Schönbrunn lädt ein ...
Am nächsten Morgen geht es vorbei am Klimtmuseum zum Naschmarkt: 170 Stände mit Gemüse, Gewürzen, Fleisch, Fisch, Wein, Brot und vielem mehr erwartet die Besucher. Zahlreiche kleine Lokale laden ein zu einem Imbiss mit einem oder mehreren Achtele Wein. Wem das Nachtleben in Wien zu kurz ist, der findet hier immer noch eine Anlaufstelle. Die Gräfin vom Naschmarkt hat 22 Stunden am Tag geöffnet und das 365 Tage im Jahr ...
Unter dem Naschmarkt fließt das Flüsschen Wien, das für die Marktstraße überbaut wurde. Selbstverständlich gibt es einen Frühschoppen, diesmal mit einem Weißwein, dem Gemischten Satz, der - so wie wir es bereits aus Portugal kennen - aus einem Weinberg stammt, in dem verschiedenen Rebsorten gemeinsam wachsen und gekeltert werden.
Gut gestärkt geht es mit der U-Bahn weiter nach Schönbrunn: Das Schloss, einst im 17. Jhdt. für Kaiserin Eleonora Gonzaga erbaut, erhielt sein heutigen Aussehen durch den Umbau unter Kaiserin Maria Theresia. Ein riesiges Schloss, in dem man leicht einen Tag zubringen und auf den Spuren von Kaiserin Sisi wandeln kann. Auch hier, wie schon am Stephansdom, gibt es ein schönes Modell aus Bronzeguss.
Einen tollen Blick auf das Schloss hat man vom Hügel der Gloriette, das Kaiser Franz Joseph I. als Frühstückszimmer diente. So hatte er bereits schon vor dem Frühstück seinen Frühsport hinter sich, wenn er von seinem Schlafzimmer hierher hoch gelaufen war. Aber wahrscheinlich ließ er sich wohl eher hierher kutschieren ...
Die beeindruckende Kriegerskulpturen rings um die Gloriette wurden von Johann Baptist Hagenauer geschaffen, der auch für das Fries am Triumphbogen in Innsbruck und für einige Skulpturen des Münchner Nymphenburger Schlosses verantwortlich war. Erstaunlich ist der Blick unter die Helme der Krieger: Obwohl sie im 18. Jhdt. entstanden sind, erinnern die Köpfe irgendwie an Krieger aus einem Science Fiction Film ...
Vom Park aus gelangt man zum Tierpark Schönbrunn, dem ältesten Zoo der Welt. Es ist Hochsommer und so flüchten wir gerne vor der Hitze in das 10°C kalte Polarium zu den Pinguinrassen, die keine Wärme vertragen. Doch auch die anderen Tiere haben wirklich einen Besuch verdient!
Gründlich schauen wir uns um, denn wir wollen alles in Erinnerung behalten für unseren erneuten Besuch am Abend: Nachtführung Tiergarten Schönbrunn mit Nachtsichtgerät steht auf dem Programm.
Da der Tierpark um 18:30 Uhr schließt, besuchen wir das nahegelegene Maxing Stüberl für ein Abendessen. Das Lokal existiert schon seit Napoleon I. Es befindet sich in einer Häuserzeile, die als erster Gemeindebau (=Sozialbau) Wiens für die Angestellten im Tierpark errichtet wurde. In der Nähe befand sich die ehemalige Wien Film, wo zahlreiche Wienfilme produziert wurden. Am bekanntesten sind sicher die Sissi- und Hans-Moser-Filme. In den Drehpausen kehrten die Schauspieler ins Maxing Stüberl ein. Auch wenn die Glanzzeiten des Lokals vorüber sind, so sitzt man doch gemütlich in dieser traditionellen Gastwirtschaft bei gutem Essen und tschechischem Bier. Zum Schluss gibt uns die Wirtin noch einen guten Williams aus ...
Ihr nächtlichen Bestien des Tierparks - wir kommen!
Die Nachtführung ist offensichtlich sehr beliebt: Es sind so viele Besucher da, dass sich zwei Gruppen auf den Weg machen und sich jeweils zwei Besucher ein Nachtsichtgerät teilen müssen. Der Tierpark hat schon eine eigene Atmosphäre in der Nacht, da man kaum etwas sieht und nur Geräusche wahrnimmt. Vorsichtig gehen wir von Gehege zu Gehege, damit wir nicht ins Stolpern kommen ...
Unsere junge Führerin erzählt begeistert von den Tieren, ist aber auch enttäuscht, als sich die Wölfe nicht sehen lassen: Sie haben offenbar Null Bock auf Nachschicht im Zoo.
Wir lernen, dass Elefanten nachts genauso im Gehege stehen wie bei Tag, denn sie schlafen im Stehen. Die Giraffen haben sich in ihr Schlafgemach zurückgezogen und verweigern wie die Wölfe den Nachtdienst.
Erstaunt sehen wir durch das Nachtsichtgerät, dass die Pinguine nachts exakt genauso auf ihren Felsen im Wasser stehen, wie bei Tag. Auch im Robbengehege ist kein Unterschied zu sehen, Affen sitzen ebenfalls nachts auf den Bäumen und finden unseren Besuch eher als störend.
Im Flusspferdhaus dösen die Flusspferde ebenfalls genauso wie am Tag, aber dafür fliegen jetzt die Flughunde durch das Haus. Allerdings sind die so schnell, dass man sie kaum durch das Nachsichtgerät verfolgen kann.
Auch wenn die Nachtführung eher wenig aufregend war, so nehmen wir sie doch auf in unseren Song: "Haben Sie Wien schon bei Nacht gesehen ..?"
Bei Rückkehr in die Innenstadt stellen wir fest, dass die heutige Freitagnacht sich nicht unterscheidet von den "normalen" Nächten an Werktagen: Alles gut bevölkert, aber kaum mehr als in der Woche - wie auch ..?
© 2014 S. Zerlauth