Persischer Golf: 27.03. - 30.03.15
Die Straße von Shiraz an den Persischen Golf ist in unserer Straßenkarte noch nicht verzeichnet, aber bereits enthalten auf den frei im Internet verfügbaren Karten auf Basis von OSM (Open Street Map).
Mit Hilfe dieser Karten, die oftmals sehr detailgenau und präzise sind, können wir einfach mit unserem IPhone ohne Internetzugang den aktuellen Standort bestimmen und auch durch größere Städte punktgenau navigieren. Es ist schon faszinierend, wie einfach die Navigation in fernen Ländern heute damit geworden ist ...
Immer wieder wechseln sich schroffe Berglandschaften mit weiten Hochebenen ab, fliegende Händler am Straßenrand bieten Obst, Gemüse oder Nüsse an und lassen den Reisenden auch fernab von Ortschaften nicht verhungern.
Wir nächtigen mal wieder abseits der Straße, nach einer kleinen Flussdurchquerung in einem geschützten Seitental. Die Furt wird von Einheimischen mit ihren PKW´s ebenfalls befahren und meistens geht dies auch gut. Am kommenden Morgen durften wir dann aber doch noch einen Beitrag für die deutsch-iranische Völkerverständigung leisten, indem wir einen PKW aus einer misslichen Lage mit unserem Toyo befreien konnten ...
Langsam verlassen wir die Hochebenen von ca. 1.500 m und über mehrere steile Bergkämme geht es wieder hinunter bis auf Meereshöhe. Es wird spürbar heißer und wir sehen im Dunst den ersten Tanker.
Wir passieren bald darauf den Industriekomplex Asalouyeh. Auf gut 10 km wird Erdöl und Erdgas verarbeitet und verschifft; es herrscht ein unglaubliches Gewirr von Industrieanlagen, Baustellen und brennenden Gasfackeln. Es stinkt nach Gas und wir sind froh, als wir dieses Gebiet hinter uns lassen können ...
Wir finden einen idyllischen Standplatz im Sand am Meer und einmal mehr bringt uns unser Auto die entscheidenden Meter bis zum gewünschten Platz. Wir haben es uns zur Gewohnheit gemacht, das Hubdach erst nach Eintritt der Dunkelheit zu öffnen, um neugierigen Fragen wegen Übernachtungen aus dem Wege zu gehen.
Wir genießen den Ruhetag am Wasser mit Baden, Muscheln sammeln und ich nutze die Zeit für den fälligen Schmierdienst und Filterwechsel am Fahrzeug. Baden ist für mich kein Problem, Frauen hingegen sind auch beim Baden komplett einschließlich Kopftuch bekleidet. Sonny hat kein Interesse an einer Runde Kleiderschwimmen wie zu Zeiten der DLRG-Prüfung und so bleibt es beim Füßebaden im warmen Wasser ...
Die nun anstehende Strecke nach Bandar Abbas zieht sich und ist oftmals eintönig: Der Himmel ist sandfarben; die Berge verschwinden und wir fahren durch weite, völlig ebene Schwemmsandgebiete. Für das Auge gibt es wenig Abwechslung, die wenigen Ortschaften sind nicht einladend. Müll und Staub weht um halbfertige Häuser, an denen offensichtlich schon länger nicht mehr gebaut wurde. Massive Bodenwellen ersetzen Geschwindigkeitsschilder und die Polizeikontrollen nehmen Richtung Bandar Abbas zu. Erstmals nach unserer Einreise werden die Pässe kontrolliert, bei der Rückgabe erkundigt sich der Beamte, aus welchem Land wir denn kommen und heißt uns im Iran willkommen.
Manche Ortseinfahrten sind opulent ausgestattet, aufwendige Blumenrabatte mit Baumreihen säumen die Straße. An den Straßenlampen hängen große Plakate von Jugendlichen, die als Märtyrer des Krieges gegen den Irak verehrt werden und dazwischen hohe Geistliche, die gütig auf die Verkehrsteilnehmer herabschauen ...
Wir nähern uns der Hafenstadt: Industriekomplexe und eine nicht endende Kette von LKW- und Autowerkstätten säumen den Weg. In der Ferne liegen Schiffe vor Anker und in einem Containerterminal herrscht emsiges Treiben. Alles wirkt auf uns chaotisch und schmutzig, gleichwohl werden wir immer wieder angehupt und gegrüßt.
Mehr als einmal sind wir froh, wenn die Fahrer vor lauter Freude und Winken noch auf den Verkehr achten. Wir passen beim Fahren höllisch auf und versuchen immer, die nächsten Fahrmanöver der Fahrer zu erahnen; die uns aus Deutschland vertrauten Regelwerke sind hier meistens obsolet. Hupe, Lichthupe und das eigene Ziel vor Augen sind hier oft der Maßstab des Handelns.
Irancell hat uns inzwischen einige SMS auf Farsi geschickt; wir versuchen hier nochmals in diversen Läden, diese entziffern zu lassen und unserer SIM-Karte Leben einzuhauchen, aber irgendwas stimmt nicht. Auch das Angebot eines hilfsbereiten Iraners, mit Hilfe seines Smartphones und WIFI unseren Rechner ins Internet zu bringen, war leider nicht erfolgreich. Internetcafés sind hier im Zeitalter der Smartphones inzwischen obsolet geworden und so verbleiben die Reiseberichte bis auf weiteres auf unserem Rechner. Vodafone geht hier nicht, zum Glück haben wir aber noch unsere italienische Prepaidkarte und können unseren Kindern von Zeit zu Zeit wenigstens ein Lebenszeichen schicken, solange das Budget der Karte noch reicht ...
Dafür können wir uns auf dem Fischmarkt mit fangfrischem Thunfisch und zwei weiteren Fischen eindecken und ein hilfsbereiter Iraner führt uns noch zu einem Geldwechselbüro, nachdem mehrere Banken unsere Euros nicht haben wollten. Aus 200 Euro werden knapp 7 Mio Rial und wir sind für einige Zeit Millionäre. Das mit dem iranischen Geld ist gar nicht so einfach: Mit den vielen Nullen kommt man schon mal durcheinander, außerdem wird beim Bezahlen der Preis meistens in Tuman (1 Tuman = 10 Rial) angegeben. Inzwischen haben wir aber das Preisniveau einigermaßen erfasst:
- Obst und Gemüse sind vergleichsweise so teuer wie in Deutschland
- Fladenbrot ist preisgünstig
- Trinkwasser in Flaschen ist doppelt so teuer wie Diesel
- oder anders herum: eine Tankfüllung Diesel entspricht zwei großen Wassermelonen
Zum Abschied fahren wir noch an der Uferpromenade entlang; an sämtlichen Grünstreifen herrscht wie immer munteres Picknicktreiben, da die Feiertage noch nicht vorüber sind. Bei knapp 40°C tragen die Frauen noch mehrere dunkle Gewänder übereinander, unvorstellbar für uns.
In unserem Wagen hingegen läuft die Klimaanlage auf Hochtouren,
wir sagen dem Golf Adieu und nehmen wieder Kurs auf die Hochebenen
des Iran; die Wüste Lut ist unser nächstes Ziel ...
© 2015 Hans-Jörg Wiebe