Reisen mit Smartphone-Apps
Navigieren - Orientieren - Suchen - Organisieren
Moderne Zeiten ...
Ein Smartphone wird heute auf Reisen immer unabkömmlicher, dank Internet und einer Vielzahl von Programmen, auch Apps genannt. Diese sorgen quasi für eine digitale Vollversorgung mit Speicher- und Rechenleistungen, die vor 30 Jahren noch in einem Rechenzentrum beheimatet gewesen wären.
WhatsApp als prominenter Vertreter schickt Kurznachrichten und Videos um die Welt, "old fashion" telefonieren geht natürlich auch. Mailprogramme, Youtube, Instagram und Telegram sorgen dafür, dass unsere Reiseerlebnisse weltweit geteilt und geliked werden, bis die Kommunikation im Urlaub zum "Stressfaktor" wird. Dass wir all diese kostenlosen Apps mit unseren persönlichen Daten bezahlen, ist eine andere Sache, die sicherlich mal einen gesonderten Beitrag Wert wäre.
Vor 15 Jahren war dies alles noch undenkbar und auf manches könnte man heute im Urlaub durchaus verzichten, da man in manchen Urlaubsorten sogar noch traditionelle Postkarten kaufen kann. Herkömmlich beschriftet und frankiert freut sich der Empfänger, wenn er eine handgeschriebene Postkarte aus dem (analogen) Briefkasten in Empfang nehmen darf ...
Die Welt der Smartphone-Apps hat aber auch einige sinnvolle Anwendungen, die das Reisen unterstützen und das Erkunden erleichtern. Dies gilt insbesondere für Reisen in Regionen, wo es noch keine digitale Vollversorgung gibt. Solange Google erreichbar ist, können sich die meisten mit einer Suchanfrage weiterhelfen, aber wehe es gibt dann keine Netzabdeckung mehr! So geschehen, vor einigen Jahren in den ligurischen Bergen. Ich begegnete auf einer Piste einem voll ausgerüsteten Defender mit sämtlichem überlebenswichtigen Equipment. Allerdings war sein Google Routenplaner wegen fehlendem Netz sprachlos. Er wollte zum Monte Saccarello und hatte die Orientierung verloren. Vielleicht hatte er diese in der Gegend auch nie gehabt, denn er hatte ja Internet und Google ...
Reisen, die dem Titel dieses Magazins gerecht werden, bewegen sich zumindest zeitweise abseits der bekannten Pfade und manchmal auch ohne Internet. Für diese Reisenden möchte ich nachfolgend einen kurzen Abriss derjenigen Apps geben, die wir für uns nutzen und für sinnvoll erachten. Dies ist eher als Anreiz gedacht, sich damit auseinander zu setzen in einem Marktüberblick; und es mag durchaus auch bessere und umfangreichere Apps geben. Wir bewegen uns nachfolgend nur in der Applewelt, ähnliche Programme gibt es sicher aber auch für Windows- und Androidbenutzer.
In diesem Beitrag darf der Leser keine umfassenden Leistungsbeschreibungen oder Anleitungen erwarten, diese findet man im Appstore von Apple oder auf der Homepage der Hersteller. Zum Einsatz kommen bei uns aktuell ein iPhone 7, alternativ ein älteres iPad mini. Auch auf dieser nicht mehr taufrischen Hardware laufen die Programme bisher reibungslos. Eigene GPS-Geräte wie z.B. ein Garmin GPSMAP 65 machen nur noch unter ganz speziellen Einsatzbedingungen Sinn, wenn Robustheit, Feuchtigkeitsschutz, bestmöglicher Empfang, präzises Traceback und lange Akkulaufzeiten gefordert werden. Wir haben unser Garmin Navi inzwischen nur noch als Backup dabei ...
Sygic zur Navigation
Navigationsprogramme gibt es viele, aber nicht alle haben eine offline Funktionalität wie z.B. Sygic. Einmal erworben zu einem Angebotspreis von 20 EUR (Stand 2018) kann man damit weltweit seine Route von A -> B ermitteln und anzeigen lassen.
Der Anwender kann sich die entsprechenden Länderkarten laden und auch ohne Internetverbindung führen lassen. Hat er zusätzlich Internet, dann gibt es noch zusätzliche Reiseinformationen wie Stauwarnungen, Hinweise zu Blitzern etc.
Gerade in fremden Ländern und unbekannten Gegenden ist jedoch Mitdenken und Verfolgen der Strecke sinnvoll. In komplexen Abzweigungssituationen kommt der Routenhinweis manchmal zu spät, um noch reagieren zu können. Ein solches System kommt nicht an die Leistungsfähigkeit eines festeingebauten Navi´s heran, dafür kostet es auch nur einen Bruchteil.
Wir haben Sygic inzwischen in Europa regelmäßig im Einsatz, auch in USA und Mexiko 2018/19 hat es uns gute Dienste geleistet. So wurde selbst das unglaublich dichte und unübersichtliche Highway-System um Los Angeles beherrschbar, was aber auch Beifahrer-Unterstützung erforderte. Auf langen Überlandpassagen kann der Reisende allerdings häufig dieses Programm ausschalten.
Der Screenshot (oben rechts) zeigt eine Autobahnfahrt, eingeblendet sind alle wichtigen Informationen. Der Stromverbrauch ist in diesem Modus erheblich; ein Aufladen des iPhones erfolgt dabei nicht mehr.
Guru-Maps zur Orientierung
Wir möchten inzwischen nicht mehr ohne Guru-Maps reisen: Wenn es um Orientierung geht, ist es für uns das wichtigste und am häufigsten benutzte Programm. Durch die Offlinefunktionalität kann diese App überall zum Einsatz kommen. Wir benutzen Guru-Maps seit vielen Jahren, früher hieß das Programm mal Galileo-Maps, siehe dazu auch meinen Artikel zum Thema Navigation aus dem Jahre 2015. Es hat uns zuverlässig selbst durch die hintersten Gassen von Isfahan / Iran geleitet ...
Guru-Maps kann Karten sehr vieler Länder kostenfrei laden, inzwischen gibt es auch eine Routingfunktion zwischen Wegpunkten sowie die Anzeige von Höhenlinien und der Topologie. Wir nutzen die App zum Markieren von Punkten, dem Aufzeichnen von Tracks beim Wandern oder zur Dokumentation unserer Reisen mit dem Toyo. Fremde Tracks oder neue Wegpunkte können via Import übernommen und angezeigt werden. Alternativ können Wegpunkte natürlich auch manuell übernommen werden.
Leider ist dieses Programm in letzter Zeit teuer geworden, vor Jahren kostete die Pro-Version noch 5 EUR, heute sind wohl mindestens 22 EUR zu berappen. Der Screenshot (oben Mitte) zeigt die aktuelle Position (blau-weißer Kreis) sowie eine Reihe von gesetzten Wegpunkten und einen aufgezeichneten Track (in lila).
MapOut zur Orientierung
Diese App ist eine mögliche Ergänzung zu Guru-Maps; insbesondere zum Wandern. Sie hat ein schönes Kartenbild, bietet Offlinefunktionalität und kann natürlich Touren aufzeichnen sowie später Streckenlänge und Höhenprofil visualisieren.
Durch die Darstellung von Höhenlinien sind wir im Jahr 2018 auf diese App aufmerksam geworden, als Guru-Maps dies noch nicht bereitstellte. Allerdings fehlt die Routingfunktion, dafür ist sie mit 5 EUR aber auch um einiges günstiger. Wir nutzen die App heute kaum noch, da Guru-Maps diese Funktionen beinhaltet.
Die Screenshots zeigen
- Oben links: Unseren Standort (weiß-blau); einen importierten Wandertrack in rot; in blau unsere gelaufene Strecke
- Oben Mitte: Höhenprofil
- Oben rechts: Einige Informationen wie Weglänge, Höhen- und Zeitangaben.
iOverlander zum Suchen
Diese App ist unter Fernreisenden der Klassiker schlechthin: Egal, ob ich einen Stellplatz in der freien Natur suche, eine Wäscherei oder eine Werkstatt, hier wird man oft fündig. Unzählige Reisende speisen diese Datenbank mit ihren Erfahrungen und lassen somit den Fundus immer weiter anwachsen. Diese "Points of interest" (POI´s) können umfangreich beschrieben werden und die Koordinatenangaben definieren die exakte Lage. Jeder registrierte Benutzer kann die Punkte kommentieren, und so sorgen viele Reisende mit ihren ausführlichen Rezensionen für Transparenz und Unterstützung in vielen Belangen. Auf einer digitalen Karte werden die Punkte visualisiert und Filterfunktionen ermöglichen einen selektiven Zugriff, der auch offline funktioniert, wenn man die gewünschte Gegend vorab geladen hat.
Wir haben diese App in den USA und in Mexiko täglich im Zugriff gehabt und sie zu schätzen gelernt. Sie hat uns insbesondere die Suche nach freien Übernachtungsplätzen sehr erleichtert; eine Vielzahl von tollen Plätzen haben wir dank iOverlander gefunden.
Die App lebt von der Auskunftsfreude und Mitteilsamkeit der Fernreisenden. In Europa mit der zunehmenden Reglementierung von Wildcamping und freiem Übernachten hat so eine App auch ihre Schattenseiten: Es werden viele Plätze markiert, die zwar schön sind, aber an denen es nicht erlaubt ist, zu übernachten. Werden dann solche veröffentlichten "secret places" stark frequentiert und von Reisenden vermüllt, dann dauert es nicht mehr lange, bis auch die Ordnungskräfte sich solcher Apps bedienen, um dort gezielt nach dem Rechten zu sehen. Die Anwendung ist eine Non-Profit App und refinanziert sich über Spenden.
Der erste Screenshot (oben links) zeigt einen Ausschnitt von San Francisco mit der Golden Gate Bridge und den in diesem Bereich markierten Punkten. Der zweite Ausschnitt (oben Mitte) enthält Detailinformationen zu einem Übernachtungspunkt einschließlich Anmerkungen von Besuchern (oben rechts). Mittels der Filtereinstellungen lässt sich die Anzeige der Punkte einstellen.
park4night zum Suchen
Ein Pendant zu iOverlander ist park4night mit einem mehr europäischen Fokus. Auch hier liegt der Schwerpunkt auf dem Sammeln von Übernachtungsplätzen durch die Reisecommunity. Der Funktionsumfang ist ähnlich, allerdings sind bestimmte Funktionen wie Offlinenutzung kostenpflichtig (10 EUR p.a.)
Für diese App gilt ebenfalls die Aussage wie bei iOverlander, dass das Teilen von Übernachtungsplätzen auch seine Kehrseiten hat. So sollte man sich überlegen, was passiert, wenn besonders schöne Plätze ungehindert genutzt werden. Durch das unachtsame Verhalten einzelner kann dann dort schnell ein Verbotsschild aufgestellt werden.
In begehrten Reisegebieten kann es dazu führen, dass wir park4night-Punkte gar nicht mehr anfahren, da diese im Regelfall in der Hauptreisezeit bereits belegt sind ... Beide Screenshots zeigen die Umgebung von Florenz. Oben links mit park4night; oben rechts mit iOverlander aufgenommen.
(Anm. der Red.: Dass man mit dieser App bei Auslandsreisen manchmal durchaus gute Erfahrungen machen kann, beweist auch unser Autor Sepp Reithmeier in seinem Reisebericht Albanien 2021!)
Garmin BaseCamp zum Organisieren
Wir haben jetzt eine Reihe von Apps kennengelernt, die Tracks und Wegpunkte erzeugen. Insbesondere, wenn diese in unterschiedlichen Apps erzeugt werden, kommt schnell die Frage nach einer einfachen Ablageform auf. Auf einfachste Art werden die erzeugten Dateien mit ihren Formaten (z.B. gpx; kml) einfach in einem Dateipfad mit einem mehr oder weniger erklärendem Dateinamen gespeichert.
Ohne eine Verbindung zu einer Landkarte macht dies jedoch wenig Sinn. Hier kommt Garmin BaseCamp als kostenfreie Datenbank ins Spiel. Das Programm ist einfach zu bedienen, hat Offlinefunktionalität und kann beliebige Ordnerstrukturen zum Verwalten anlegen. Dieses Programm läuft nur auf PC´s und Macbooks; nicht auf iPad / iPhones. Dies macht auch Sinn, da zum Planen, Auswerten und Organisieren eine gewisse Bildschirmgröße die Arbeit erleichtert.
Einige Jahre hatte ich die Programme von QuoVadis / TTQV im Einsatz. Diese zählen mit ihrer Leistungsstärke und Komplexität zur Profiklasse und lassen sich dies auch bezahlen. Für eine gelegentliche Anwendung reicht allerdings BaseCamp allemal.
Grundsätzlich bieten auch die oben erwähnten Apps Ordnungsfunktionen an, aber richtig Spaß macht das Arbeiten damit nicht. Sobald mehrere Apps genutzt werden, ist sowieso eine zentrale Ablage sinnvoll, wenn man noch den Überblick behalten möchte. Da wir uns im Apple-Universum bewegen, erfolgt der Datenaustausch zwischen den Apps über iTunes; AirDrop, Mail oder mittels der iCloud.
Praktisch ist, dass der Speicherort der BaseCamp Datenbank beliebig festgelegt werden kann (siehe unter "Erweiterte Einstellungen"). Somit wird der Datenaustausch zwischen Rechnern erleichtert oder man legt diese direkt auf einen Server, wenn der Zugriff von mehreren Rechnern erfolgen soll. Werfen wir zur Einstimmung kurz einen Blick in das Programm (unten links):
- Links oben findet man die grundsätzliche Ablagestruktur; ausgewählt ist in unserem Beispiel der Ordner "Ligurien-Piemont"
- Links unten sieht man den Inhalt des Ordners mit Wegpunkten und Tracks. Ausgewählt ist hier der Track "Tour Col la Bonette 2014"
- Rechts auf der Karte wird dieser Track visualisiert; die Wegpunkte werden als Symbol, hier grünes Zelt (frei wählbar) dargestellt.
In der Unterzeile werden noch einige statistische Daten zum Track angezeigt.
Einige weitere Funktionen von BaseCamp:
- Diverse Reiseplanungsfunktionen
- Routingfunktionen
- BirdsEye Satellitenbilder laden (Abo erforderlich)
- Import und Export von Wegpunkten, Tracks und Routen
- Einbindung verschiedener Karten, auch zur Offlinenutzung.
Offline-Karten müssen eigens aus dem Internet geladen und installiert werden. Eine gute Quelle für Karten europäischer Länder ist die folgende Internetseite, wo auch die Installationsschritte erläutert werden.
Als weitere Infoquellen mögen die folgenden Seiten dienen:
- OpenStreetMap (OSM) - freies Kartenmaterial für GPS-Software und Garmin-Navis
- DE:OSM Map On Garmin/Download
- Reit- und Wanderkarte
Soll ein Track genauer betrachtet werden, so stehen Werkzeuge wie "Liste der Trackpunkte" oder ein "Höhenprofil" zur Verfügung (oben rechts).
Zum Thema Navigieren mit BaseCamp siehe auch unseren Beitrag Einsatz Garmin DriveSmart 61 mit BaseCamp.
© 2021 Hans-Jörg Wiebe
Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Hans-Jörg finden sich in unserer Autorenübersicht!