Offroad im Süden: Zum Punta Jandia und nach Cofete
Nach soviel Entspannung soll es nun aber trotz guten Drachenwinds wieder mal gen Süden gehen: Eine ausgiebige Fahrt führt uns von Corralejo aus über La Oliva und Tindaya mit kurzem Besuch am Unamuno-Denkmal (Abzweig bei N28°34,09´ W013°58,67´) und seinen mystischen Stätten und Stimmungen - unsere traditionelle Inschrift dort müssen wir dieses Mal wegen Umbaus erneuern ...
Weiter geht es südlich über Antigua bis Tuinje. Dort sollte man unbedingt die Hauptstraße verlassen und über die Nebenstrecke von Tesejerague fahren - rechts und links der kaum befahrenen schmalen Asphaltstraße sieht man viele Möglichkeiten für Offroader. Bei La Lajita trifft man wieder auf die Hauptstrecke, die restliche Fahrt von hier bis Morro del Jable reicht auch!
Jandia erweist sich heute als genauso schlimm und überlaufen wie schon vor Jahren die Südküste von Lanzarote oder gar Gran Canaria. Schnell lassen wir den Rummelort Morro del Jable hinter uns, wir wollen zuerst die Piste zum Leuchtturm am Punta Jandia fahren und später nach Cofete, von wo aus wir versuchen wollen, an der Westküste des südlichen Teils der Insel nach Norden zurückzufahren - ein Wunsch, der schon seit Jahren besteht!
Die Fahrt über die harmlose Piste zum Leuchtturm und der Südspitze der Insel (N28°03,91´ W014°30,44´) ist fast schon Routine. Noch gut ist in unserer Erinnerung, wie vor etlichen Jahren die gesamte Strecke vom Flughafen bis in das südliche Touristengebiet ebenfalls eine solche Piste war ...
Zurück geht es erneut über den etwas nördlich vom Leuchtturm quer über die Piste reichenden alten Flughafen, der in einem geheimnisvollen Zusammenhang mit der Villa Winter von Cofete und deren nationalsozialistischem ehemaligem Besitzern sowie angeblichen Plänen von U-Boot Bunkern im Dritten Reich stehen soll. Bald schon erreichen wir wieder den deutlich erkennbaren Abzweig nach Cofete. Da in dem von uns bereits zitierten Reiseführer auch zu dieser Strecke etwas zu finden ist, wollen wir ihn erneut zu Wort kommen lassen:
"Man nimmt die Abzweigung, die die rechte Seite des Barranco de Agua Oveja hinaufführt. Die Hänge färben sich orangefarben und grün, bedingt durch Flechten, die an Felsen, Berghängen und am Geröll wie eine bunte Tapete wirken. Zwei km nach der Abzweigung kommt man zur Degollada de Agua Oveja (220 m), die auf der Scheidelinie der Gipfel auf der Halbinsel, zwischen dem Montana Aguda und der Sierra de Valluelos im Westen und der Sierra de Licanejos im Osten liegt."
Vor uns befinden sich Touris im Pkw, die wohl angesichts der Aussicht und der engen, steilen Passstrecke die Nerven verlieren: Sie halten uns im Genick nicht länger aus und fahren rechts ran. Erleichtert fahren wir an den "Offroadern" vorbei und brettern den Pass hinab zur Bar Cofete (N28°06,14´ W014°23,34´), die wir schon vor Jahren "Fliegenbar" getauft haben wegen der netten Tierchen, die offensichtlich auch Gefallen an diesem schönen Fleckchen gefunden haben. Was meint unser Führer zu dieser Strecke?
"Man steigt den Nordhang des Massivs hinab, von wo man einen schönen Ausblick auf die Strände von Cofete und Barlovento hat, die von einer kleinen Insel getrennt werden. Nach weiteren zwei km und auf einer Höhe von 100 m kommt man zu den Cardones (bis 2m hoch und 8m breit), mit der Form eines mehrarmigen Leuchters und sattgrünen Stacheln."
Wir erreichen die Fliegenbar, die mittlerweile von einem Windgenerator (mit Flugzeuggeräusch) statt dem früheren Dieselgenerator mit Energie versorgt wird, und besprechen bei ein bis zwei Bier das weitere Vorgehen. Zuerst soll es zur sagenumwobenen Villa Winter gehen, die dem Vernehmen nach dem Sohn des ehemals großdeutschen Besitzers gehören soll, aber kein Einwohner der näheren Umgebung soll angabegemäß irgendwelche Informationen zu der Villa geben - ein wirklich merkwürdiges Kapitel deutscher Geschichte auf dieser Insel (Nachtrag März ´05: Siehe hierzu auch unsere Buchbesprechung "Die Kette"!) ...
Auf übler Piste erreichen wir bald das Gebäude, das von unten im Dunst vor den Bergen seit Jahren eine auffällige Erscheinung ist. Als wir in der Einfahrt stehen, wo uns ein kapitaler Ziegenbock samt seinen zugehörigen Ziegen aufmerksam beobachtet, erfasst uns eine merkwürdige Stimmung: Kein Mensch weit und breit, alle Eingänge verrammelt und vernagelt, aber alles scheint erstaunlich gut bewirtschaftet. Wir erkunden das Gelände um die alte Villa, die angeblich nie bewohnt war und deren Turm nie fertiggestellt wurde, direkt vor der steil aufragenden Kulisse der dunklen Berge dahinter ...
Nachdem wir das unheimlich anmutende Gebäude am Hang vor den Bergen verlassen haben, versuchen wir die Piste Richtung Nordosten zu finden, was uns kurz darauf auch gelingt. Wir sind bereits auf der Fahrt zur Villa Winter an ihr vorbeigekommen, ohne sie gesehen zu haben: Neben einem Schild, das auffordert, die Pisten nicht zu verlassen, finden wir einen Wall, den man aufgeschüttet hat, um den Abzweig unpassierbar zu machen. Nach einem kurzen Fußweg auf dem abgeschnittenen Track sehen wir, dass er noch in die Richtung einer Hütte führt, die weiter nordöstlich liegt.
Wir verwerfen nach einiger Diskussion unser Vorhaben, den Wall zu überwinden und weiter zu fahren, sicher nicht zu Unrecht, wie wir bei der Lektüre weiterer Führer später feststellen. Nicht nur, dass selbst die örtliche Jeep-Safari an der Fliegenbar endet, nein, auch die Piste soll nordöstlich der kleinen vorgelagerten Insel El Islote enden - ein Pfad, der danach nur noch für Wanderer zu begehen ist?
Wir beschließen, dass man es irgendwann wohl mal mit Zelt und zu Fuß versuchen sollte, von der Playa de Barlovento aus den Pass rüber auf die östliche Inselseite zu überqueren - irgendwann, da sind wir ganz sicher, werden wir es mal wagen ...
Wir fahren zurück und runter zum Strand von Cofete, in dessen Nähe übrigens Camping erlaubt ist und wo wir unser mitgebrachtes "Jumping Wheel" am Fahrzeug anbringen wollen, den über 2 m durchmessenden "Fallschirm" mit Loch, der heute unser Drachenvergnügen sicherstellen soll.
Wir fahren etwas weiter am Strand von Cofete entlang als die anderen, und plötzlich stellen wir fest, dass wir nicht mehr weiter kommen: Unser Slicks-Allradler sitzt fest - trotz Geländeuntersetzung geht weder vor noch zurück irgend etwas. In aller Ruhe steigen wir aus, jetzt nur keine Aufregung zeigen: Der von nur wenigen Touristen besuchte Strand von Cofete soll nicht unbedingt an uns seinen Spaß haben ...
Nachdem die mitgenommene Schaufel ausgepackt ist, erfolgt erst einmal ein Gang ans Wasser. Der Wind mit mindestens 5 Windstärken steht ablandig parallel zum Fahrzeug - eine Chance?
Schnell ist das Jumping Wheel an der hinteren Abschleppöse befestigt, das Teil bringt bei diesem Wind leicht seine 150 kg Zugkraft, niemand könnte es noch halten. An seinem 30 m langen Seil tanzt es auf und ab, ächzende Geräusche von der Abschleppöse und ein zitterndes Fahrzeug weisen den Weg: Als das Jumping Wheel senkrecht hinter dem Fahrzeug steht, wird der Rückwärtsgang betätigt und der Vitara ruckt problemlos mehrere Meter zurück - wir sind raus!
Der Beweis ist erbracht: Als Offroader kann man das Drachenhobby durchaus einsetzen, zumindest wenn man genügend Wind aus der richtigen Richtung und ein Jumping Wheel dabei hat - eine tolle Erfahrung!
Wir fahren bald wieder zurück - leider wie alle Jahre zuvor erneut über Morro del Jable - aber vielleicht wird es ja eines Tages auch mal anders!
Den letzten Tag unseres Aufenthaltes verbringen wir wieder in den Dünen bei Corralejo, was brauchen wir Offroad, wenn wir alle unsere Drachen dabei haben? Die Rückkehr wird schnell genug kommen, wie tröstlich ist da die Tatsache, dass uns diesmal (Schengen sei Dank! ) kein bayerischer BGS-Beamter die Rückkehr "versüßen" wird ..?
Nachtrag, Mai ´05: Schnellstraße ..?
Wir erhielten eine Mail aus Luxemburg, die ahnen lässt, dass sich mal wieder viel ändert vor Ort. Und wie überall unter diesen Umständen, vermutlich nicht zum Besten ...
Guten Tag,
wir waren in den Osterferien auf Fuerteventura,
haben uns die ganze Insel angeschaut, ich habe jetzt im Nachhinein zufällig
nach einer Angabe der Familie oder der Nachkommen der Villa Winter gesucht
im Internet und bin dann auf ihre Seite gestoßen.
Wir wollten auch weiter an der Villa Winter mit dem Geländewagen fahren, kamen dann auch an einen Wall und mussten umkehren. Wir fuhren dann aber doch noch runter an den Strand, ein paar Leute waren nur hier, es war ziemlich windig, hier ist nun auch eine Umgehungsmauer an dem alten Friedhof endlich angebracht, das war ja vorher nicht so.
Und noch eine Neuigkeit, es wird vielleicht noch etwas dauern, aber man ist dabei, eine Schnellstraße oder auch Autobahn hier von Jandia über Morro Jable bis nach Cofete (nehmen wir mal an) zu bauen, eine Brücke über das ganze Tal ist schon soweit fertig - also es tut sich was.
Wir waren dieses Jahr zum ersten Mal auf Fuerteventura, vielleicht fliegen wir in ein paar Jahren nochmals hin. Wir sind gespannt, wie es dann aussieht ...
Viele Grüße, Frau Mousel Gnad Nicole aus Luxemburg
© Text/Bilder 1998-2005 J. de Haas