Auspuff-Experimente am LandyAus einer "Notreparatur" entsteht Neues ... |
Na, wer denkt jetzt nicht gleich an einen kernigen Sportauspuff mit elegantem Seitenauslass … so ein richtiges Brüllrohr?
Leider falsch, es geht nicht um "lauter" und "kerniger", wie es aus nicht wirklich nachvollziehbaren Gründen oft gemacht wird, sondern um "leiser". Auch das kann ein Bedürfnis sein, denn es gilt tatsächlich frei nach Holger Aue: "Ist es zu laut, bist du zu alt!"
Als ich meinen Landy vor drei Jahren hergerichtet habe, baute ich den alten Auspuff wieder ein, weil er eigentlich noch recht gut aussah. Immerhin hat er eine nicht ganz anspruchslose Islandtour direkt danach, eine weitere Ostseetour und drei Jahre klaglos überstanden. Soo schlecht, dass man ihn damals schon hätte erneuern müssen, kann er also nicht gewesen sein!
Nun hat er sich aber in kürzester Zeit völlig verabschiedet und so ließen sich Ideen umsetzen, die schon lange in meinem Kopf umher schwirrten. Es war aber natürlich trotzdem eine ärgerliche Sache. Völlig normal sogar bei vorhersehbaren Defekten ...
Er ging so schnell kaputt, dass kaum Zeit für eine finale Entscheidung blieb, was nun zu tun wäre … wie bei anderen Dingen eben oft auch, die aus dem Blickfeld geraten. Wieder war also eine Notreparatur fällig und auch Improvisieren war angesagt bei diesem Eingriff. Nicht nur bei der Notreparatur, sondern dann auch bei der Ausführung der Idee selbst. Es musste ja schnell gehen.
Ich habe ja oft das Gefühl, dass in diesem Kopf einfach zu viele Ideen herum geistern ... Diese spezielle, im Kopf herumgeisternde Idee war, einen kompletten Edelstahlauspuff aus einzelnen Teilen selbst zu bauen, damit ich mir darum schon mal keine Sorgen mehr zu machen müsste und ein für alle Mal Ruhe wäre.
Ein wenig Material dafür hatte ich schon besorgt: Flansche, Verjüngungen und Flexrohr hatte ich bereits im Regal liegen. Es erhöht quasi den Druck auf einen selbst, endlich was zu tun, wenn das Zeug schon mal nutzlos herum liegt ...
Das Flexrohr wollte ich eigentlich für den Achsbogen an der Hinterachse verwenden, um damit schon mal den vielen Rohrbögen und Schweißungen daran aus dem Weg zu gehen. Man merkt, die Unsicherheit und die Furcht davor war groß!
Bereits gekaufte Teile
Hintergrund war, dass ich einen Edelstahlauspuff wollte, weil er einfach länger hält und auch ein dickes Abgasrohr, damit der Motor die gleiche Leistung bei mehr Schalldämpfung liefern kann (laut war es in meiner Jugend schon genug auf der Königswellen-Ducati!).
Jahrelang lagen diese Edelstahlteile also nun schon herum und ich scheute mich vor der vielen Arbeit. Speziell den Achsbogen zu schweißen hielt mich ab ... so viele Bögen und Winkel, die passen müssten … und dann erst noch das Maßnehmen an dieser Stelle unter dem Auto … ohje, ohje … darum meinte ich dort ein Flexrohr verwenden zu können, um mir das alles zu sparen ...
Bis ich wieder einen Geistesblitz hatte ...
Ich maß mal den Durchmesser der TD5 Auspuffanlage (also des Nachfolger-Nachfolger-Nachfolger-Modells) und den Durchmesser an der Tdi Auspuffanlage bei mir im Auto. Das TD5 Auspuffrohr hatte locker 30% mehr Querschnitt! Der Auspuff liegt auch noch auf der richtigen Seite im Fahrwerk ... da war er doch schon, der dickere Auspuff! Zudem war der Achsbogen und damit die am meisten gefürchtete Arbeit schon fertig.
Ordentliche voluminösere Schalldämpfer sind auch drin, denn für den TD5 gab es 15 Jahre später natürlich schärfere Geräuschvorschriften. Der Achsbogen musste passen, denn wirklich viel hat sich unter dem Auto ja nicht geändert. Eine der Stärken der Land Rover! Das war doch genau so, wie ich es wollte: Serienteile bleiben es dann auch und somit wird es im Reparaturfall sogar austauschbar. Perfekt!!
Ich müsste halt im Schadensfall nur erneut den serienmäßigen Auspuff des TD5 beschaffen und schon könnte es weiter gehen. Also kaufte ich rein auf Verdacht, dass es gutgehen würde, die besagte TD5 Edelstahl-Auspuffanlage: Und der Mitteltopf war in der Tat riesig im Vergleich zum Tdi! Nun, wenn es ums Verrecken nicht passen sollte und auch nicht passend gemacht werden könnte, würde ich den Auspuff einfach meiner Tochter mit ihrem Land Rover 110 TD5 vermachen!
Wie erhofft passte jedoch der Hauptstrang trotz des großen Mitteltopfes platzmäßig wunderbar und mein Schweißer-Kumpel und ich mussten nur neue Halterungen bauen, damit er aufgehängt werden konnte. An meinem neuen feuerverzinkten Chassis war das kein Problem und in kürzester Zeit war der Hauptstrang mit dem voluminösen Mitteltopf und dem Endtopf eingebaut. Ganz hinten beim Endtopf brauchte es nur eine Stange mit Schrauböse als Aufhängung. Im Gegensatz zum Tdi hat der Abgasstrang des TD5 drei statt nur zwei Aufhängepunkte. Er ist etwas schwerer und asymmetrischer - der Preis des großen Mitteltopfes. Auch diese dritte Halterung war einfach herstellbar, weil am neuen verzinkten Chassis genügend vorbereitete Löcher sind, um sie zu verschrauben.
Nun ging es an die Downpipe vom Turbolader zum Mitteltopf nach unten, das Teil bei dem wir nun die ärgsten Befürchtungen hatten.
Das Flexrohr (das ja nun "übrig" war und auch weitere derartige Dinge wollen bekanntermaßen ja immer aufgebraucht werden) ist so dimensioniert, dass man aus dem oben gezeigten Stufenadapter das Mittelstück nutzen kann. Über den dünneren Teil des Stufenadapters rutscht das Flexrohr und der dickere Teil umfasst den Turboladerausgang exakt. Das Flexrohr hätte auch direkt drauf gepasst, aber dann wäre es mit der Klemmschelle wohl gequetscht worden, damit es fest sitzt. Das wäre keine schöne Lösung gewesen.
Es zu verschweißen war nicht trivial, aber es ging. Gut, dass mein Kumpel "der Schweißer" vor dem Herrn ist! Das Stufenstück brauchte man nur schlitzen wie die original Downpipe und dann ließ sich sogar die originale Klemmschelle des 200Tdi am Turbo verwenden. Damit wird der maximal mögliche Durchmesser genutzt, denn der Turbo selbst gibt auch nicht mehr her. Ich sah keinen Sinn darin, einen noch größeren Durchmesser zu nutzen. Aber auf jeden Fall kann der Turbo nun erheblich besser in die dicke Downpipe "pusten", womit der Nachteil der aufwändigeren Schalldämpfung ausgeglichen sein sollte. Das Flexrohr als Downpipe bleibt ein Versuch, aber wie ich glaube, kein schlechter. Über Rückmeldungen von Lesern mit Erfahrung würde ich mich freuen!
Das Flexrohr ließ sich zwar nicht in den engen Radien biegen wie das Original, aber beim 200 Tdi ist genug Platz für das dickere Rohr mit größeren Radien. Die bisherige Halterung der Downpipe am Motorblock ersetzten wir mit einer dicken Schlauchschelle, die um das Flexrohr geht und gleichzeitig eine neue Halterung am Motorblock umfasst. Alles bleibt einfach rückrüstbar, was mir auch wichtig ist. Diese Flexrohre werden zwar als Abgasschlauch mit 10% Leckage angegeben, aber ein Freund (LKW Mechaniker) sagte mir, dass diese Leckage schnell verschwindet, denn der Schlauch setzt sich mit Ruß und Partikeln zu und wird dadurch steif und dicht. Diese Art Schläuche werden auch häufig bei LKWs genutzt.
Im Auto sieht es dann so aus ...
Und nun zu
den Auswirkungen, denn um die ging es ja ...
Der erste Start war spannend: Hinten kommt wie erhofft nix raus … also zumindest kein Lärm, nur ein leises Hüsteln. Das Auto ist so schön leise geworden, dass die mechanischen Geräusche des Motors und das Abrollgeräusch der Reifen immer überwiegen. Auch innen ist er dadurch leiser geworden. Er ist halt ein altes Auto und darum sind solche Auswirkungen gleich hörbar. Das erste Ziel kann man also als erreicht betrachten.
Jetzt stellte sich die Frage, ob die Idee Leistung kostet oder nicht. Meine Erfahrung mit getunten Benzinern sagte, ein etwas dickerer Abgaskrümmer ist immer gut. Aber auch beim Turbodiesel? Vielleicht war ich ja auf dem Holzweg. Mit gleich gebliebener Leistung wäre ich ja schon völlig zufrieden, schließlich kann er nun doch trotz besserer Schalldämpfung auch genau so gut "ausatmen", oder?
Er hat aber unten herum in niedrigeren Drehzahlen an Drehmoment zugelegt und das spürt man so deutlich, dass man keinerlei Messungen mehr machen muss. Der Landy marschiert richtig los! Die absolute Leistung ist mir ja völlig egal, aber es ist eindeutig besser als zuvor. Er hat ja vorher bei niedrigen Drehzahlen sichtbar Ruß produziert und damit konnte man ihn in diesem Bereich durchaus als etwas "überfüttert" betrachten. Dieser Ruß ist nun deutlich weniger und der zu viel eingespritzte Treibstoff wird wohl jetzt viel sauberer in Leistung umgesetzt. Damit habe ich gar nicht gerechnet. Möglicherweise liegt es daran, dass der Turbo nun früher kommt und schneller für mehr Ladeluft sorgen kann, weil der Abgasgegendruck niedriger geworden ist. Auch thermisch ist alles gleich geblieben, es gibt keine überbordenden Temperaturen.
Leiser UND unten rum mehr Dampf, das ist mehr als ich wollte. Hurra! Mir hätte es völlig genügt, wenn die Leistung in allen Bereichen so gut wie gleich geblieben wäre … Also auch das zweite Ziel ist mehr als erreicht. Oben raus war schon immer genug und da ist nichts schlechter. Ich habe noch nie verstanden, warum Leute ihren Defender auf 160 PS pimpen. Selbst wenn man es "brauchen" sollte, ist es so selten, dass man auch ohne leben kann. Wer will schon mit einem Defender mit 160 km/h über die Autobahn braten ..?
Nun muss nur noch das Flexrohr halten und dann ist es wirklich klasse. Auch die Abgastemperaturen sind im Großen und Ganzen gleich geblieben. Erst dachte ich, dass die Abgastemperaturen höher wären, aber dann habe ich bemerkt, dass ich deutlich spritziger unterwegs war. Leiser und mehr Power wirken sich aus. Das erhöht die EGT (Exhaust Gas Temperature) natürlich auch.
Unbewusst war ich durch die Mehrleistung flotter unterwegs, aber als mir das klar wurde, glich ich den Fahrstil in etwa an und schon war die EGT wie vorher. Wenn man unbewusst flotter unterwegs ist, dann ist das schon ein deutliches Zeichen, dass man zumindest nichts verschlechtert hat … was bei "Trial and Error" ja auch mal vorkommen soll ...
Aber auch so ist die Erfahrung schon mehr als gut. Der "worst case" kann jetzt nur noch sein, dass das Flexrohr durch ein stabiles Rohr mit entsprechendem Durchmesser ersetzt werden muss, weil das Flexrohr die Vibrationen nicht aushält. Doch das ist "problemlos" machbar, denn die Anzahl der Bögen und Schweißungen hält sich bei der Downpipe in Grenzen. Das Vertrauen in die Schweißkünste meines Kumpels ist groß ...
Und was ist mit dem Verbrauch? Erst dachte ich ja glatt, der Verbrauch wäre sogar gesunken, aber da hat mir die Begeisterung wohl eher einen Streich gespielt. Er ist in etwa gleich geblieben. Es ist schwierig, rein subjektiv mit Worten und ohne Messmittel zu beschreiben, wie der Wagen nun läuft: Er fährt erheblich schaltfauler und "runder". Ich hätte nicht erwartet, dass sich die Auspuffanlage bei einem Viertaktmotor so auswirkt, ohne irgend etwas anderes zu machen. Alles in allem ein sehr angenehmer Erfolg!
Wie schrieb ich schon mal in einem anderen Artikel? Der Landy bereitet einem immer wieder die Möglichkeit, sich "schön" zu beschäftigen und seiner Kreativität freien Raum zu lassen. Man baut einen rostigen Müllhaufen (wie in der Auspuff-Notreparatur) aus und dann ein blitzendes Edelstahlteil nach eigenen Vorstellungen ein. Eigentlich fast schade … nach der Restauration ist nun auch das rostfrei und die verbesserungsbedürftigen Teile werden immer weniger … oba a bissl wos geht immer ...
Und: Ganz nebenbei habe ich jetzt sogar noch einen neuen Auspuff!
© 2021 Sigi Heider
Anm. der Red.: Weitere Beiträge von Sigi Heider finden sich in unserer Autorenübersicht!