Zwischenhoch und "Wieder ein (1!) Start an der Westküste ..."
Der nächste Tag bringt nicht nur die "Jubiläums- und Schlusstour" zum 30. Jahrestag der unseligen Auflaufaktion der einstigen AMERICAN STAR, wozu wir einen weiteren Bericht in dieser Ausgabe haben, sondern zugleich auch den Abschluss der für uns bisher günstigen Wetterlage. Die Windverhältnisse an der Playa de Garcey sind am 18.01.2024 noch so gut, dass wir mit der Drohne einen Überflug zum Wrack wagen können und auch das gewohnte Picknick vor Ort erfolgreich verläuft. Allerdings ist dies die erste und einzige Tour, die wir mit so einem denkwürdigen "4x2 Fahrzeug" dorthin machen, was den Wunsch nach weiteren Exkursionen vor Ort deutlich bremst - nichts gegen einen ordentlichen Vorderradantrieb, aber so ein Auto hat eben von Haus aus dennoch einen Geburtsfehler ...
Da dieses Fahrzeug auch nicht so richtig Lust macht, in der üblichen Umgebung von El Cotillo zu Drachentouren aufzubrechen, stört es schon fast nicht mehr, dass nun zu allem auch noch das Wetter umschlägt: Von jetzt an bis zum Ende unserer Reise wird es jeden Tag stürmen, minimal 5-6 Windstärken mit noch stärkeren Böen sind angesagt - und Fiestas de Cometas damit abgesagt.
Beim tagelangen Sturm ist draußen nicht viel zu machen: Selbst die sensationelle neue Drohne überlegt, ob sie Startfreigabe erteilen soll, warnt aber bereits bei 15 Metern Höhe vor Gefahr wegen zu hoher Windgeschwindigkeit - und bleibt dabei aber erstaunlich stabil auch mit ihren Videoaufnahmen.
Es soll während unseres gesamten Aufenthaltes lediglich noch einen einzigen Drachentag geben, wo wir sage und schreibe nur 5 (!) Drachen in der Luft haben können und damit keine glanzvolle "Fiesta" möglich wird. Aber wenigstens machen wir selbst mit diesem dürftigen Aufgebot eine Reisegruppe junger Französinnen glücklich, die eine NGO namens "Cerf-Volant" (Drachen) betreiben und ihr winziges "Fluggerät" als Namensgeber auch mitgebracht haben. Glücklich wedeln sie mit ihrem Mini zwischen unseren doch deutlich größeren Gerätschaften herum. Staunend erfahren sie, dass die Schlangen eine Länge von 30 Metern haben und auch die beiden beim stürmischen Wind aufgestellten Spezial-Deltas eine Spannweite von einigen Metern aufweisen. Wenigstens diese Mädels sind richtig glücklich, als sie unseren Startplatz nach fast einer Stunde Mitwirkung bei unserer "Fiesta" wieder verlassen ...
Noch einmal nach Corralejo
Mangels Drachenaktivitäten ergibt sich aber auf der anderen Seite die übliche Gelegenheit zum Informationsbesuch in Corralejo oder aber die ganz besondere Chance herauszufinden, wie weit es nun mit El Cotillo gekommen ist: Witzig in diesem Zusammenhang zu lesen, was wir genau vor inzwischen 20 Jahren (!) u.a. zu unserem damaligen Aufenthalt im Februar 2004 geschrieben haben: War das damals nur übertrieben oder war es etwa schon prophetisch in Hinblick auf Jahrzehnte später ..?
"Zwei Tage später sitzen wir nachdenklich wieder im Flieger nach München: Vieles hat sich geändert in den letzten vier Jahren auf der Insel - der Niedergang durch den Massentourismus scheint kaum noch aufzuhalten. In einer Zeit, da Corralejo zur Hauptansiedlung für Fuerte-Touristen geworden ist und nun auch El Cotillo vom ehemals gepriesenen Zustand der Ursprünglichkeit weiter denn je entfernt ist, bleibt vor allem noch die Einsamkeit auf Pisten und an abgelegenen Küsten und Stränden. Vorbei erscheint allerdings die Zeit, in der die Insel noch eine extrem starke Anziehungskraft auf solche Reisende ausüben konnte, die weitab vom kanarischen Trubel die Vorteile genießen wollten, die einst der Norden Fuerteventuras bot. ..."
Und was macht El Cotillo?
Nun, spätestens jetzt ist wohl all das eingetreten, was damals bereits im Ansatz erkennbar war. Nicht nur unser einstiges Stammlokal Azurro ist keines mehr, wo man mehr als ein Nachmittagsbier trinken würde und auch die einstige Bar Torino. wo man früher gern eben dieses Nachmittagsbier schlürfte, hat wohl Corona oder anderes nicht überlebt: Nur etwas mehr als ein dürftiger Bretterverschlag erhebt sich nun an der Stelle der einstigen Bar, und wer dort noch einen Platz im Schatten findet, benötigt sicherlich viel Glück.
Unser ehemaliger Bäcker el Goloso hat heute geschlossen, hat er etwa Angst wegen des früheren "Fußbruch-Bürgersteigs", der inzwischen aber umgebaut und entschärft wurde? Das einzige China-Lokal in El Cotillo Asiatico hat zwischenzeitlich vollständig auf "Take Away" umgestellt, was allerdings im Rahmen der Krankheitsverpflegung diesmal nicht sonderlich störend wirkt. Immerhin gibt´s dafür um die Ecke ein neues kleines Lokal: Die Tapas-Bar Los Cazadores hat nicht nur Take Away Food zu bieten, sondern auch einige Sitzplätze im Lokal und an der Bar, wo man dem Koch bei loderndem Feuer zuschauen oder sich über Fotos an der Wand an vergangene Zeiten erinnern kann.
Rund um den Leuchtturm El Toston erwies sich aktuell alles als tot, weder waren da die einst windgeschützten Besuchersitzplätze zugänglich noch die früher dort vorhandene kleine Gastwirtschaft in Betrieb, wo man zumindest ein Flaschenbier erwerben konnte. An der Stelle, wo lange Jahre Reste der einstigen Massira I zu finden waren, gibt es heute nur noch einen großen Rostfleck. Dafür findet man noch ein Bild von ihr an der Wand der oben erwähnten Tapas-Bar.
Immerhin kommen beim Rundgang durch den Ort viele Erinnerungen hoch, von unserer langjährigen Unterkunft Maravilla, von früheren Käufen beim Clean Ocean Project bis hin zur Katze von "Max Maifeld" aus den legendären Nachforschungen Auf den Spuren der Kette ...
Was in den letzten Jahren schon als "Womo-Masse" gesehen wurde, könnte man heutzutage sicherlich nur belächeln. Auch dazu hat Corona sicherlich ebenfalls ganz entscheidend beigetragen. Hoffnung vermittelt dagegen eher ein für uns neues Restaurant wie das NaNa am Hafen mit schönem Ausblick auf die See, ganz in der Nähe der zur Langweiligkeit renovierten Pescadores, die tagsüber nur durch besonderen Leerstand auf ihrer Terrasse glänzten.
Am Abend fanden wie immer um diese Jahreszeit anlässlich des bevorstehenden kanarischen Langzeitkarnevals anhaltende Trommel-Proben in der Nähe statt, auch bei Stromausfall nicht zu überhören. Heftige Bauarbeiten tagsüber und auch am Abend an einer neuen Riesenbaustelle nahe der Ortsmitte mit entsprechender Geräuschentwicklung fielen ebenfalls sehr auf, selbst am Wochenende wurde dort geschuftet - was für ein Unterschied zu früher, wo derartige Bauwerke nur über Jahre fertiggestellt wurden. Aber der Massentourismus verlangt nun auch hier in einem der letzten ruhigen Winkel der Vergangenheit seinen Tribut ...
Und dass man auf der Insel nun auch auf Sonnen- und vor allem Windenergie zu setzen scheint, bemerkt man nicht nur an unzähligen Spargeln, die überwiegend in der Nähe der Hauptstadt Puerto del Rosario, aber auch einem Ort wie Corralejo die Landschaft verunstalten und nur zum Teil vor sich hin drehen, während etliche stillstehen, sondern man bemerkt es auch daran, dass nun häufig "Flatterstrom" zum Einsatz zu kommen scheint: An einem Tag gibt überall kein WLAN mit Stromausfällen, an einem anderen Tag bis in den Abend hinein einen kompletten mehrstündigen Stromausfall und gar nichts geht mehr - früher hier auf der Insel zumindest bei unseren Besuchen eher unbekannt ...
Nach all dem Hin und Her geht auch diesmal der Aufenthalt recht schnell zu Ende: Erleichterung kommt auf, als der "geliebte" Fake-Jeep endlich (mit dreiviertelvollem Tank!) bei CICAR abgegeben ist - so schnell wird man uns dort mit Sicherheit nicht wiedersehen. Das kaum genutzte Sondergepäck ist trotz allem auch bei der Rückreise nicht weniger geworden, was man wieder beim Packen genauso merkt wie beim Einräumen ins Auto und so sind wir froh, dass für den gesamten Kram auch in Puerto del Rosario durch die Business Class gewisse Vorteile bei der Abfertigung und beim Aufenthalt in der Lounge "Jable" gegeben sind.
Dass der Flieger hier nicht an einem "Rüssel" anlegen kann, wurde schon erwähnt und selbstverständlich beträgt auch diesmal die Verspätung mehr als eine Stunde - kennt man das eigentlich noch anders heutzutage? Der Ausblick beim Abflug entschädigt ein wenig: Unter uns liegen die Nachbarinseln Lanzarote, La Graciosa, Montaña Clara und Alegranza malerisch in der Mittagssonne und präsentieren sich von ihrer besten Seite ...
Der Empfang in München ist dagegen wieder ernüchternd wie eh und je. Diesmal allerdings schlägt die Wartezeit auf unseren Kitebag alle Rekorde: Offenbar sind nur zwei (!) Mitarbeiter der Abfertigung damit befasst, alle Fahrräder, Kinderwagen, Surfbretter und Sondergepäck wie unseres des gesamten Fliegers nach und nach in die Ankunftshalle zu schaffen. Nachdem wir uns auch hier nach mehr als einer Stunde endlich in Richtung des Parkhauses aufmachen können, um die abendliche Rückfahrt im wie immer bekloppten Berufsverkehr zu starten, ist der Reisebedarf für heute wieder mal mehr als gedeckt ..!
Ein Fazit ..?
Nun, viele werden es vielleicht als Meckern auf hohem (oder niedrigem! ) Niveau ansehen, aber die Zeit, wieder Jahr für Jahr einen Kurztrip zu den Kanaren zu machen, scheint endgültig vorbei zu sein. Was wohl auch durch den Sachverhalt "erleichtert" wird, dass nun selbst dort Allradfahrzeuge verpönt zu sein scheinen und offenbar für Touristen nur noch mit Mühe erhältlich sind. Dafür wurden inzwischen etliche Pisten, die man früher noch mit einem solchen Fahrzeug befahren konnte, heute in Wanderwege umgewidmet, auf denen man dann ab und zu kleine Fußgänger-Kolonnen beobachten kann. Bestimmt also nur noch ein ganz winziger CO2-Fußabdruck, ganz so, wie heute erwünscht!
Ob und wann ein weiterer Besuch vor Ort erfolgen wird, kann derzeit noch nicht endgültig beantwortet werden. Aber es sieht im Moment durchaus so aus, als könnte es zumindest für weitere längere Zeit der letzte Besuch gewesen sein. Aber gibt es da nicht auch noch die Kapverden, die gut zwei Flugstunden weiter südlich liegen ..?
© 2024 J. de Haas
Anm. der Red.: Weitere Beiträge von J. de Haas finden sich in unserer Autorenübersicht!
Nachtrag, Juli ´24: Die Invasion rollt weiter ...
Worüber bereits im 15. Nachtrag bei Fuerteventura 2020 ausführlich berichtet wurde, hat sich in der Zwischenzeit unvermindert fortgesetzt und routinemäßig eingespielt: Die Massenmigration nach Europa über die Kanarischen Insel hält unvermindert an, ein wichtiger Zwischenhalt für viele auch auf dem Weg nach Germoney. Das Einfallstor ist inzwischen weit geöffnet, die Schlepper- und Asylindustrie wickelt es professionell und ungestört ab und die Sozialministerin der Inselgruppe spricht indes von einem "Kriegszustand":