Felix: Nachruf für einen "Sohn" ...
16.09.1992 - 19.09.2008
Du bist nicht mehr da, wo Du warst,
aber Du bist überall, wo
wir sind.
Was kann man über jemanden schreiben, der 16 Jahre lang das Leben
mit bestimmte?
Über einen, der - obwohl nur katergroß - eine Lücke
hinterließ, in die leicht eine Elefantenherde passen würde?
Nun, dieser einmalige Typ war tatsächlich "nur" ein Kater - aber einer, an den man auch noch lange nach seinem Weggang mit Trauer denkt, weil man einen "Sohn" verloren hat. Einer, der nahezu jeden Abend auf seinem "Herrchen" ein Bier "mitgetrunken" hat, einer, der nahezu jede Nacht mit ihm verbrachte, einer, der nach jeder Explorer Tour der Erste war, der den Heimkehrer auf der Treppe erwartete. Einer, der den Modellkeller des Magazins immer sehr liebte und der auch die hintersten Winkel davon bestens kannte.
Einer, der einen stets vor dem gelegentlich-abendlichen Fernseher begleitete und einer, der sich immer wieder gern zur "affigen Nummer" entschloss, wie andere sie nannten: Er stieg dabei ganz selbstverständlich von höchsten Regalen auf die ausgestreckte Hand, um sich von dort sicher nach unten führen zu lassen - Vertrauen und Liebe waren all die Jahre das oberste Gebot dieser mehr als engen und einzigartigen Beziehung ...
Und wie kam das alles schließlich zu seinem mehr als traurigen Ende?
Nun, Kater Felix hat zuletzt die Seuche, die alle Katzen befallen kann: Das "Feline Fibrosarkom" hat ihn heimgesucht. Von der Tierklinik München wird dies im Dezember 2006 nach Punktierung einer auffällig gewordenen Stelle an seinem Rücken allerdings noch nicht bestätigt - auch kommen von dieser Klinik keinerlei Hinweise oder Warnungen an Felix´ Besitzer, die zu dieser Zeit vom Katzenfluch noch nicht das Geringste ahnen. So gibt es keinerlei Vorwarnung und auch keine Wiedervorlage - erst Monate später geht es schließlich erneut zur Klinik. Vielleicht zu spät: Die erste von insgesamt drei Operationen dieser heimtückischen und aggressiven Krebserkrankung folgt. Tapfer erträgt der Kleine all die Unbilden, ob mit Kragen oder mit OP-Fäden erweist er sich stets als Kämpfer, der alles wegzustecken scheint und der sich nie unterkriegen lässt ...
Noch haben wir danach rund eineinhalb gemeinsame und glückliche Jahre: Jeden Abend Spielen ist angesagt - weitaus intensiver als je zuvor. Auch die gemeinsamen Nächte sind bewegend - wer hätte je einem solchen zum "Menschen" und zum "Sohn" gewordenen Gefährten sein Bett verweigert!
Doch dann - irgendwann, das Schicksal oder wer auch immer - will es nicht anders, wird die Explorer Frankreichtour geplant, rund drei Monate nach der dritten und letzten Operation. Beim Aufbruch zeigt sich Felix wie immer positiv, eine kleine erneute Schwellung am Bauch soll im Spätherbst weiter beobachtet werden.
Unterwegs in Frankreich erreicht die Reisenden die Hiobsbotschaft: Felix´ Bauchnarbe, nach der dritten OP nur schlecht verheilt, erweist sich als heimtückische Tumornarbe: Eine tiefe, blutige Öffnung hat sich dort aufgetan.
In nur drei Tagen geht es aus der Bretagne zurück nach München - diesmal steigt nach Rückkehr niemand wie üblich die Treppe herab: Der Anblick von Felix und seiner nässenden Wunde trifft den Heimkehrer wie ein Schock - auch wenn sich der tapfere Kerl später an diesem Abend wie so oft noch einmal ins Spielzimmer schleppt und in der Nacht sogar ein Stockwerk höher ins gemeinsame Bett. So hatte er es 16 Jahre lang getan, von seinen ersten Tagen als Babykater an, als es ihm in der ersten Woche nach seiner Ankunft nicht so gut ging und er zum ersten Male hereingekrabbelt war ...
Die beiden letzten Nächte verbringen wir gemeinsam im Wohnzimmer im Erdgeschoss - Treppensteigen ist ihm nicht mehr zuzumuten. Am Freitag, den 19.09.08 schließlich besucht uns ein Tierarzt samt Assistentin - sämtliche Fachleute haben bis zu diesem Zeitpunkt bestätigt, dass es keinen Ausweg mehr gibt ...
Zu den Klängen von Loreena McKennitts CD "The Visit", die zu den erwiesenen Lieblingsstücken von Kater und Herrchen (aufgrund langjähriger Beziehungen zu Irland) gehören, wird Felix schließlich gegen 15:00 Uhr eingeschläfert - nicht näher zu beschreiben die Gefühle derer, die der kleine Kerl unfreiwillig zurücklässt - an seinem letzten Tag hat er sich wie durch ein Wunder noch einmal fast so fit wie üblich gezeigt. Die klaffende Wunde am Bauch scheint ihn an diesem Morgen nicht zu erschüttern. Eine fast unwirkliche Stille liegt über der Nachbarschaft, als Felix an diesem sonnigen Freitagnachmittag in seinem geliebten Garten beerdigt wird - selten hat man diese Umgebung so erlebt.
Sechs Wochen nach seinem Tod, wieder ist es Freitag, liegt genau zum Todeszeitpunkt gegen 15:00 Uhr sein Gartengrab inmitten einer dunklen Umgebung in geradezu überirdischem Sonnenlicht - eine wahrhaft angemessene letzte Ruhestätte für diesen außergewöhnlichen Burschen ...
Lieber Felix, ganz gleich welche zusätzlichen Namen du in all den Jahren von uns bekommen hast, sei es "Prinz Marzipan", "Paolo (Pinkel)", "Schnackel", "Der Weiße", "Mäuserich", "Prügel-Teddy" (Schwester Flori weiß warum!), "Plüschi-Bär", "Daddy-Bär", "weißes Äffchen" oder ganz einfach nur "Kleiner" oder "Teddy" - all diese wechselnden Bezeichnungen und noch viele andere sind nur Beleg dafür, in wie vielen Funktionen und Erscheinungsformen du uns wichtig warst. Und eines ist sicher: Wir werden einen außergewöhnlichen Freund, Sohn und Kater niemals vergessen, der auch immer, wenn es darauf ankam, so gut verständlich "Nein" sagen und sogar mit dem Reisenden unterwegs telefonieren konnte ...
Und wir trösten uns wie auch die Besitzer von Leidensgenosse "Knöpfchen" ebenfalls mit dem so berühmten Satz, der Lao Tse zugesprochen wird:
Ich bin von Euch gegangen, nur für einen kurzen Augenblick und
gar nicht weit.
Wenn Ihr dahin kommt wohin ich gegangen bin, werdet
Ihr Euch fragen, warum Ihr geweint habt ...
1. Nachtrag, Dezember ´08: Email von Quinlan Road ...
Man wird verstehen, wenn es selbst nach Monaten schwer fällt, die unvergleichliche Musik von Loreena McKennitt zu hören, die auch für Felix bis zuletzt stets Anlass war, aus dem letzten Versteck hervor zu kommen, um sie gemeinsam anzuhören - ein sicherlich sehr außergewöhnlicher Fan irischer und keltischer Motive, ein Fan, der auf seine Art dabei "mitsang" und stets Laute von sich gab ...
Die CD "The Visit" ist bis heute tabu, umso freudiger wurde die Neuerscheinung von Loreena´s "A Midwinter Night´s Dream" begrüßt, die auch Anlass war für eine Mail an ihr Plattenlabel Quinlan Road.
In dieser Mail kam das Schicksal von Felix zur Sprache, einem der sicherlich außergewöhnlichsten Fans von Loreena, einem Fan, der unzählige Male auf seinem "Daddy" ihrer Musik gelauscht hatte, und das selbst nach seinen schweren Operationen. Dass er sein Leben beendete zu den Klängen der CD "The Visit" und insbesondere zum Lied "The Lady of Shalott", war trauriges Detail der letzten Stunde ...
So konnte man vielleicht um so erstaunter sein, als die Nachfolge-CD "A Midwinter Night´s Dream" erschien: Der Blick auf das CD Label zeigte eine herbstliche Fantasielandschaft mit einer Tiergruppe - und eines davon schien Felix zu ähneln, der sicherlich auch dieser CD gern wieder zugehört hätte, doch dazu keine Gelegenheit mehr bekam. Aber so war das Titelbild der neuen CD recht schnell geändert (auf CD-Label rechts klicken) und nun war es Felix selbst, der hier im Kreise neuer Gefährten vielleicht auch den neuen Klängen wieder lauschen kann ...
Die Montage vom "A Midwinter Night´s Dream"-Label ging auch an Quinlan Road gemeinsam mit der Geschichte über die letzten Tage des außergewöhnlichen Fans. Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten und hat uns sehr gefreut in diesen dunklen Tagen:
Dear Jurgen,
Thank you so much for writing to us to tell us
about Felix. Loreena is away from the office these days, however I´ll
forward your message to her so that she can read it at her earliest
opportunity. I´m sure she will be touched by the story of your friend´s
companionship and to know that the two of you shared your enjoyment
of her music.
I´m sorry for your loss - Felix sounds like he was a wonderful companion and I´m glad you have happy memories of him. Pets really do enrich our lives, don´t they? I have two cats myself, and am grateful for them each day.
I think the album cover for A Midwinter Night´s Dream looks lovely
with Felix in there! What a sweet angel he makes.
Sending sincere
condolances,
Stacey
Danke, Stacey, für deine tröstlichen Worte.
Er war tatsächlich
ein wunderbarer Freund und Kamerad.
Und wirklich: Er macht sich
gut als kleiner Engel im Kreise neuer Gefährten auf "A Midwinter
Night´s Dream" ...
2. Nachtrag, Weihnachten ´08:
Am Freitag, den 26. Dezember ´08 (2. Weihnachtsfeiertag) erschien eine weiße Katze an Felix´ Gartengrab. Man konnte sich einbilden, dass sie ihm ähnelte: Mit seiner Mimik und Gestik scharrte sie in der Nähe seines Grabes, blieb dort lange Minuten sitzen und verschwand schließlich.
Wir haben sie weder zuvor noch danach je wieder gesehen ...
3. Nachtrag, Februar ´12:
Lange hat es gedauert, bis dieser Nachtrag möglich war. Die traurige Geschichte rund um die dem Explorer Magazin nahe stehenden Kater ist mit Felix noch nicht vollständig erzählt, auch wenn dieser sicherlich der einzige für den Autor "private" Kater und quasi "Sohn" war.
Aber neben Felix gab es im letzten Jahrzehnt des Magazins noch drei weitere unkastrierte Kater und eine Katze, die allerdings allesamt uns zugelaufene bzw. immer wieder "besuchende" "Streuner-Bürokater" und "-katze" waren. Auch sie sehr liebenswert und wichtig für den täglichen Betrieb dort, denn wenn sie fehlten, war es irgendwie "leer" im Büro.
Wer sind oder genauer wer waren die drei bzw. die vier? Wir nannten sie Bärchen, Kralli, Boris und Liesl. Der am längsten durchhielt, Bärchen, war gleichzeitig der erste und der letzte, irgend wie hat er bei uns nun das Licht ausgemacht und seitdem ist es leer geworden auf den Fluren ...
Bärchen war ungefähr seit dem Jahr 2001 bei uns, wir sahen ihn erstmals kurz nach dem Umzug in unsere neuen Büroräume. Er hielt durch bis zum Spätherbst des Jahres 2011, nach einer Augenoperation verabschiedete er sich bei uns besonders intensiv noch einige Wochen lang und sporadisch, bevor er endgültig verschwand ...
Liesl war die Technikkatze, die ebenfalls ab Anfang des neuen Jahrtausends bei uns auftauchte, und sie war immer völlig angetan von allen Geräten, die Lärm machten - völlig unüblich für ein Katzentier und auf ihre Art unvergleichlich. Aber sie konnte nicht gut mit Bärchen und sie hielt sich immer fern vom Büro, wenn er dort gastierte. Nach einer OP im Jahr 2005 veränderte sie sich leider völlig und besuchte uns bis zu ihrem Verschwinden schließlich nicht mehr.
Kralli störte sich nicht besonders an Bärchen oder er zeigte es kaum, die beiden unkastrierten Kater waren zugleich perfekte Psychokrieger, die es fertigbrachten, um ihre Büroplätze derart zu kämpfen, dass sie nur Zentimeter vom anderen entfernt tief zu schlafen schienen und den anderen einfach deshalb nicht bemerken konnten ... Kralli war so gut wie dauerhaft bei uns im Büro eingezogen und verschwand schließlich während unseres Aufenthaltes bei der Abenteuer Allrad 2008 - Nachbarn vermuten, dass er seinerzeit ausgelegtem Rattengift zum Opfer gefallen ist ...
Schon bald darauf folgte ihm wie durch ein Wunder Boris - wir konnten kaum glauben, dass dieses junge Katerbaby eines Tages vor unserer Bürotür haltmachte - aus dem Jungstreuner wurde ebenfalls ein regelmäßiger Besucher, der sich zunehmend bei uns einquartierte. Auch er praktizierte ein ähnliches Spiel mit Bärchen wie Kralli - beide Kater tolerierten sich auf eine ganz ähnliche Art und Weise in unserem Haus.
Leider wurde der sehr geliebte Boris nicht alt: Nach rund drei Jahren fanden wir ihn im Jahr 2011 - nach Rückkehr von unserem Fuerte-Aufenthalt - völlig entkräftet in unserem Büro vor, das für ihn durch eine Katzentür immer erreichbar war. Der Aufenthalt in der Tierklinik Haar, in die wir ihn trotz der Erfahrungen mit Felix gebracht hatten, endete leider tragisch: Am 28.02.2011 musste auch dieser gute Bürogeist eingeschläfert werden auf Anraten der Tierärzte ...
Nachdem Bärchen auch Boris nun überlebt hatte, tauchte er noch einige Male bei uns auf, schien sich zu verabschieden, bis er schließlich im Spätherbst 2011 ebenfalls für immer verschwand. Seitdem ist es in unseren Räumen leer geworden - wir vermissen sie alle ...
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Und noch etwas ...
Bei drei der langjährigen Begleiter, die uns unverändert sehr fehlen, wurde es immerhin versucht: Die Tiere durch eine Operation zu retten. Bei Felix bestand zumindest auch eine Zeitlang die Hoffnung, dass er es vielleicht langfristig schaffen könnte - bemüht hat er sich nach Kräften.
Doch sind wirklich alle Katzenhalter - wie andere Besitzer von Haustieren auch - immer bereit, für ihre Lieblinge derartige Kosten und Mühen auf sich zu nehmen, um sie vielleicht zu retten? Manchen Haltern fehlen vielleicht ganz einfach die Mittel, solche nicht gerade billigen Operationen wie die oben erwähnten in der Tierklink in Haar zu bezahlen. Aber seine Katze nur deshalb einschläfern zu lassen, weil es billiger ist als eine Tierarztbehandlung, das sollte in keinem Fall die Alternative sein.
Bei uns war sogar einer von ihnen kein Freigänger, doch bei den anderen war das allgemeine Risiko größer: Lässt man die Lieblinge draußen frei herumlaufen, weiß man nie sicher, ob sie wiederkommen. Und falls ja, in welchem Zustand - zu groß sind draußen die Verletzungsgefahren auch für ältere und erfahrenere Tiere ...
© 2008 - 2012 J. de Haas