Endspurt - Auf steinigen Pfaden ...
Mittwoch, 20. November: Erneut wollen wir der Westküste Richtung Süden folgen, diesmal natürlich auf der Südinsel. Und erneut soll es wieder auf den Spuren der Goldsucher weitergehen am Zielort. Die heutige Etappenlänge von nur knapp 80 km verspricht einen nicht besonders stressigen Tagesablauf.
Wir folgen der
Straße 6 Richtung Süden, bis es an der Kumara Junction südlich von
Greymouth eine komische Anzeige vom Navi gibt, das
links abbiegen will, wo die Google-Planung eigentlich einen anderen
Streckenverlauf vorsah. Wir folgen dennoch dem Navi nach links Richtung
Südost und fahren weiter und weiter auf der Straße 73 - bis
wir den Eindruck haben, dass die Strecke ungewöhnlich lang
ist. Außerdem läuft das Navi plötzlich nur mit Akku, da sich aus unbekannten Gründen
irgendwie der Stecker gelöst hat. Es heißt also links von
der Fahrbahn runter, anhalten
und Karte prüfen, als plötzlich mit
unglaublichem Sirenengeheul ein riesiger Lkw mit den
ortsüblichen 100 km/h dicht an uns vorbei rast. Hatte den irgendwas an
unserem Halteplatz gestört oder wollte der etwa nur
verhindern, dass so ein tumber Touri in dem Moment die Tür
aufreißt, wenn er in 50 cm Abstand vorbei brettert? Wir werden es
nie erfahren, wissen aber einmal mehr, dass man hier nicht
doch noch irgendwann mal zum Lkw-Verkehrsfan werden wird ...
Unser Toyo kommt wieder zur Ruhe, als die Böenwalze vom Lkw durch ist und man kann sich erneut der Karte widmen: Der gute alte Zumo hatte doch tatsächlich "auf Akku" den Abzweig verpasst und niemand hatte es gemerkt! Tatsächlich waren wir schon etwa 10 km zu weit gefahren, durch die idyllische Landschaft zu cruisen lässt einen tatsächlich manchmal glatt den Weg vergessen ...
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Ohne zu fluchen wird gewendet und auch die 10 km in die
Gegenrichtung kann man sich problemlos noch einmal
anschauen - einfach immer noch schön!
Wir erreichen erneut den Ort Dillmanstown, und diesmal
wieder mit 12 V versorgt, meldet auch das Navi korrekt die Abbiegung,
merkwürdiger Effekt!
Bei den nun folgenden übersichtlichen Kilometern weiß man glatt nicht, worüber man sich mehr freuen soll: Über die absolut einsame, malerische Natur um uns herum oder die menschen-- und autofreie Piste, die sich kurvig vor uns windet. Wir erreichen das Tagesziel, die Goldsborough Camping Area in der Region Hokitika.
Es ist wieder ein Platz ohne Rezeption, wo man seinen Obolus einwirft und sich einen geeigneten Stellplatz aussucht. Außer uns sind lediglich zwei weitere Fahrzeuge auf dem einsamen Platz und wir finden schnell unsere Ecke an einem rustikalen Holztisch mit zwei Sitzbänken. Der Platz hat Toiletten und es gibt Wasser, mehr brauchen wir wie üblich nicht, hier und heute wird wieder selbst gekocht.
Auch an diesem Ort befindet sich eine alte Goldgräbersiedlung und wir könnten im nahen Fluss selbst mal nach Gold suchen, worauf wir allerdings verzichten. Hier gab es nicht nur Minen, es wurde auch Gold aus dem Fluss gewaschen. Einer, dem man ansieht, dass er sowas hier auf alle Fälle macht, kommt schon bald an unserem Camper vorbei: Ein uriger, vollbärtiger Typ in entsprechender Kleidung erzählt uns relativ gut verständlich von seinen Aktivitäten an diesem Ort, die sich jeweils über einige Wochen erstrecken. Er selbst hat auch schon Gold aus dem Fluss gewaschen und scheint das Ganze offenbar nicht nur als Hobby zu betreiben ...
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Schon bald versammelt sich ein anderer Trupp am Camper, der uns noch bis zur Abfahrt treu bleiben wird: Eine ganze Gruppe von Wekas findet uns offenbar interessant, auch ein Hahn befindet sich in der Gruppe, der offenbar so etwas wie die Führung übernommen hat. Hält er die Vögel etwa für Hühner, nur weil die so wirken? Wir wissen es nicht und er wird es uns auch bis zum folgenden Abreisetag nicht erklären.
Auch andere Vögel würden hier gern mal wieder gesehen: 10.000 NZ $ werden im Aushang des Camps ausgelobt für denjenigen, der Informationen dazu liefert, dass der Kokako (deutsch: Lappenkrähe) noch auf der Südinsel zu finden ist, auf dass man die Art, die offenbar vom Aussterben bedroht ist, entsprechend erhalten kann.Wir haben wohl keine Chance, diesen Preis bei unserem Aufenthalt zu gewinnen und wollen stattdessen eine Wanderung auf den nahen "Goldpfaden" unternehmen, die durch anspruchsvolles Gelände führt. Zu Zeiten des "Rush to Otago" auf der Südinsel in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts waren hier Goldsucher unterschiedlichster Nationalität unterwegs, die unter härtesten Bedingungen lebten. Der "German Gully Pack Track" hat es uns besonders angetan, der aus dem Tal rund 150 Meter in die Höhe führt und auf dem man an einigen ehemaligen Goldsucherstellen vorbeikommt. Der Name ist wohl auf ursprünglich deutsche Goldsucher zurückzuführen, die hier tätig waren. Wobei die Namen dieser Schürfstellen aber wenig aussagen, da hier z.B. auch Portugiesen, Chinesen und andere ihr Glück und schnellen Reichtum suchten.
Auf der Höhe kann man dann vorgehen bis zu einem weiteren Pfad, dem "Goff´s Track", der in insgesamt rund eineinhalb Stunden wieder zurück zum Camp führt ...
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Gesagt, getan! Der "Deutsche Gullypfad" lässt sich zunächst leicht gehen, bis er sich jedoch zunehmend steil in die Höhe windet. Irgendwann treffen wir tatsächlich auf einen weiteren Goldsucher, der sich hier zu einer ihm bekannten Stelle aufmacht. Wir erreichen schließlich ein auffallendes Gelände, das von verschiedenen Abflussgräben durchzogen ist, wodurch sich eine natürliche Spülung bei hier häufig heftigem Regen ergibt.
Schließlich oben angekommen entpuppt sich die "Scandinavian Hill Road", von der aus man "Goff´s Track" zurück zum Camp erreichen kann, als nicht enden wollende, ständig weiter ansteigende, für den Wanderer recht trostlose Schotterpiste, die bei den drückenden Temperaturen zur echten Tortur wird. Immer wieder glaubt man, hinter der nächsten Anhöhe angekommen zu sein, jedoch geht es von da aus weiter bergan.
Irgendwann erreichen wir aber ein wenig spektakuläres Schild
am Wegesrand, das auf den Anfang des "Goff´s Track"
hinweist. Da die Wetterlage unsicher zu sein scheint,
beginnen wir zügig mit dem Abstieg. Bereits nach kurzer
Strecke stellen wir allerdings schnell fest, dass es dieser
Track in sich hat: Immer mehr schwierige Stellen sind zu
durchqueren, der Untergrund ist teils schlüpfrig, teils
lauern neben dem Pfad üble Abhänge. Der Abstieg erweist sich
als echte Herausforderung, irgendwann erreichen wir eine
Stelle, die nicht jeder ohne auf dem Hosenboden zu rutschen
durchqueren kann. Der kaum noch zu erkennende Pfad über
grobes Gestein führt an einem Abhang entlang, gegen den man
sich kaum absichern kann: Kurze Unterbrechung der Kletterei
und Diskussion ist angesagt, wie man diese Stelle so
gefahrlos wie möglich passieren kann. Eines ist klar: Wenn
hier jemand abrutscht, war es das mit dem Neuseeland-Trip!
Irgendwie kann man sich trotzdem noch lustig machen über die
deutlich verharmlosenden Infos zu diesem Track, was sowohl
die "Wanderungs-Zeiten" angeht als auch die beiläufige Warnung, dass man
auf Kinder aufpassen müsse ...
Trotz in der Vergangenheit an anderen Orten schon zurückgelegten Strecken mit
Klettersteigen oder anspruchsvollen Bergpfaden sind wir
letztendlich mehr als erleichtert, als wir irgendwann
unbeschadet unten ankommen - in einem Fall zwar mit stark verlehmter Hose, aber wohlauf!
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Am Camper erwartet den erschöpften Kletterer zum Glück ein kaltes Bier und auch unsere Weka-Familie ist recht schnell wieder zugegen: Sie begleiten die Essensvorbereitungen sehr intensiv und sorgen dafür, dass man das offene Fahrzeugheck ständig im Auge behalten muss. Alles was dort nicht niet- und nagelfest ist, wird von unserer Vogelfamilie gnadenlos herausgezerrt, sei es allein oder zu mehreren.
In einem Fall
kann man gerade noch verhindern, dass eine größere Tüte mit
Vorräten unter dem Fahrzeug verschwindet. Einer der
Kameraden ist besonders auffällig: Er hinkt stark, wenn er
vorkommt um etwas zu ergattern, man hat den Eindruck, dass
das Hinken sogar nachlässt, wenn er erfolgreich war und sich
wieder zurückzieht. Und dann noch der Eindruck, dass noch
mehr heranhinken - ist das tatsächlich nur ein zweiter
Unglücklicher oder beherrscht man das hier inzwischen auf
Beutegängen? Das mit dem Mitleid funktioniert natürlich
immer, auch bei uns, wobei hier allerdings noch der Spaß
beim Zuschauen dazu kommt ...
Der Abend auf dem idyllischen Platz vergeht, ohne dass mehr Camper eintreffen. Die paar dort vorhandenen scheinen sich hier aber sehr wohl zu fühlen, was auch für uns gilt. Viele derartige Plätze werden wir wohl während unserer Reise nicht mehr anfahren können ...
© 2020 J. de Haas