Zurück nach Toulouse

Wer ins Bergerac reist, kommt nicht umhin, sich mit den typischen Süßweinen auseinanderzusetzen: Was bietet sich da eher an als ein Ausflug zum Chateau Monbazillac ..?

Das Schloss ist nicht nur für Weinliebhaber eine Besichtigung wert: Der Bau begann im 16. Jhdt. und das Schloss überstand alle Kriege, Revolutionen und Wirren der Geschichte unbeschadet. Mit seinem Burggraben, den Pechnasen und den Schießscharten wirkt die Anlage auch recht wehrhaft. Das Schloss gehört seit 1960 der Winzergenossenschaft.

Chateau Monbazillac ... Überall Museum ...
Zimmer mit Aussicht ... Was wurde da verkostet?

Im Schloss befindet sich ein Museum, das so allerlei ausstellt: Man hat den Eindruck, gleich mehrere Museen zu besuchen. Neben den eingerichteten Räumen mit den antiken Möbeln gibt es Sammlungen mit alten Landkarten, Karikaturen, Handwerker Werkzeugen, altem Porzellan, Dingen des täglichen Lebens aus der Vergangenheit und einem Keller mit alten Flaschen des berühmten Süßweins Montbazillac.

Für den Wein, der schon seit dem 11. Jhdt. hier angebaut wird, verwendet man die Rebsorten Sémillon, Sauvignon Blanc und Muscadelle. Die Trauben werden von Hand geerntet, wenn sie mit Edelfäule überzogen sind. Man soll die Weine gut lagern können und sie erinnern an Sauternes aus dem etwas nördlicher gelegenen Bordeaux, nur sind sie deutlich billiger.

Einige der Weine sind mit dem Zusatz Marque Hollandaise versehen. Dieser Zusatz stammt aus dem 17. Jhdt.: Damals wurde das Edikt von Nantes aufgehoben, das im katholischen Frankreich den Protestanten volle Bürgerrechte zuerkannte. Durch den Verlust ihrer Rechte flohen die Protestanten in die Niederlande. Dort wollten sie aber nicht auf ihren geliebten Wein verzichten und importierten diesen. Auf die exportierten Fässer wurde der Name des Herstellers eingebrannt, die so genannte Marque Hollandaise. Über Jahrhunderte hinweg diente der Zusatz zum Beleg, dass der Wein von einem alteingesessenen und berühmten Produzenten stammt.

Unweit des Schlosses kann man die Weine verkosten. Diesmal werden wir wirklich von einer sehr lustlosen Dame bedient, die wenig zu den Weinen erzählt und deren ruhigen Tagesverlauf wir wohl eher stören. Man merkt deutlich, hier werden einfach Touristen (im Sommer sicher Touristenmengen) "abgehandelt", Leidenschaft für den Wein weiß die Dame zumindest gut zu verbergen ...

Aber nichtsdestotrotz: Wir probieren uns durch, lauschen der sachkundigen Begleitung Gerhilds und lernen wieder einmal jede Menge dazu über Süßweine.

Berühmte Domaine lädt ein zur Degustation ... Der Chef Christian Roche nimmt sich Zeit für einen Plausch ...
Was wurde da verkostet?

Weiter geht die Reise zur Domaine de l'Ancienne Cure: Hier erwartet uns wieder Weinleidenschaft bei dem unabhängigen und sehr angesehenen Bio-Winzer Christian Roche, der seit 1984 rote, weiße sowie rosé Pécharmant-Weine schon in der fünften Generation produziert. Zahlreiche Auszeichnungen konnte diese Domaine schon einsammeln. In dem stilvollen Degustationsraum hat man für unseren Besuch schon eine Auswahl Weine für uns bereitgestellt. Und sogar der Chef nimmt sich trotz Erntestress die Zeit, uns kurz von seinen Ideen zu berichten.

Neben Weiß-, Rot- und Süßweinen gibt es hier auch einen Marc de Monbazillac - einen Tresterschnaps. Den sollte man unbedingt ganz zum Schluss probieren, denn er schmeckt so intensiv, dass lange Zeit die Geschmacksknospen besetzt bleiben ...

Das war dann leider schon unsere letzte Kellerei und es geht zurück nach Toulouse.

Man kann nicht in dieser Stadt gewesen sein, ohne das Museum aeroscopia besucht zu haben: Unweit von Airbus und dem Flughafen Toulouse-Blagnac eröffnete das Luftfahrtmuseum im Jahr 2015 seine Pforten. Schwerpunkt ist allerdings die französische Luftfahrt, die hier in der Region auf eine lange Geschichte zurückblicken kann. In einem riesigen Hangar stehen allerlei große Flugzeuge, die teilweise auch von innen zu besichtigen sind. Unter anderem auch eine Concorde, und wir hätten nie gedacht, wie eng so ein Cockpit sein kann - nichts für Klaustrophobiker. Da hat sich schon viel geändert, vergleicht man dazu den Airbus A300, bei dem man durch den gläsernen Boden auch mal in den Frachtraum blicken kann ...

Am aufgeklappten Super Guppy, mit dem früher Flugzeugbauteile transportiert wurden, kann man die Funktionsweise dieses Transporters gut erkennen.

Auf dem Freigelände gibt es u.a. noch eine zusätzliche Concorde, den Prototypen des Militärtransporters Airbus A400M und eine Caravelle zu besichtigen. Letztere löst Erinnerungen aus an einen Flug in den 60er Jahren nach Tunis, als "unbegleitetes" Kind. Das war ein Abenteuer und damals wurde man als Kind auf dieser Route wie ein VIP behandelt, durfte ins Cockpit, den Flugbegleitern bei der Zubereitung der Bordverpflegung zuschauen und als Erste an und von Bord ...

Aber nicht nur französische Maschinen werden ausgestellt: So finden wir auch einen Lockheed F-104 Starfighter, eine Saab Draken, eine Cessna 337 und vieles mehr in der Halle. Auch für Kinder gibt es allerlei zu entdecken, so dass Groß und Klein hier leicht einen ganzen Tag verbringen können.

Concorde von allen Seiten ... Cockpit im Wandel: Concorde versus Airbus A300 ...
Super Guppy aufgeklappt ...

Beim Anblick der Passagierflugzeuge kommen angesichts der Weinreise einige Fragen hoch: Viele Leute sollen Tomatensaft während des Flugs deshalb trinken, weil er im Flugzeug so viel besser schmecken soll - wie ist das eigentlich mit dem Wein?

  • Gibt es Sommeliers bei den Fluggesellschaften, die für die anspruchsvollen First Class Reisenden die Weine auswählen?
  • Verkosten die Sommeliers die Weine während eines Fluges oder in einer Niederdruckkammer?
  • Wie wirkt sich der Niederdruck auf Wein aus, müssten die Weine nicht fader schmecken?
  • Wie verändert sich die Wahrnehmung von Geschmackskomponenten im Wein bei Niederdruck?
  • Gibt es eine Zusatzausbildung Sommeliers für Airtraffic ..?

Fragen über Fragen, die wir jetzt aber nicht klären können, denn unser Abenddiner im Sternelokal Les Jardins de l'Opéra ist bereits bestellt. Stéphane Tournié hat hier einen Stern erkocht.

Der Gruß aus der Küche, eine Gemüseconsomé, kann zunächst überhaupt nicht überzeugen - sie schmeckt ein wenig wie abgekochte Gemüseschalen. Aber die nächsten Gänge sind dann doch vorzüglich. Die Rotweine - ein 2012 Vieillefont der Domaine Mouthes Le Bihan aus dem Côtes de Duras und ein 2014er Les Dimanches der Domaine Clos d'Anhel aus dem Corbière - runden dabei das Ganze angenehm ab. Man stimmt sogar das Glas auf den Wein ab. Wer mit Gerhild Burkard reist, weiß wie wichtig das richtige Glas ist: Oft haben wir schon einen Wein aus verschiedenen Gläsern verkostet und dabei unglaubliche Unterschiede im Geschmack festgestellt.

Was man aber hier nicht tun sollte: die Glasauswahl des Sommeliers ignorieren und um ein anderes Glas bitten. Das andere Glas wird mit dem Argument verweigert, alle Gläser der gewünschten Art seien in Gebrauch. Als Zugabe bekommt man zu dieser Auskunft schließlich noch einen Prospekt des Kufsteiner Glasherstellers Riedel ...

Was man hier im Restaurant aber auch auf keinen Fall tun sollte: Bei einem Menü das Hauptgericht austauschen. Da wird deutlich, was man vielleicht bei dem einen oder anderen Sternerestaurant manchmal unterschwellig zu spüren scheint: Nicht der Gast ist hier König, sondern eher das Lokal, das einem die Gnade der Beköstigung erweist.

Wir wissen es nicht besser und einer von uns tauscht das Hauptgericht: Der Service weist darauf hin, dass ein Aufpreis fällig würde. Ok, ein Aufpreis, das kann man akzeptieren und das ist üblich. Aber auf der Rechnung präsentiert sich die Angelegenheit später dann doch anders: Das Menü muss voll bezahlt werden, das "Ersatz-Hauptgericht" aber auch - und das hat mit "Aufpreis" nichts mehr zu tun! Dem Protest entgegnet man kompromisslos, so stünde es im Kleingedruckten der Speisekarte (AGBs des Sternelokals).

Nun, wäre das vorher klar gewesen, hätte man natürlich das weggefallene Hauptgericht aus dem Menü servieren lassen und ein "Taubenbrüstchen" und "Schenkelchen" unter den Anwesenden aufgeteilt - das wäre dann keineswegs in Völlerei ausgeartet und bei den Betreffenden sicherlich willkommen gewesen. Klarer Fall also, über die Eignung dieses Lokals für künftige Veranstaltungen nachzudenken ..!  

Absacker nach dem Hauptgericht des Anstoßes ... Die Markthallen von Toulouse ...

Für den Absacker machen wir auf dem Rückweg zum Hotel Stopp in einer kleinen Bar, proppenvoll mit gut gelaunten Gästen aus allen Regionen der Welt, darunter viele Studenten. So wie wir die Weinreise begonnen haben, beenden wir sie: Mit einem Bier.

Am Morgen beschließen wir noch, auf das Frühstück im Hotel zu verzichten und besuchen stattdessen die Markthallen von Toulouse, um dort an den Ständen mit frischem Brot, Wurst, Käse, Fisch und Obst alles für ein Frühstück zu erstehen. An den Bars in der Halle wird frischer Kaffee gebraut. Mal ein ganz anderes Frühstück, bevor wir zum Flughafen müssen, denn nun ist sie schon wieder zu Ende, unsere auch diesmal wunderschöne, exklusive "Entdecker Weinreise" in den Sud-Ouest ...


© 2017 Sixta Zerlauth


Nachtrag, August 2017: Nach der Tour ist vor der Tour!

Und dieses Motto gilt auch ím Jahr 2017 - nun wollen wir gemeinsam mit Gerhild Burkard an die Loire - und das wird mit Sicherheit wieder genau so eine Traumtour wie die bisherigen. Wer uns begleiten möchte, kann sich hier informieren und mit unserer ganz speziellen "Weinkönigin" Kontakt aufnehmen für unsere nächste Reise Ende Oktober 2017: