Vorbemerkung ...

Ein aufmerksamer Leser aus dem hohen Norden unserer Republik fühlte sich vom abrupten Ende des ersten Teiles dieses Reiseberichts so überrumpelt, dass er es mit einem Aufprallunfall verglich und vermutlich einige Tage verstört durch die Lande lief.

10. Mai 2017: Ja ist denn heut scho´ Weihnachten ..?Und wie der Verursacher eines richtigen Aufprallunfalles bedauern auch wir unsere grobe Fahrlässigkeit und dass wir die Leser nicht rechtzeitig auf das vorübergehende Aussteigen aus der Geschichte vorbereitet haben. Deshalb nun der Hinweis an die Leserschaft, dass man sich wieder anschnallen möge, um die zweite und endgültig letzte Etappe dieser Reise unfallfrei zu erleben, womöglich sogar zu genießen ...

Wir erinnern: Trotz macher Schwierigkeiten gelang es schließlich doch, das Ziel Montenegro zu erreichen, dort einige der von Chetubi hochgepriesenen Offroadtouren zu versuchen und das Land ein wenig kennen zu lernen. Die Fahrt von 1.000 Höhenmetern hinunter in die Taraschlucht war ein vielversprechender Auftakt und ein gerissener Auspuff am Bremach lief mehr unter Reiseabenteuer als unter Hindernis ...

Doch dann kam das böse Erwachen morgens am 10. Mai: Länger anhaltendes Schneetreiben aus tiefhängenden Nebelwolken bei Minusgraden kombiniert mit einer sehr schlechten 10-Tages Wetterprognose zwangen die drei Reiseteams zu einer Neuausrichtung ihrer Pläne.

Kapitel 6: Montenegro verlassend ...

Krisenstimmung kommt auf und frierend fragen wir die Glaskugel, wo es hier in der Gegend noch warm ist. Die Antwort des Orakels lautet: "Fahre zügig weiter in den Süden, mindestens bis Tirana, besser bis Griechenland ...".

Route durch MontenegroSollen wir etwa unseren Sommerurlaub in der Kälte vertrödeln? Nein, dazu ist keiner von uns sechs abgehärteten Expeditionsteilnehmern () bereit und die Entscheidung fällt leicht: Montenegro ade, auf in den warmen Süden! Hans ist begeistert. Vielleicht hat er das Orakel ja auch bestochen. Er ist seit 30 Jahren ein ausgesprochener Griechenlandfan und kennt dort die Betreiber der Gastronomie in einer der schönsten der kleinen Buchten, der Sarakinikobucht in der Nähe von Parga, knapp 50 km südlich von Igoumenutsa.

Da fahren wir hin und werden das Leben genießen, wie es uns die Griechen schon lange vormachen. Beschlossen!

Monika und Herbert, die beiden Steiermärker, haben aber mehr Zeit und wollen sich nicht so schnell vertreiben lassen. Wir trennen uns also von ihnen und hoffen, dass in Albanien noch einmal ein Zusammentreffen möglich wird.

Als Rückweg wählen wir eine Alternativroute, einen kleinen Umweg über die alte Tarabrücke beim Weiler Durdevica (Luftlinie 15 km östlich von Zabljak) und kehren bei Milos Bruder Slavko zum Mittagessen ein. Martin testet die ZIP Line, eine Art Tarzanbahn über die Tara, direkt neben der Brücke, und hätte die beiden anderen Männer fast dazu gebracht, es ebenfalls zu probieren. Aber nach dem Essen sind wir zu träge für solche Abenteuer und bleiben bei der schönen Aussicht sitzen ...

Je länger wir trödeln desto besser wird das Wetter und wir beschließen, vor unserer Flucht in den Süden noch ein paar MDMOT-Routen zu testen. Auch von Montenegro gibt es diesen nützlichen Offroadführer und von hier an der Tarabrücke bietet sich eine Kombination an von Tour 9, einer Runde mit 36 km, und Tour 10 mit 60 km Streckenlänge.

Die erste Tour geht anfangs gemütlich über Wiesen und später einen Bach entlang durch Wälder, an schlammigen Passagen neben Holzlagerplätzen vorbei, durch einen kleinen Bach furtend und einige enge, steile Kehren zwischen Bäumen meisternd, wieder in locker bewohntes Gebiet. Ganz nett, und wenn man wenig Zeit hat, solche Nebenstrecken selber zu finden, sind diese MDMOT-Führer schon ein Gewinn.

Martin "fliegt" über die Tara Über viele tiefe Pfützen durch den Wald ... Schön, aber fahrtechnisch einfach

Vom Ende dieser Route 9 sind es nur wenige Kilometer Teerstraße bis zum Startpunkt der Tour 10, die ähnlich der von Chetubi so gelobten Tour 11 über diverse Sommerweiden, Almregionen und Streusiedlungen führt, die heute, Mitte Mai, noch nicht bewohnt sind.

Eine lustige Begegnung haben wir mit einem LKW, dem einzigen Fahrzeug, das uns entgegenkommt: Wir bleiben nebeneinander stehen und einer der drei Männer im Fahrerhaus ruft "Wie geht’s?". Da muss ich spontan lachen und das steckt die Anderen an. Lachen ist einfach der beste Türöffner in die Herzen aller Menschen. Gemeinsam feixen wir, sagen das eine oder andere Wort in der fremden Sprache, gerade lustig ist es. Da sagt der Fahrer des LKW, mit etwas Fantasie gerade so verständlich, er habe eine Schwester in Würzburg. "Ah, Würzburg!", rufe ich und deute nach hinten. "Mein Freund, anderes Auto, auch Würzburg."

Der LKW fährt weiter, bleibt beim zweiten Bremach nur kurz stehen und zieht dann wieder ab. Später fragt mich Hans: "Weißt du, was der von mir wollte? Er sagte immer so etwas wie Wismar."

Es bleibt ein ungelöstes Rätsel, wer von uns sich da verhört hat ...

Der alte LKW in Gelb gehört zur Szene, da auch im Bericht von Chetubi ein ähnlicher Typ das Interesse des Reisenden weckte. Und auch einen einsamen Basketballkorb am Rand eines Abhangs hat unser Vorreiter gefunden. Unserer hier ist zwar weniger orginell, zeigt aber auch, was die Hirten den ganzen Sommer über so machen.

Begegnung mit LKW LKW in Gelb gehört zur Szene Basketballkorb im Hang

Etwa bei der Hälfte der Tour 10 findet Hans einen sehr schönen Platz zum Übernachten und der folgende dogwalk hat eine ungewohnte Spannung bei einsetzender Dunkelheit: Schließlich sind wir in Wolf- und Bärenland ...

Am nächsten Morgen hat es bei sternenklarem Himmel -1,5 °C Kälte draußen, das Gras im Sonnenschatten unserer Autos zeigt noch lange den Reif der kalten Nacht und die bei den ersten Strahlen dampfenden Wiesen erzeugen ein romantisches Licht. Dass die schlechten Wetterprognosen sich bisher nicht erfüllt haben, nehmen wir gerne hin. Schade ist nur, dass wir uns von den Meteorologen so leicht von unserem ursprünglichen Plan haben abbringen lassen. Schmieden wir eben neue Pläne!

Reif am Morgen ... Wieder on route ... Im Hintergrund das Biogradska Massiv
Dampfende Erde im Morgenlicht ... Lagebesprechung vor Weiterfahrt

Wir setzen die Tour fort über die beschriebenen Hochweiden Richtung Biogradska Bergmassiv im Hintergrund und bis zur Stadt Mojkovic, wo wir uns für eine kurze Zeit trennen ...


© 2017 Sepp Reithmeier