WK I: Die ersten Panzer der Welt
Kriegsende-Monster (1): Der "MARK VIII - Liberty"
Vorbemerkung
Bei unserer bisherigen Serie über die ersten Panzer der Neuzeit hatten wir lediglich sechs unterschiedliche Typen ausgemacht, die im Ersten Weltkrieg zum Einsatz an der Front kamen. Was zum Abschluss der Serie allerdings auch noch interessant erscheint, ist die Entwicklung von Panzern, die erst später in den Kriegsjahren erfolgte und die somit wegen dessen Ende im Jahr 1918 schließlich nicht mehr zum Einsatz kamen. Allerdings wurden sie noch als Prototyp fertigstellt oder sogar nach Kriegsende noch in unterschiedlichen Stückzahlen gebaut.
Es sind in dieser Kategorie drei weitere erwähnenswerte Panzer zu finden, die eher noch bizarrer sind als die bisher vorgestellten. Auch deren Entwicklung erfolgte bei den einstigen Kriegsgegnern: Ebenfalls wieder in Frankreich, in Deutschland sowie in Großbritannien/USA. Alle diese drei Tanks haben gewisse Gemeinsamkeiten, die es u.a. zulassen, von uns als "Kriegsende-Monster" bezeichnet zu werden. Außer dieser Eigenschaft bestehen weitere Gemeinsamkeiten, die bei der Betrachtung deutlich werden.
Zunächst einmal ist allen die Berücksichtigung von Erfahrungen des jahrelangen Stellungskrieges anzusehen, die sich auch in bestimmten Konstruktionsmerkmalen niederschlagen. Und die bereits zwei Jahrzehnte später im WK II keine Bedeutung mehr haben sollten, in einem Krieg, der zu deutlich anderen Entwicklungen führte.
Die Konstrukteure der "Kriegsende-Monster" hatten hauptsächlich die Schützengräben vor Augen, wobei man davon ausging, dass diese in Zukunft immer weiter ausgebaut würden. Aus diesem Grund erschienen immer größere und vor allem längere Tanks erforderlich, um solche gewaltigen Gräben zu überwinden. Die Panzer in diesem Teil unserer WK I-Serie haben deshalb alle eine Länge von über 10 Metern bis hin zu 13 Metern. Die beiden extremsten Exemplare wogen zwischen 70 und 120 Tonnen - größere Panzer hat es danach niemals mehr in der Kriegsgeschichte und bis zum heutigen Tag gegeben ...
Außer der gigantischen Größe wurde aber auch bei allen drei Panzern das Prinzip der "Rundum-Bewaffnung" beibehalten, das noch dem Gedanken des "Landschlachtschiffs" folgte und im nachfolgenden Krieg ebenfalls keine Bedeutung mehr hatte. Nur bei einem der hier vorgestellten Tanks wurde wenigstens zusätzlich noch ein drehbarer Geschützturm vorgesehen, wenngleich auch anders als bei den Jahrzehnte später folgenden moderneren Entwicklungen. WK I - Konstruktionen waren nach Kriegsende nicht mehr Stand der Technik, da auch die Zeit der Schützengräben vorbei war ...
Geschichte
In der Folge des von uns bereits vorgestellten MARK IV gab es in der MARK-Familie Weiterentwicklungen, die u.a. über den MARK V, MARK VI bis zum MARK VII reichten. Vom letzteren fertigte man mit den Nummern 5051 und 5052 zwei Exemplare, wobei man nach Tests weitere Bestellungen stoppte. Beide Tanks wurden in der Folgezeit verschrottet.
Sämtliche Weiterentwicklungen in dieser Panzerfamilie erfolgten auf Basis der charakteristischen Rhomboidform, so auch der anschließend konzipierte MARK VIII. Im August/September 1917 wurde von Leutnant G.J. Rackham die Entwicklung dieses Tanks vorangetrieben, der auch für die amerikanischen Alliierten von großem Interesse war - immerhin hatte er im Gegensatz zu ebenfalls von den Amerikanern genutzten kleinen Zweimann-Panzern vom Typ Renault FT die richtige "amerikanische" Größe: Eine Länge von über zehn Metern zum Überqueren von mehr als vier Meter breiten Schützengräben.
Bereits ein Jahr zuvor hatte der US-General John Pershing den Aufbau der ersten Panzereinheit der US Army veranlasst. Nach Besichtigung der britischen Panzerproduktion durch Offiziere der US-Armee bekundeten die Amerikaner zunächst Interesse am MARK VI, was jedoch bereits kurz darauf in Hinblick auf den in Entwicklung befindlichen MARK VIII abgeändert wurde.
So wollten die im Frühjahr 1917 in den Weltkrieg eingetretenen amerikanischen Verbündeten diesen Panzer bei den für das Jahr 1919 geplanten Durchbruchsschlachten ebenfalls einsetzen und Pläne sowie Muster des Tanks wurden in die USA gebracht. Erste Vorhaben sahen allerdings eine Aufteilung der Produktion durch britische und amerikanische Hersteller auf französischem Boden vor, was jedoch u.a. aufgrund des weiteren Kriegsverlaufs sowie des folgenden Kriegsendes nicht mehr zustande kam.
Die Amerikaner übernahmen später von den Briten fertiggestellte Panzerteile, im wesentlichen Panzerwannen und Laufwerke für rund 100 Fahrzeuge. In den USA erfolgte anschließend der weitere Bau sowie die Ausstattung mit amerikanischen Motoren, im Gegensatz zu u.a. Rolls-Royce-Motoren der britischen Prototypen. Die als "Liberty"-Panzer oder als "The International" bezeichneten amerikanischen Versionen wurden auch in Kanada bis in die dreißiger Jahre zu Trainingszwecken eingesetzt.
Spezifikationen
Der MARK VIII behielt viele Merkmale wie beim MARK IV bereits beschrieben: Neben der typischen Form war auch kein drehbarer Turm vorhanden, sondern die bekannten erkerförmigen Kasematten auf beiden Seiten in der Version "Male" mit zwei 5,7 cm Kanonen. In Hinblick auf eine verbesserte Transportfähigkeit wurde der längere Rumpf zusätzlich verschlankt. Am Heck befindet sich ein dreieckiges "Schutzblech" gegen Beschuss von hinten. Auf dem Rumpf befindet sich ein größerer Überbau auf der Fahrerseite und vom einräumigen Rumpf ist man bei diesem Panzer ebenfalls abgekommen: Zum ersten Mal wurde dabei der Motorraum vom Kampfraum durch ein Schott getrennt, wodurch die Besatzung (außer dem dort tätigen Mechaniker) besser vor Lärm und Abgasen geschützt war, was auch durch eine verbesserte Ventilation unterstützt wurde. Eine ebenfalls optimierte Getriebesteuerung ermöglichte eine bedarfsgerechtere Verteilung der höheren Motorleistung auf die Antriebsräder bei Fahrt und Lenkung.
Wesentliche Daten des MARK VIII: Länge ca. 10,40 m, Breite ca. 3,80 m, Höhe 3,12 m, Gewicht 37 - 44 t, Besatzung: 10 - 12 Mann (US-/UK-Version). Höchstgeschwindigkeit: 10,4 km/h, Reichweite: 80 km, Bewaffnung: Zwei 5,7 cm Kanonen + 5 - 7 Hotchkiss MGs. Motorisierung: V12 Liberty-Motor (US-Version), Rolls-Royce oder Ricardo-Motoren (UK-Versionen), von 150 PS bis ca. 340 PS. Panzerung: 6 - 16 mm. Schützengräben mit einer Breite von 4,40 m konnten überquert werden.
Literatur
- British Battle Tanks, World War I to 1939,
David Fletcher, © 2016 Osprey Publishing Ltd., ISBN 978-1-4728-1755-6 - British Mark IV Tank, David Fletcher,
© 2007 Osprey Publishing Ltd., ISBN 978-1-84603-082-6 - Panzerkampfwagen im Ersten Weltkrieg, Wolfgang Fleischer,
© 2017 Motorbuch-Verlag Stuttgart, ISBN 978-3-613-03972-8
Das Modell
Der Kartonmodellbausatz stammt wie auch eines unserer Modelle vom Renault FT vom polnischen Verlag GPM (Katalog-Nr. GPM-0570DK) und hat wie bisher alle unsere Modelle dieser Serie den Maßstab 1:25. Es handelt sich hier um den amerikanischen schweren "Liberty"-Panzer mit der taktischen Nummer 67999.
Auch dieses ist ein recht kompliziertes Modell mit einer Unmenge von Einzelteilen einschließlich Kettengliedern. Die Bauanleitung mit ausführlichen grafischen 3-D Detailskizzen ist in polnischer Sprache, die sich allerdings mit Google in erstaunlicher Qualität übersetzen lässt.
Die Bestellung erfolgte wie schon oft bei HMV Fentens Kartonmodellbau, wo der Bogen für happige 28,90 EURO plus Lasercutsatz Spanten und Zubehör (23,90 EURO) sowie Lasercutsatz Ketten (23,90 EUR) zu haben ist (Stand Januar 2021). Für insgesamt rund 77,- EUR unser bisher teuerstes Kartonmodell dieser Serie!
Merkwürdig erschien zunächst, dass der Bogen auf seinem Titelblatt den Maßstab 1:25 ausweist, allerdings sowohl Grundmodell wie auch Zubehör auf der Webseite des HMV mit Maßstab 1:33 angegeben war. Auf unsere Anfrage in dieser Sache erhielten wir zunächst keine Antwort, jedoch erfolgte kurz danach beim Modell eine Änderung von Angaben, so dass wir erneut nachhakten:
"Nachdem wir bezüglich abweichender Maßstabangaben zwar keine Antwort von Ihnen erhielten, wurde allerdings anschließend zumindest der Maßstab auch des Grundmodells auf 1:25 abgeändert. Danke ..! Der zweite Teil der Anfrage blieb indes unberücksichtigt: Der überteuerte "Lasercutsatz Ketten" blieb unverändert mit dem Maßstab 1:33 erhalten. Was hat es damit auf sich? Auf der Webseite von GPM, wo das Modell nur mit dem Spantensatz aufgeführt ist (wohl zusammen für umgerechnet ca. 22 EUR) ist von diesem Kettensatz keine Rede. Es wäre erfreulich, wenn Sie einem Kunden, der dieses Modell gerne bestellen würde, zumindest eine kurze Antwort zur Klärung zukommen lassen könnten ..."
Nun erhielten wir eine Antwort, und zwar dass der Maßstab 1:25 durchgängig zutreffen würde und auch der Kettensatz der von GPM sei im selben Maßstab. Warum berichten wir über diesen Sachverhalt? Nun, bei unserem nächsten Modell dieser Serie geht es wohl eher zufällig ebenfalls um den Maßstab, aber dazu mehr an anderer Stelle!
Zurück zum MARK VIII: Auch dieses Modell haben wir standardmäßig "eingeschmutzt" und noch mehr: Da man hier ebenfalls Teile bauen kann, die nach Fertigstellung des Modells niemand mehr zu Gesicht bekommt, weil sie verdeckt im Inneren liegen, haben wir wie auch schon bei den Innendarstellungen des Renault FT von GPM wieder mit abnehmbaren Teilen gearbeitet: Den vorderen und hinteren Teil des linken Kettenmoduls gibt es deshalb mit der möglichen Innenausstattung. Wenn man die Oberteile der Kette abnimmt, erhält man Einblick in das Innere der Kettenführung und hinten in die Übertragungszahnräder des Kettenantriebs. Der vordere Teil der Kette ist zusätzlich wie bei einer Montage heruntergeklappt und ermöglicht so auch einen Einblick von vorn unten.
Insgesamt ein über 40 cm langes sowie sehr gelungenes und ansehnliches Modell eines der "Kriegsende-Monster"!
© 2021 J. de Haas, Bild oben rechts: aus David Fletcher, "British Battle Tanks", Bild oben links: Wikipedia
Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Jürgen finden sich in unserer Autorenübersicht!