Wir wollen ans Meer!
Nachdem meine Vogelexkursion bei Butrint so unergiebig war, will ich nun ein Erfolgserlebnis haben, ich möchte Pelikane sehen. Die gibt es in Albanien an zwei Stellen: Am Großen Prespasee am Dreiländereck Albanien, Griechenland und Nordmazedonien sowie im Nationalpark Karavasta, einer durch Landzungen vom Meer abgetrennten Lagune, 80 km entfernt von Berat. Da fahren wir nun hin. Der Ort Divjake stellt das Eingangstor zu diesem Park dar und 6 km weiter macht die Straße einen Linksknick: Dort steht das Touristenbüro und gleich daneben ragt ein neu gebauter, sehr hoher Aussichtsturm über die Baumkronen. Der bietet freie Sicht auf eine Lagune und das dahinterliegende Meer sowie auf den weitläufigen Küstenwald in der anderen Richtung - nur Pelikane gibt es hier nicht ...
Irrtum! Charly ist sogar der einzige Pelikan, den wir aus der Nähe beobachten können. Irgendwie ist er bei den Menschen gelandet und lebt nun in direkter Nähe zum Aussichtsturm.
Von hier kann man die Straße noch etwa 5 km nach Süden fahren, an zahlreichen Restaurants, Campingplätzen und Pensionen vorbei und kommt dann auf den weitläufigen Sandstrand, den man weitere zwei Kilometer legal befahren darf. Irgendwann endet die Sandzunge an mehreren breiten Prielen, durch die sich die große Lagune entwässert. Wir fahren ein gutes Stück in diese Zunge hinein und bleiben an einer beliebigen Stelle stehen. Erst später merken die Wasserratten unter uns, dass wir durch Zufall den am stärksten durch Algen verschmutzten Strandabschnitt gewählt haben. Man kann nicht immer Glück haben ...
Trotz allem ein schöner Platz, eine angenehme Nacht. Beim Verlassen des Strandes winkt mir ein älterer Herr aufgeregt zu: Sein PKW steckt fest, wir möchten ihn doch bitte herausziehen. Endlich kann Andi seine Winde einsetzen, das Zeug wird ja auch nicht besser, wenn man es nie benutzt! Auf Bildern sehen solche Bergeaktionen zwar immer langweilig aus, aber (fast) alle Allradler lieben diese Aktionen ...
Für den nächsten Tag ist eine Bootstour zur Pelikankolonie angesagt: Durch die malerische Lagunenlandschaft tuckert das Motorboot und weiße Seidenreiher mit gelben Füßen fliegen auf. Am Ender der Strecke ist ein kleines Aussichtstürmchen zu besteigen. Der Bootsführer zeigt in eine Richtung. Dort hinten, nur mit gutem Fernglas als weiße Flecken zu erkennen, sitzen 10-20 Pelikane auf einer schmalen Landzunge. Enttäuschend? Nein, der Weg ist ja das Ziel ...
Halbzeit ...
Mit dem Karavasta-Nationalpark endet die Erkundung von Südalbanien, die ich schon im Voraus geplant hatte. Auch für Roland und Marie endet langsam die Urlaubszeit und die Fähre Durrës - Ancona ist bereits reserviert. Die letzten zwei gemeinsamen Tage wollen wir komfortabel am Meer verbringen und suchen nicht weit von Durrës einen schönen Platz. Und wieder hat Andis App die besten Vorschläge: Wir entscheiden uns für das Kap Rodon, etwa 30 km Luftlinie nördlich von Durrës. Das ist schon sehr abgelegen, eher unpraktisch für uns. Aber es entpuppt sich als guter Tipp. Früher war das wohl noch ein Geheimtipp, aber inzwischen sind mehrere Buchten von Investoren aufgekauft und touristisch entwickelt worden. Wir versuchen es einmal beim Resort Arbeni, wo man uns für 10 Euro pro Fahrzeug einen schönen Stellplatz zuweist. Wir nutzen dieses Angebot voll aus, testen neben dem Strand auch das Restaurant und die teuren italienischen Weine, nutzen die kostenlose Waschmaschine sowie den Trockner und bleiben die zwei Tage hier.
An Rolands letztem Ferientag machen wir eine Wanderung zum Kap Rodon und besichtigen die mittelalterliche Kirche der heiligen Schwester Antonia. Der Strand dort wurde früher verbissen verteidigt, heutzutage werden die damaligen Feinde angelockt und ausgeraubt, bis die Urlaubskasse leer ist!
Während sich die "Weißen" an der Küstenlinie nach Hause kämpfen, gehen wir vom beigen Auto den Weg im Inland zurück und treffen eine Gruppe albanischer Schüler mit zwei Lehrkräften, die uns zum Mittanzen einladen. Mitsingen können wir leider nicht ...
Ein letztes gemeinsames Abendessen rundet den Tag ab: Wie nicht anders zu erwarten, gibt es bei Familie Veganer und bei Familie Vegetari nur Gemüse aller Art, lecker zubereitet auf meiner Muurika. Roland, der unter diesen Bedingungen die ganze Woche von nichts anderem als "Ziegenbraten auf Holzkohlengrill" (nein, nicht Hammelbraten!) redete, muss sich noch etwas gedulden: In zwei Tagen wird er wieder zu Hause sein ..!
© 2021 Sepp Reithmeier, Fotos: Sonja Ertl, Erich Junker, Marie Schömer