Aostatal und Canavese (24.09. - 26.09.17)
Heute geht es weiter ins Aostatal: Kurz vor 12 Uhr rollen wir von unserem Stellplatz und da sind dann auch die Marathonläufer schon durch, die am Vormittag zu einer Sperre der Ortsdurchfahrt von Mergozzo geführt haben. Bald sind wir auf der Autobahn und da es Sonntag ist, haben wir kaum Verkehr. Also Tempomat eingestellt und in die Landschaft geguckt!
Es hat zwischen 20-23°C und es ist ziemlich dunstig. Über den Bergen hängen Wolken, so dass wir gar nicht wahrnehmen, wie wir an den Alpen entlang westwärts fahren. Nach knapp zwei Stunden Fahrt haben wir die Ausfahrt Quincinotto auf der Aosta-Autobahn erreicht: Der Camping Monbarone liegt nur einen Steinwurf von der Ausfahrt entfernt und leider hört man das auch. Der Platz an sich ist einfach und durch viele Dauercamper geprägt. Aber der Empfang durch die Platzchefin ist sehr herzlich und bei 17 Euro Standardtarif für die Nacht können wir wirklich nicht meckern.
Nachdem wir uns ein ruhiges Plätzchen "al fondo", also im hinteren Platzteil ausgesucht haben, machen wir erst einmal Brotzeit. Der Ausblick von unserem Platz ist ganz nett und wir sehen direkt auf die Weinberge von Torredaniele.
Die "Via Francigena" führt mitten durch den Ort und wir machen uns auf zu einer kleinen Erkundungstour: Mit etwas Suchen finden wir den Weg in die Weinberge und werden immer wieder wenig freundlich von kläffenden Hunden hinter diversen Zäunen begrüßt. Allerdings ist der Weg markiert und wir steigen bald über uralte und steile Winzerpfade durch die Weinterrassen.
Der Weg führt uns bei schöner Abendsonne in einem Bogen auf die andere Seite des Weinbergs und nach einer guten Stunde sind wir wieder am Campingplatz. Zurück am Wohnwagen braten wir Kastanien und kochen damit zusammen mit Kürbis und Paprika eine orientalische Gemüsepfanne. Der Wind legt sich etwas und wir können bei milden Temperaturen und blauem Himmel während des Abendessens den Fledermäusen beim Jagen zusehen. Als Zugabe gibt es auch noch ein nettes Glockenspiel vom nahen Kirchturm aus dem Ort.
Bald nach dem Abendessen geht es zu Amaro und dunkler Schokolade in den Wohnwagen. Schnell noch den Tagesbericht ins Laptop getickert und nicht zu viel über die Wahlergebnisse der Bundestagswahl nachdenken. 41% Prozent Wahlbeteiligung am frühen Nachmittag schockieren zunächst ein wenig. Wir haben natürlich schon vor unserem Urlaubsbeginn per Brief unsere Stimmen abgegeben, so können wir dann wenigstens mit Recht auf die Politik schimpfen. Wer nicht wählt, sollte sich auch danach nicht beschweren! Die Beteiligung steigert sich später jedoch noch ganz erheblich, am Schluss sind es dann doch noch rund 76% geworden ...
Am nächsten Morgen ist der Himmel bedeckt, aber mit 15°C wirkt es erstaunlich warm und sogar das Gras ist über Nacht trocken geblieben. Wir wissen nicht so recht, was wir mit dem Tag anfangen sollen und so fahren wir erst einmal in den Nachbarort Carema zu einer Weinkellerei. Wir probieren 2-3 verschiedene Weine und nehmen schließlich eine Kiste "bunte Mischung" mit: Alles keine wertvollen Tropfen, aber ehrliche und preiswerte Weine. Mit dabei sind Sorten, die unser Reiseführer als autochthone Reben bezeichnet hat.
Nach der Beschreibung des Verkäufers scheint das jedoch eher ein Missverständnis zu sein: Der Rotwein Türel enthält zwar einen Teil seltener Reben aus der Region, besteht aber hauptsächlich aus Nebbiolo- und Ner d’Ala-Trauben. Egal, es sind gute Tropfen und der Preis ist ok!
Wir laden die Weine wieder am Wohnwagen ab und beschließen aufgrund des besser werdenden Wetters, doch eine Tour aus dem "Denzel" zu fahren: Es ist die Nr. 332 von Pont Saint Martin bzw. dem Ort Bard mit dem gleichnamigen berühmten Fort, nach Dondenaz. Das "Forte di Bard" beherrscht die ganze Talbreite an einer imposanten Engstelle.
Wir fahren am Westhang des Tals in die Höhe: Nach vielen Kurven und einigen Kehren erreichen wir den kleinen Skiort Champorcher. Auffallend sind die zahlreichen französischen Ortsbezeichnungen, die von der wechselvollen Geschichte zeugen. Kurz hinter Champorcher geht dann der Asphalt schlagartig in Schotter über und wir sind erstaunt, wie weit sich die Straße den Berg hinauf windet. Immer wieder queren wir große Geröllfelder und rumpeln über teils sehr tief ausgewaschene Stellen hinweg.
Leider spielt das Wetter nicht mit: Wir fahren teilweise direkt in den Wolken und von den um uns herum aufragenden Bergen ist null Komma gar nichts zu sehen. Die Straße endet dann laut Denzel auf 2.110 Meter Höhe an einer Art Parkplatz.
Die von dort aus weiter führenden Wege sind entweder gesperrt oder mit dem Hinweis auf ein Naturschutzgebiet versehen. Wir machen hier kehrt und stärken uns zuvor bei 6°C und Wolken mit einer Brotzeit. Wieder zurück im Tal sehen wir uns den kleinen Ort Donnas mit seinem mittelalterlichen Ortskern und der alten Römerstraße an.
So verschlafen wie sich dieser Ort präsentiert, hält es uns aber nicht lange. Im Nachbarort Pont Saint Martin ist die Römerbrücke eine gute Nummer größer und der Ort selbst ist auch wesentlich belebter.
Hier gibt es endlich den ersehnten Espresso und wir nehmen uns noch ein paar hausgemachte Biscotti mit. In Quincinotto gegenüber von unserem Camping soll es diverse Restaurants bzw. Pizzerien geben. Wir finden jedoch außer verdammt engen Gassen nicht wirklich etwas und beschließen, wieder einmal selbst zu kochen. Es gibt äußerst leckere Crepes und wir lassen den Tag ruhig ausklingen ...
Am nächsten Morgen sieht es Richtung Alpen auch nicht nach Sonne aus und wir einigen uns auf einen Ausflug ins Flachland. Am Südende des Aostatals ändert sich die Landschaft schlagartig und die Poebene ist ein starker Kontrast, zumal sich die Temperatur schnell über die 20°C Marke schiebt und die Sonne mehr und mehr die Oberhand gewinnt.
Aus den vielen Tipps zur Erkundung der Region haben wir uns das Städtchen Vercelli ausgesucht: Die Fahrt über die Landstraße dauert länger als gedacht und wir erreichen den Ort erst kurz vor Mittag. Zufällig ist dort heute Wochenmarkt und mangels Touristen wirkt alles sehr lässig und wir fallen schnell in eine Art "dolce-far-niente-Modus" ...
Wir erkunden den Markt und die sehenswerte Altstadt mit der imposanten Backsteinkirche "Basilica di Sant’Andrea". Zum Abschluss essen wir eine Kleinigkeit in einem Bistro, das in einen Buchladen integriert ist. Auch hier sind wir die einzigen Touristen und viele Studenten bevölkern die Tische um uns herum. Satt und zufrieden machen wir uns auf den Rückweg ins Aostatal. Vor unserem Wohnwagen lassen wir den Tag bei einem Glas Wein aus dem Nachbarort ausklingen ...
© 2018 Matthias Bernhard