der Hiace hat ja als "Automat" mit Stellung "1" auch einen "Berggang" () und so können wir recht bequem mithalten und sogar einen Radfahrer am Berg überholen, auch wenn es manchmal etwas zwiespältig wird mit dem Vorankommen ...

Irgendwann haben wir den Pass geschafft, nicht mal ein rauchender Motor ist zu verzeichnen und bald geht es wieder bergab - nun wachen unsere Tempo 100-Freunde wieder auf! An das Verkehrsgeschehen, das nun plötzlich irgendwie an morgendliches Sandfly-Erwachen erinnert, kann man sich aber irgendwann auch mindestens vorübergehend mal gewöhnen ...

Verschneite Alpen? Alpenüberquerung gelungen ... ... und zurück im "weiten Land" ...
Ein wenig "Alpen" bleibt uns ... ... und wieder viel Landschaft ... Darf nirgendwo fehlen: Mobiles Tempo 100-Schild ... Doch noch "Alpen" voraus!

Die wie üblich abwechslungsreiche Landschaft, die seit den "Alpen" nun auch mit verschneiten Bergspitzen glänzen kann, gibt dem Reisenden sehr viel, auch die uralte Erkenntnis "Der Weg ist das Ziel" wird einem kaum jemals so deutlich immer wieder vor Augen geführt wie hier.

Abrupte Ernüchterung macht sich nach Ankunft am Zielort breit: Das Camp wirkt mehr oder weniger wie ein größerer Parkplatz am See, ein eingezäuntes Toilettenareal und entsprechende Fahrzeuge weisen auf eine aktive Baustelle an diesem Ort hin. Die Erkenntnis, dass dies wohl nicht das erträumte See-Domizil ist, wird noch von einem kräftigen Wind unterstützt, der über den  See heranweht und auch keinerlei Schutz für den hier Campenden vorsieht. So idyllisch die Umgebung wie üblich auch sein mag, so wenig geeignet erscheint sie auf Anhieb für den hier noch etwas ratlos Herumstehenden ...

Ein kleiner Rundgang klärt die Gedanken: Was man auf jeden Fall nicht machen wird, ist eine Fotosession wie die kurzzeitig anwesenden Fernosttouris. Die zeigen hier ihre übliche Vorliebe für Springen, Hüpfen, Winken und wenn möglich auch sich irgendwo Dranhängen mit wilden Zuckungen, wenn sie vor sich eine Kamera oder zumeist ein Handy sehen ...

Geplantes Camp: Wirklich am Ziel ..? Schon tollere Parkplätze im Lande gesehen! Schön ist´s hier schon  ...
Wieder viel Landschaft ringsum ... Und deshalb braucht´s hier begeisterte Touris! Ein echter Angler lässt sich nicht stören ...

Also werden wir nicht bleiben, und eine Alternative ist auch diesmal nicht weit: Knappe 10 km entfernt ist das nächste Camp und das wird nun ohne weitere Verzögerung direkt angesteuert, auch weil es genau an unserer weiteren Strecke liegt, insofern nicht mal einen Umweg bedeutet. Und echt klasse - die nächste Tagesetappe ist dadurch sogar wieder verkürzt!

Das neue Ziel ist das Camp Mistletoe Flat Craigieburn Forest Park im wieder mal kaum nennbaren Department Te Papa Atawhai - wie soll man sich solche Aufenthaltsorte eigentlich jemals merken, wenn man nicht alles ganz genau aufschreibt und dabei möglichst keinen einzigen Buchstaben übersieht?

Der kleine Platz beginnt eigentlich an einem Wegesrand, der Weg selbst führt noch weiter zum dahinter liegenden kleinen Arrangement für Camper mit Aufenthaltsraum und Plumpsklo. Auch unsere Sandfly-Freunde sind in noch überschaubarer Dichte vorhanden, als wir oben im Camp wenden, da die meisten der wenigen Plätze dort belegt zu sein scheinen, und zwar nicht unbedingt von "richtigen" Campern, wie es aussieht. Tatsächlich kommen diese später an uns vorbei mit ihren Fahrzeugen, als wir bereits vorne am Wegesrand einen sehr individuellen Stellplatz bezogen haben: Offensichtlich befinden sich in der Nähe des Platzes auch Bauarbeiter, die hier ihre Fahrzeuge abstellen und nun in den Feierabend rollen. Auch gut - wir sind mit unserer Bleibe am Wegesrand zufrieden!

Direkt hinter uns haben wir wieder mal ein Naturidyll mit eigenem Flüsschen, auch die nahe Umgebung lädt zu einem kurzem Spaziergang ein und bietet hinter der Campzufahrt einen weiten Blick ins Land ...

Knapp 10 km weiter ... Hier wollen wir bleiben! Spaziergang angesagt ...
Deko im Mistletoe Flat ... Schifahren heute nicht geplant ...
Naturcamp ... ... mit wieder mal eigenem Fluss ... Unsere Freunde sind immer dabei ... ... und transportieren auch hier ununterbrochen ...
Stellplatz am Wegesrand ... Mit "Bierschatten" lässt´s sich aushalten ... Ein Prosit auf die Heckküche!

Der Nachmittag in der Sonne gestaltet sich erholsam, ein mit unserem zugekauften Einstiegshocker konstruierter "Bierschatten" ermöglicht dabei den entspannten Genuss passender Kaltgetränke. Auch das wieder mal selbst zubereitete Abendmahl in der Outdoor-Heckküche mit ordentlichem NZ-Wein dazu lassen wir uns von vertrauten Sandfliegen nicht vermiesen - eine zu guter Letzt noch tolle Alternative zum eigentlich geplanten See-Ziel!

Allerdings kann auch dieser positive Abend nicht darüber hinwegtäuschen, dass wir am morgigen Tag unser letztes Camp anfahren werden - und danach wird es wohl bald wieder vorbei sein mit dem Vergnügen ...


© 2020 J. de Haas