Auf die Fähre ...
Heute haben wir den ganzen Tag zur "freien" Verfügung, denn die Fähre legt erst am Abend um 21:00 Uhr im ca. 35 km entfernten Toulon ab. Da bietet es sich an, der Küste folgend von Dorf zu Dorf zu fahren. Wir nutzen vorher noch die Gelegenheit, unsere Geldbörsen und den Tank des Ford Rangers zu füllen, nicht ahnend, als wie weise sich das noch erweisen wird ...
Da liegen die Salinen von Hyeres, nahezu menschenleer, das ist wohl aber nicht immer so, denn die Parkplätze sind groß und tun alles, um Womos an der Einfahrt zu hindern. Auch wir müssen am Straßenrand parken. So schön es rings um die Salinen ist, die Hochhäuser in den Bergen sind bereits Vorboten für Toulon.
Weiter auf die Halbinsel Giens zur Festung La Tour Fondue: Im Gegensatz zu den Salinen ist hier der Bär los. Es gibt keine Möglichkeit zu parken wenn man höher als zwei Meter ist, und die Massen an Touristen wirken nicht einladend, also geht es weiter zum Cap la Garonne.
Hier fühlen wir uns gleich zu Hause, denn die Straße dahin ist teilweise wieder einspurig und kurvenreich. Bushaltestellen am Straßenrand nehmen wir nicht zur Kenntnis, denn das würde ja bedeuten, dass uns hier ein Bus entgegenkommen könnte ...
Wir haben Glück und gelangen ohne nennenswerten Gegenverkehr zu den Minen von La Garonne. Diese Minen sind berühmt für Mineralien, ca. 140 verschiedene Sorten wurden hier schon bestimmt.
Mitte des 19. Jhdt. wurde begonnen, hier Kupfer, Kupfersulfat und Blei abzubauen. Der Abbau war schwierig, denn das Gestein hier ist hart und der Kupfergehalt eher gering. Dennoch lohnt es sich, denn Kupfersulfat diente als Basis für die so genannte Bordeaux-Mixture im Weinbau, mit der Pilzerkrankungen erfolgreich bekämpft wurden. Der Preis war jedoch hoch, da sich viele Arbeiter vergifteten und die Böden ihre Mikroorganismen veränderten.
Im Verlauf der Zeit wurden die Arbeiten immer wieder eingestellt, die Besitzer wechselten und 1917 wurde der Mineralabbau endgültig eingestellt.
Anschließend zog eine Champignonzucht ein und es überrascht doch kaum, dass der Erfolg ausblieb, denn die Betreiber hatten offensichtlich übersehen, dass die Kupfersalze fungizid wirken, nicht nur beim Weinanbau ...
Seit 1994 beherbergt die Mine nun ein berühmtes Mineralkundemuseum und kann besichtigt werden. Dies lohnt sich wirklich, denn die Wände schimmern in bezaubernden Blau- und Grüntönen. Der Führer überträgt seine Begeisterung auf die Besucher, Kinder dürfen sich an altem Bergmannsgerät versuchen und im Sommer kann man der provencalischen Hitze für eine Stunde entkommen ...
Auch die Spazierwege rings um die Mine lohnen sich, denn man hat einen herrlichen Ausblick auf die Bucht von Toulon am Mittelmeer.
Im kleinen Museumskiosk fragt die Verkäuferin, woher wir kommen und dann will sie wissen, ob wir hier in der Region bleiben. Bei der Auskunft, dass wir heute Abend auf die Fähre nach Ajaccio wollen, starrt sie uns ungläubig an und meint: "Mais, c'est grève ..." (Aber es ist doch Streik ...).
Nun, wir haben tatsächlich die letzten Tage nicht mehr verfolgt, wie sich die Streikfront in Frankreich entwickelt hat. Die Dame wusste zwar nicht, ob generell alle Fähren bestreikt werden, aber sie wusste, dass die Fähren von Streikaktionen betroffen sind.
Das beruhigt einen als Urlauber nicht unbedingt und so machen wir uns unverzüglich auf nach Toulon, um zu klären, ob und wie unsere Reise weiter geht.
Toulon! Ein riesiger Militärhafen mit einem Fährableger mitten im Ort. Offensichtlich hat das Stadtbauamt hier ein großes Budget, denn Baustellen, Umleitungen und temporäre Einbahnstraßen würzen die Anfahrt. Die Beschilderung zur Fähre ist so gut wie nicht existent. TomTom's Lisa dreht im Umleitungswirrwarr durch, man ist gefangen in einem Verkehrschaos, immerhin sind die Mitgefangenen wenig aggressiv. Endlich erreichen wir den Fährhafen ...
Die Einfahrt ins Hafengelände ist noch gesperrt, einen weiteren Parkplatz gibt es nicht. So müssen die Wartenden im kleinen engen Kreisverkehr vor der Einfahrt parken. Wir nutzen ein Art Nische, was sich als sehr klug erweist, denn immer wieder kommen große LKWs mit Anhänger in den Kreisverkehr von und zum Hafen. Das bedeutet zunächst Gehupe vom LKW, Rennen der Parkenden zum Auto, hastiges Einsteigen, Motor anlassen und eine Runde im Kreisverkehr drehen, damit die LKWs auf das Hafengelände fahren können. Nur wir in der Nische sind davon nicht betroffen und beobachten staunend die Szenen, die sich hier abspielen. Da immer mehr Fährpassagiere im Kreisverkehr parken, ist der Punkt des Kreisverkehrskollapses fast erreicht. Doch da merken es dann endlich auch die Wächter des Hafens und öffnen die Schranke, damit wir auf das Gelände dürfen. Die Zeit konnte man nutzen, um die Streiklage zu klären: Wir haben Glück, unsere Fähre wird fahren und so glauben wir, dem Streik entronnen zu sein!
Neben uns steht ein alter Panzer auf dem Tieflader. Nachschub für die korsischen Separatisten? Maßnahmen gegen den Streik? Ein typisches Expeditionsfahrzeug, um Korsika zu erkunden? Wir können das Rätsel nicht lösen.
Tatsächlich legt die Fähre aus Ajaccio pünktlich an und wir werden an Bord eingewiesen.
Die Kabine ist schnell bezogen und schon beginnt die Suche nach dem obligatorischen "Ablegebier". Bier gibt es zwar, aber zu unserer Überraschung nur in kleinen Fläschchen. Naja, da sind wir besseres gewöhnt, aber der Besuch im Restaurant entschädigt, denn das Menü ist vorzüglich und der Wein aus dem Var, aus dem wir gerade kommen, rundet das Ganze ab.
Endlich geht's los Richtung Korsika und nach all dem, was wir bis jetzt erlebt und gesehen haben, sind wir uns sicher: Autobahnen wäre keine Alternative gewesen ...
© 2011 Sixta Zerlauth
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