Der Mont Ventoux ruft ...
Schon früh am Morgen hören wir den Berg laut rufen: Heute ist ein Ausflug dorthin geplant, der uns auch durch die malerischen Orte der Umgebung führen wird.
Zunächst besuchen wir Séguret, das an einen Hang gelehnt in 230 m Höhe auf eine lange Geschichte zurückblicken kann. Bereits zur Steinzeit gab es hier Bewohner. Die Römer hinterließen ebenfalls Spuren, so fand man einige Skulpturen von Göttern aus dieser Zeit. Überfälle von Barbaren, Epidemien und Pest beutelten die Bewohner. Reste einer Burgruine aus dem 13. Jhdt sowie die Reste der Stadtmauer aus dem 14. Jhdt zeigen die einstige Wehrhaftigkeit des Orts.
Wir spazieren durch die alten gepflasterten Straßen, vorbei an mittelalterlichen Häusern und kleinen Andenkenläden, die typisch provenzalische Keramik anbieten. Es geht vorbei am Dorfbrunnen aus dem 17. Jhdt und wir können den Ausblick ins Rhône-Tal und nach Vaison La Romaine genießen, unserem nächsten Ziel. Die Freunde von Séguret (Les Amis de Séguret) tun viel für den Ort: Ein Backhaus wurde rekonstruiert, überall hängen Tafeln mit Erläuterungen, auch eine Orientierungstafel wurde errichtet und vieles mehr. Die Einwohner sind stolz auf ihr Dorf ...
Weiter geht es nach Vaison La Romaine mit einem kleinen Zwischenhalt bei einer Töpferei, die durch ihre Skulpturen im Garten unsere Aufmerksamkeit erregt.
Vaison La Romaine, am Fluss Ouvèze gelegen, hatte - wie der Name vermuten lässt - in der Römerzeit eine große Bedeutung. Hier kreuzten sich wichtige Straßen des Reiches und eine Brücke ermöglichte die Querung des Flusses. Diese antike Brücke ist auch heute noch in Betrieb und fungierte in der Vergangenheit als Zoll- und Kontrollposten.
Neben den römischen Ausgrabungen und dem Amphitheater beeindruckt die mittelalterliche Altstadt. Auch hier sind wieder "Freunde" tätig: Die Amis de l'Eglise de la Cité Médiévale renovieren liebevoll ihre Kirche. Auffallend ist das Engagement so vieler Senioren, die hier Wandgemälde restaurieren, auf Leitern unter den Kuppeln die Wände anpinseln und Stuckarbeiten ausbessern. So etwas ist ein überzeugendes Beispiel für Bürgerengagement.
Wir spazieren durch die alten Straßen und über kleine Plätze, füllen hier und dort wieder unseren Einkaufskorb mit herrlich duftender Lavendelseife, traditionellen Geschirrtüchern, Keksen und vielem mehr ...
An den Häusern wurden Schwarzweißfotos angebracht von den Bewohnern und ihren Vorfahren. Ein Bistro lädt ein zu einer kurzen Pause. Unser Kleinbus ist an der Ouvèze geparkt: Dort werden wir mit lautem Froschgequake begrüßt. Das ganze Flussufer scheint zu quaken, aber man muss trotzdem sehr genau hinschauen, um die kleinen Verursacher erkennen zu können.
Weiter geht es in Richtung des berühmten Berges: Wir erreichen Malaucène, das jedem Tour de France Fan bekannt ist, weil dort die Radsportler regelmäßig durchrasen. Wir beschließen, dass nun ein Spontanaperitif angesagt ist, weil wir auch die Zeit überbrücken müssen, bis der Bäcker öffnet. Bei dem wollen wir Brot kaufen für unser Picknick, das Gerhild vorbereitet hat.
An der Hauptstraße halten wir an und im Bistro werden wir mit einem Rosé, Gläsern und mobilem Weinkühler für unseren "Stehaperitif" draußen am Fahrzeug versorgt. So verkürzt man sich die Wartezeit gerne! Doch endlich öffnet der Bäcker und wir können weiter zum Lac du Paty, der hervorragend eingerichtet ist für unser Picknick. Gerhild bereitet für uns alles wunderbar vor: Schon bald stehen regionale Leckereien auf dem Tisch und unsere Gläser sind mit Rhône-Wein gefüllt ...
Dermaßen gestärkt sind wir gut gerüstet für den Auto-Aufstieg zum Mont Ventoux auf 1.912 m: Offensichtlich hat die Radfahrersaison noch nicht begonnen, denn im Sommer müssten wir an zahllosen Hobby-Cyclisten vorbei. Szenen verschwitzter und entkräfteter Radler am Straßenrand bleiben uns somit erspart. Relativ einsam kurvt unser Kleinbus zum Gipfel. Ein Stempelautomat begrüßt die Radfahrer, die sich hier ihren Aufstieg bestätigen lassen können.
Unterhalb der Sendeanlage befindet sich die Chapelle Sainte-Croix, deren Ursprung in das 15. Jhdt zurückführt. Die ursprünglichen Mauern sind verfallen, wurden abgerissen und im Jahr 1936 wurde an dem Standort eine moderne Kapelle eingeweiht. Laut einer Tafel am Eingang darf man keine Urnen und auch keine Andenken an Verstorbene dort deponieren. Scheinbar ist dieser Hinweis nötig - aber wer bitte trägt seine eingeäscherten Verwandten hier hoch auf den Berg?
Am Gipfel liegt noch Schnee und zusammen mit der herrlichen Sonne der Provence genießen wir auf der Terrasse der Berghütte unseren Kaffee ...
Zurück vom Berg sehen wir blühende Obstbäume am Straßenrand, Grund genug für einen weiteren Zwischenstopp und einige Fotos.
Wenn wir heute schon keine Weinprobe haben, so gibt es doch noch eine Olivenölverkostung im Laden der Ölmühle La Balméenne in Beaumes de Venise und wieder füllt sich unser Einkaufskorb ...
Der Tag findet seinen Ausklang im Restaurant unseres Hotels, der Chef holt seine besten Weine zu unserem Menü aus dem Keller: Ein schöneres Ende für diesen Tag können wir uns kaum vorstellen - Santé ..!
© 2014 Sixta Zerlauth