Reisevorbereitungen

Diese Reise vom 03.08. bis zum 04.09.2000 unterschied sich gravierend von unseren bisherigen Touren in die klassischen Urlaubsländer wie Spanien, Frankreich, Dänemark oder Italien.

Unterwegs mit Kind und Kegel ...Der Anreiseweg, die klimatischen und örtlichen Herausforderungen sowie die Routenplanung in Island waren völliges Neuland für uns. Es galt deshalb eine Fahrt mit einem kleinen Wohnwagen (Eriba Touring Troll), Frau (Sonja, genannt Sonny) und 3 Kindern (Patrick, Sven und Dirk) zu organisieren.

Die ersten Ideen zu dieser Reise entstanden im Herbst 1999. Geprägt durch die Eindrücke einer mehrtägigen Geländefahrt im Tremalzomassiv wurde die Islandidee geboren. Notwendige Voraussetzung für uns war der Besitz eines entsprechenden geländegängigen Zugfahrzeuges für den Wohnwagen. Als Mitarbeiter des BMW Konzerns hatte ich die Möglichkeit, einen Landrover als Firmenwagen zu benutzen (der Verkauf von Landrover im Frühjahr 2000 an Ford bescherte uns jedoch noch ein paar bange Wochen).

Eine erste Machbarkeitsprüfung ergab, dass entsprechende Fährverbindungen vorhanden waren, ein Wohnwagen auf isländischen Straßen mit Einschränkungen genutzt werden kann und die Reise bezahlbar war. Die einzige Verbindung erfolgt einmal in der Woche durch die Fähre Norröna der Smyril-Line (Anm. der Redaktion: Soll demnächst durch ein neues Schiff ersetzt werden, siehe hierzu Leserbriefe unter Diesen Monat Neu 09-10/01), die im Kreisverkehr Dänemark (Hanstholm), Norwegen (Bergen), die Shetland- und Färöerinseln und das Ziel Island mit Seyðisfjörður bedient.

Die Anreise mit Start in Hanstholm hätte jedoch zur Folge gehabt, dass wir auf den Färöerinseln für 2 Tage die Fähre hätten verlassen müssen, bis diese von ihrem Abstecher nach Bergen zurück kommen würde (Siehe hierzu den Bericht Island 97 der Explorer Teams). Dies erschien uns zu umständlich und so reifte die Idee der Anreise via Bergen.

Das Angebot der Fähragentur war zwar sehr teuer, aber uns war klar, dass wir einen solchen Urlaub nicht so oft unternehmen würden und so buchten wir die Fähre bereits Anfang Januar 2000. Der erste grobe Zeitplan sah wie folgt aus:

  • 6 Tage bis zur Fähre nach Norwegen (Abfahrt 09.08),
  • 6 Tage bis zur Abreise in Bergen (15.08)
  • 2 Tage Fähre nach Island
  • 14 Tage auf Island (Abfahrt 31.08)
  • 2 Tage Fähre nach Dänemark und 
  • 2 weitere Tage zur Heimfahrt bis München.

Im Januar und Februar 2000 wurde intensiv im Internet über Island geforscht und die Ausbeute war erheblich. So lernten wir eine Münchner Familie kennen, die zur gleichen Zeit wie wir mit dem Wohnwagen durch Island fahren wollten. Wir fanden eine Fülle individueller Reiseberichte (siehe hierzu u.a. auch Liste im Bericht Island 2000 -1- oder hier) und einige Online-Reiseführer.

Mit besagter Münchner Familie sind wir Anfang 2000 in Kontakt getreten und haben sie besucht. Sie planten ihre zweite Reise nach Island und wollten mit ihrem noch nicht schulpflichtigen Kind sage und schreibe dort 7 Wochen verbringen. Wir sahen wunderschöne Dias von Island und wurden zunehmend eingestimmt auf die Besonderheiten des Landes (Weite der Natur, Wind und Wetter, Campinginfrastruktur und natürlich das Lieblingsthema vieler Islandreisender: das hohe Preisniveau). Eine erste Abstimmung der Termine zeigte, dass wir uns in Island treffen könnten. Auch sie hatten die Reise bereits gebucht (Auto und Wohnwagen per Container; Personen per Flugzeug).

Im Frühjahr war der grobe Reiseplan fertig und es wurde klar, dass eine vollständige Umrundung der Insel auf der Ringstraße Nr.1 (ca. 1.400 km) in der verfügbaren Zeit nicht sinnvoll war. So beschränkten wir uns auf den östlichen Teil der Insel; bestärkt wurden wir in diesem Entschluss dadurch, dass das Wetter im Nordosten sich oft durch regenarmes Klima auszeichnen sollte.

Neben diesen Vorbereitungen wurde systematisch unsere gesamte Ausrüstung auf Islandtauglichkeit überprüft. Der Wohnwagen (10 Jahre alt) musste in der Lage sein, mehrere Tage ohne fremde Stromversorgung auszukommen. So erhielt er eine neue Batterie und energiesparende Lampen. Die Heizung wurde überprüft und der Wohnwagen erhielt zusätzliche Sicherungsmöglichkeiten zur Verbesserung der Sturmtauglichkeit.

Gegen den erwarteten Steinschlag wurden für die Fenster des Wohnwagens Luftpolsterfolien vorbereitet. Durch 2 weitere 5kg Gasflaschen stellten wir einen ausreichenden Gasvorrat sicher. Sämtliche Einrichtungen und der Inhalt von Staufächern sollten mehrstündige Rüttel- und Schotterstrecken schadlos überstehen.

5 Schlafsäcke, ein sturmfestes Trekkingzelt, stabile Stahlhäringe, Seile, Spaten, Bergegurt, eine umfangreiche Werkzeugauswahl sowie 2 Sandbleche sollten uns gegen Eventualitäten absichern.

Bedingt durch den Verkauf der BMW Tochter Landrover hatten wir im April und Mai noch einige bange Wochen, ob wir den bestellten Firmenwagen Landrover Defender tatsächlich übernehmen könnten. Einige Anrufe, gepaart mit etwas Penetranz, sicherten uns ein Fahrzeug und Anfang Juni 2000 konnten wir es bei BMW abholen. Die ersten Kilometer ließen es deutlich werden: Bei diesem Fahrzeug ist vieles anders! Die Bedienungseinrichtungen sind auf das Notwendigste beschränkt, von einfacher Natur und reichlich ungeordnet verteilt. ABS, Airbag und sonstige Sicherheits- und Komforteinrichtungen sucht man vergebens, dafür gibt es ein Sperrdifferenzial, Geländeuntersetzung, 9 Sitze und über eine Tonne Zuladung. Das Kupplungspedal erfordert noch Krafteinsatz, den Straßenzustand erfährt der Fahrer ungefiltert. Dank der grobstolligen Reifen und der kantigen Silhouette kann ab 90 km/h getrost das Radio ausgeschaltet werden. 

Nach einigen Tagen hatten wir uns arrangiert und zunehmend überhörten wir die Fremdgeräusche (quietschendes Reserverad, klappernde Scheiben etc.). Verarbeitungsmängeln konnte oftmals mit Bordmitteln begegnet werden und sei es, dass Blinklichter, die regelmäßig voll Wasser standen, mittels Bohrmaschine einen eigenen Wasserablauf erhielten. Trotz all dieser Kritikpunkte verliebten wir uns zunehmend in das Fahrzeug (mehr davon jedoch später).

Da wir Steinschlagschäden am Fahrzeug befürchteten, wurden die gefährdeten Bereiche der Karosserie mit einer Flüssigfolie gestrichen. Nach dem Urlaub ließ sich diese ohne Probleme wieder abziehen.

Da die Zollvorschriften in Island nicht viel Spielraum einräumten und um den hohen Lebensmittelpreisen auszuweichen, gab es lange Diskussionen, welche Lebensmittel leicht und kalorienhaltig sind und bei denen zugleich der Preisabstand sehr groß ist. Weiterhin wurde die Strategie festgelegt, wie mit den Lebensmitteln zu verfahren ist, die das Zollkontingent überschritten. Am Schluss stand ein grober Speiseplan, der die Reisekasse bestmöglichst schonen sollte. Als Abwechslung zum erwarteten isländischen "Schwammbrot" hatten wir ausreichend Mehl, Trockenhefe und ein Rezept für Fladenbrot, zu backen in der Pfanne, dabei.

Beim geographischen Verlag in München erhielt ich alle erforderlichen Landkarten von Norwegen und Island. Die relevanten Ausschnitte wurden gescannt  und auf A4 ausgedruckt. Dadurch waren die entsprechenden Kartenausschnitte immer griffbereit und auf den Klarsichthüllen konnten entsprechende Streckenvermerke vorgenommen werden.

Regenjacken und Bergschuhe, Pullover, Wintermützen und Handschuhe sollten uns gegen die erwarteten Widrigkeiten des Wetters sichern, für die Hot Pots durften aber auch die Badehosen nicht vergessen werden. Des weiteren musste für 5 Personen ausreichend Wäsche mitgenommen werden. Aufgrund des begrenzten Stauraums im Wohnwagen mussten wir hierzu eine Dachbox verwenden, in der auch Campingstühle und Zelt ihren Platz fanden.

Die letzten 14 Tage vor der Abfahrt wurden Wohnwagen und Fahrzeug kontinuierlich mit all diesen Dingen gepackt, bis alles seinen festen und rüttelsicheren Platz gefunden hatte. Selbst der große Kofferraum des Defenders war so weit gefüllt, dass nur noch zwei der vier zusätzlichen Sitzplätze benutzt werden konnten. Den meisten Platz hierbei beanspruchten 30l Reservekanister, eine Kühlbox sowie zwei riesige Kisten, voll mit Büchern, Spielen etc. für die gesamte Mannschaft, galt es doch, die zu erwartenden langen Reisezeiten im Auto und auf der Fähre insbesondere für die Kinder zu füllen. Diese zwei weiteren Sitzplätze im Kofferraum ermöglichten es, dass sich die Kinder im Auto besser verteilen konnten und es damit weniger Streit gab.

Die zweite Münchner Familie hatte in der Zwischenzeit Island erreicht und deren erste Reiseberichte hatten uns via Internet erreicht. Für die Abstimmung unseres genauen Treffpunktes sollte die Koordination mittels Mobiltelefonen erfolgen. In der Zwischenzeit konnte ich einen Arbeitskollegen von unserer geplanten Islandreise begeistern und er plante, mit seinem einmotorigen Flugzeug zur gleichen Zeit nach Island zu fliegen.

Zur Einstimmung auf die Reise hatten wir gemeinsam mit den Kindern unsere geplante Reiseroute in die Umrisse der nordeuropäischen Länder auf einen DIN A2 Karton gemalt, damit Routen und Entfernungen transparent wurden. In diese Karte trugen wir dann jeden Tag unsere Etappen ein und stellten diese Karte während der Fahrten in das rückwärtige Fenster des Wohnwagens, um Unkundige über unsere Reise zu informieren.

Der Tag der Abreise nahte, alle Vorbereitungen waren termingerecht abgeschlossen und es konnte losgehen ...


© 2001 Hans-Jörg Wiebe