Fast da ... |
Auf zur Grenze ...Die Brücke trägt wirklich maximal nur 10 Tonnen - selbst mit meinen 8,5 Tonnen ist mir etwas mulmig zumute! Ich frage mich, was machen die ganzen schweren Lkws, die Richtung Mongolei fahren? Die Frage soll erst ein Jahr später, nachdem ich die Strecke berufsmäßig befahre, beantwortet werden - sie fahren auch rüber! Der schlechte Straßenzustand verringert mein Vorankommen erheblich, für die knapp 220 km bis zur Grenze benötige ich zwei Tage. Die Landschaft ist hier wie ausgewechselt. Ist man am Baikalsee noch durch Sibirische Taiga gefahren, hat sich die Landschaft innerhalb weniger Kilometer völlig gewandelt. Man fährt hier durch eine Kombination von Wermutsteppe und Kiefernwälder. Jetzt im Sommer steigt auch das Thermometer auf deutliche 40°C - das macht dem Motor bei den vielen Bergen ganz schön zu schaffen! Aber irgendwann ist Kjahta erreicht. Der russische Grenzort zur Mongolei macht einen sehr verschlafenen Eindruck. Und richtig, an der Grenze geht es sehr gemütlich zu. Ich habe schon sehr viele Grenzorte erlebt, aber hier regiert die Gemütlichkeit pur. Ich reihe mich in die Schlange der wartenden Fahrzeuge ein, nun wird sich zeigen, ob ich mit diesem Fahrzeug bis in die Mongolei fahren kann oder nicht. Ich bin extrem angespannt, denn immerhin bin ich nun schon fast 8.000 km unterwegs und ich möchte wirklich ungern umkehren ... Nach zwei Stunden kommt Bewegung auf. Es scheint irgend wie weiter zu gehen. Allerdings setzt sich nur die Pkw-Schlange in Bewegung. Ich begebe mich an den vordersten Schlagbaum der Grenzstation, um mehr in Erfahrung zu bringen: Der Grenzer kann mir keine Auskunft geben, da er kein Englisch spricht. Er holt aber den wachhabenden Offizier heran und dieser erklärt mir in gebrochenem Englisch, dass ich hier leider nicht mit dem Auto die Grenze zur Mongolei passieren kann. Eigentlich gibt es gar keinen Grenzübergang zur Mongolei, der für Ausländer geöffnet ist. Ich bin sprachlos, sollte ich die gesamte Strecke umsonst gefahren sein? Ich bin entmutigt, denn alle Versuche, irgend eine Ausnahme zu erwirken, bleiben erfolglos. Auch indirekt angebotene Dollarbeträge fruchten nicht: Das ist die erste Grenze innerhalb Russlands, bei der ich erlebe, dass die Beamten nicht bestechlich sind oder mal ein Auge zudrücken. Was bleibt, ist die Ratlosigkeit. Verhandlungen ...Aber siehe da, nach einiger Zeit kommt der leitende Offizier noch einmal mit einem Lösungsansatz auf mich zu. Wie es scheint, sind die Beamten hier auf solch ein Problem eingestellt. Wie sieht nun die Lösung aus, die mir von russischer Seite offeriert wird? Da der Grenzübergang nur für Mongolen oder Russen geöffnet ist, soll ich den in der Nähe befindlichen Bahnübergang benutzen. Mein Auto würde dann von einem mongolischem Fahrer über die Grenze gebracht werden und ich könnte das Fahrzeug dann auf der mongolischen Seite wieder in Empfang nehmen. Im ersten Moment hört sich diese Lösung sehr abenteuerlich an - es würde bedeuten, dass ich mein Fahrzeug einem wildfremden Menschen anvertrauen sollte, ohne Garantie, ob ich denn das Auto auf der anderen Seite wirklich wieder vorfinden würde. Ich brauche einige Zeit, um mich mit dieser Lösung auch nur ansatzweise anzufreunden. Aber andererseits, was bleibt mir denn anderes übrig? Wenn ich nicht auf diesen Vorschlag eingehen würde, müsste ich wieder zurück fahren, denn nachdem ich die Grenzanlagen auf einigen Kilometern Länge inspiziert hatte, erkannte ich recht schnell, dass es auch unmöglich sein würde, die Grenze zur Mongolei auf Schleichwegen zu überschreiten. Die Grenzanlagen erinnern mich stark an die ehemalige deutsch-deutsche Grenze. Fester Stacheldraht, Patrouillenwege und Wachtürme befinden sich entlang der Grenze ... Also füge ich mich in mein Schicksal. Ich willige ein und das Fahrzeug kann in die Grenzstation einfahren. Die Abfertigung ist sehr formal und überraschend gründlich. Natürlich ist hier auch eine kleine Gebühr fällig. Dann kann ich mein Fahrzeug abschließen, ich erkläre dem mongolischem Fahrer noch schnell die wichtigsten Funktionen und dann sehe ich mein Auto nur noch von hinten Richtung Mongolei fahren. Zurück bleibe ich mit der Hoffnung, alles drüben auf der anderen Seite unversehrt wieder in Empfang nehmen zu können. Ich mache mich schnell auf den Weg, um noch rechtzeitig am Bahnhof, der ca. 30 km entfernt ist, anzukommen. Ein Taxi ist schnell gefunden und ab geht es zum Bahnhof ... Auf dem Bahnhof wartet auch schon ein einsamer Wagon, in dem die Reisenden aus Ulan-Ude auf die Grenzabfertigung warten. Mit dem Bahnticket ist es noch etwas kompliziert, da man beim russischen Bahnsystem die Fahrkarten vorbestellen muss. Aber der Taxifahrer managt das Problem und dann kann ich den Wagon betreten: Dort herrscht das übliche Chaos. Waren aller Art stapeln sich im Gang, Kinder spielen oder schreien und es ist unglaublich heiß hier. Verlassen darf man den Wagon nicht, so wird mir bedeutet. Also setze ich mich hin und hoffe, dass der Zug bald abfährt. Aber dem ist nicht so - der Zug fährt mit ca. 2 Stunden Verspätung ab. Die Strecke ist schlecht und so kann der Zug nicht schnell fahren. Im Schritttempo überquere ich die mongolische Grenze. Nach weiteren 15 km komme ich in Suchbatar, dem ersten Bahnhof in der Mongolei, an. Ich hatte gehofft, dass die Abfertigung in der Mongolei etwas schneller geht, aber da habe ich mich geirrt. Mit einer unglaublichen Gründlichkeit wird jeder Fahrgast und sein Gepäck kontrolliert. So zögert sich alles unglaublich lange heraus, und ich sitze im Zug wie auf glühenden Kohlen, da ich ja noch mit einem Taxi wieder zur mongolischen Seite des Autogrenzübergangs muss. Nachdem alle abgefertigt sind, geht es raus: Dort empfängt uns gleich ein Sandsturm ... Dann ist es nicht so einfach, ein Taxi zu finden. Aber endlich gelingt mir auch das und wir fahren zurück zum Grenzübergang, an dem hoffentlich noch mein Auto steht. Den Grenzübergang erreichen wie nach Einbruch der Dunkelheit, natürlich ist auch der Grenzübergang geschlossen und alles ist stockfinster. Aber es gibt genügend Löcher im Zaun und so mache ich mich auf die Suche nach meinem Fahrzeug. Mir ist bang, ob es denn auch wirklich da ist. Ich kann es nicht sofort finden, aber schließlich sehe ich die Aufbauten hinter einem Zaun vorschauen. Ich bin unglaublich erleichtert und beruhigt besteige ich dann mein "Zuhause". Erst jetzt bin ich so richtig in der Mongolei angekommen. Am nächsten Tag meldet sich auch schon sehr früh der mongolische Leiter der Grenzstation und verlangt eine nicht unerhebliche "Gebühr" in US $ - in diesem Fall natürlich ohne Quittung. Nachdem die Gebühr entrichtet ist, geht alles wie von selbst. Nur oberflächlich wird alles gecheckt. Alle Daten werden in große Listen eingetragen und dann kann ich fast offiziell die Mongolei betreten ... |
© Text/Bilder 2001 Vait Scholz