Durch Deutschland Richtung Frankreich ...
Freitag, 12.08.2016: Wie blöd kann oder darf man eigentlich sein? Diese Frage stellt sich im Cockpit bereits nach weniger als einer Stunde Fahrt aus Richtung München: Hatte man doch wohl zuerst einen falschen Kartenausschnitt von TomTom auf´s Gerät geladen, eine Karte, die erst ab Irland beginnen würde!
Und nun auch noch der Reinfall mit dem zusätzlich mitgenommenen und zu Beginn der Tour installierten guten alten Zumo: Auch auf dem war offenbar schlicht und einfach eine Kachel vergessen worden zu laden und so wird nun die Darstellung von Straßen immer schematischer, um schließlich wie in alten Zeiten der Offroad-Navigation nur noch in einem Pfeil zum nächsten Ziel zu enden. Eine derartig schlampige "Flugvorbereitung" wie zu Beginn der aktuellen Tour hätte früher mit der guten alten Cessna keinen schönen Verlauf genommen!
Fluchend wird nun also ein ganz alter PDA mit uraltem TomTom zur Unterstützung hervorgekramt - zum Glück ist es nicht mehr allzu weit bis zum heutigen ersten Übernachtungsstop in Baden - dem Camping Albgau in Waldbronn. Wegen unseres späten Starts haben wir für unsere erste Etappe nur wenig mehr als 300 km eingeplant, außerdem wollen wir nicht direkt bis Frankreich durchfahren.
Nun ja, so eine "Navigation" kann scheinbar passieren, wenn man die Anreise ganz auf die Schnelle vorbereitet hat und nur noch Irland vor sich sieht: Der Weg kann dann wohl noch länger als erwartet werden ..!
Das Fluchen wird seltener und schließlich sind wir am Platz: Inzwischen ist es nach 17:00 Uhr geworden. Das am Campingplatz gelegene Ausflugslokal An der Kochmühle - angepriesen als uriges Lokal mit Biergarten im Schwarzwälder Look - ist genau das richtige für uns an diesem ersten Abend!
Während der Platz nicht unbedingt unseren Idealvorstellungen von "Camping" entspricht, sondern wohl eher den üblichen Charme deutscher Campingplätze verströmt, hält das Lokal durchaus, was es verspricht. Bei dem einen und dem anderen Bier kann man hier in Ruhe über Navis und "moderne Navigation" nachdenken oder auch über die Gegend: Wir sind schließlich in "Baden" und nicht in "Württemberg", was an frühere ganz unterhaltsame öffentliche Diskussionen über die Herkunft von Bundestrainer Jogi Löw erinnert ...
Heute wissen wir noch nicht, dass dieses gemütliche Lokal keine drei Wochen später durch einen Brand zerstört werden wird, wobei es sicherheitshalber auch zu einer Räumung des Campingplatzes kommt. So etwas hätte heute und nach dieser Anreise wirklich noch gefehlt!
Das Lokal wird lange geschlossen bleiben, bis "die Brandruine mit vereinten Kräften beseitigt" ist, wie man derzeit noch auf der Webseite des Platzes lesen kann. Wieder mal ein Fall, wo einem klar wird, wie gut es ist, nicht "zur falschen Zeit" am "richtigen Ort" zu sein!
Unser erster Abend verläuft dagegen deutlich ruhiger und in Gedanken ist man bereits eher beim nächsten Tag ...
Samstag, 13.08.2016: Heute wollen wir nun "endlich mal wieder" () in Frankreich ankommen - aber steckenbleiben im Land wollen wir nun diesmal wirklich nicht! Zur französischen Grenze ist es von unserem Platz aus nicht mehr weit und damit sind auch die Navi-Probleme zu Ende, denn unsere erfreulicherweise geladene Garmin Kachel beginnt genau hier ...
Insgesamt sind es aber heute doch mehr als 500 km bis zu unserem ersten Halt in Frankreich: Wir wollen nach Seraucourt-le-Grand und ins dortige Camping du Vivier aux Carpes. Dieser Platz in der Picardie soll ganz idyllisch liegen und ist nicht weit entfernt von den Schlachtfeldern des Ersten Weltkriegs, mit dem wir uns allerdings erst bei unserer Rückfahrt noch näher beschäftigen werden.
Je näher wir unserem Ziel kommen, umso mehr stellt sich die Frage, ob wir hier wirklich richtig sind: Die Umgebung wird immer ländlicher, teilweise rollen wir bereits auf Wirtschaftswegen dahin und gerade so vorbei an landwirtschaftlichen Maschinen, hier soll tatsächlich bald ein Campingplatz kommen ..?
Die Bedenken legen sich, als wir das kleine Örtchen erreichen, das nur weniger als tausend Einwohner haben soll. Hinweisschilder zum Fluss Somme, Weltkriegsdenkmäler und ein großer britischer Soldatenfriedhof mit überwiegend Gefallenen des Ersten Weltkriegs sind hier dominierend. Wohl auch auf die Durchfahrt entsprechend vieler britischer Touristen weist ein Schild hin, das die Fahrer zur Einhaltung der richtigen Straßenseite ermahnt: "Keep right" heißt es unmissverständlich. Und so werden wir heute schon daran erinnert, dass uns bereits bald ein genau so verbindliches "Keep left" droht ...
Das Camp ist tatsächlich vorhanden und verbreitet trotz der gewöhnungsbedürftig engen Stellplätze doch eine ganz angenehme Atmosphäre nach dieser Anreise: Ein kleines Gebäude mit Bar-Restaurant wird später öffnen und eine Hecke trennt uns vom Nachbarn, hinter uns liegt ein kleines Gewässer. Auf Anglerfreuden in dieser Gegend weist ein recht großes Schild am Platz unübersehbar hin.
Ein Rundgang im malerischen kleinen Ort wird mit einem Einkauf im wohl einzigen Tante-Emma Laden verbunden: Die "Tante Emma" dort ist so nett, dass man später bei ihr noch weiteren Wein kaufen wird. Das prächtig aussehende Baguette will sie eigentlich nicht mehr verkaufen, weil es von "heute morgen" sei - wir sind tatsächlich wieder in Frankreich!
Einen Besuch im kleinen Lokal gibt es aufgrund des Angebotes heute Abend nicht, stattdessen wird standesgemäß an Bord auf "Kochen unterwegs" umgeschwenkt. Bei einem leckeren Abendessen mit passendem französischen Wein kann man heute dafür ausgiebig bestes Wetter und idyllischen Mondschein genießen - ein sehr gelungener Tagesabschluss!
© 2017 J. de Haas