Island  Island 2009 - 2013: Land Rover Treffen

Viele liebenswerte Spinner auf einem Platz ...


Land Rover ...

Orden und Ehrenzeichen von 2009 & 2013 ;-)… warum sollte das ausgerechnet in Island etwas Besonderes sein? Land Rover Serie Modelle sind auf dieser Insel deshalb so populär und häufig, weil diese Autos in den 60er und 70er Jahren des letzten Jahrhunderts die Standardfahrzeuge in der Landwirtschaft waren. Durch den Zapfwellenanschluss konnte allerhand landwirtschaftliches Gerät angeschlossen werden: Vom Mähwerk bis zum Heuwender. Auch die Geländegängigkeit war natürlich geeignet, um jedes Jahr die Schafe in der Pampa einzusammeln.

Da die Isländer nichts wegschmeißen, stehen sie immer noch auf den Höfen herum und laden zum Basteln ein. Für viele Menschen dort sind es deshalb Fahrzeuge ihrer Kindheit ... und an die erinnern sie sich gerne!

Als ich meinen OneTen MY83 vor vielen Jahren kaufte, lernte ich schon auf der Überführungsfahrt nach Hause den ersten Menschen kennen: Ich machte Pause auf der Raststätte an der Autobahn und als ich zurück kam, stand einer begeistert vor dem Auto und erklärte mir, dass es wohl einer der ersten OneTen sei und fragte, ob da noch der V8 drinnen sei. Während ich mit den Schultern zuckte, erklärte er mir sehr genau, was ich da eben gekauft hatte!

Da dachte ich mir "Ok, an diesem Auto ist was anders!" Diese Mentalität ist es wohl, die sich auch auf den Treffen auswirkt. Die Ergebnisse der Basteleien mit alten Autos sieht man bei den Land Rover Treffen … besser als neu.

Reste (1) Reste (2) Reste (3) Aus alt mach neu

Über Isländer, die ich bei meinem ersten Besuch auf der Insel kennen lernte (durch den Landy natürlich) und die immer noch gute Freunde sind, kam ich 2009 zum ersten Mal zum Treffen. Damals noch in Húnaver. Nicht zuletzt aus den genannten Gründen ist ein alter Land Rover die Eintrittskarte zu den Isländern: Er ist das kommunikativste Auto der Welt und ich kann es lange nicht mehr an zwei Händen abzählen, wie viele Freunde ich durch ihn fand und wie viele Menschen ich dauerhaft kennen lernte. Dieses Auto sorgt erstaunlicherweise dafür, dass sich Menschen freuen. Dabei ist er doch auch nur ein Blecheimer .... aber irgendwie muss er doch so was wie eine Seele haben, denn jeder sieht in ihm nicht den Blecheimer, sondern die Geschichten, die er erlebt hat ...

Selbst gebaut

Markentreffen sind überall sowohl vom Inhalt, als auch vom Ablauf her quasi gleich. Dabei spielt die Marke, noch nicht einmal die Fahrzeugart, wirklich eine Rolle. Überall geht es um das Beisammensein, um gemeinsame Interessen und um Spaß. Hier trifft man jedoch herrliche Spinner und gehört auch als Neuling sofort dazu. Ein recht weit verbreitetes Hobby ist es, verlängerte Autos durch Verlängerung der alten Chassis zu bauen.

Serie I Längslenker nach unten gesetzt Verlängert?

Die für Island typischen großen Räder können durch tieferes Anschweißen der Aufnahmen für die Längslenker am Chassis eingebaut werden. Auch das ist sehr beliebt und ein Markenzeichen geworden. Der typische "Isländer" hat große, breite und weiche Räder und kann deshalb auch auf den Schneefeldern im Hochland fahren. Bei dieser Maßnahme bleibt trotz großer Räder die Fahrwerksgeometrie erhalten. Die Anbringung der Längslenker wird dabei um das Maß der Höherlegung durch die Räder nach unten gelegt. Man will gar nicht wissen, was hierzulande der TÜV wohl sagen würde. Vermutlich würde man noch über der Grube der Prüfer sofort verhaftet. Im Bild ist an der Hinterachse stilisiert, was gemeint ist ...

Spaß und Spiel

Allerlei Zeitvertreib gibt es natürlich auch: Das geht von gemeinsamen Chören und Gesang, über Gitarre spielen auf dem Platz bis zu Hindernisparcours. Kinderbespaßung steht allgemein sehr weit vorne.

Ein Hindernisparcours wird deutlich schwieriger, indem ein dreibeiniger Ständer mit Golfball in einem schaukelnden Löffel auf die Motorhaube gestellt und man dann über den Parcours gescheucht wird ... möglichst ohne den Ball zu verlieren. Hat man ein Reserverad auf der Haube, werden damit natürlich durch die zusätzliche Höhe die Ausschläge des ganzen Gestells größer (Vorsicht: schon wieder Physik) und die Chancen, den Ball an Ort und Stelle zu halten, tendieren gegen Null.

Lalalala ...

Verschränkung völlig serienmäßig Wippe Feder ausgehängt

Gemeinsam geschraubt werden muss auch, wenn sich in der Verschränkungspassage eine Hinterachsfeder ausgehängt hat. Gar nicht so untypisch bei höher gelegten Defendern ohne Federcones, die das verhindern würden, aber natürlich ein Klacks zu reparieren. Solche Kleinigkeiten ziehen Helfer förmlich an und alle stürzen sich voller Freude drauf.

"Mein Freund, gleich helf’ ich dir ..."

Impressionen

Alles ist heute möglich: Motor raus und Grill rein, dann halbiert und Hinterteil weg, alles auf einen Anhängerrahmen montiert und schon ist der Grillanhänger fertig ...

Viel Landschaft für´s Treffen ... Echtes Holz zum Grillen Wachsscheite fürs Feuer … hust, hust ...
Das Vorderteil eines Serie Land Rovers als Grillanhänger Irgendwann muss man aber wieder mal runter ... Immer schön gerade halten ... Und auch mit ihm rauf auf die Wippe ...
Erinnerungen für´s Familienalbum ... Verschränkung ok? hualp ...

So sieht der Isländer (und nicht nur er) dann nach erfolgreichem Abend aus. In den Feuerstellen brennen übrigens Wachsscheite aus dem Baumarkt, da normales Brennholz auf Island in Ermangelung alter Bäume kaum vorhanden ist. Die Wachsscheite verströmen nicht gerade Lagerfeuerduft, aber sie brennen. Traditionell gab es auf Island Bauholz und Feuerholz seit der Landnahme durch die Wikinger immer nur in Form von Treibholz, das bis aus Sibirien seinen Weg fand und findet. Massiv aufgeforstet wird erst seit ca. 30 Jahren.

Ausfahrt

Ohne gemeinsame Ausfahrt geht es auch hier nicht. Tatsächlich ist sie aber besonders für Touristen speziell. Deshalb ist die gemeinsame Ausfahrt in die Gegend, wo der normale Tourist eher selten bis gar nicht hin kommt, ein Highlight, das man nicht alle Tage, nicht mal bei einem Islandurlaub, hat. Ein gut gemachter Ford Bronco darf logischerweise auch mit. Die alten Broncos sind auf Island auch nicht selten.

Unauffälliger Ford Ausfahrt

Natürlich ist das Treffen auch ein soziales Event für die isländischen Land Rover Freunde, die sich hier einmal im Jahr ungezwungen treffen können ...

Nebensächlichkeiten ...

Da Alex, der als ständiger Teilnehmer bereits zum Inventar gehört, auf die Medaille für die weiteste Anfahrt verzichtete (er hätte sie sonst quasi dauernd bekommen), konnte ich sie zumindest beim zweiten Mal völlig berechtigt abstauben, als ich aus Zürich kam. Beim ersten Mal war ich Nutznießer, denn er hatte eigentlich einen Tick weiter zu fahren. Insgesamt bekam ich sie bereits zweimal ...

Alexs 101 Forward Control Gerechte Medaille

Früher war der Club im Internet unter www.islandrover.is zu finden. Seit geraumer Zeit ist die Website jedoch down und die Aktivitäten sind auf Facebook umgezogen, was ich erst spät herausfand. Da ich jedoch sowohl Facebook als auch WhatsApp verweigere, ging der Kontakt verloren. Ich mag einfach keine Anbieter, die mir vordergründig etwas gratis bieten, mich aber mit meinen Infos dann selbst zum Produkt machen. Besonders eifrig scheint der Club in seinen öffentlichen Mitteilungen sowieso nicht mehr zu sein, was jedoch den familiären Charakter nur unterstreicht. Und der war schon damals für mich wichtig bis zu meiner letzten Teilnahme am 10-jährigen Jubiläum im Jahr 2013. Neun Jahre später war ich dann schließlich auch zum bisher letzten Mal auf der Insel, aber auch darüber gibt es hier im Magazin bereits einen Bericht ...

Derzeit befindet sich der immer noch veranstaltende Club auf Facebook. Wer des Isländischen mächtig ist, findet hier einen Bericht zum 20jährigen Bestehen im letzten Jahr in der Zeitung. Einen deutschen Kontakt gibt es mit Alex auch.

Hierzulande gibt es drei verschiedene Typen von Roveristen:

Die Kiesgrubenfraktion, die Reisefraktion und die Eisdielenfraktion. Erstere spielt jedes WE in der Kiesgrube im Dreck und entsprechend ist das Auto umgebaut. Reisen geht damit nicht. Die zweite Fraktion will reisen und ist deshalb nur eingeschränkt kiesgrubentauglich. Die Dritte will mit viel Blingbling und unbenutztem Hardcore Zubehör einfach nur gut aussehen und fährt deshalb nur vor die Eisdiele, um gesehen zu werden.

Als Abschluss bleibt noch die Feststellung, dass die Defender Kurse des Explorer Magazins weniger despektierlich ausfallen könnten, wenn die Redaktion auch mal zum Treffen müsste. Als Roverist ohne Selbstironie könnte man fast verschnupft sein. Auf diesen Treffen lässt sich unschwer feststellen, dass das, was leichtfertig im Defenderkurs als Satire gekennzeichnet wurde, natürlich todernst und alles die Wahrheit ist. Es sollen schon die ersten Defenderfahrer mit aufblasbarer Eisdiele gesichtet worden sein, um davor zu parken. So ein Hardcore-Expeditionsfahrzeug sieht vor der Eisdiele einfach am Besten aus!

In Island trifft wohl keines von den Dreien zu: Es geht nur um den Spaß, so ein Ding zu fahren und dran zu schrauben ...


Nachtrag

Der Anblick der vielen alten und gebauten Landys legt natürlich die Frage nach der Elektrik nahe. Mein eigenes Auto ist von korrodierten und bröseligen Leitungen leider auch betroffen. Darum stellt sich die Frage ganz von selbst: Wie lässt sich die Elektrik reparieren oder erneuern, auch wenn es keine käuflichen Kabelbäume mehr gibt? Eine Lösung findet man in einem Open Source Projekt, das ich gerade entwickle. Open Source lebt vom Mitmachen und Überprüfen möglichst vieler Leute. Hier ist ein Ansatz, eine universelle Elektrik für alte und klassische Autos unter Mitwirkung vieler Menschen zu bauen. Mitmachen erwünscht!


© 2025 Sigi Heider  


Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Sigi Heider finden sich in unserer Autorenübersicht!