2. Hausmesse Aero-Plast in Ebern
15.05 - 17.05.1998
Der Auftakt kostet die Veranstalter Nerven! Die Deutsche Post AG entsorgt scheinbar viele der Einladungen, denn sie kommen nicht bei den Empfängern an. Aber was soll's, es steht sowieso die falsche Jahreszahl (1997) als Termin drauf und die wahren Fans finden den Weg auch so, sei es aus dem Internet oder über Mundpropaganda, oder ...
Das Programm mit Grillen, Lagerfeuer, Kanupaddeln, Rundflügen, Waldführung, Holzfällen, Brückenbau, Diashows, Orientierungsfahrt, und, und und... lockt uns zum Flugplatz Ebern (in der Nähe von Haßfurt, N50°02.382´ E010°49.371´). Wir sind die ersten, die Freitags bei herrlichem Wetter gegen 15:00h eintreffen. Ein idyllischer Flugplatz, ziemlich verlassen, wartet auf den Ansturm.
Wir bleiben erstmal in der Nähe des Hangars und warten ab. Schon bald kommt Alfred Schmitz mit Sohn Frank und Kurt, genannt "Kranich".
Die Wiese (neben der Landebahn), die als Campingplatz dienen soll, ist nicht gemäht und so wird bei der Inspektionsfahrt zuerst eine Schneise platt gefahren. Alfred Schmitz - bestens ausgestattet - zückt eine Sense und macht uns vor, wie man die Wiese kurz schneidet. Schnell wird die Sense weitergereicht und jeder senst rund um seinen Explorer, Takla-Makan, Savannah, ... eifrig darauf bedacht, die Reifen der Fahrzeuge und seine eigenen Knochen zu schonen.
Innerhalb von 2 Stunden tobt auf dem Flugplatz das Leben, die Flugzeuge werden aus dem Hangar geholt, die Besucher der Hausmesse rollen aus ganz Deutschland, Schweiz und Holland heran. Die Campingwiese füllt sich stetig, wir begrüßen alte Bekannte wie Walter (TROLL01), lernen neue kennen, besichtigen die stets so gleichen und doch wieder so unterschiedlichen Aufbauten und Anhänger.
Jürgen vom Explorer Magazin packt den Laptop aus und führt einigen Interessierten (das sind nicht wenige) den Einsatz der topographischen digitalen Karten vor, an Beispielen direkt aus der Umgebung von Ebern. Besucher ohne Internetzugang können noch schnell die letzten Berichte des Explorer Magazins offline nachlesen.
Für "Kranich" haben wir unsere Koordinaten von Island 97 mitgebracht und wollen sie mit der Garmin-Software in sein brandneues GPS III+ laden. Das GPS III+ verweigert jedoch die Koordinaten und bezeichnet unsere Garmin-Software (ca. 1 Jahr alt) erbarmungslos als veraltet. Ein direkter Transfer von Garmin nach Fugawi (noch so eine GPS-Software, die wir haben) ist nicht möglich. Also werden alle Koordinaten in das GPS 45 XL mittels Garmin-Software geladen, mittels Fugawi wieder ausgelesen, um sie anschließend ebenfalls mit Fugawi in das GPS III+ zu übertragen.
In der Zwischenzeit geht auch der Flugbetrieb los, hier gibt es keine laut knatternden, alten Cessnas, es wird nur "vom Feinsten" geflogen, wie man auch an den komfortabel ausgestatteten Ultra-Lights sehen kann. Kunstflugeinlagen werden geboten, teilweise so bodennah, dass ein Spruch der Fluglehrer in München einfällt: "Below 500 feet: no turns!" Auch der Wind ist relativ egal, man schont das Fahrwerk und wählt den kürzesten Weg zum Startpunkt, so dass schon Mal ein Segelflugzeug mit dem Wind in die Höhe geschleppt wird.
Harsche Töne und Reglementierungswut - wie man es von in Bayern südlicher gelegenen Landeplatz-Infos (so eine Art Platzwart) gewöhnt ist - kennt man hier zum Glück nicht ...
Der Fliegerverein von Ebern hat Aero-Plast das Gelände zur Verfügung gestellt und bietet neben sehr preiswerten Rundflügen, Bier, Limo, Wasser und Kaffee an. Bald wird der Grill angeheizt und wir können unseren Hunger stillen an köstlichen fränkischen Bratwürsten und Halsgratsteaks. Dabei finde ich auch meinen Beifahrer für die Orientierungsfahrt - Roland aus Zürich, ehemaliges Mitglied des Schweizer Militärs - hat die Ruhe weg! Warum mir das so wichtig ist, versteht jeder, der unseren Bericht vom Vorjahr gelesen und unsere Stoßstange gesehen hat. Am riesigen Lagerfeuer rücken wir zusammen und lassen den Tag ausklingen.
Die Nacht ist unruhig - wahnsinnige Motorradfahrer rasen über die nahe B 279, Bremsen quietschen, LKW's rattern und am nächsten Morgen müssen wir früh raus.
Frank Schmitz erwartet uns mit frischen Brötchen und wir stärken uns mit einem kräftigen Frühstück. Kaiserwetter! Astrid Schmitz hat Geburtstag, wir gratulieren ihr ganz herzlich! Um 9:00h steht der Förster bereit und will uns in den Wald entführen, damit wir was über ökologischen Forstbau erfahren. Schnell in die Autos, der Wald ist einige km entfernt. Doch bis ich meine Mitfahrer eingesammelt und den Frühstücks-Abwasch delegiert habe, ist der Tross weg. Niemand weiß wohin.
Da stehen wir drei nun und auch vier Holländer haben den Anschluss verpasst. Frank Schmitz hängt sich rein und fragt sogar über Funk ein vor kurzem gestartetes Flugzeug, ob es den Tross aus der Luft sehen kann. Fehlanzeige! Aber wären wir wahre Globetrotter, wenn uns das erschüttern könnte? Also beschließen wir, gemeinsam den historischen Ort Ebern zu besichtigen, und das lohnt sich, denn "Kranich" übernimmt die Führung.
Zurück von unserem Do-It-Yourself Programmpunkt starte ich mit Roland und meinem RAV4 zur Orientierungsfahrt, während mein Fahrer des Vorjahrs zum Baumfällen aufbricht. Schließlich hat der Förster 50(!) Bäume zum Fällen markiert, damit eine Brücke gebaut werden kann, über die ein Geländewagen fahren soll.
Die Orientierungsfahrt ist abwechslungsreich, Landschaft und Streckenführung sind wunderschön, wir haben viel Spaß beim Suchen, Zählen und Messen. Nach 2 1/4 Stunden sind wir bereits wieder zurück - als Sieger (großen Dank an Roland!), wie sich am Abend herausstellt. Die Vorjahressieger Walter&Walter werden auf Platz 4 verwiesen.
Doch nun zurück zu den Aktivitäten im Wald. Dort wird von einigen wenigen zu Axt und Säge gegriffen und es werden 5 (von 50) Baumstämmen gefällt. Viele Anweisungen, Ratschläge und Diskussionen hallen durch den Wald, unter fachkundiger Anleitung von Alfred Schmitz und Kurt kommt es sogar zur Kinderarbeit - verletzt wird in dem arbeitsamen Chaos niemand. Heldenmutig werden die Baumstämme quer über die B279 geschleppt - grad in dem Moment, wo wir dort die letzten Meter unserer Orientierungsfahrt beenden.
Nun kann es ja losgehen mit dem Brückenbau. Es gibt mehr anfeuernde Zuschauer als Arbeiter - wen wundert es! Zuerst werden 2 Stämme über die Baunach gelegt mit akrobatischen Einlagen von Alfred Schmitz.
Anschließend werden die Baumstämme wagemutig vertäut. In der Baunach übernimmt Geburtstagskind Astrid Schmitz - gerade zurückgekehrt vom Kanupaddel-Kurs - die Koordination und Sicherung vom Wasser aus, um im Falle eines Falles den Brückenbauer aus den "reißenden" Fluten zu retten.
Schnell wird klar, dass der Plan, "Bau einer Holzbrücke für Geländewagen", mangels Material und Manpower geändert werden muss, auch wenn die Beteiligten wie die Berserker schuften.
Zwar gibt es einige sensationslüsterne Zuschauer, die an meinen RAV4 denken als Versuchsauto, aber schnell fahre ich ihn aus dem Blickpunkt des Geschehens.
Also wird die Aufgabenstellung reduziert auf eine "Fußgängerbrücke" und die braucht eine Art Geländer und soll noch statisch verfestigt werden. Weiter geht die Schufterei und schon bald können tollkühne Fußgänger und Hunde die Baunach queren. Lästermäuler empfehlen: "Die Brücke sollte man überfliegen anstatt zu überklettern". Der Leser kann anhand des Bildes selbst entscheiden.
Die Fußgängerbrücke über die Baunach muss meiner Meinung nach in die Geschichte des Brückenbaus eingehen, weniger zum Gebrauch sondern vielmehr als abstraktes Kunstobjekt.
Spaß hat es allen gemacht und so ziehen wir zum Grill und warten mit leeren, knurrenden Mägen bis wieder die Bratwürste und Steaks brutzeln.
Während des gesamtes Tages findet heftiger Flugbetrieb statt, Rundflüge werden absolviert, Segelflugzeuge werden geschleppt, hier wird Flugbegeisterung spürbar.
Als die Sonne untergegangen ist (Sunset + 30), finden sich alle frisch gestärkt im Fliegerstübchen zusammen. Zuerst gibt es einen schönen stimmungsvollen Diavortrag über eine Motorradtour in Island von 1988. Die Bilder sind historische Dokumente, denn Strokkur (Geysir) ist noch nicht eingezäunt, Lavabrücken sind noch nicht eingebrochen, am Myvatn tummeln sich kaum Touristen.
In der Pause nach dem Vortrag findet die Siegerehrung der Orientierungsfahrt statt mit Frankenwein und Reiseführern. Den Abschluss bildet ein Vortrag über eine Lybien-Reise anfang dieses Jahres. Unendliche Dünen türmen sich vor dem Betrachter, es wird geschaufelt ohne Ende und zu guter Letzt überschlägt sich ein Defender mit Explorer-Aufbau in einer Düne. Zum Glück ist nicht viel passiert. Die Besatzung und der Explorer-Aufbau überstehen den Unfall schadlos, lediglich etwas Blechschaden ist sichtbar. Die Explorer-Besitzer sind sichtlich beeindruckt von der Robustheit der Kabine, einige Bilder dieses Vortrags bekommen wir später auch für unsere Websites zu fassen.
Müde trotten wir zu unserer Campingwiese. Am Sonntagmorgen warten wieder frische Brötchen auf uns. Es regnet ein wenig, doch schon bald guckt die Sonne wieder raus. Kerstin Schmitz sammelt die besonders Hartgesottenen zu einer Kanu-Tour ein. Ich lehne dankend ab, denn ich habe meine Stimme verloren (nicht wegen Siegesgegröhle, sondern wegen Erkältung) und setze mich lieber in die Sonne. Etwas Wind kommt auf und wir versuchen mit unserem Jumping-Wheel die Rettungsaktion von Fuerteventura 98 zu demonstrieren, vergeblich. Der Wind verzieht sich beim Anblick des Jumping-Wheels.
So lassen wir die tolle Veranstaltung gemütlich ausklingen, verabschieden uns von allen (bei einigen heißt es: bis nächste Woche in Zellerreit) und machen uns auf den Rückweg.
Die Hausmesse war ein toller Erfolg, wir hatten alle unendlich viel Spaß und hoffen, dass auch im nächsten Jahr wieder zur Hausmesse geladen wird ...
© Text/Bilder 1998 Sixta Zerlauth