Persepolis und Shiraz: 22.03. - 26.03.15

Südlich von Isfahan gibt ein kleines Wüstengebiet mit hohen Sanddünen und wir freuen uns schon auf einen entspannten Nachmittag bei einer Tasse Kaffee.

Es gibt leider nur wenige Zufahrten in dieses Gebiet und ehe wir alles so richtig wahrnehmen, sind wir wohl in einem beliebten Offroadgelände der einheimischen 4x4 Freunde angekommen: Wir werden mit einem lauten Hupen begrüßt und das Frage- und Antwortspiel beginnt von Neuem. Zugleich haben wir Kino: Mit 4x4 Fahrzeugen wie Hilux und Co. wird die Hügel hoch und runter gedonnert, was das Zeug hält. Zum Glück setzt die Dunkelheit diesem Treiben bald ein Ende; einige Hardcorefahrer wollen allerdings auch noch nachts Traktion und Drehmoment testen. Im Nachhinein wären wir wohl besser noch 10 km weitergefahren, dort fanden wir am nächsten Tag eine ruhige Ecke; vielleicht kommen wir ja mal eines Tages wieder hierher ...

Testen von Traktion und Drehmoment ... Ruhige Ecken gibt es durchaus ... Durch weite Hochebenen mit schneebedeckten Bergketten ...

Durch weite Hochebenen mit schneebedeckten Bergketten in der Ferne führt uns der Weg gen Persepolis. Wir rollen auf einer breiten, gut ausgebauten Autobahn dahin, auch heute ist der halbe Iran wieder unterwegs. Ab und zu kontrolliert die Polizei den Verkehr, an uns sind sie aber nicht interessiert. Und immer wieder Picknick; bei der Wahl ihrer Plätze scheinen die Iraner völlig schmerzfrei zu sein. Leider auch mit ihrem Abfall: Plastik und Müll in allen Ausprägungen säumen den Straßenrand und der Wind sorgt für die weitere Verbreitung in der Natur ...

Unzählige Steingravuren ...Am späten Nachmittag sehen wir von weitem schon die Säulenreihen von Persepolis und hoffen auf einen ruhigen Stellplatz hier in der Nähe.

Die Realität sieht allerdings anders aus: Kurz bevor die Tore geschlossen werden, stauen sich die Fahrzeuge mit Besuchern vierspurig in Richtung Eingang.

Am Straßenrand ist "Highnoon" geboten mit Kamelreiten, Brutzelbuden, Verkauf von Reiseproviant und natürlich immer wieder Picknick.

Der Wind deckt diese ganze Stimmung mit feinen Staub ein. Unsere hingegen ist im Keller und uns hilft nur noch der Rückwärtsgang. Inzwischen ist es stockdunkel geworden und wir finden mit etwas Mühe einen ruhigen Platz, wo wir unbehelligt und in Ruhe die Nacht verbringen.

Am Folgetag stehen wir bereits früh auf und starten einen neuen Versuch: Bereits um 7:00 Uhr stehen wir am Ticketschalter, noch ist das Gelände wenig besucht und wir können anfangen, die Ruinen mit ihren unzähligen Steingravuren auf uns wirken lassen. Inzwischen ist uns auch der abendliche Stau klar: Die Iraner haben die Nacht in Zelten und in den Autos auf dem Parkplatz verbracht.

Persepolis wurde 518 v. Chr. von König Darius gegründet, um dem damaligen achämenischen Weltreich, welches von Persien bis nach Pakistan reichte, einen angemessenen Rahmen zu geben.

Reste vom Königspalast ...In Stein gemeißelte Gravuren von ca. 30 Delegationen säumen die Eingangstreppe zum zentralen Palast und zeigen, in welcher Aufmachung sie dem König die Ehre erwiesen.

Vom Königspalast selbst sieht man heute noch die Fundamente sowie einige der 19 m hohen Säulen, die wieder aufgerichtet worden sind. Die zentrale Halle mit 3.600 qm soll Platz für bis zu 10.000 Menschen gehabt haben. Ehrfürchtig stehen wir vor diesen Ruinen und stellen uns vor, wie sich das damalige Leben hier wohl abgespielt hat ...

Zu Mittag verlassen wir die Anlage, denn es wird jetzt sehr voll und wir fahren noch in das 55 km entfernte Shiraz. Die Stadt hat heute 1,5 Mio. Einwohner und liegt auf 1.500 m Höhe. Die Außenbezirke wirken trostlos, verstaubt und nicht fertig gebaut. Das Zentrum hingegen hat herrliche Moscheen, Plätze und Parkanlagen.

Shiraz ist auch als Stadt der Rosen und Nachtigallen bekannt; wir besuchen noch das in einem Park gelegene Mausoleum von Hafis (gestorben 1389) , einem der berühmtesten Dichter des Landes. Seine Dichtkunst wurde von Goethe zutiefst bewundert und er verfasste daraufhin den "west-östlichen Divan". Die Bevölkerung verehrt diesen Dichter und so waren wir mal wieder inmitten des Trubels. Inzwischen wünschen wir uns manchmal eine Tarnkappe, um für einige Zeit einfach mal Ruhe zu haben. Es ist ja immer sehr freundlich gemeint, aber es kostet auch immer wieder Kraft, Smalltalk zu führen oder sich im Kreise von Familien fotografieren zu lassen ...

Die Nacht verbringen wir 20 km entfernt in einem ruhigen Seitental abseits einer Piste, nachdem auch hier die "Picknicker" eingepackt haben.

Am zweiten Tag in Shiraz besichtigen wir die Vakil-Moschee; ihre zentrale Halle wird durch 48 Marmorsäulen getragen. Einmal mehr stehen wir vor Fliesendekoren mit einer unglaublichen Ausstrahlungskraft und Filigranität.

Wieder Fliesendekore ... ... in der Vakil-Moschee

Der Höhepunkt des Tages ist aber der Besuch des Shah-Cheragh Heiligtums: Es enthält den drittheiligsten Schrein der Schiiten. Der Besuch dieses Schreins ist üblicherweise nur Moslems vorbehalten. Im nach Männern und Frauen getrennten Eingangsbereich werden wir aufgefordert, Platz zu nehmen und zu warten. Nach einigem (getrennten) Warten werde ich von einem Beamten begrüßt, der sich durch seine Schärpe "international affairs" ausweist und mich durch den gesamten Komplex begleiten wird.

Sonny hat inzwischen ein Shador um und ebenfalls eine Begleiterin: Sie führen uns über zwei Stunden durch die Anlage bis zum Schrein und erklären uns die Historie und Besonderheiten dieses Heiligtums. Wir sind aufgewühlt und tief berührt von den Stimmungen und der Ausstrahlung dieses Ortes. Leider dürfen wir nur mit den Smartphones ein paar schnelle Schnappschüsse machen, mehr ist nicht erlaubt. In einem kleinen Museum werden uns danach noch alte Koranschriften und historische Funde erläutert ...

Besuch des Shah-Cheragh Heiligtums Die Ausstrahlung des Ortes kann berühren ... Führung durch die Anlage mit anschließender Einladung zum Tee ...

Im Büro gibt es später für uns noch eine Tasse Tee und wir sollen uns in das Gästebuch eintragen. Überwältigt von all diesen Eindrücken werden wir noch zum Ausgang begleitet und freundlichst verabschiedet.

Für weitere Sehenswürdigkeiten fehlt uns jetzt die Energie. Wir erwerben noch für 3 EUR eine iranische SIM-Karte für Internetzugang, kaufen geschätzt einen qm Fladenbrot und fahren zu unserem selben Stellplatz wie die Nacht zuvor. Einigen freundlichen Picknickern, die sich wie zufällig unserem Auto nähern, müssen wir jetzt die rote Karte zeigen; wir haben keine Kraft mehr und wollen das Erlebte von heute erst einmal verarbeiten ...


© 2015 Hans-Jörg Wiebe