Letzte Etappe: Bayankhongor nach Ulan Bator
Die Freude ist nicht umsonst: Wieder werden wir mit einer Teerstraße für die Mühen belohnt. Leider endet diese aber schon nach 5 km, wie üblich in einem großen Erdhaufen. Seufzend fahren wir ab. Die Piste schlängelt sich direkt an der Straße entlang, die - warum auch immer - noch nicht für den Verkehr freigegeben ist ...
Rinderherden haben es sich auf dem frischen Teer bequem gemacht und beobachten die Autos, die sich nebenan durch den Sand den Berg hinaufquälen. Etwas deprimiert und mit dem Blick auf die Teerstraße quälen wir uns ebenfalls durch das Gelände. Eine Stunde später scheint die Teerstraße freigegeben: Die Fahrzeuge vor uns wirbeln keinen Staub mehr auf.
Bloß schnell weg von der Buckelpiste! Alle fahren auf den Teer und wir folgen. Als es zu dämmern anfängt, fahren wir einfach wieder auf die alte "Hauptpiste" mitten in die Bergen: Nur 200 Meter von der Teerstraße entfernt, ist niemand mehr zu sehen und wir genießen die großartige Aussicht über die Gipfel ...
Schon am nächsten Tag erreichen wir Avairkheer, ab hier, haben wir gehört, führt mit Sicherheit eine geteerte Straße bis in die Hauptstadt Ulan Bator. In Erdenesant findet gerade das Naadamfest statt (jede Stadt hat ihr eigenes Naadam, in Ulan Bator gibt es jedoch das größte) und so kommt es, dass wir auf einmal von Rufen aufgeschreckt werden: Direkt vor unserem Fenster reitet die mongolische Jugend dem Ziel des Wettrennens entgegen. Begleitet werden die Reiter von ihren Familien, die im Auto daneben fahren und die Kinder anfeuern. Im Ziel warten Hunderte von Menschen - in der Mongolei ist das eine unglaubliche Menschenmasse - und klatschen bis zum letzten Reiter infernalisch.
Die letzte Teilstrecke (knapp 600 km) nach Ulan Bator schaffen wir dank der Teerstraße in zwei Tagen. Kurz vor der Stadt sehen wir unseren ersten Baum seit rund 10 Tagen: Ja tatsächlich, die Bäume haben wir vermisst!
Als wir die Stadt vor uns sehen, können wir kaum glauben, dass so viele Menschen an einem Fleck leben: 10 Tage Einsamkeit, unterbrochen von einigen Aimags, die aber sehr überschaubar waren, lassen selbst das kleine Ulan Bator riesig erscheinen. Knapp die Hälfte der mongolischen Gesamtbevölkerung lebt hier, rund 1,3 Millionen Menschen.
Wir suchen das Oasis Guesthouse (N47° 54’ 41.7´´ E106° 58’ 52.1´´), das ein Treffpunkt für Overlander sein soll. Dafür müssen wir die Stadt einmal von Osten nach Westen durchqueren. Der Verkehr ist unglaublich: Regeln scheinen keine zu existieren. Jeder stellt sich irgendwo hin und fährt los in die Richtung, in die er muss. Von der Linksabbiegerspur wird auch gern geradeaus oder sogar rechts weiter gefahren. Alle Nase lang bleibt ein Auto liegen. Gott sei Dank flößt unsere Größe einen gewissen Respekt ein. Zudem ist auch die mongolische Stadtbevölkerung sehr neugierig. Fensterscheiben werden runtergekurbelt und los geht’s: "Seid ihr mit dem Auto durch die Wüste gefahren? Wo kommt ihr her? Cool …"
Wir sehen ein LKW-Verbotsschild vor uns: Sind wir ein LKW oder ein Wohnmobil? Wohnmobile gibt es ja eigentlich nicht in der Mongolei. Die Einschätzung hängt immer vom Beamten ab und die Diskussionen können sehr langwierig werden, hinzu kommt in manchen Länder, dass die Polizei gern ihr Gehalt gerade bei solchen "Verstößen" ein bisschen aufstockt. Aber wir fahren durch. Und genau 100 Meter später steht auch die Polizei und versucht, des Verkehrs Herr zu werden: Es ist das erste Mal, dass wir in der Mongolei Polizei sehen. Uns stockt der Atem, aber sie winken uns durch. Der Weg zum Oasis Guesthouse ist frei ...
Angekommen im Oasis Guesthouse treffen wir auf zahlreiche andere Reisende, die ihre Geschichten erzählen: Von der Straße zwischen dem Baikalsee und Wladivostok, die schurgrade 2.500 km verläuft, von der Wüste Gobi im Süden der Mongolei, von China, der Seidenstraße und im speziellen immer wieder vom Pamir-Highway. Diesen Pamir-Highway müssen wir unbedingt befahren: Quasi jeder, den wir treffen, schwärmt und flucht gleichzeitig davon. Unsere Neugierde ist geweckt!
Die Abende und Nächte im Oasis Guesthouse können lang und feuchtfröhlich werden und sind meist durchzogen von dem lauten Ausruf des Missfallens derjenigen, die das erste Mal Airag, die gegorene Stutenmilch, probieren ...
Ulan Bator selbst stellt sich als richtige Großstadt heraus: Alles ist zu haben. Es gibt sogar zahlreiche vegane Restaurants und das in der Mongolei! Es existiert auch ein großer Markt für Autoersatzteile. Auf dem Boden wird alles nachgebaut, was die Mongolei von den Fahrzeugen als Tribut verlangt. Federn werden gedreht, Dichtungen nachgeschnitten und Abschleppseile geflochten.
Die Tage fliegen dahin. Wir beantragen unser China Visum und erhalten es drei Werktage später ohne Probleme. Um Geld zu sparen, fahren wir in einer Gruppe durch China. Die Mitreisenden haben wir über das Weltreiseforum gesucht und gefunden. In Ulan Bator treffen wir uns alle das erste Mal. Informationen zur Durchfahrt Chinas mit dem eigenen Fahrzeug könnt ihr hier finden.
Die Reisenden von drei der vier Fahrzeuge beschließen in den nächsten
Tagen zu einer Tour in die Wüste Gobi aufzubrechen: Mit
Ruth und Walter und
Verna und Benni geht es also
ab in die Wüste Gobi, um weitere Abenteuer zu erleben ...
Weitere Informationen zum Fahren in der Mongolei sind
hier
zu finden.
Das Land entwickelt sich gerade rasant.
Wir gehen davon aus, dass in ein bis zwei Jahren alle Hauptverbindungsrouten
geteert sein werden und sich dadurch auch das nomadische Leben der Bevölkerung
verändern wird (Zuzug an die Straße).
Wer plant, in die Mongolei zu reisen, sollte dies baldmöglichst tun, um die wunderbare Natur und das ursprüngliche Leben der gastfreundlichen Bevölkerung noch zu erleben!
Übersicht: Von uns befahrene Teerstraßen
Südroute - West-Mongolei - nach Ulan-Bator
Grenze Richtung Ölgii
- im Bau, teilweise geteert
Ölgii Richtung Khovd - ca. 70 km geteert
Khovd Richtung Altai - ca. 180 km geteert
Altai-Bayankhongor - ca.
120 km geteert
Bayankhongor - Ulan-Bator - komplett geteert, aber viele riesige Löcher
Kartenmaterial und Reiseführerempfehlung Mongolei
© 2014-2015 Astrid Eisheuer & Sven Gruse, www.rightbeyondthehorizon.com