Exkursionen am Lago d´Iseo ...
(1) Kirche San Fermo
Von Anfang an war unser Blick am Berghang hinter dem Campingplatz Olivella hängen geblieben: Mehre hundert Meter über dem Ort Pilzone befindet sich ein auffälliger, einsamer Kirchturm im Berg, der geradezu erwandert werden will.
Wir machen uns auf den Weg in die Höhe: Zuerst kommen wir am Anfang der historischen "Antica strada Valeriana" vorbei (siehe unten), die hier in Pilzone beginnt, beim anschließenden geruhsamen Anstieg sammeln wir Unmengen von Maronen, bis wir zuletzt in einer Höhe von rund 510 m angekommen sind und vor der der Kirche stehen (Zugegeben: Zuerst sind wir an der Kirche vorbei weiter in die Höhe geklettert, bis wir sie plötzlich unter uns durch den Wald lugen sahen ...)
Von hier oben bietet sich ein atemberaubender Panoramablick über den Lago d´Iseo und die dem Ort Sulzano vorgelagerte Insel "Monte Isola" - der Aufstieg ein absolutes "Muss" für jeden, der hier Halt macht ..!
(2) Entlang der "Antica strada Valeriana" nach Sulzano
In Pilzone beginnt eine historische alte Straße, die östlich vom Lago d´Iseo auf den Höhen Richtung Norden bis Pisogne verläuft: Der schmale, teils kopfsteingepflasterte Weg "Antica strada Valeriana" lädt zu einer Wanderung ein, die wir bis Gazzane unternehmen, einem kleinen Ort oberhalb von Sulzano.
Von der "Straße" aus bieten sich viele wunderbare Aussichten auf den See und seine Umgebung und so sollte man dann auch bis Sulzano wandern, wenn man von dort aus mit der Fähre zur vorgelagerten Insel Montisola übersetzen will.
Selbstverständlich lassen wir uns den Weg nicht entgehen und so bieten sich uns eine Vielzahl schöner Ausblicke und Eindrücke der landschaftlich imposanten Umgebung. Bei unserer Wanderung kommen wir auch an einer Baustelle vorbei, die Schlimmes ahnen lässt: Hier wird offenbar heftig an einer neuen Umgebungsstraße gearbeitet, die durch Tunnel vorbei an Sulzano führen wird. Die Tunnelröhre macht trotz oder wegen einiger herum stehender Stühle einen seltsam verlassenen Eindruck und erst später stellen wir fest, dass es sich hier keinesfalls um eine Bauruine handelt, wie wir zuerst vermuten, sondern durchaus um eine noch ernst gemeinte Baustelle.
Wenn hier erst der Verkehr rollt, wird es mit der Ruhe zwischen den vereinzelten, noch bewohnten Häusern wohl vorbei sein ...
Direkt neben der Baustelle kommen wir erneut zu einer Kirche, die den Abstieg von der "Antica strada" nach Sulzano markiert. Auch während wir hier kurz Halt machen, fällt uns das seit Tagen fast schon vertraute Dauergeballere auf - diese Jagdsaison scheint dazu zu führen, dass man auf alles schießt, was sich bewegt.
Wie zum Beweis hören wir plötzlich, wie ein Schuss in den Baumgipfel über uns einschlägt: Ein heftiger Blätterregen beweist, dass hier offenbar ein fähiger Schütze am Werk ist. Das seinerzeit gut geübte militärische "Volle Deckung" fällt unter diesen Umständen nicht besonders schwer: Doch während man sich noch darüber Gedanken machen kann, auf wen und in welcher Form man das Feuer erwidern sollte, ist es auch schon vorbei - nur vereinzeltes Geballere ist danach während des Abstiegs nach Sulzano noch zu hören ...
Nach einem Glas Rotwein in der Sonne am Ufer des Iseosees in Sulzano und Betrachten des geschäftigen Treibens an der Fähre zur gegenüber liegenden Insel machen wir uns auf den Rückweg nach Pilzone: Diesmal geht es auf der Autostraße am Seeufer entlang zurück - nichts für schwache Nerven!
Da hier nicht der schmalste Seitenstreifen für Fußgänger vorgesehen ist, muss man entlang der weißen Begrenzungslinie an der Fahrbahn vorbei "tänzeln", um heil zurück zu kommen - kaum einen Meter entfernt vom vorbei rasenden Verkehr.
Fußgänger sind hier auf der Strecke zwischen Solzano und Pilzone offensichtlich nicht vorgesehen: Beim Versuch, ein solches seltenes Exemplar zu fotografieren, versucht ein Womofahrer offenbar gezielt, den Fotografen mit seinem Außenspiegel aus dem Weg zu räumen - heute bereits zum zweiten Mal ein Anlass zu bedauern, dass man völlig unbewaffnet losgewandert ist ...
Aber die gute Atmosphäre, viele freundliche Menschen und das schöne Wetter versöhnen sofort wieder mit der Umwelt - ein gelungener Abend am Seeufer und im Antico Eden ist wirklich durch nichts zu gefährden ...
(3) "Wanderung" nach Iseo
Sandro hatte uns gerügt, als er uns beim Bardolino-Trinken "erwischt" hatte: Hier am Lago d´Iseo ist nicht die Gegend, Wein vom Gardasee -dem Veneto-, zu trinken!
Immerhin befinden wir uns hier in der Weinregion Lombardei und dort im Gebiet der "Franciacorta", die den Bereich zwischen Brescia und dem Iseosee bezeichnet. Dieses Gebiet verfügt über zahlreiche Sehenswürdigkeiten, die man leicht übersehen kann, wenn man hier nur auf der Durchreise ist. Wie man erfährt, wurde die Gegend vom Brescianer Adel schon vor Jahrhunderten für den Landurlaub entdeckt. Und so ist es nicht weiter erstaunlich, dass es hier viele Schlösser, alte Landsitze und auch Klöster gibt.
Und auf eines weist Sandro ganz besonders hin: Wenn man vom Iseosee und der Franciacorta spricht, darf man vor allem nicht den hier heimischen Wein vergessen. Aus dieser Region sollen die die besten Sektsorten Italiens stammen und die Weingüter sind beachtlich!
Also machen wir uns auf die "Wanderung" entlang der Autostraße nach Iseo, den belebten Hauptort der Umgebung, wo am heutigen Wochenende viele in der "City" flanieren und auch die Hafenatmosphäre am Seeufer direkt neben der Innenstadt genießen. In Idro ist auch die "Tankstelle" für gute Weine der Region: Sandro empfiehlt uns das "Caffe Enoteca Cinema Teatro Eden" an der Piazza Garibaldi im Ortszentrum.
Fast automatisch zieht man Vergleiche: Ist die "Enoteca" eine Art italienischer "System bolag", also eine Einkaufsmöglichkeit für Alkoholika, wie wir sie seinerzeit im schwedischen Kiruna aufsuchten? Nein, hier hat man zum Alkohol natürlich ein viel entspannteres Verhältnis als in Schweden und außerdem ist es in dieser Lokalität auch viel gemütlicher: Nicht nur, dass es sich hier um eine Mischung aus Bar und Café handelt, sondern man kann auch noch in aller Ruhe den Wein probieren, den man zu kaufen gedenkt.
Wir probieren einige Sorten und kaufen schließlich den "Capineto" von Tenuta Castellino - ein hervorragender Tropfen, den wir auch gern zurück zum Campingplatz schleppen. Waren wir auf dem Hinweg noch ähnlich "komfortabel" an der Autostraße entlang gelaufen wie am Vortag zwischen Sulzano und Pilzone, so nehmen wir für den Rückweg nun die Bahn: Die Fahrt mit der abwechselnd in unterschiedliche Richtungen fahrenden, einspurigen Bahn nach Pilzone ist sicher ein Erlebnis und die richtige Interpretation des Fahrplans verlangt Nüchternheit und Glück - belohnt wird man damit, dass man wieder am kleinen Bahnhof von Pilzone entsteigen kann und nach nur wenigen Schritten entweder direkt im Antico Eden oder wieder auf dem Campingplatz Olivella von Sandro sitzt. Und wenn das kein angenehmer Ausklang des Tages ist, wenn man dazu noch seine nagelneuen Flaschen "Capineto" für zuhause verstaut ...
Nachtrag, Juli ´16: Der Lago d´Iseo wird zur Berühmtheit
Kaum sind wir 15 Jahre weg vom Lago d´Iseo, schon wird er berühmt!
Ein lange Jahre geplantes Projekt fand am 03. Juli 2016 nach zweiwöchiger Dauer sein Ende: Die "Floating Piers" als neustes Projekt des Künstlers Christo zogen in zwei Wochen rund 1,3 Millionen Besucher in die Region rund um Sulzano.
Die "schwimmenden Stege" in der Länge von 4,5 Kilometer und 16 Meter Breite verbanden in dieser Zeit das Festland mit der oben erwähnten Insel "Monte Isola" und der anderen Insel "San Paolo".
Bereits seit 2014 in Planung, erstreckte sich das Kunstwerk letztlich über 70 qkm. Getragen von ca. 200.000 Kunstsoffschwimmwürfeln zog sich ein gelb schimmerndes Polyamid-Gewebe mitten durch die Natur und bildete so einen "wankenden" Steg ohne Geländer, über den die hunderttausende Besucher barfuß und ohne Schwimmweste gehen konnten. 150 Wachleute und 30 Rettungsschwimmer waren während des Projekts im Einsatz, wegen Überfüllung musste das Kunstwerk zuletzt nachts geschlossen werden.
Aufgrund des Massenansturms und enormer Müllmengen gab es gewisse Probleme im Raum Sulzano, so dass die Anwohner nach Ende des Projektes eher erleichtert waren. Erstaunlicherweise kam in den zwei Wochen der "Kunstausstellung" niemand zu Schaden ...
© 2002-2016 J. de Haas