Ab in die Wetterküche ...
Zur Einstimmung haben wir einige Wetterbilder - meist aus einem Fenster der Redaktion - zusammengestellt (bei Klick darauf wird ein Video dazu angezeigt). Alle diese Wolkenformationen verheißen nichts Gutes und gehören zur Wolkenklasse Cumulonimbus, abgekürzt Cb oder auch "Charlie Bravo" genannt ...
Aber wie entstehen diese Wolkengebilde?
Drei Zutaten braucht man dazu in der Wetterküche:
- Luftfeuchtigkeit
- Instabilität durch warme Luft in Bodennähe und kalte trockene Luft in der Höhe.
- Strömungen durch die Temperaturunterschiede in den Wolken. Die warme Luft steigt nach oben, kühlt ab, kondensiert und fällt wieder herab. Erreicht sie den Boden, haben wir ggf. Regen, Graupel oder Hagel.
Treten dazu noch Scherwinde auf (Winde mit unterschiedlichen Richtungen in den verschiedenen Höhenlagen) beginnt die Luft mit Auftrieb zu rotieren. Stabilisiert sich die Rotation, spricht man von einem "Mesozyklon". Innerhalb steigt die Luft auf, an den Außenseiten fällt sie wieder ab - eine Art Luftfahrstuhl. Mesozyklone kann man i.d.R. leider nicht sehen, sie werden aber von den Wetterradaren dank des Dopplereffekts erkannt. Hierzu mussten Algorithmen entwickelt werden, wie man Mesozyklone überhaupt erkennen kann. Das gelang schließlich im Jahr 1968 erstmalig den Forschern Armstrong und Donaldson.
Wie heftig die Auswirkungen des Mesozyklons sind, hängt von verschiedenen Faktoren ab:
- Höhe über Grund
- Vertikale Ausdehnung (Gesamthöhe) - mindestens 3 km bis zur Stratosphäre
- Rotationsgeschwindigkeit der Luftmassen
- Horizontale Ausdehnung (Durchmesser), i.d.R. 2 - 10 km
- Reflektivität (durch die Dichte der Hydrometeore).
Fällt der Wolkenbereich mit dem stärksten Aufwind stark ab und schiebt sich unter die Gewitterwolke, nennt man dies "Wallcloud". In diesem Wolkenbereich gibt es keinen Niederschlag, er kann sich aber zu einer Trombe oder bei Bodenkontakt zu einem Tornado bzw. bei Wasseroberflächen zu einer Wasserhose entwickeln.
Mesozyklone werden in 5 Stufen klassifiziert, Stufe 5 ist am bedrohlichsten, es können Wallclouds entstehen mit Tornados, wenn der Mesozyklon bodennah auftritt.
Wer sich nur allgemein über nahende Unwetterlagen informieren will, findet schnell Infos bei der Unwetterzentrale. Leider ist die Seite für Smartphones nicht optimiert (Stand Juli 2021), sodass man am Smartphone besser über die Postleitzahleingabe Infos abruft und weniger in der Karte klickt, vor allem wenn man die Karte zoomen will.
Die Warn-App NINA hat am 10.09.2020 beim bundesweiten Problealarm kläglich versagt: Sie blieb stumm. Wir hatten damals beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Bonn nachgefragt und auch Antwort bekommen .
Mittlerweile scheint NINA nun Warnungen zu übermitteln (siehe Einstieg des Artikels).
Will man aber live die Fronten und Mesozyklone heranziehen sehen, so kann man das perfekt anhand der Livekarte von Meteopool (Vorsicht: "Suchtpotential"! ).
Die beiden obigen Bilder zeigen die Situation am Tag der "Ahrweiler-Katastrophe" (14.07.2021). Zur korrekten Interpretation des Radarbilds vom Meteopool gelten folgende Farbcodierungen sowie die Farben für die als Kreise angezeigten Mesozyklone.
Klickt man auf das Mesozyklon-Symbol, so werden weitere Detailinformationen angezeigt:
- Stufe (Intensity)
- Höhe über Grund (Base)
- Vertikale Ausdehnung (Top)
- Rotationsgeschwindigkeit (Base Speed)
- Reflektivität (Max dBZ)
- Kurzname des Wetterradars ISN → ISEN, EIS → Eisberg
- Höhenwinkel des Radarumlaufs, bei dem der Mesozyklon entdeckt wurde.
Wer den Mesozyklon animiert sehen will, klickt auf 3D. In den Einstellungen kann die Anzeige des Tracks (Spur) der Mesozyklonen aktiviert werden.
Benutzer können sich als "Stormchaser" bei Meteopool registrieren. Über Einstellungen kann man sich deren Standorte einblenden und ggfs. Text- und Sprachnachrichten abrufen, mit denen die Stormchaser aktuelle Ereignisse kommentieren oder dem Zuhörer einen Eindruck geben wollen, wie sehr der Regen prasselt, Wind heult oder Hagel knallt ...
Neben den Wolkenfronten mit den Mesozyklonen werden - falls man es in den Einstellungen aktiviert - auch die Blitzaktivitäten angezeigt. Zum einen die Blitze der letzten Stunde: Diese werden als kleine Kreuze angezeigt, die Farbe der Kreuze signalisiert das Alter des Blitzes. Wer sich mehr für Statistik interessiert, kann sich die Anzahl Blitze der letzten Stunde oder des letzten Tages einblenden lassen.
Da der DWD das Wolkenradar nur alle 5 Minuten aktualisiert - somit auch Meteopool - und wir zur Zeit extrem langsam ziehende Fronten haben, kann man sich über die Zugrichtung einen schnellen Überblick verschaffen, in dem man die Tracks der Zyklone und / oder die Abfolge der Blitze einblendet (Zugrichtung: von den blauen Blitzmarkern zu den roten Blitzmarkern - siehe Bild unten).
In der Meteopool Live-Karte kann man sich zusätzlich Wetterradare, Wetterstationen und auch Startpunkte von Radarsonden (Wetterballone - demnächst als Nachtrag zu diesem Artikel) einblenden und Informationen dazu anzeigen lassen. Alles, was der Hobby-Meteorologe braucht ...
Auch wenn wir fasziniert und oft angespannt die Wettereignisse verfolgen, so freuen wir uns doch, wenn endlich alles vorbeigezogen ist, die Unwetterzentrale in hellgrün leuchtet, die Livekarte von Meteopool sich leert und NINA keine Nachrichten mehr schickt. Dann ist es Zeit, aufzuatmen und vielleicht den Regenbogen zu genießen ...
© 2021 Sixta Zerlauth, Screenshots: Meteopool.org
Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Sixta finden sich in unserer Autorenübersicht!