Teil 1: Entlang der "Bärenrunde"
Teilnehmer: Irmgard und Kurt Gradolph mit Hund Cindy, VW-Syncro-Tischer XL-Wohnmobil (79 PS, 1,9 l Hubraum, Benzinmotor)
Anreise
31.05.94
Am heutigen Sonntag fahren wir von Süddeutschland in Richtung Norden. Zuvor haben wir für unseren Hund eine Einfuhrgenehmigung für Schweden besorgt. Der ganze Kram kostet ca. 300 DM und nimmt fast 1 Monat, verteilt auf ein Vierteljahr, in Anspruch. So sind u.a. eine Blutuntersuchung in Uppsala, Impfungen sowie ärztliche Gutachten für das arme Tier zwingend vorgeschrieben.
Letztlich müssen wir auf der Fähre Travemünde-Trelleborg, der TT-Line, eine Kabine für DM 66 nehmen und extra 50 DM für den Hund bezahlen.
Die Fahrt auf der "Peter Pan" verläuft ohne Zwischenfälle, obwohl das Wetter regnerisch ist und der Seegang Stärke 3-4 erreicht. Für Cindy haben sie auf Deck 5 achtern einen Käfig aufgebaut. Wir benutzen ihn aber nicht, sondern strolchen an Deck herum oder halten uns in der Zweibettkabine auf.
Die erste Nacht in Schweden verbringen wir in Åbbekås auf der Halbinsel Skonen, eine weitere in Emån und eine dritte in Klockestrand in der Nähe von Harnöstrand.
06.06.94
Wir fahren die E4 nordwärts bis Bjüröklubb, weiter gehts bis zur Grenze bei Haperanda. Wir schlafen in Nikkola am Seglerhafen und passieren den schwedisch-finnischen Grenzübergang ohne Beanstandung. Wir werden nur von einem Touristeninterviewer befragt; um Cindy's Papiere, die der Zoll in Trelleborg wenigstens noch ansieht und stempelt, kümmert sich hier niemand.
Kurz nach Simo funke ich einen Finnen in seinem Auto an und er lädt uns nachmittags zu sich nach Hause zum Kaffeetrinken ein. Wir unterhalten uns eine Weile und fahren dann ab, vom Winken der Familie begleitet. Die 14-jährige Tochter der Familie hat die ganze Zeit ins Englische übersetzt.
Durch die nette Verzögerung und weil das Wetter so schön ist, fahren wir zwischen Rovastinako und Nunpas an den Simojoki herunter.
Irmi malt und ich koche - aber unser "schlechter" Tag fängt an. Die Nudelbrühe spritzt aus dem Überdruckventil des Schnellkochtopfes und versaut alles.
Irmi hat ihr Bild beendet und äußert Bedenken, daß wir bei einem Wetterwechsel wohl nicht mehr aus dem ziemlich feuchten Waldweg hinaus zur Straße kommen würden. Wir beschließen, nach dem Abendessen in einen von Irmi erkundeten anderen Waldweg zu fahren. Beim Hinausfahren bleibe ich jedoch hängen, der schlechten Reifen (Sommerreifen) wegen und weil ich es rückwärts versucht habe - nach vier- oder fünfmaligem Hin- und Herfahren sitzen wir derart fest, daß wir bis Mitternacht die Kiste mit dem Greifzug ca. 50 m bis zur Straße hochpumpen müssen.
Gegen 0100 Uhr gehen wir dann rechtschaffen müde schlafen, aber auf einer festen Unterlage stehend. Wir haben gut daran getan, unseren Standort zu wechseln, denn gegen 0300 Uhr morgens fängt es an zu regnen ...
Auftakt und erste Hütten
07.06. - 08.06.94
Wir verschlafen und vertrödeln den ganzen Vormittag. Gegen 1200 Uhr fahren wir bei aufklarendem Wetter auf der 924 weiter in Richtung Kuusamo in Sichtweite der Russengrenze. Vor Kuusamo legen wir noch mal einen kleinen Malstop für Irmi ein und danach schlafen wir auch gleich dort, eine idyllische Stelle!
Am nächsten Morgen gegen 1000 Uhr geht es weiter, in Kuusamo erkundigen wir uns nach den Bedingungen und nach den Abfahrtzeiten des Busses, der uns zum Beginn der sogenannten "Bärenrunde" (finnisch Karhunkierros) bringen soll. Wir erfahren, daß es in Ruka, genau gesagt in Rukatunturi losgeht, wo wir unser Auto auf dem Parkplatz vor dem Lift abstellen.
Bis alles für einen mehrtägigen Marsch durch die Wildnis gepackt und ausdiskutiert ist, wird es 1430 Uhr und Zeit, den Bus zum Ausgangspunkt unserer geplanten Wanderung von ca. 80 km bei Ristikallio (nahe Kintakkivaard) zu nehmen. Der Bus geht pünktlich um 1450 Uhr ab und kostet 20 FIM pro Person - der Hund ist gratis.
Um 1530 Uhr erreichen wir den Parkplatz, der Haltepunkt und gleichzeitig Ausgangspunkt der "Bärenrunde" ist.
Wir legen im rechtzeitig bei unserem Eintreffen beginnenden Platzregen unser Gepäck und unsere Regenklamotten an und tippeln im zu Schnürlregen übergehendem Sauwetter zur Hütte Ristikallio - der Weg führt durch echten Urwald und über Brücklein und Stege, die einem das Durchwaten des Sumpfes ersparen.
Es sind nur wenige Leute drinnen in der Hütte. Weil wir unsere Scheu anderen Leuten gegenüber noch nicht abgelegt haben und nicht wissen, wie sie sich Cindy gegenüber verhalten werden, machen wir unsere Brotzeit im Freien und hocken uns unter das Dach der Holzlege. Der Regen stört schon nicht mehr und eine Art "Allesegalstimmung" hat uns ergriffen.
Nach ca. 1 Std watscheln wir die 2,5 km zur nächsten Hütte Puikkokämppä.
Hier treffen wir ein Paar aus Vaukas (NO-Finnland) - sie haben in der Hütte bereits ein Feuer brennen und empfangen uns freundlich mit der Aufforderung, ihr heißes Kaffeewasser zu verwenden. Mit dem Kocher mache ich dennoch Teewasser und eine Portion Fertigverpflegung, die Klamotten werden zum Trocknen aufgehängt und schon bald kommt eine nette, mehr spaßige Unterhaltung zugange.
Ritva und Esa wissen viel über die vor uns liegende, gemeinsame Strecke zu berichten. Ritva versteht sehr gut deutsch und spricht es auch, Esa dagegen nur einige Brocken. Aber als richtiger Finne versorgt Esa das Feuer und legt sogleich praktisch bei allem Hand an. Einziger Nachteil der beiden: sie schnarchen schrecklich in der kommenden Nacht! Sie sind schuld, daß wir die halbe Nacht nicht schlafen und schwitzend in unseren Schlafbeuteln liegen - Esa hat so eingeheizt, daß eine Bullenhitze in der Bude herrscht!
© Text/Bilder 1998 Kurt & Irmi Gradolph